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<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />
SCHWERPUNKT<br />
57<br />
Geld stinkt nicht, ist aber dreckig<br />
Davon ist Deutschland noch weit entfernt, genauso wie von der kompletten<br />
Abschaffung des Bargeldes. Und das ist gut so, denn nur<br />
die Barzahlung hinterlässt keine Spuren. Doch wer deshalb konsequent<br />
auf Kreditkarte und mobiles Bezahlen verzichtet, sollte genau<br />
so konsequent die Hände waschen: Auf 80 untersuchten Banknoten<br />
fanden Forscher pro Schein 3.000 verschiedene Bakterientypen.<br />
Bernd Ratmeyer<br />
Journalist<br />
mittelstand@bvmw.de<br />
Gefahren für Volkswirtschaft und Privatsphäre<br />
Doch Bargeldrestriktionen, vor allem staatlich durchgesetzte, können<br />
auf Widerstand treffen. Indiens Präsident Narendra Modi erklärte<br />
<strong>20</strong>16 alle 500- und 1000-Rupien-Scheine für ungültig. Lange<br />
Schlangen bildeten sich vor den Geldautomaten, denn Indiens<br />
Binnenwirtschaft beruht wesentlich auf Bargeld. Aus diesen beiden<br />
Banknoten bestehen 86 Prozent des Bargeldumlaufes. Chaos war<br />
die Folge, denn Kartenzahlung oder Bezahl-Apps sind in Indien unüblich;<br />
in den abgelegenen ländlichen Regionen gibt es keine Lesegeräte.<br />
Da helfen auch die 300 Millionen kostenlose Konten, die Modi<br />
eigens für seine Bürger einrichten ließ, nichts: Nur die Hälfte wird genutzt.<br />
Indien ist ein Bargeldland.<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
Anzahl<br />
Bargeldloser<br />
Transaktionen<br />
pro Kopf in <strong>20</strong>18<br />
Die Kritiker der Bargeldabschaffung beobachten auch die Entwicklung<br />
in China sehr genau. Bezahldienstleister wie Alipay oder Wechat<br />
Pay treiben mobiles Zahlen aggressiv voran. Mit Erfolg: Auch in der<br />
entferntesten Provinz wird auf dem Dorfmarkt mobil bezahlt, Bettler<br />
bitten nicht per Pappschild um eine Gabe, sondern halten ihr Handy<br />
mit dem QR-Code hoch. Mobile Transaktionen erreichten <strong>20</strong>18 ein<br />
Volumen von 41,3 Milliarden Dollar. 525,1 Millionen Chinesen nutzen<br />
dafür ihr Handy. Immer populärer wird „Smile to pay“, hier erfasst eine<br />
3-D-Kamera die biometrischen Daten des Kunden, das Geld wird<br />
abgebucht. Das Gesicht ersetzt immer öfter auch die Bordkarte für<br />
das Flugzeug, den Zimmerschlüssel im Hotel, das U-Bahn Ticket<br />
und natürlich die Kreditkarte. Ein Albtraum für Datenschützer und<br />
Menschenrechtler, in China kommen auf 1.000 Einwohner mehr als<br />
100 Überwachungskameras.<br />
<strong>20</strong>0<br />
100<br />
Norwegen<br />
Schweden<br />
Spanien<br />
Deutschland<br />
Schweiz<br />
Luxemburg<br />
Frankreich<br />
Estland<br />
Niederlande<br />
Großbritannien<br />
Irland<br />
Finnland<br />
Dänemark<br />
Quelle: BCG-Ranking (Studie der Boston Consulting Group)<br />
Illustration: Anna-Friederike Charlotte Pöschel