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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

SCHWERPUNKT<br />

53<br />

Deutschland gehörte bisher zu den fünf Ländern innerhalb der OECD, die Forschung und<br />

Entwicklung nicht steuerlich förderten. Nachdem das Thema über mehrere Legislaturperioden<br />

getragen, pausiert und verschoben wurde, trat die Forschungszulage zum Jahresanfang <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

nun endlich in Kraft. Auch mittelständische Auftraggeber werden gefördert – ein doppelter Erfolg<br />

des beharrlichen Einsatzes unseres Verbandes.<br />

Foto: © sanjeri von www.istockphoto.com<br />

Viele andere große Industriestaaten, darunter die USA, China,<br />

Japan, Frankreich und Großbritannien, unterstützen Unternehmen<br />

bereits seit Jahren mit steuerlichen Anreizen für Investitionen<br />

in Forschung und Entwicklung (FuE). Mit diesen Ländern<br />

möchte die Bundesregierung jetzt gleichziehen. Die Förderungslandschaft,<br />

die zuvor ausschließlich aus der direkten Projektförderung<br />

bestand, wird mit dem Forschungszulagengesetz sinnvollerweise<br />

ergänzt. Die steuerliche Forschungsförderung rechnet sich laut<br />

ZEW-Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung auch<br />

für den Staat: Für jeden Förder-Euro wird bei den Betrieben zusätzlicher<br />

FuE-Aufwand von 1,33 Euro mobilisiert.<br />

Wer wird gefördert?<br />

Die Forschungszulage unterstützt großflächig alle Branchen und Unternehmensgrößen<br />

und sieht neben der Steuerpflicht in Deutschland<br />

keine weiteren Einschränkungen vor. Statt die Förderung für kleine<br />

und mittlere Unternehmen zu beschränken, setzt das Bundesministerium<br />

der Finanzen durch die Deckelung des Fördersatzes und der<br />

Bemessungsgrundlage den Fokus auf den <strong>Mittelstand</strong> und junge<br />

Unternehmen sowie Start-ups.<br />

Nach langer Diskussion ist nun auch die Auftragsförderung Teil des<br />

Forschungszulagengesetzes. Bundesfinanzminister Scholz wollte<br />

ursprünglich nur die Auftragnehmer steuerlich fördern. Dies lehnten<br />

nicht nur der BVMW, sondern auch die EU-Kommission und selbst<br />

große staatliche Forschungseinrichtungen wie die Fraunhofer-Gesellschaft<br />

ab. Viele Auftragnehmer seien oft nicht steuerpflichtig,<br />

und daher würde eine steuerliche Förderung verpuffen. Zudem<br />

kommt das Geld bei einer Förderung des Auftraggebers auch den<br />

kleinen und mittleren Unternehmen zugute. Diese verfügen häufig<br />

über keine eigene Forschungsabteilung im Unternehmen und müssen<br />

daher Forschungsaufträge an externe Einrichtungen vergeben.<br />

Beim Auftraggeber werden nun 60 Prozent des an den Auftragnehmer<br />

gezahlten Entgeltes gefördert. Deutsche Unternehmen können<br />

zukünftig auch einen Forschungsauftrag EU-weit an eine ausländische<br />

Einrichtung vergeben.<br />

Gut zu wissen<br />

n Ergänzung zur bestehender Projektförderung –<br />

Doppelförderung ausgeschlossen<br />

n Antragsberechtigt sind branchen- und größenunabhängig<br />

alle Unternehmen<br />

n Beantragung beim Finanzamt, welches das Forschungsvorhaben<br />

bei einer externen Zertifizierungsstelle prüft<br />

n Steuergutschrift wird auch im Verlustfall ausbezahlt<br />

n Maximale Fördersumme 500.000 Euro pro Unternehmen und Jahr<br />

n 25 Prozent auf FuE-Personalkosten<br />

n Auftragsforschung berücksichtigt<br />

Wie wird gefördert?<br />

In einem Unternehmen werden über die Personalkosten, also die dem<br />

Lohnsteuerabzug unterliegenden Löhne und Gehälter der forschenden<br />

Beschäftigten, bis zu zwei Millionen Euro pro Jahr gefördert. Bei<br />

einer Förderquote von 25 Prozent entspricht dies einem Steuererlass<br />

von 500.000 Euro. Pro Unternehmen und Forschungsprojekt dürfen<br />

insgesamt 15 Millionen Euro inklusive aller über die gesamte Laufzeit<br />

gewährten staatlichen Beihilfe einschließlich der Forschungszulagen<br />

nicht überschritten werden.<br />

Die Förderung ist bewusst als Zulage gewährt, sodass auch eine<br />

Auszahlung im Verlustfall garantiert ist. Lediglich die drei Kategorien<br />

Grundlagenforschung, industrielle Forschung und experimentelle<br />

Forschung müssen erfüllt sein. Begünstigt werden außerdem<br />

Kooperationen mit anderen Unternehmen, Forschungseinrichtungen<br />

oder Hochschulen. Sogar forschende Einzelunternehmerinnen und<br />

-unternehmer oder Gesellschafter können pro Stunde 40 Euro bei<br />

maximal 40 Wochenstunden als förderfähige Aufwendungen ansetzen.<br />

Bund, Länder und Gemeinden rechnen mit Kosten von 1,4 Milliarden<br />

Euro jährlich für die Forschungszulage.<br />

Deutsche Unternehmen können zukünftig<br />

auch einen Forschungsauftrag<br />

EU-weit an eine ausländische<br />

Einrichtung vergeben.<br />

Der Antrag auf Förderung kann beim zuständigen Finanzamt nach<br />

Ablauf des Wirtschaftsjahres elektronisch gestellt werden. Das Forschungsvorhaben<br />

muss zuvor jedoch separat bei einer noch zu bestimmenden<br />

Zertifizierungsstelle geprüft werden. Hierdurch erhält<br />

das Unternehmen eine rechtsverbindliche Bescheinigung, die<br />

die Planbarkeit erhöht und das Verfahren in der Finanzverwaltung<br />

beschleunigt. Inwieweit diese zweistufige Lösung zu einer unnötigen<br />

Bürokratiehürde oder mehr Rechtssicherheit führen wird, wird<br />

sich zeigen.<br />

Der BVMW begrüßt die Einführung der Forschungszulage sowie die<br />

Einbeziehung der Auftraggeber. Nur so haben die vielen kleinen und<br />

mittleren Unternehmen auch etwas von der Förderung. Positiv ist<br />

außerdem, dass das Gesetz evaluiert werden soll. So kann der Gesetzgeber<br />

feststellen, ob es nicht nur für den <strong>Mittelstand</strong> gedacht,<br />

sondern auch gemacht ist.<br />

Liz Becker<br />

BVMW Referentin Steuern und Finanzen<br />

politik@bvmw.de

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