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18 DEUTSCHLAND<br />
<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
Wirtschaft, viel zahlen bitte!<br />
Der Strompreis in Deutschland jagt von einem Rekord zum nächsten. Während Verbraucher<br />
hierzulande im Schnitt rund 50 Prozent mehr als noch <strong>20</strong>07 zahlen, ächzt insbesondere der<br />
deutsche <strong>Mittelstand</strong> unter der Kostenlast. Für den Standort Deutschland ist das fatal.<br />
Alle Jahre wieder: Der Jahreswechsel ist stets auch die Zeit<br />
der Preiserhöhungen. Während die Fahrgäste der Deutschen<br />
Bahn diesmal nach Jahren erstmalig ungeschoren davonkommen,<br />
erwischt es einmal mehr die Stromkunden: Knapp 180<br />
Stromversorger haben bereits höhere Preise angekündigt.<br />
Damit wird sich auch im nächsten Jahr ein Trend fortsetzen, der<br />
längst Anlass zur Sorge gibt: Deutschland ist und bleibt Europameister<br />
der Stromrechnungen. Nicht nur private Verbraucher ächzen,<br />
auch viele Unternehmen trifft die anscheinend nicht enden wollende<br />
Aufwärts-Preisspirale hart.<br />
Erneuerbare Energieträger sind wirtschaftlich<br />
Gravierende Fehler der Bundesregierung bei der Umsetzung der<br />
Energiewende, insbesondere das Erneuerbare-Energien-Gesetz<br />
(EEG), sorgt für eben jene steigenden Umlagen und Netzgebühren,<br />
die die Stromversorger nun auch als Grund für ihre Preiserhöhungen<br />
nennen. Die EEG-Umlage war ursprünglich eingeführt worden, um<br />
den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu finanzieren.<br />
Doch inzwischen sind erneuerbare Energieträger längst auch ohne<br />
Subventionen wirtschaftlich. Soll die Energiewende erfolgreich sein,<br />
müssen wir weg von Planwirtschaft und Dauersubvention, die sich<br />
aus den staatlichen Aufschlägen wie etwa der EEG-Umlage speisen<br />
– und zugleich die Strompreise Jahr für Jahr weiter steigen lassen.<br />
Neben der EEG-Umlage werden zudem die Gebühren für die Stromnetze<br />
im kommenden Jahr weiter steigen – um mehrheitlich rund<br />
sechs Prozent. Bei den Industriestrompreisen liegt Deutschland im<br />
internationalen Vergleich mit 19 Cent pro Kilowattstunde ohnehin<br />
schon auf den vorderen Plätzen.<br />
Belastung für Unternehmen<br />
Entsprechend schlecht ist inzwischen die Stimmung in vielen Betrieben.<br />
Dort macht sich vielerorts Alarm-Stimmung breit. Laut einer<br />
aktuellen Studie schätzen nur noch 22 Prozent der befragten Mittelständler<br />
ihre Situation als „gut“ oder „besser“ ein. Das ist ein drastischer<br />
Rückgang innerhalb von nur sechs Monaten: Im Frühjahr <strong>20</strong>19<br />
waren es noch 71 Prozent.<br />
Im Gegensatz zu vielen energieintensiven Betrieben, die über die<br />
EEG-Ausnahmetatbestände befreit sind, treffen die hohen Strompreise<br />
die meisten Mittelständler mit voller Wucht. Nicht nur für sie<br />
ist der kontinuierliche Anstieg der Energiekosten der letzten Jahre<br />
fatal – sondern auch und besonders für den Standort Deutschland.<br />
Der <strong>Mittelstand</strong> ist und bleibt das Rückgrat der deutschen Wirtschaft.<br />
Geht es ihm schlecht, hat dies auch Auswirkungen auf den<br />
Wirtschaftsstandort Deutschland. Immerhin stellen die kleinen und<br />
mittleren Unternehmen 99,4 Prozent aller deutschen Unternehmen<br />
und stehen gleichzeitig für 52 Prozent aller sozialversicherungspflichtigen<br />
Beschäftigten in Deutschland. Die meisten dieser Betriebe<br />
können im Gegensatz zu großen Konzernen nicht kurzerhand ihren<br />
Sitz ins Ausland verlegen.<br />
Politik muss handeln<br />
Und was tut die Bundesregierung? Die längst überfällige EEG-Novelle<br />
schiebt sie immer wieder aufs Neue hinaus, und auch weitere wesentliche<br />
Kostentreiber nimmt sie nicht ins Visier.<br />
Sorgenkind bleibt etwa auch das knappe Stromnetz. Wenn etwa<br />
im Jahr <strong>20</strong>22 das letzte Kernkraftwerk vom Netz geht und zusätzlich<br />
sukzessive Deutschlands Kohlekraftwerke abgeschaltet<br />
werden, steigt bei sinkendem Anteil grundlastfähiger Energieträger<br />
somit auch die Notwendigkeit für Redispatch-Maßnahmen zur<br />
Stabilisierung des Stromnetzes. Aktuell schlagen diese mit jährlich<br />
1,5 Milliarden Euro zu Buche. Das sind Kosten, die wiederum auf die<br />
Netzentgelte umgelegt werden und die Strompreise zusätzlich zur<br />
EEG-Umlage weiter verteuern.<br />
Foto: © Mike_Kiev von www.istockphoto.com