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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
DEUTSCHLAND<br />
15<br />
Mietendeckel – ein Gesetz,<br />
das nur Verlierer schafft<br />
Mit dem Mietendeckel setzt Rot-Rot-Grün in Berlin die Instrumente der Sozialen Marktwirtschaft<br />
außer Kraft und lässt einen Testballon für die gesamte Republik steigen. Was auf den ersten<br />
Blick für Mieter verheißungsvoll klingt, schadet in Wirklichkeit allen.<br />
Foto: © Terroa von www.istockphoto.com<br />
Kerninhalt des Gesetzes ist ein vollständiger Mietenstopp für<br />
die kommenden fünf Jahre. In vielen Fällen sollen Bestandsmieten<br />
sogar abgesenkt werden. Klingt gut – ist es aber nicht.<br />
Denn die eigentliche Misere beginnt damit, dass der Mietendeckel die<br />
Instrumente des Bundes zum Mieterschutz, darunter auch die <strong>20</strong>15<br />
eingeführte Mietpreisbremse, abräumt. Hinzu kommt, dass Modernisierungen<br />
künftig nur noch bis zur Höhe von einem Euro pro Quadratmeter<br />
umgelegt werden dürfen. Das hat einen absehbaren Verfall<br />
des Berliner Wohnbestandes zur Folge, denn Sanierungs- und Modernisierungsarbeiten<br />
werden sich für Eigentümer nicht mehr rechnen.<br />
Frisch sanierter Altbau adé<br />
Wenn sich solche Arbeiten nicht mehr lohnen, steht auch der klima-<br />
und altersgerechte Umbau des Berliner Wohnungsbestandes in<br />
den Sternen.<br />
Laut Branchenumfrage erwägen 90 Prozent der Unternehmen der<br />
Wohnungswirtschaft, im nächsten Jahr die Ausgaben für Sanierung<br />
und Modernisierung zu stoppen. Macht nur die Hälfte der Unternehmen<br />
dies wahr, ergäbe sich im Modernisierungsbereich ein Auftragseinbruch<br />
von rund 40 Prozent. Die Folgen: massive Arbeitsplatzverluste<br />
und Steuerausfälle, dazu höhere Sozialkosten für den Staat.<br />
Auswirkungen sind ab sofort spürbar<br />
Erste Folgen des Mietendeckels sind schon jetzt greifbar. Allein aufgrund<br />
der Diskussion über das Gesetz hat die Berliner Volksbank<br />
– ihr gehören 2.000 Wohnungen in Berlin – Modernisierungs- und<br />
Sanierungsinvestitionen in Millionenhöhe zurückgestellt. Auch die<br />
Bauwirtschaft und das mittelständische Handwerk leiden schon<br />
jetzt darunter, dass Aufträge storniert werden.<br />
Zudem wird ein „Grauer Markt“ für Mietwohnungen entstehen. Denn<br />
wenn ein staatliches Preisdiktat die Miethöhe künstlich begrenzt,<br />
sich aber viele zahlungswillige Bewerber um wenige Wohnungen bemühen,<br />
werden die Preise an anderer Stelle gezahlt. Alternativ geht<br />
die Wohnung per Vetternwirtschaft an den Mieter, der über die besten<br />
Verbindungen zum Wohnungsunternehmen verfügt.<br />
Der Mietendeckel bedroht zudem massiv die Altersvorsorge privater<br />
Wohnungseigentümer. Und wenn Immobilienbesitzer ihre Miet- in<br />
Eigentumswohnungen umwandeln, um sich den massiven Eingriffen<br />
in ihr Eigentum zu entziehen, wird das die Lage für Wohnungssuchende<br />
nur weiter verschärfen.<br />
Altbekanntes Problem<br />
Dabei ist die Berliner Wohnungsnot bereits in aller Munde. In der<br />
Hauptstadt fehlen derzeit mehr als 100.000 Wohnungen. Mit dem<br />
Mietendeckel wird besonders dem Neubau ein vernichtender Schlag<br />
versetzt. Dass Bauherren und Investoren massiv verunsichert sind,<br />
zeigt sich an der Zahl der in Berlin genehmigten Wohnungen im September<br />
dieses Jahres. Im Vergleich zum Vorjahresmonat hat sich die<br />
Anzahl der genehmigten Wohnungen halbiert. Auch die Genossenschaften<br />
sind betroffen. Sie wollen in den nächsten fünf Jahren statt<br />
6.000 lediglich 2.000 neue Wohnungen errichten.<br />
Verfassungswidrigkeit<br />
Was bei all den Diskussionen abermals außer Acht gelassen wird,<br />
ist die Tatsache, dass der Mietendeckel ein verfassungswidriges<br />
Konzept ist. Das Land Berlin darf aufgrund der grundgesetzlichen<br />
Kompetenzordnung keine Gesetze zur Mietenbegrenzung erlassen.<br />
Selbst wenn der Mietendeckel in absehbarer Zeit vor Gericht gekippt<br />
wird, kann es Jahre dauern, bis Berlin wieder einen rechtssicheren<br />
Mietspiegel erhält. Vermieter, die es darauf anlegen, könnten dann<br />
über Vergleichswohnungen Mieten drastisch erhöhen.<br />
Wohnen als soziales Gut<br />
Bezahlbares Wohnen ist und bleibt eine zentrale soziale Herausforderung.<br />
Diese Herausforderung ist nur gemeinsam mit allen Akteuren<br />
am Wohnungsmarkt zu meistern, idealerweise in einem Bündnis<br />
für bezahlbares Wohnen und Bauen in Berlin. Auf die Agenda gehören<br />
mehr Bauland und Dachgeschossausbau, schnellere Genehmigungsprozesse<br />
und weniger Bürokratie. Es gilt, die <strong>20</strong>15 eingeführte<br />
Mietpreisbremse des Bundes in Berlin wirksam durchzusetzen und<br />
zu kontrollieren.<br />
Stattdessen beschreitet Rot-Rot-Grün mit dem Mietendeckel einen<br />
Irrweg und schadet dem Wohn-, Wirtschafts- und Arbeitsstandort<br />
Berlin gleich in mehrfacher Hinsicht. Egal ob Bestandsmieter, Wohnungssuchender,<br />
Wohnungsgesellschaft, privater Wohnungseigentümer,<br />
Handwerker, Bauunternehmer oder gar Mieter: Der Mietendeckel<br />
kennt am Ende nur Verlierer.<br />
Kai Wegner, MdB<br />
Baupolitischer Sprecher der Unionsbundestagsfraktion<br />
und Landesvorsitzender der CDU Berlin<br />
www.kai-wegner.de