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56 SCHWERPUNKT<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

Bargeldlos in die Zukunft?<br />

Die Politik möchte den Abschied vom Bargeld. Doch die Deutschen tun sich schwer, von Münze,<br />

Schein und Portemonnaie zu lassen. In anderen Ländern hat man weniger Bedenken.<br />

Deutschland ist ein Paradies für Bargeldzahler. Nirgendwo wird die<br />

Brieftasche öfter gezückt als im einstigen Land der harten D-Mark:<br />

58.000 Geldautomaten stehen zur Verfügung, die Banken halten<br />

mittlerweile 37,4 Milliarden Euro Bargeld vor. <strong>20</strong>19 ist das im Umlauf<br />

befindliche Bargeld auf einen Rekordbetrag von 247 Milliarden Euro<br />

angewachsen.<br />

Die Diskussion um das Bargeld<br />

Doch seit April <strong>20</strong>19 wird der 500-Euro-Schein nicht mehr gedruckt.<br />

Die Politik fürchtet das Bargeld, schließlich können Transaktionen in<br />

cash der Schattenwirtschaft, der Geldwäsche oder dem Drogen- und<br />

Waffenhandel dienen. Dagegen hoffen die Anbieter von Kreditkarten,<br />

Bezahl-Apps und Internet-Bezahldienstleistungen auf Gewinne und<br />

Kundendaten, während die Europäische Zentralbank und der Internationale<br />

Währungsfonds ihre Null- und Negativzinspolitik fortsetzen<br />

möchten. Doch kostet das Geld auf der Bank Geld, werden Kunden<br />

ihre Konten leerräumen. Deshalb misstrauen die Währungshüter<br />

der klingenden Münze. Schlussendlich sind zahlreiche Verbraucher<br />

vom bargeldlosen Zahlen schlicht überzeugt: Es ist schnell, bequem<br />

und übersichtlich. Aber es formiert sich Widerstand: Bargeld sei geprägte<br />

Freiheit, hört man von den Gegnern, und „Was passiert mit<br />

meinen Daten?“<br />

Ein Blick auf die anderen<br />

In anderen Ländern sind die Verbraucher entspannter. Vor allem die<br />

nördlichen Nachbarn sind neuen Technologien zugeneigt. Die Norweger<br />

bezahlen ihre Lachsschnitte in der Regel mit Karte oder per<br />

App. Bei nur elf Prozent aller Zahlungen geht Bargeld über den Tisch.<br />

In dünn besiedelten Regionen wie Lappland gibt es kaum Geldautomaten,<br />

die Netzabdeckung indes ist flächendeckend gut. Die Bezahl-App<br />

„Vipps“ erlaubt mobiles Bezahlen auch dort, wo keine Kartenlesegeräte<br />

vorhanden sind. 3,2 von 5,3 Millionen Bürgern haben<br />

sich die App geladen, über hundert Banken akzeptieren das System.<br />

Ähnlich Schweden: Von den 1.500 Bankfilialen halten 900 kein Bargeld<br />

vor, in vielen sucht man einen Automaten vergebens. Stockholms<br />

Metro und Busse akzeptieren gar kein Bargeld mehr. Dort und<br />

in den meisten Geschäften zahlt man mit der App „Swish“, die schon<br />

<strong>20</strong>12 von sechs schwedischen Banken entwickelt wurde.<br />

Norwegen: Keine Geldautomaten,<br />

dafür perfekte Netzabdeckung auch<br />

im hintersten Lappland.<br />

Unter komplett anderen Vorzeichen entwickelt sich der Zahlungsverkehr<br />

in Kenia: Wie viele strukturschwache Länder in Afrika hat Kenia<br />

einen Technologieschritt übersprungen: Bankhäuser gibt es kaum,<br />

da die Infrastruktur nie entwickelt genug war. Stattdessen greift die<br />

Bevölkerung gleich zum Handy und nutzt M-Pesa, eine Art Agentur,<br />

die Bezahlvorgänge und Geldsendungen organisiert. Pro Jahr verwaltet<br />

M-Pesa knappe zwei Milliarden Transaktionen. 49 Prozent<br />

des Bruttoinlandproduktes werden über das Handy umgesetzt, 93<br />

Prozent der knapp 50 Millionen Einwohner nutzen den mobilen Zahlungsverkehr.<br />

Anzahl der Geldautomaten in Kenia: 2.000, Tendenz<br />

sinkend.

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