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Der Mittelstand. Das Unternehmermagazin - 02/2020 | April / Mai 2020 - Bedrohter Handel

Schwerpunkt: Außenwirtschaft

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2/2<strong>02</strong>0 | <strong>April</strong> / <strong>Mai</strong> 2<strong>02</strong>0 | 4,90 Euro<br />

Schwerpunkt: Außenwirtschaft<br />

<strong>Bedrohter</strong> <strong>Handel</strong><br />

Coronavirus-Pandemie: Wo Unternehmen<br />

jetzt Hilfe bekommen<br />

S. 8<br />

Umfrage: <strong>Mittelstand</strong> erwartet<br />

massive Umsatzeinbußen<br />

S. 16


300.<br />

000<br />

x<br />

Vertrauen<br />

Mit uns können Sie rechnen: Denn 300.000<br />

Geschäfts- und Firmenkunden finden bei<br />

uns individuelle Lösungen für ihren Betrieb.<br />

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an der Unternehmensgröße festmacht.<br />

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DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

3<br />

<strong>Der</strong> BVMW –<br />

verlässlich an Ihrer Seite<br />

Mario Ohoven<br />

Präsident Bundesverband mittelständische<br />

Wirtschaft (BVMW) und Europäischer<br />

<strong>Mittelstand</strong>sdachverband European<br />

Entrepreneurs (CEA-PME), Herausgeber<br />

„DER <strong>Mittelstand</strong>.“<br />

Foto: © Thomas Imo<br />

gibt, wer schnell gibt“, lautet übersetzt ein lateinisches<br />

Sprichwort. So gesehen, hat die Bundesregierung<br />

„Doppelt<br />

in der Coronakrise alles richtig gemacht. Im Eiltempo<br />

wurden 750 Milliarden Euro für ein Rettungspaket mobilisiert, das<br />

auch vom Volumen her beispiellos in der deutschen Geschichte<br />

ist. Finanzspritzen, Kredite, Bürgschaften, Beteiligungen und weitere<br />

Instrumente sollen die Arbeits- und Überlehensfähigkeit der<br />

virusgeschädigten Unternehmen sichern und die Wirtschaft vor<br />

dem Absturz bewahren.<br />

Für ihr schnelles, entschlossenes <strong>Handel</strong>n verdient die Bundesregierung<br />

unsere Anerkennung, keine Frage. Dennoch sind Zweifel<br />

an der nachhaltigen Wirksamkeit des Milliardenprogramms angebracht.<br />

Und zwar aus drei Gründen: Wirtschaft ist in erster Linie<br />

Psychologie. <strong>Der</strong> Zauber der großen Zahlen verfliegt in dem Maße,<br />

wie sich im <strong>Mittelstand</strong> angesichts steigender Insolvenzen Ernüchterung<br />

breit macht und die Arbeitslosigkeit zunimmt.<br />

<strong>Der</strong> zweite Grund ist ein struktureller Mangel des Rettungspakets.<br />

Von den beschlossenen Soforthilfen im Umfang von 50 Milliarden<br />

Euro profitieren die Kleinstunternehmer und Soloselbstständigen<br />

auf der einen sowie Großunternehmen auf der anderen Seite. <strong>Der</strong><br />

klassische <strong>Mittelstand</strong>, also Unternehmen zwischen 11 bis 249 Beschäftigten,<br />

bleibt jedoch weitgehend außen vor. Hier muss die Politik<br />

dringend nachbessern.<br />

Niemand vermag heute zu sagen, das ist der dritte Grund, welche<br />

gesamtwirtschaftlichen Kosten die Pandemie verursachen wird.<br />

<strong>Das</strong> Münchner Ifo-Institut rechnet mit einem Wertschöpfungsverlust<br />

von bis zu 729 Milliarden Euro, bei einer aktuellen Wirtschaftsleistung<br />

Deutschlands von 3,44 Billionen Euro. Die Unschärfe in<br />

der Schätzung rührt auch daher, dass das Coronavirus längst die<br />

Weltwirtschaft infiziert hat.<br />

<strong>Der</strong> frühere Deutschlandchef von Goldman Sachs, Alexander Dibelius,<br />

erwartet die größte globale Rezession seit 100 Jahren. Mit<br />

fatalen Folgen für die Beschäftigung: Nach Berechnungen der Internationalen<br />

Arbeitsorganisation ILO könnte die aktuelle Weltwirtschaftskrise<br />

bis zu 25 Millionen Jobs kosten. Zum Vergleich: Nach<br />

der Finanzkrise 2008 gingen weltweit rund 22 Millionen Arbeitsplätze<br />

verloren.<br />

Umso wichtiger ist es, dass unsere heimischen Unternehmen<br />

bestmöglich vor den Folgen des Coronavirus geschützt werden.<br />

Die Soforthilfen aus dem Rettungspaket können dazu einen wichtigen<br />

Beitrag leisten. Vorausgesetzt, die Zuschüsse werden schnell<br />

und unbürokratisch ausgezahlt – und zwar an den <strong>Mittelstand</strong>. Wir<br />

werden die Bundesregierung in die Pflicht nehmen.<br />

„Keep calm and carry on“, heißt es bei den Briten. Bewahren auch<br />

Sie sich einen kühlen Kopf und unternehmerischen Mut. Wir stehen<br />

Ihnen zur Seite: mit aktuellen Informationen zur Coronakrise<br />

auf unserer Homepage, mit Musteranträgen, Webinaren und weiteren<br />

Serviceleistungen. Dazu kommt die individuelle, persönliche<br />

Betreuung durch unsere Repräsentanten vor Ort, die nur der<br />

BVMW bietet.<br />

Gerade in schwierigen Zeiten ist es gut, Teil einer starken, erfolgreichen<br />

Solidargemeinschaft zu sein. Wir bieten als Verband topaktuelle<br />

Informationen und praxisnahe Hilfen, wie Musteranträge<br />

und Webinare, damit die Unternehmen gut durch die Krise kommen.<br />

Auf unserer Homepage www.bvmw.de können Sie sich davon<br />

überzeugen. Die positive Resonanz – allein über die Sozialen<br />

Medien haben wir über zwei Millionen Nutzer erreicht – zeigt: Unsere<br />

Serviceleistungen werden gebraucht und geschätzt.<br />

Sie können sicher ein, wir werden weiterhin mit Nachdruck die für<br />

die von der Coronakrise betroffenen Unternehmen nötige Unterstützung<br />

von der Politik einfordern. Deutschland braucht heute<br />

mehr denn je einen starken <strong>Mittelstand</strong>. Dafür kämpfen wir, dafür<br />

kämpfe ich ganz persönlich.<br />

Mario Ohoven


4<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

IN DIESER AUSGABE<br />

Coronavirus: Was Arbeitgeber und Arbeit nehmer<br />

wissen müssen<br />

12<br />

32<br />

DEUTSCHLAND<br />

6 News<br />

8 Coronavirus-Pandemie:<br />

Wo Unternehmen jetzt Hilfe bekommen<br />

10 Wie der Staat Unternehmen in der Coronakrise hilft<br />

12 Coronavirus: Was Arbeitgeber und<br />

Arbeitnehmer wissen müssen<br />

14 Kühlen Kopf bewahren<br />

16 Umfrage: <strong>Mittelstand</strong> erwartet massive Umsatzeinbußen<br />

18 Inner Circle – <strong>Mittelstand</strong> im FOCUS<br />

20 Bürokratiewahnsinn in Deutschland<br />

22 Die Kassenbonpflicht – Müll für den <strong>Mittelstand</strong><br />

24 Wasserstoff – die Energie von morgen?<br />

26 Altmaier verbessert <strong>Mittelstand</strong>sprogramm<br />

28 <strong>Mittelstand</strong>spräsident im Dialog<br />

29 <strong>Der</strong> andere Gedanke: Big Data entscheidet keine Wahlen<br />

EUROPA<br />

30 News<br />

32 Paragrafenwald Brüssel?<br />

Paragrafenwald Brüssel?<br />

36<br />

SCHWERPUNKT<br />

36 Mit Förderprogrammen neue<br />

Auslandsmärkte erschließen<br />

38 Teuer und aufwendig – das neue EU-Lieferkettengesetz<br />

für Rohstoffe<br />

40 Zehn Gütezeichen für fairen <strong>Handel</strong><br />

43 Sicher am Markt mit Blockchain<br />

44 Afrikas Attraktivität auf einen Blick<br />

46 Perspektiven im Osten<br />

48 China: Vom Partner zum Wettbewerber<br />

50 Aufstrebendes Südostasien<br />

52 Im sicheren Hafen: Export als Wachstumsmotor<br />

54 Weltweit engagiert für den <strong>Mittelstand</strong><br />

57 Steuern auf den Punkt: Investitionsfreundliches Umfeld<br />

in Entwicklungsländern schaffen<br />

58 Service für deutsche Unternehmen bei<br />

Investitionen in Afrika<br />

59 Indischer Recycling-Markt und die Chancen für KMU<br />

59 Diplomatische Frühstücke – wertvolle Informationen<br />

aus erster Hand<br />

60 Außenwirtschaft in Zahlen<br />

BUNDESWIRTSCHAFTSSENAT<br />

63 „Nahezu jeder Fall ist ein besonderer“<br />

Mit Förderprogrammen neue<br />

Auslandsmärkte erschließen


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0 5<br />

SERVICE<br />

68 News<br />

70 Vorsicht: Phishing!<br />

71 Maschinelle Übersetzungen werden immer besser<br />

72 Gründerszene: Berliner Koch-App<br />

in China erfolgreich<br />

73 Gründerszene: E-Fahrzeuge nach Kundenwünschen<br />

74 Klartext: Prioritäten setzen: <strong>Das</strong> Prioritätensystem<br />

der Elemente<br />

76 Was der <strong>Mittelstand</strong> von Piloten lernen kann<br />

77 Rechtshotline: <strong>Der</strong> gute Wille zählt, aber nicht immer<br />

78 Industrie 4.0 will Finanzierung 4.0<br />

80 Finanztipp: Was Bankanalysen taugen<br />

70<br />

BVMW<br />

82 News<br />

86 Revolution im Rohr<br />

87 „Unsere Sicherheitslösungen haben Schule gemacht“<br />

88 Hightech für saubere Häfen und Meere<br />

90 Starke Frauen, starker <strong>Mittelstand</strong><br />

92 Die Denkfabriken des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

94 Tag der Politiknetzwerker in Berlin<br />

94 Impressum<br />

95 Zukunft geht auch ohne Abi<br />

Vorsicht: Phishing!<br />

88<br />

KULTUR<br />

96 Serientipp: Die verlorene Tochter<br />

98 „Frauen müssen häufig die besseren Männer sein“<br />

100 BuchTipps<br />

101 AppTipps<br />

1<strong>02</strong> Geistesblitze<br />

Hightech für saubere Häfen und Meere<br />

Täglich gibt es neue Nachrichten zu Corona. Die vorliegende Ausgabe<br />

DER <strong>Mittelstand</strong> kann diese Dynamik der Veränderungen nur<br />

bedingt widergeben. Auf der Sonderwebseite des BVMW finden Sie<br />

jedoch tagesaktuelle Antworten auf die wichtigsten Fragen rund<br />

um das Coronavirus und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft<br />

sowie Serviceangebote des BVMW:<br />

www.bvmw.de/themen/coronavirus<br />

Scannen Sie diesen QR-Code mit Ihrem<br />

Smartphone und lesen Sie diese Ausgabe als<br />

PDF. In der digitalen Fassung sind sämtliche<br />

Hyperlinks aktiv.<br />

Tagesaktuelle Neuigkeiten aus dem <strong>Mittelstand</strong> finden Sie auf<br />

unserer Verbandswebseite<br />

www.bvmw.de


6 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Deutschland<br />

News<br />

Teure Grundrente<br />

Die Große Koalition hat nach monatelangem Ringen die Streitigkeiten<br />

um die Grundrente beigelegt. So können ab 2<strong>02</strong>1 in etwa<br />

1,5 Millionen Rentner durch die Grundrente finanziell bessergestellt<br />

werden. Allerdings bedarf es vorher einer Einkommensprüfung. Anspruch<br />

sollen Rentner haben, die nach 33 Jahren im Erwerbsleben<br />

nur eine Rente auf dem Niveau von Hartz IV erhalten. <strong>Das</strong> Bundeskabinett<br />

rechnet dafür mit jährlichen Kosten von 1,3 Milliarden Euro.<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven warnt hingegen vor Mehrausgaben<br />

in Milliardenhöhe und Unklarheiten über die Finanzierung<br />

der Grundrente. Wenn die Finanztransaktionssteuer nicht kommt,<br />

scheint ein Griff in die Rentenkassen zu Lasten der Steuerzahler unausweichlich.<br />

Förderung für Solarstrom<br />

droht das Aus<br />

<strong>Der</strong>zeit gilt ein deutschlandweites Limit zur Einspeisung von<br />

Solarenergie in Höhe von 52 Gigawatt. Sobald diese Obergrenze<br />

überschritten ist, entfällt die Einspeisevergütung nach<br />

dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG). Somit erhalten<br />

neue Nutzer von Photovoltaikanlagen für ihren überschüssigen<br />

Strom, der in das Netz eingespeist wird, keine Förderung mehr.<br />

Obwohl die Bundesregierung in ihrem Klimaschutzplan 2030<br />

die Aufhebung des 52-Gigawatt-Deckels angekündigt hat und<br />

beteuert, den Gesetzentwurf des Bundesrates zu unterstützen<br />

und die Streichung des Deckels zügig umzusetzen, scheint ein<br />

Ende der staatlichen Förderung von Solarenergie absehbar. Bei<br />

weiterer Untätigkeit der Bundesregierung ist mit wachsenden<br />

Unsicherheiten seitens der Investoren aufgrund der fehlenden<br />

Nachfolgeregelung zu rechnen. Schon jetzt zeigt sich, dass die<br />

Auftragslage bei Anlagen kleiner und mittlerer Größe seit Ende<br />

2019 zurückgeht.<br />

Altersvorsorgepflicht für<br />

Selbstständige<br />

Selbstständige scheinen aktuell in ein politisches Kreuzfeuer<br />

zu geraten. Neben der aktuell bestehenden Rechtsunsicherheit,<br />

steht nun der nächste Vorschlag der Bundesregierung für Freiberufler<br />

vor der Tür. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil plant<br />

noch im ersten Quartal dieses Jahres einen Gesetzesentwurf<br />

zur Altersvorsorgepflicht für Selbstständige vorzulegen. Da<br />

momentan keine Vorsorgepflicht für Selbstständige gilt, plant<br />

der Minister die Selbstständigen mit in die Deutsche Rentenversicherung<br />

(DRV) einzubeziehen. Bei einem solchen Gesetzentwurf<br />

muss besonders im Fokus stehen, wie Selbstständige<br />

arbeiten, welche Folgen neue Regelungen nach sich ziehen und<br />

wie ein konkreter Plan Vorteile für alle Beteiligte mit sich bringen<br />

kann. Dabei muss den Selbstständigen ein Höchstmaß an<br />

Wahlfreiheit garantiert werden.<br />

Wirtschaftsvirus<br />

Die Auswirkungen des Coronavirus werden das wirtschaftliche<br />

Wachstum in Deutschland in diesem Jahr erheblich dämpfen. Aufgrund<br />

der weltweiten Lieferverflechtungen rechnet jedes zweite<br />

deutsche Unternehmen mit Umsatzeinbußen infolge der Epidmie.<br />

Vor diesem Hintergrund fordert der BVMW wirt schaftspolitische<br />

Maßnahmen: zum einen<br />

die sofortige<br />

und voll ständige Abschaffung<br />

des Soli<br />

für alle und eine<br />

um fassende Unternehmenssteuerreform.<br />

Zudem müssen betroffene<br />

Unternehmen<br />

möglichst schnell<br />

über Hilfe, die sie in Anspruch<br />

nehmen können,<br />

informiert werden.<br />

Fotos: © Moyo Studio von www.istockphoto.com; © AndreyPopov von www.istockphoto.com; © sl-f von www.istockphoto.com; © alexsl von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

7<br />

BVMW-Erfolg:<br />

Lieferkettengesetz auf Eis<br />

Fotos: © CharlieChesvick von www.istockphoto.com; © alvarez von www.istockphoto.com; © AndreyPopov von www.istockphoto.com<br />

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat die Bundesregierung<br />

die Pläne der Minister Hubertus Heil und Gerd Müller für das<br />

Lieferkettengesetz (Nachhaltiges Wertschöpfungskettengesetz –<br />

NaWKG) gestoppt. <strong>Der</strong> BVMW hat frühzeitig auf drohende Nachteile<br />

für den <strong>Mittelstand</strong> aufmerksam gemacht: <strong>Der</strong> Gesetzgeber wollte<br />

mittelständische Unternehmen zwingen, vor Ort zu kontrollieren,<br />

ob ihre Zulieferer im Ausland alle deutschen Rechtsvorschriften und<br />

Standards einhalten, und im worst case für Verstöße von Subunternehmern<br />

zu haften. Dagegen hat unser Verband klar Stellung bezogen,<br />

so bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Deutschen<br />

Bundestags.<br />

Konjunkturprogramm fürs Klima<br />

Mit dem European Green Deal stellt die Europäische Union ih re<br />

Investitionspläne für eine klimaneutrale Zukunft vor. Kern ziele<br />

dabei sind, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden<br />

und die Klimagasemissionen der EU unter den Wert von<br />

vor 1990 bringen. Durch Investitionen in grüne Technologien,<br />

nachhaltige Lösungen und neue Chancen für Unternehmen erhofft<br />

sich die EU-Kommission eine neue Wachstumsstrategie<br />

für die EU. Mit dem Maßnahmenpaket verpflichtet sich die<br />

EU, Mitgliedsstaaten in ihren Nachhaltigkeitspolitiken vor allem<br />

finanziell zu fördern. Umgesetzt werden sollen die Ziele<br />

durch einen weitreichenden Umbau von Industrie, Energieversorgung,<br />

Ver kehr und Landwirtschaft. Hierfür plant die<br />

EU-Kommis sion zahlreiche Gesetze und Programme: Neue<br />

Industriestra tegie, Importhürden für klimaschädlich produzierte<br />

Waren und eine Strategie für sauberen Verkehr, neue<br />

Emissionsgrenzwer te für Autos, <strong>Handel</strong> mit Verschmutzungsrechten<br />

auch im Schiffsverkehr.<br />

Gelockertes Kartellrecht<br />

<strong>Das</strong> Bundeswirtschaftsministerium hat den offiziellen Referentenentwurf<br />

für das „GWB-Digitali sierungsgesetz“ (GWB-RefE) vorgelegt.<br />

Ziel der geplanten Geset zesänderungen ist zum einen die<br />

Fortentwicklung des digitalen Ordnungsrahmens und zum anderen<br />

die Umsetzung europarecht licher Vorgaben für das nationale<br />

Kartellrecht. Die mit der Digitali sierung einhergehende Änderung<br />

wirtschaftlicher Machtverhältnis se stellt die Wettbewerbspolitik<br />

vor große Herausforderungen. So sieht der Entwurf auch mehr<br />

Rechtssicherheit für kleine und mit telständische Unternehmen vor.<br />

Zusammenschlüsse sollen künf tig nicht mehr untersagt werden,<br />

wenn die Gründe für eine Unter sagung nur Bagatellmärkte mit einem<br />

Volumen von bis zu 20 Millionen Euro (statt bisher 15 Millionen<br />

Euro) betreffen. Gerade in schrumpfenden Märkten erhalten<br />

damit mittelständische Unternehmen mehr Flexi bilität für Konsolidierungsmaßnahmen.<br />

Digitale Agenda des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

Mit der neuen digitalen Agenda des <strong>Mittelstand</strong>s wurde eine<br />

Publikation veröffentlicht, welche alle BVMW-Positionen zum<br />

Thema Digitalisierung erstmals zusammenfasst. <strong>Das</strong> unter<br />

der Federführung der BVMW-Kommission Internet und Digitales<br />

ausgearbeitete Papier beinhaltet die verschiedenen digitalpolitischen<br />

Forderungen des BVMW und erläutert die wachsende<br />

Bedeutung der Digitalisierung für KMU. So reicht das<br />

Themenspektrum von ethischen Grundsatzfragen im Kontext<br />

der Digitalisierung, über Datenschutz und IT-Sicherheit<br />

bis hin zur digitalen Infrastruktur in Deutschland. Abgerundet<br />

wird die Publikation durch 13 Unternehmertestimonials. <strong>Der</strong><br />

BVMW reagiert mit der Agenda auf die voranschreitende digitale<br />

Transformation. Die Publikation soll Unternehmerinnen und<br />

Unternehmern helfen, ihre eigenen Betriebe durch die digitale<br />

Brille zu betrachten, denn bereits heute wirkt sich die Digitalisierung<br />

für mehr als 70 Prozent der Mittelständler positiv auf<br />

die Geschäfte aus.<br />

https://bvmw.info/digitale-agenda


8 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Coronavirus-Pandemie:<br />

Wo Unternehmen jetzt<br />

Hilfe bekommen<br />

Die Corona-Welle trifft nahezu jeden von uns – ganz gleich, ob der Betrieb selbst von heute auf<br />

morgen seine Tätigkeit unterbrechen muss, Aufträge von Kunden zurückgezogen wurden, oder<br />

Mitarbeiter mit ihren schulpflichtigen Kindern zu Hause bleiben müssen. Die Auswirkungen<br />

dessen kennen wir nicht, aber es gilt, jetzt zu handeln. <strong>Der</strong> BVMW hilft Ihnen dabei.<br />

Die Bundesregierung hat mit den Ländern Leitlinien zum einheitlichen<br />

Vorgehen zur weiteren Beschränkung von sozialen<br />

Kontakten im öffentlichen Leben vereinbart. <strong>Der</strong> Lebensmitteleinzelhandel,<br />

Wochenmärkte und Lieferdienste, Apotheken, Drogerien,<br />

Banken, Tankstellen sowie der Großhandel bleiben davon<br />

unberührt. Bars, Clubs, Theater, Museen, Kinos, Zoos, Sporteinrichtungen<br />

und Spielplätze werden vorerst geschlossen. Darüber hinaus<br />

sind Zusammenkünfte in Vereinen, Sport- und Freizeiteinrichtungen<br />

sowie Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und Zusammenkünfte<br />

anderer Glaubensgemeinschaften fürs Erste verboten.<br />

In den meisten Bundesländern sind mittlerweile auch jegliche<br />

Veranstaltungen, egal, ob öffentlich oder privat, verboten.<br />

Hilfestellung für den Arbeitsmarkt<br />

Die Ausbreitung des Coronavirus stellt zudem insbesondere den Arbeitsmarkt<br />

vor große Herausforderungen. Um diesen entgegenzuwirken,<br />

traten rückwirkend zum 1. März 2<strong>02</strong>0 die Neuregelungen für einen<br />

leichteren Zugang zum Kurzarbeitergeld in Kraft. Darin enthalten<br />

ist, dass auf Grund schwieriger wirtschaftlicher Entwicklungen Betriebe<br />

Kurzarbeit anmelden können, wenn mindestens zehn Prozent<br />

der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sein könnten. Diese<br />

Schwelle lag bisher bei 30 Prozent. Auch Leiharbeitnehmerinnen und<br />

Leiharbeitnehmer können künftig Kurzarbeitergeld beziehen.<br />

Negative Arbeitszeitsalden sollen vor Zahlung des Kurzarbeitergeldes,<br />

sofern in Betrieben Vereinbarungen zu Arbeitszeitschwankungen<br />

genutzt werden, nicht zum Einsatz kommen müssen. <strong>Das</strong> geltende<br />

Recht verlangt aktuell, dass diese auch zur Vermeidung von<br />

Kurzarbeit eingesetzt und ins Minus gefahren werden.<br />

Die Sozialversicherungsbeiträge, die Arbeitgeber normalerweise für<br />

ihre Beschäftigten zahlen müssen, sollen von der Bundesagentur für<br />

Arbeit künftig vollständig erstatten werden. Dies soll als Anreiz dienen,<br />

um die Zeiten der Kurzarbeit verstärkt für die Weiterbildung der<br />

Beschäftigten zu nutzen.<br />

BVMW hilft<br />

<strong>Das</strong> Team des BVMW bündelt auf allen Ebenen Informationen und<br />

arbeitet intensiv daran, den <strong>Mittelstand</strong> in diesen Zeiten zu unterstützen.<br />

So hat der Verband die drängendsten Fragen für Unternehmen<br />

auf einer extra Website zu Corona unter www.bvmw.de/themen/<br />

coronavirus/ zusammengefasst. Dort finden kleine und mittlere<br />

Unternehmen stets tagesaktuell aufbereitet aktuelle Regelungen<br />

und Vorgehensweisen zum Arbeitsrecht, zum Beispiel zum Bereich<br />

Home-Office oder Kitaschließungen. Ebenso aufgelistet sind<br />

alle Maßnahmen der Bundesregierung zur Unterstützung der mittelständischen<br />

Wirtschaft, von den Möglichkeiten der Steuerstundung<br />

bis hin zu den möglichen Krediten und Liquiditätshilfen. Da Deutschland<br />

ein föderales System ist, gibt es zudem eine Übersicht zu jedem<br />

Bundesland. Welche besonderen Maßnahmen wurden dort getroffen,<br />

gibt es zusätzliche Unterstützungsprogramme? Wie können<br />

diese abgerufen werden? Zudem hat der BVMW zu allen Ländern die<br />

verfügbaren Dokumente verlinkt, beispielsweise die Bescheinigungen<br />

zum Grenzübertritt für Berufspendler.<br />

Gut zu wissen<br />

Unter www.bvmw.de/themen/coronavirus finden Mittelständler<br />

tagesaktuell Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das<br />

Coronavirus und dessen Auswirkungen auf die Wirtschaft.<br />

Diana Scholl<br />

BVMW<br />

Leiterin <strong>Mittelstand</strong>sallianz,<br />

politische Netzwerke und Strategie<br />

diana.scholl@bvmw.de<br />

Fotos: © Rawf8 von stock.adobe.com; © elenabs von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

9<br />

WIR VERBINDEN DEUTSCHLAND.<br />

Die aktuelle Coronavirus-Situation fordert uns alle heraus. Entgegen unserer Natur müssen<br />

wir räumlichen Abstand voneinander halten.<br />

Wir bei der Deutschen Telekom sorgen dafür, dass jetzt alle digital zusammenbleiben und<br />

zusammenrücken können. Unsere Netze sind sicher. Unsere Netze sind stabil. Mit über 100.000<br />

Kolleginnen und Kollegen sorgen wir dafür, dass das auch so bleibt. Damit ein sehr wichtiger Teil<br />

unseres Lebens weitergehen kann und wir mit denen in Verbindung bleiben, die uns wichtig sind.<br />

Darüber hinaus möchten wir unsere Kunden durch die folgenden Maßnahmen unterstützen:<br />

FÜR MOBILFUNK:<br />

Ab sofort bekommt jeder unserer Mobilfunk-Kunden 10 GB Datenvolumen pro Monat<br />

bis auf Weiteres geschenkt, damit man online ist, wenn es drauf ankommt.<br />

FÜR ZU HAUSE:<br />

Ab sofort gibt es den neuen Streamingdienst Disney+ bei uns für 6 Monate geschenkt,<br />

um auch in ernsten Zeiten ein wenig Ablenkung zu haben.<br />

FÜR DAS HOMEOFFICE:<br />

Ab sofort stellen wir Unternehmen für 3 Monate kostenlos Office 365 und Cisco Webex<br />

Conferencing Services zur Verfügung, um das Arbeiten im Homeoffi ce ohne Einschränkungen<br />

zu ermöglichen.<br />

FÜR SCHULEN UND LEHRER/-INNEN:<br />

Ab sofort stellen wir Schulen cloudbasierte Web Conferencing Services für<br />

3 Monate kostenlos zur Verfügung, über die sich Lehrkräfte mit ihren Schüler/-innen<br />

und Studierenden austauschen können.<br />

WIR SIND FÜR EUCH DA, DAMIT IHR FÜREINANDER DA SEIN KÖNNT.<br />

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Deutschen Telekom<br />

ALLE<br />

WEITERFÜHRENDEN<br />

INFORMATIONEN<br />

AUF TELEKOM.DE


10 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Wie der Staat Unternehmen<br />

in der Coronakrise hilft<br />

<strong>Das</strong> Coronavirus wird sich nicht nur negativ auf die ohnehin schon angeschlagene Konjunktur<br />

in Deutschland auswirken – vor allem KMU haben mit den Folgen zu kämpfen. Aber welche<br />

Maßnahmen und Förderinstrumente können Unternehmen in Anspruch nehmen?<br />

Für Firmen der gewerblichen Wirtschaft und der freien Wirtschaft<br />

gibt es etablierte Förderinstrumente, damit Unternehmen<br />

auch auf kurzfristig liquide bleiben. Alle folgenden<br />

Informationen sind die offiziellen Informationen des Bundeswirtschaftsministeriums.<br />

Für Unternehmen, die noch keine fünf Jahre<br />

bestehen:<br />

Für Unternehmen, die seit mehr als fünf Jahren am Markt<br />

bestehen:<br />

KfW-Unternehmer wie auch ERP-Gründerkredite sind über Banken<br />

und Sparkassen bei der KfW zu beantragen. Informationen dazu gibt<br />

es auf der Webseite der KfW und bei allen Banken und Sparkassen.<br />

Die Hotline der KfW für gewerbliche Kredite lautet: 0800 539 9001.<br />

ERP-Gründerkredit Startgeld – Betriebsmittelförderung<br />

Die Zielgruppe sind kleine gewerbliche Unternehmen und Freiberufler<br />

bis zu 50 Beschäftigte und Jahresumsatz beziehungsweise Jahresbilanzsumme<br />

von maximal zehn Millionen Euro, die noch keine<br />

fünf Jahre bestehen.<br />

n Höchstbetrag beträgt maximal 30.000 Euro für Betriebsmittel<br />

n Laufzeit beträgt maximal zehn Jahre mit zwei Tilgungsfreijahren<br />

n Sicherheiten: Bankübliche Besicherung bei 80 Prozent Haftungsfreistellung<br />

für Hausbank<br />

ERP-Gründerkredit Universell (Betriebsmittel)<br />

Die Zielgruppe sind gewerbliche mittelständische Unternehmen und<br />

Freiberufler, die noch keine 5 Jahre bestehen und deren maximaler<br />

Gruppenumsatz 500 Millionen Euro nicht übersteigt.<br />

n Höchstbetrag beträgt 25 Millionen Euro<br />

Variante a)<br />

n Laufzeit beträgt maximal zwei Jahre (endfällig)<br />

n Sicherheiten: Betriebsmittelkredit ist banküblich zu besichern<br />

(50 prozentige Haftungsfreistellung für Hausbank möglich)<br />

Variante b)<br />

n Laufzeit beträgt maximal fünf Jahre und ein Tilgungsfreijahr<br />

n Sicherheiten: Betriebsmittelkredit ist banküblich zu besichern<br />

KfW-Unternehmerkredit<br />

Die Zielgruppe sind gewerbliche mittelständische Unternehmen und<br />

Freiberufler, die mindestens seit fünf Jahren am Markt sind und deren<br />

maximaler Gruppenumsatz 500 Millionen Euro nicht übersteigt<br />

n Höchstbetrag beträgt 25 Millionen Euro beziehungsweise fünf<br />

Millionen Euro bei Haftungsfreistellung<br />

n Laufzeit:<br />

a) bis zu zwei Jahren (endfällig) ausschließlich für kleine und<br />

mittlere Unternehmen (max. 250 Mitarbeiter, maximal Jahresumsatz<br />

50 Millionen Euro, maximal Jahresbilanzsumme von 43 Millionen<br />

Euro), Höchstbetrag: 5 Millionen Euro, 50 prozentige Haftungsfreistellung<br />

für Hausbank möglich<br />

b) bis zu fünf Jahren bei einem Tilgungsfreijahr<br />

Sicherheiten: Betriebsmittelkredit ist banküblich zu besichern beziehungsweise<br />

Haftungsfreistellung bei Variante a) möglich<br />

Die Hausbanken können bei Bedarf auch auf das Bürgschaftsinstrumentarium<br />

zurückgreifen. Es darf sich nicht um Sanierungsfälle oder<br />

Unternehmen in Schwierigkeiten handeln.<br />

Landesförderinstitute<br />

Neben den Angeboten der ERP und der KfW gibt es auch zahlreiche<br />

Förderinstitute der einzelnen Länder, die zinsgünstige Betriebsmittelfinanzierungen<br />

anbieten. Weiterführende Informationen finden<br />

Sie auf den Seiten der Förderdatenbank des Bundeswirtschaftsministeriums.<br />

Fotos: © elenabs von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

11<br />

Fotos: © elenabs von www.istockphoto.com; © terovesalainen von stock.adobe.com; © VRD von stock.adobe.com<br />

Bürgschaften<br />

Für Unternehmen, die ökonomisch gesund sind, können Bürgschaften<br />

für Betriebsmittelkredite angeboten werden. Diese werden bis zu<br />

einer Höhe von 1,25 Millionen Euro durch die Bürgschaftsbanken bearbeitet.<br />

Bei höheren Beträgen sind die Länder und deren Förderinstitute<br />

zuständig. Ab einem Bürgschaftsbetrag von 20 Millionen Euro<br />

beteiligt sich der Bund in den strukturschwachen Regionen am<br />

Bürgschaftsobligo im Verhältnis 50 zu 50. Da Bürgschaften maximal<br />

80 Prozent des Kreditrisikos abdecken können, muss die jeweilige<br />

Hausbank mindestens 20 Prozent Eigenobligo leisten.<br />

Wenn es sich um ein Unternehmen handelt, das sich nach den Rettungs-<br />

und Umstrukturierungsleitlinien der EU-Kommission in<br />

Schwierigkeiten befindet, muss der Einzelfall in der Regel notifiziert<br />

und von der Kommission bewilligt werden. <strong>Das</strong> gilt für große Unternehmen<br />

in jedem Fall. Einzelne Länder stellen auch genehmigte Programme<br />

für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen an KMU zur<br />

Verfügung, in diesen Fällen ist eine einzelne Notifizierung nicht notwendig.<br />

Eine Anfrage für ein Finanzierungsvorhaben kann schnell und kostenfrei<br />

auch über das Finanzierungsportal der Bürgschaftsbanken<br />

gestellt werden.<br />

Gut zu wissen<br />

Alle Informationen können Sie auch auf den Seiten des BMWI nachlesen:<br />

https://bvmw.info/corona-bmwi<br />

Informieren Sie sich über das Förderangebot der KfW unter<br />

https://bvmw.info/inlandsfoerderung<br />

Hier gelangen Sie zur Förderdatenbank des Bundes<br />

https://bvmw.info/foerderprogramm<br />

<strong>Das</strong> Finanzierungsportal der Bürgschaftsbanken erreichen Sie unter<br />

https://bvmw.info/finanzierungsportal<br />

Aktuelle Informationen zu Reisebeschränkungen und Grenzkontrollen:<br />

https://bvmw.info/bmi-informationen


12 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Coronavirus:<br />

Was Arbeitgeber und Arbeitnehmer<br />

wissen müssen<br />

Welche Fürsorgepflichten Unternehmen haben, was bei Betriebsschließungen oder Quarantäne-<br />

Maßnahmen passiert, oder wie es mit Dienstreisen in gefährdete Gebiete aussieht – eine<br />

Zusammenfassung der wichtigsten arbeitsrechtlichen Fragen.<br />

Mit der weltweiten Ausbreitung des Coronavirus und den damit<br />

verbundenen Ansteckungsgefahren macht sich zunehmend<br />

auch eine Verunsicherung in der Arbeitswelt breit.<br />

Jedoch ist festzuhalten: <strong>Das</strong> Coronavirus setzt das gültige Arbeitsrecht<br />

nicht außer Kraft.<br />

Informationen und Schutzmaßnahmen im Betrieb<br />

n Eine erste sinnvolle Maßnahme des Arbeitgebers gegenüber den<br />

Beschäftigten ist die umfassende Information über das tatsächliche<br />

Risiko einer Infektion am Arbeitsplatz sowie die Aufklärung über konkrete<br />

Schutzmöglichkeiten. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze<br />

des Arbeitsschutzes, wie sie in Paragraf 4 des Arbeitsschutzgesetzes<br />

definiert werden. Da der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber<br />

seinen Mitarbeitern hat, muss er nach Paragraf 618 des Bürgerlichen<br />

Gesetzbuches (BGB) uneingeschränkt für ein gefahrloses<br />

Arbeiten im Unternehmen sorgen: Demnach hat er „Dienstleistungen,<br />

die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen<br />

sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und<br />

Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es<br />

gestattet.“<br />

n In diesem Fall hat der Arbeitgeber präventiv für Maßnahmen zu<br />

sorgen, die Ansteckungsgefahr so weit wie möglich verhindern. Hierzu<br />

zählen zum Beispiel die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln<br />

in den jeweiligen sanitären Anlagen und Zugängen zum Unternehmen,<br />

die Ausgabe von Mundschutzmasken oder die Planung von<br />

Homeoffice-Arbeitsplätzen. Mitarbeiter sind dabei verpflichtet, die<br />

angeordneten Schutzmaßnahmen zu befolgen. Vorgesehene Maßnahmen<br />

sind jedoch vorab mit dem Betriebsrat abzusprechen, weil<br />

diese nach Paragraf 87 des Betriebsverfassungsgesetzes dem Mitbestimmungsrecht<br />

unterliegen. Auch wenn der Verdacht einer möglichen<br />

Coronavirus-Infektion bei einem Arbeitnehmer besteht, dürfen<br />

Arbeitgeber dennoch nicht verpflichtend eine Untersuchung anordnen,<br />

weil damit das grundrechtlich geschützte Persönlichkeitsrecht<br />

ausgehebelt würde.<br />

Pflichten der Beschäftigten<br />

n <strong>Der</strong> Arbeitnehmer ist im Verdachtsfall verpflichtet, sich umgehend<br />

beim Arbeitgeber krank zu melden – normalerweise ohne Angabe<br />

der Krankheitsart. Da es sich beim Coronavirus aber um eine hoch-<br />

Fotos: © DigitalGenetics von stock.adobe.com; © elenabs von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

13<br />

Prävention<br />

Regelmäßiges<br />

und gründliches<br />

Hände waschen<br />

Händeschütteln<br />

vermeiden<br />

und Abstand<br />

zu anderen<br />

Menschen halten<br />

Husten und Niesen in<br />

ein Taschentuch oder<br />

in die Armbeuge,<br />

Hände aus dem<br />

Gesicht fernhalten<br />

Im Krankheitsfall<br />

zuhause bleiben<br />

Auf Sauberkeit<br />

achten, Flächen<br />

regelmäßig<br />

desinfizieren<br />

Reisevorschriften<br />

Einreisebestimmungen<br />

beachten<br />

Mit dem Arzt<br />

Rücksprache<br />

halten<br />

Bei Symptomen<br />

Reisen<br />

vermeiden<br />

Wenn Sie während der<br />

Reise krank werden,<br />

greifen die jeweiligen<br />

Maßnahmen des<br />

Landes<br />

ansteckende Krankheit handelt, sollte sich der Arbeitnehmer im Zuge<br />

seiner arbeitsrechtlichen Treuepflicht dem Arbeitgeber öffnen,<br />

sodass entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden können.<br />

Wenn sich eine Coronavirus-Infektion bei einem Arbeitnehmer<br />

als positiv herausstellt, sollte der Arbeitgeber schnellstmöglich das<br />

Gesundheitsamt kontaktieren sowie im Sinne der restlichen Mitarbeiter<br />

konkrete, umsetzbare Schutzmaßnahmen erarbeiten und diese<br />

im Unternehmen sofort umsetzen.<br />

n Allein die Furcht vor einer Ansteckung berechtigt einen Arbeitnehmer<br />

nicht dazu, zu Hause zu bleiben. Grundsätzlich gilt, an dem<br />

vertraglich vereinbarten Arbeitsort zu erscheinen und zu arbeiten –<br />

selbst dann, wenn Gäste aus China oder Italien zu Besuch sein sollten.<br />

Widersetzt sich der Arbeitnehmer, kann dies eine Abmahnung<br />

oder sogar verhaltensbedingte Kündigung zur Folge haben. Die Lage<br />

ändert sich dann, wenn ein Gast der Firma oder ein Mitarbeiter am<br />

Standort bereits infiziert wurde.<br />

n Homeoffice-Arbeit ist dann erlaubt, wenn Sondervereinbarungen<br />

mit dem Arbeitgeber getroffen worden sind, oder eine konkrete Ansteckungsgefahr<br />

vorliegt. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass ein<br />

Arbeitgeber Homeoffice-Arbeit nicht anordnen darf, sondern dies<br />

immer im gegenseitigen Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und<br />

Arbeitnehmer geschehen muss.<br />

Behördliche Betriebsschließungen und Quarantäne<br />

n Wird ein Betrieb wegen Coronavirus-Infektionen von den Behörden<br />

geschlossen, haben Beschäftigte Anspruch auf Fortzahlung ihrer<br />

Löhne für maximal sechs Wochen. Bei amtlichen Schließungen<br />

können sich die Unternehmen dieses Geld vom jeweiligen Bundesland<br />

zurückerstatten lassen. Wer körperlich in der Lage ist und zu<br />

Hause über die notwendigen Arbeitsmittel verfügt, muss weiter für<br />

das Unternehmen arbeiten – hier greift die Treuepflicht gegenüber<br />

dem Arbeitgeber.<br />

n Liegt jedoch eine behördlich angeordnete Quarantäne vor, erfolgt<br />

keine Lohnfortzahlung. In diesem Falle erhält der Arbeitnehmer<br />

vom Staat eine Entschädigungszahlung, die in Paragraf 56<br />

des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) festgelegt ist. Diese Entschädigung<br />

wird laut IfSG für sechs Wochen gezahlt, danach bekommt<br />

er Krankengeld. Selbstständige erhalten eine Entschädigungszahlung<br />

in Höhe von einem Zwölftel des Arbeitseinkommens des vorangegangenen<br />

Jahres. Zudem erhalten Selbstständige nach Paragraf<br />

56, Abs. 4, des IfSG von den zuständigen Behörden eine<br />

angemessene Unterstützung für die in dieser Ausnahmesituation<br />

weiterlaufenden Betriebskosten.<br />

Kinderbetreuung und Dienstreisen<br />

n Arbeitnehmer haben laut Paragraf 616 des BGB das Recht, zu<br />

Hause zu bleiben, wenn Schulen und Kitas aufgrund der Coronavirus-Epidemie<br />

geschlossen bleiben, und es keine anderen Betreuungsmöglichkeiten<br />

gibt – allerdings ist die Lohnfortzahlung nicht<br />

garantiert, es sei denn, aus dem Arbeits- oder Tarifvertrag geht anderes<br />

hervor.<br />

n<br />

Die Anordnung von Dienstreisen ist grundsätzlich durch die arbeitsvertragliche<br />

Weisungsbefugnis des Arbeitgebers erlaubt. <strong>Der</strong><br />

Arbeitgeber hat nach „billigem Ermessen“ zu handeln und dabei die<br />

Interessen seiner Mitarbeiter gegenüber seinen eigenen abzuwägen<br />

und zu berücksichtigen. Wenn das Auswärtige Amt allerdings Reisewarnungen<br />

für betroffene Coronavirus-Gebiete veröffentlicht hat,<br />

kann nicht mehr von „billigem Ermessen“ gesprochen werden – Arbeitnehmer<br />

können dann Reisen in Gefährdungsgebiete verweigern.<br />

Almut Friederike Kaspar<br />

Journalistin<br />

mittelstand@bvmw.de


14 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Kühlen Kopf<br />

bewahren<br />

<strong>Das</strong> Coronavirus sorgt in der Bevölkerung für<br />

große Verunsicherung. Wie muss im Ernstfall<br />

reagiert werden, und wie kann man sich<br />

überhaupt schützen? Arzt und Anwalt Prof.<br />

Dr. iur. Dr. med. Alexander Ehlers beantwortet<br />

gängige Fragen rund um das Virus.<br />

DER <strong>Mittelstand</strong>.: Muss ich derzeit immer sofort zum Arzt<br />

gehen, wenn ich krank bin?<br />

Prof. Dr. iur. Dr. med. Alexander Ehlers: Nein, bei einem<br />

Kratzen im Hals oder Schnupfen und Husten sind womöglich eher<br />

Erkältungssymptome die Ursache. Wenn al lerdings zuvor Kontakt zu<br />

einer infizierten Person bestanden hat, muss gehandelt wer den.<br />

Was soll man tun, wenn man denkt, man hätte sich mit dem Virus<br />

angesteckt?<br />

Wenn Sie mit einem Corona-Infizierten Kon takt hatten und Symptome<br />

wie Husten, Schnupfen und Fieber verspüren, sollten Sie sich telefonisch<br />

an das zuständige Gesund heitsamt oder den behandelnden<br />

Hausarzt wenden. In die Sprechstunde des Hausarz tes sollte<br />

nicht gegangen werden, denn ein Besuch würde möglicherweise zur<br />

weiteren Ausbreitung des Virus führen. Bewahren Sie aber in jeder<br />

Hinsicht Ruhe.<br />

Welche Maßnahmen sollten Unternehmen aktuell treffen, um eine<br />

Ansteckung in der Belegschaft zu vermeiden?<br />

Regelmäßiges Händewaschen und eine rich tige Husten- und Niesetikette<br />

– eben alles, was man bei einer Grippewelle auch macht.<br />

Falls tatsächlich ein Ver dachtsfall innerhalb der Belegschaft besteht,<br />

sollte der betroffene Mitarbeiter zu Hause bleiben, bis durch einen<br />

entsprechenden Test geklärt ist, ob tatsächlich eine Coronavirus-Infektion<br />

vorliegt. Ein sol cher Test kann überall in Deutschland gemacht<br />

werden.<br />

Kann durch Homeoffice eine Verbreitung des Virus eingedämmt<br />

werden?<br />

<strong>Das</strong> Arbeiten aus dem Homeoffice ist mit Sicherheit eine sinnvolle<br />

Maßnahme, die eine weitere Verbreitung des Virus verhindern kann. Für<br />

die Arbeitnehmer besteht insoweit keine Gefahr, sich auf dem Arbeitsweg<br />

oder in der Arbeit selbst durch Kontakt mit unerkannt Erkrankten<br />

zu infizieren. Außerdem hilft dies die Zahl der Kon taktpersonen einzugrenzen<br />

und so die Infektionskette offenzulegen.<br />

Jedoch ist Homeoffice nicht in allen Branchen umsetzbar. Gerade in<br />

Bereichen, in denen die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers<br />

zwingend erforderlich ist, scheidet die Möglichkeit, aus dem Homeoffice<br />

zu arbeiten, gänzlich aus.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

15<br />

Wie tödlich ist das Virus überhaupt?<br />

Alle Daten, die wir weltweit haben, werden hierfür zusammengeführt.<br />

Es zeigt sich da bei, dass das Virus tödlicher ist als ein Grippevirus.<br />

Wir gehen allerdings davon aus, dass es viele Infizierte gibt,<br />

die überhaupt keine oder nur sehr geringe Symptome ha ben. Wenn<br />

diese Betroffenen mit in die Be rechnung einbezogen werden, ist die<br />

Sterb lichkeit sehr viel niedriger und liegt in etwa bei 0,5 – 1 auf 100<br />

Personen.<br />

Warum hat sich die Bundesregierung für diese drastischen Maßnahmen<br />

mit Schul-, Kita-, und Eventlocation-Schließungen entschieden?<br />

Die Maßnahmen liegen in der Kompetenz der Länder. Die Bundesregierung<br />

gibt diesbezüglich Empfehlungen ab und koordiniert das gemeinsame<br />

Vorgehen der Länder. Diese Maßnahmen sind ein wichtiger<br />

und sinnvoller Schritt, um die weitere Ausbreitung des Virus zu<br />

verhindern. Besonders in den genannten Bereichen kommen viele<br />

Menschen auf engem Raum zusammen, haben Körperkontakt und<br />

können den nötigen Sicherheitsabstand nicht immer wahren. Durch<br />

diese Maßnahme wird in jedem Fall einer potentiellen Möglichkeit zur<br />

Virusübertragung entgegengetreten.<br />

Es gibt viele unterschiedliche Informati onen über das Virus in der<br />

Öffentlichkeit, darunter auch in den Sozialen Medien. Wo ran sollte<br />

man sich orientieren?<br />

Viele Informationen sorgen für Verwirrung und erzeugen dadurch<br />

Angst. Es gibt zwei Websites, die zu empfehlen sind: Zum einen<br />

die Seite des Robert Koch-Instituts und zum anderen natürlich die<br />

Homepage des Bundesgesundheitsministeriums. Dort findet man<br />

auch aktuelle Informationen über die Ausbreitung des Virus. Informationen<br />

in den Sozialen Medien führen hingegen nur zu Verunsicherung.<br />

Foto: © IrenaV von www.istockphoto.com; © elenabs von www.istockphoto.com<br />

Gut zu wissen<br />

Tagesaktuelle Informationen unter:<br />

n Robert-Koch-Institut: www.rki.de<br />

n Bundesgesundheitsministerium:<br />

www.bundesgesundheitsministerium.de<br />

Prof. Dr. iur. Dr. med. Alexander Ehlers<br />

Ehlers, Ehlers & Partner<br />

Rechtsanwaltsgesellschaft mbB<br />

Mitglied des Bundeswirtschaftssenats<br />

www.ehlers-ehlers-und-partner.de


16 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Umfrage: <strong>Mittelstand</strong> erwartet<br />

massive Umsatzeinbußen<br />

Die Coronavirus-Pandemie stellt den deutschen <strong>Mittelstand</strong> vor nie geahnte Herausforderungen.<br />

Es drohen erhebliche Umsatzverluste. Jeder zweite Unternehmer benötigt direkte Finanzhilfen.<br />

Waren zu Beginn der Epidemie vor allem<br />

die Bereiche Automotive, Maschinenbau<br />

und Textil wirtschaftlich<br />

betroffen, bekommen inzwischen nahezu alle<br />

Branchen die Auswirkungen des Coronavirus<br />

voll zu spüren. Insbesondere für den <strong>Mittelstand</strong>,<br />

der hochgradig international vernetzt und<br />

von den globalen Lieferketten abhängig ist, geht<br />

es an die Substanz.<br />

Ja<br />

Nein<br />

Hilft Ihnen der Staat in der Coronakrise in<br />

ausreichendem Maße?<br />

23.69 %<br />

76.31 %<br />

BVMW-Umfrage zeigt Notsituation<br />

Eine repräsentative Umfrage des BVMW unter<br />

rund 2.500 Mitgliedern zeigt nachdrücklich, in<br />

welch großer Notsituation sich die kleinen und<br />

mittleren Betriebe hierzulande befinden. Demnach<br />

erwartet der <strong>Mittelstand</strong> in Folge der Corona-Krise<br />

massive Umsatzverluste. Über 40<br />

Prozent der Mittelständler befürchten Umsatzrückgänge<br />

von bis zu 30 Prozent, knapp 45 Prozent<br />

rechnen sogar mit mehr als 60 Prozent<br />

Umsatzverlust. Über Kredite und Steuerstundungen<br />

hinaus benötigen zudem mehr als die<br />

Hälfte (53,5 %) der Klein- und Mittelbetriebe direkte<br />

Finanzhilfen.<br />

Viele Betriebe haben auf die Krise reagiert und<br />

Kurzarbeit angemeldet. Doch auch die Einführung<br />

von Homeoffice ist eine der häufigsten<br />

Maßnahmen, die zum Schutz der Mitarbeiter ergriffen<br />

werden.<br />

Zu wenig staatliche Hilfe<br />

Auch wenn die Bundesregierung bereits einige<br />

Instrumente zur Unterstützung von Unternehmen,<br />

die von der Coronakrise betroffen sind,<br />

eingeführt hat, so reichen diese aus Sicht der<br />

Unternehmer bei weitem nicht aus. Mehr als<br />

drei Viertel der befragten Unternehmen (76,3 %)<br />

schätzen die staatliche Unterstützung als nicht<br />

ausreichend ein. <strong>Der</strong> Hauptgrund hierfür liegt<br />

vor allem in der schleppenden Umsetzung der<br />

Maßnahmen. Wenn diese negativen Erwartungen<br />

Wirklichkeit werden, steht Deutschland vor<br />

einer schweren Rezession. <strong>Der</strong> Staat muss deshalb<br />

den betroffenen Unternehmen so schnell<br />

und unbürokratisch wie möglich helfen. <strong>Der</strong><br />

BVMW bietet als größter freiwillig organisierter<br />

<strong>Mittelstand</strong>sverband dabei seine Hilfe an.<br />

Ja<br />

Nein<br />

Gar nicht<br />

bis 10 Prozent<br />

bis 30 Prozent<br />

mehr als<br />

60 Prozent<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />

Brauchen Sie über Kredite und<br />

Steuerstundungen hinaus direkte Finanzhilfen?<br />

53.47 %<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %<br />

In welchem Ausmaß befürchten Sie<br />

Umsatzeinbußen durch das Coronavirus?<br />

4.17 %<br />

10.91 %<br />

46.53 %<br />

40.34 %<br />

44.59 %<br />

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

17<br />

InSEff 2<strong>02</strong>0<br />

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18 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Inner Circle –<br />

<strong>Mittelstand</strong> im FOCUS<br />

Eine Debatte im Schatten der Coronakrise: BVMW und FOCUS starten eine hochkarätige<br />

Veranstaltungsreihe zum <strong>Mittelstand</strong> und seinen Herausforderungen in Gegenwart und Zukunft.<br />

Glanzvolle Premiere für ein neues Kapitel in der Medienpartnerschaft<br />

des BVMW mit dem Magazin FOCUS: Am 10. März<br />

startete hoch über den Dächern von Düsseldorf im Forty<br />

Four das neue Format „Inner Circle – <strong>Mittelstand</strong> im FOCUS“. Auf<br />

Einladung unseres Verbandes und der FOCUS-Redaktion versammelten<br />

sich dort annähernd 200 Gäste aus <strong>Mittelstand</strong>, Kultur und<br />

Gesellschaft. Sie erlebten eine ebenso spannende wie unterhaltsame<br />

Diskussion über die Sorgen und Nöte des <strong>Mittelstand</strong>s in Zeiten<br />

von Corona.<br />

<strong>Der</strong> Veranstaltung in Düsseldorf werden weitere im ganzen Land<br />

folgen – sobald die Corona-Ketten der Versammlungsfreiheit gesprengt<br />

sind. Denn die Aufgabe, dem <strong>Mittelstand</strong> die ihm gebührende<br />

Aufmerksamkeit zu verschaffen, bleibt über den Tag hinaus.<br />

Unter der erprobten Leitung von FOCUS-Chefkorrespondent Daniel<br />

Goffart diskutierten BVMW-Vizepräsident Dr. Michael Pott, BVMW-<br />

Vorstandsmitglied und geschäftsführende Gesellschafterin der<br />

Westfälischen Drahtindustrie (WDI), Katja Pampus, der TV-bekannte<br />

Philosoph Prof. Dr. Richard David Precht und NRW-Ministerpräsident<br />

Armin Laschet ein breites Themen-Spektrum.<br />

Eröffnet hatte den Abend eine Begrüßungsrede von <strong>Mittelstand</strong>spräsident<br />

Mario Ohoven. Für seine Mahnung, angesichts von Corona<br />

nicht in Panik und Hysterie zu verfallen, sowie für seine Forderung<br />

nach einer Stärkung des <strong>Mittelstand</strong>s durch Steuer- und Abgabensenkungen<br />

erhielt er den nachhaltigen Beifall des Publikums. Zugleich<br />

warnte der Präsident vor einer durch das Coronavirus ausgelösten<br />

„Krisenspirale“. Anders als bei der Finanzkrise gehe „die Gefahr<br />

dieses Mal nicht von der den Banken aus, sondern von der Realwirtschaft“.<br />

Komme sie zum Erliegen, werde sie „die Börsen in die Tiefe<br />

ziehen“. Dies könne wiederum eine neue Finanzkrise auslösen.<br />

Auch Ministerpräsident Armin Laschet betonte den Ernst der Lage:<br />

„Wir befinden uns in einer dramatischen Situation“, so der aussichtsreiche<br />

Kandidat für den CDU-Vorsitz. Neben der Corona-Krise wurden<br />

auch die Herausforderungen der Klimawende und Digitalisierung<br />

für den <strong>Mittelstand</strong> diskutiert: „Für die Mittelständler wäre es<br />

wichtig, dass wir in Deutschland pragmatischer an diese Dinge herangehen“,<br />

so Familienunternehmerin und BVMW-Vorstandsmitglied<br />

Katja Pampus. BVMW-Vizepräsident Dr. Hans-Michael Pott stellte<br />

fest: „Die steuerlichen Defizite in Deutschland sind groß, und die Umweltregeln<br />

werden bald komplizierter als das Steuerrecht.“<br />

Michael Backhaus<br />

Journalist<br />

BVMW Berater Medien<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

Daniel Goffart, FOCUS-Chefkorrespondent, moderierte die Gesprächsrunde mit<br />

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Prof. Dr. Richard David Precht, Katja<br />

Pampus und Dr. Michael Pott (v. li.).<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven<br />

bei seiner Begrüßungsrede.<br />

Landesvater NRW: Armin Laschet.<br />

Rund 200 Gäste kamen zum Inner Circle in das Forty Four in Düsseldorf.<br />

Fotos: © Dominik Asbach und Sebastian Drüen für Hubert Burda Media; Sebastian Drüen für Hubert Burda Medien


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

19<br />

V. li.: Director Strategy FOCUS Sebastian Doedems, Mario Ohoven und Markus Jerger<br />

(BVMW Bundesgeschäftsführer).<br />

<strong>Der</strong> Stahl-Unternehmer Hermann Wegener (li.) und<br />

Jürgen Lechner (Atos).<br />

Treffpunkt FOCUS<br />

Wo Zukunft debattiert<br />

wird: Zum ersten Mal<br />

brachte der Inner Circle<br />

Gäste aus Politik, Wirtschaft<br />

und Kultur in Düsseldorf zusammen.<br />

Constanze Krieger (Coroplast) mit Unternehmer Thomas Loesche und Eva Loesche (v. li.).<br />

BVMW Vorstandsmitglied Katja Pampus (WDI) mit Sohn Lukas (li.) und Michael Backhaus<br />

(BVMW Berater Medien).<br />

Hotelier Otto Lindner, Modeunternehmerin Evelyn<br />

Hammerström und Immobilienentwickler Udo<br />

Hensgen (v. li.).<br />

Philosoph Prof. Dr. Richard David Precht (li.) und NRW-Ministerpräsident Armin Laschet.


20 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Bürokratiewahnsinn<br />

in Deutschland<br />

Bürokratiebelastung und Bürokratieabbau: wenige Schlagwörter dürften stärkere<br />

Emotionen innerhalb der Unternehmerschaft hervorrufen. Eine BVMW-Umfrage<br />

dokumentiert erstmals die Bürokratielast der Bundesländer und sammelt<br />

Lösungsansätze zur Entlastung von der Bürokratie.<br />

Während die Bürokratiebelastung konstant und regelmäßig<br />

negative Reaktionen auslöst – „zu hoch, realitätsfern, diese<br />

Bürokraten“ – ist der Bürokratieabbau mit der immerwährenden<br />

Hoffnung an die Politik verknüpft, endlich Besserung in<br />

die „Bürokratiehölle“ Deutschland zu bringen.<br />

Die Bürokratie, die durch die<br />

16 deutschen Bundesländer<br />

entstanden ist, scheint noch nicht<br />

Gegenstand weiterführender<br />

Untersuchungen gewesen zu sein.<br />

Bundesregierung agiert am <strong>Mittelstand</strong> vorbei<br />

Niemand soll der Bundesregierung vorwerfen, sie würde sich nicht<br />

ausreichend mit dem Thema beschäftigen. Wurde nicht im November<br />

2019 das Bürokratieentlastungsgesetz III verabschiedet? Wird<br />

nicht in jeder politischen Sonntagsrede von der bestimmt bald kommenden<br />

und selbstverständlich auch umfangreichsten Bürokratieentlastung<br />

für das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, den <strong>Mittelstand</strong>,<br />

fabuliert? Rühmt man sich etwa nicht mit ersten Erfolgen, wie<br />

der jetzt möglichen elektronischen Arbeitsunfähigkeitsmeldung oder<br />

einer erheblich einfacheren Archivierung von Steuerdokumenten?<br />

Leider muss man häufig konstatieren, dass die gut gemeinten Lösungsvorschläge<br />

nur in seltenen Fällen ihr Ziel erreichen. Die andauernde<br />

Kontroverse um die Bonpflicht hat dies zum Anfang des<br />

Jahres erneut eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Vielleicht wird die<br />

Bonpflicht im Bürokratieentlastungsgesetz IV wieder abgeschafft.<br />

An diesem, so erzählen es sich gut informierte Kreise, arbeite das<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bereits emsig.<br />

Woran aber liegt es, dass die Bundesregierung anscheinend immer<br />

öfter an den Wünschen und Nöten von Mittelständlern vorbeiagiert?<br />

Sind es mangelnde Erkenntnis und fehlende Evidenz? Auf den ersten<br />

Blick erscheint diese Erklärung unzureichend. Zahlreiche Studien<br />

und Aufsätze haben aktuelle Probleme und Herausforderungen aus-<br />

führlich skizziert. Allerdings beziehen sich die genannten Untersuchungen<br />

beinah ausnahmslos auf die Bundesebene. Teilweise werden<br />

in Bürokratiestudien auch noch die durch die Europäische Union<br />

entstandenen Belastungen miteinbezogen. Die Bürokratie allerdings,<br />

die durch die 16 deutschen Bundesländer entstanden ist, scheint<br />

noch nicht Gegenstand weiterführender Untersuchungen gewesen<br />

zu sein.<br />

Bundesländer-Bürokratie-Ranking<br />

Genau an diesem Punkt will der Bundesverband mittelständische<br />

Wirtschaft ansetzen und Licht ins Dunkel bringen. Im föderalen Wettbewerb<br />

hätte ein Bundesländer-Bürokratie-Ranking einen besonderen<br />

Charme. Bundesländer wären wesentlich besser miteinander<br />

vergleichbar, Positivbeispiele würden gegebenenfalls übernommen.<br />

Gründerinnen und Gründer könnten die reale Bürokratiebelastung<br />

an ihrem gewünschten Standort deutlich besser antizipieren und so<br />

die Bundesländer zu neuen Höchstleistungen anspornen. Nicht umsonst<br />

stellt Artikel 91 d des Grundgesetzes fest: „Bund und Länder<br />

können zur Feststellung und Förderung der Leistungsfähigkeit ihrer<br />

Verwaltungen Vergleichsstudien durchführen und die Ergebnisse<br />

veröffentlichen.“<br />

Teilnahme an der BVMW-Umfrage ist noch möglich<br />

Was im Bereich der Bildung schon lange Standard ist, nämlich ein<br />

länderübergreifender Performancevergleich, muss auch für das<br />

Thema Bürokratie möglich sein. Aus diesem Grund hat der BVMW<br />

in den vergangenen Wochen seine Mitglieder mit der Bitte kontaktiert,<br />

Beispiele für Bürokratiebelastung in ihren Bundesländern zu<br />

schildern. Diese werden nun gesichtet und in konkrete Lösungsvorschläge<br />

überführt, um sie anschließend den Entscheidern sowohl<br />

auf Bundes- als auch auf Länderebene vorzustellen. An dieser Stelle<br />

möchten wir uns bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Umfrage<br />

ausdrücklich bedanken! Wer noch nicht die Zeit gefunden hat,<br />

die Umfrage auszufüllen, kann dies noch tun. <strong>Der</strong> BVMW freut sich<br />

über jede weitere Zusendung und wird diese in den anstehenden Prozess<br />

aufnehmen.<br />

Zur Umfrage: https://www.surveymonkey.de/r/Y2XHWRF


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

21<br />

Gut zu wissen<br />

Foto: © Bet_Noire von www.istockphoto.com<br />

n Die Bundesregierung arbeitet bereits am Bürokratieentlastungsgesetz<br />

IV, dieses wird voraussichtlich erst<br />

in der nächsten Legislaturperiode verabschiedet<br />

n Beteiligen Sie sich noch heute an der BVMW-Umfrage zum<br />

Bürokratieabbau auf Länderebene<br />

n Unterstützen Sie uns beim nachhaltigen Abbau der Bürokratie in<br />

Deutschland, auf Bundes- und auf Länderebene<br />

Anfragen an: matthias.schenk@bvmw.de<br />

Matthias Schenk<br />

BVMW Referent Public Affairs<br />

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22 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Weit über tausend Kassenquittungen als dekorativer Protest in einem Restaurant in Karlsruhe.<br />

Die Kassenbonpflicht –<br />

Müll für den <strong>Mittelstand</strong><br />

Die Bonpflicht erschüttert seit Beginn des Jahres den stationären Einzelhandel. Was die<br />

Probleme sind, und wie Mittelständler damit umgehen.<br />

Bonpflicht nun für jeden Verkauf<br />

Zum Jahreswechsel trat die „Beleg-Ausgabepflicht“ für sämtliche<br />

Verkäufe (auch Kleinstbeträge) in Kraft. Diese wurde<br />

bereits 2016 durch den damaligen Finanzminister Wolfgang<br />

Schäuble gesetzlich erlassen und soll zur Vermeidung von Steuerhinterziehung<br />

beitragen. <strong>Der</strong> Bundesrechnungshof geht davon aus,<br />

dass in Deutschland jährlich zehn Milliarden Euro Steuern hinterzogen<br />

werden, da vor allem Kleinstbeträge in Bäckereien oder Kiosken<br />

nicht vollständig abgerechnet werden.<br />

In den EU-Nachbarländern Standard<br />

In vielen Nachbarländern ist die Bonpflicht allerdings bereits Standard.<br />

Gerade in Ländern, welche mit höheren Beträgen der Steuerhinterziehungen<br />

zu kämpfen haben (wie Italien oder Portugal), setzt<br />

der Gesetzgeber auf teils noch stärkere Kontrollmechanismen. In<br />

Italien wurde zu Beginn des Jahres das Anschaffen eines hochmodernen<br />

Kassensystems, welches Umsätze direkt an das Finanzamt<br />

übermittelt, für alle umsatzsteuerpflichtigen Unternehmen obligatorisch.<br />

<strong>Der</strong> BVMW fordert, dass der Gesetzgeber<br />

den Unternehmen wieder mehr<br />

Vertrauen entgegenbringt und diese<br />

von der unsinnigen Belastung befreit.<br />

Gegenwind aus der Opposition<br />

Die <strong>Mittelstand</strong>ssprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis<br />

90/Grünen, Claudia Müller, fokussiert besonders die gestiegene Umweltbelastung<br />

durch den stark erhöhten Bon-Druck auf nicht-recy-<br />

Foto: © picture alliance/Christoph Schmidt/dpa


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

23<br />

Lottoannahmestelle im Karstadt Magdeburg: Inhaber Stephan Papenbreer<br />

und Mitarbeiterin Sigrid Kley.<br />

Bonpflicht und die Erfahrungen<br />

aus der Praxis<br />

Foto: © Peter Martini<br />

clebarem Thermopapier. Dieses Papier enthält zusätzlich oft den<br />

hochgiftigen Stoff Bisphenol-A und sollte daher nicht mit Lebensmitteln<br />

in Kontakt kommen. Hingegen kritisiert Reinhard Houben,<br />

wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP im Bundestag, die fehlende<br />

Digitalisierung und das Ansteigen der „Zettelwirtschaft“.<br />

Unternehmen sind empört<br />

Kleine und mittlere Unternehmen sind durch die starke Zusatzbelastung<br />

besonders betroffen. <strong>Der</strong> hohe Verbrauch von Papier und der<br />

Zusatzaufwand der Beschäftigten ist besonders für Kleinstbeträge<br />

unverhältnismäßig belastend. Daher sieht der BVMW es als notwendig<br />

an, dass der Gesetzgeber den Unternehmen wieder mehr<br />

Vertrauen entgegenbringt und diese von der unsinnigen Belastung<br />

befreit. <strong>Der</strong> kürzlich eingebrachte Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister<br />

Altmaier, Geschäfte des täglichen Lebens, die einen Wert<br />

von zehn Euro nicht übersteigen, von der Bonpflicht auszunehmen,<br />

ist daher zu begrüßen. <strong>Der</strong> Bürokratieaufwand ist besonders für diese<br />

Kleinstbeträge nicht tragbar, insbesondere da der <strong>Mittelstand</strong><br />

schon lange einen Abbau des unnötigen Dokumentierens von Geschäftsvorgängen<br />

fordert. Durch den weiteren Ausbau der Digitalisierung<br />

setzen sich in der Zukunft hoffentlich auch alternative Quittierungssysteme<br />

durch, welche die physische Abrechnung zeitnah<br />

ersetzen können. Dies wäre eine erhebliche Erleichterung – sowohl<br />

für die Unternehmen, die Kunden als auch für die Umwelt.<br />

Zusammen mit meiner Frau betreibe ich einen Kiosk mit Lottoannahmestelle<br />

im Karstadt Kaufhaus in Magdeburg. Geöffnet hat der Kiosk<br />

Montag bis Samstag jeweils zehn Stunden. Zu Spitzenzeiten werden pro<br />

Stunde bis zu 70 Kunden bedient. <strong>Das</strong> preiswerteste Produkt, eine Zeitschrift,<br />

kostet 69 Cent. Für jeden einzelnen Kunden sind wir verpflichtet,<br />

einen Kassenbon auszugeben. So die Gesetzeslage. Hochgerechnet<br />

müssten in der Verkaufsstelle im Monat 12.000 Belege gedruckt werden.<br />

Doch nur drei Prozent der Kunden wollen einen Bon. Für uns kommen<br />

noch weitere Aspekte hinzu: Die Kasse registriert jede Einnahme und<br />

jede Ausgabe, zudem entstehen Kosten für das Spezialpapier der<br />

Bonrollen und schlussendlich die Entsorgung als Sondermüll. Wozu<br />

also, frage ich mich, muss dieser zweite Nachweis sein? Es ist alles<br />

bereits registriert, kann jederzeit ausgelesen werden und ist vor allem<br />

für die Lottoannahme fälschungssicher. Mein Vorschlag: Erst ab einem<br />

Mindestumsatz von zehn Euro sollte es eine Bonpflicht geben.<br />

Stephan Papenbreer<br />

Inhaber Lotto im Karstadt Magdeburg<br />

BVMW-Mitglied<br />

Amelie Heindl<br />

BVMW Referentin für Arbeit, Soziales<br />

und Gesundheit<br />

amelie.heindl@bvmw.de


24 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Wasserstoff –<br />

die Energie von morgen?<br />

Nachdem das vergangene Jahrzehnt mit großen Fortschritten im Bereich der wiederaufladbaren<br />

Batterien ganz im Zeichen von privaten Elektrofahrzeugen stand, rufen Experten nun das Zeitalter<br />

des Wasserstoffs aus.<br />

In den unvorstellbaren Weiten des Weltalls ist Wasserstoff jenes<br />

Element, das bei Weitem am häufigsten vorkommt. Mit Hilfe einer<br />

Brennstoffzelle lässt sich aus diesem unendlichen Rohstoff Energie<br />

erzeugen. Allerdings ist dies keine Erkenntnis der Neuzeit. Bereits<br />

1875 schrieb Jules Verne in seinem Buch „Die geheimnisvolle Insel“:<br />

„<strong>Das</strong> Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist<br />

Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten<br />

Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden<br />

auf unabsehbare Zeit hinaus die Energieversorgung der Erde sichern.“<br />

Vorreiter aus Asien<br />

Doch erst seit circa fünf Jahren werden Brennstoffzellenfahrzeuge<br />

erfolgreich in Serie hergestellt – in Südkorea und Japan. Tatsächlich<br />

haben vor allem diese beiden rohstoffarmen Staaten nach dem<br />

atomaren GAU in Fukushima erkannt, welches Potential Wasserstoff<br />

besitzt. In einer Brennstoffzelle reagieren Sauerstoff- mit Wasserstoffmolekülen<br />

und erzeugen dabei Strom. Bei dieser sogenannten<br />

„kalten Verbrennung“ entsteht als Abfallprodukt H 2<br />

0 – also reines<br />

Wasser.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

25<br />

Vor allem Japan hat ehrgeizige Pläne und plant bis 2030 rund<br />

800.000 Brennstoffzellenautos und fünf Millionen Brennstoffzellen<br />

für Eigenheime auf dem Markt. Dabei setzt das Land derzeit noch<br />

auf schmutzigen Wasserstoff, der überwiegend aus Erdgas gewonnen<br />

wird. <strong>Das</strong> dient zwar im Moment nicht dem Einhalten der Ziele<br />

des Pariser Klimaabkommens, allerdings wird so eine Infrastruktur<br />

geschaffen, die absolut klimaneutral sein kann – sobald grüner Wasserstoff<br />

verwendet wird.<br />

Kraftstoffe verarbeitet werden. Dieses einfache Beispiel zeigt den<br />

Vorteil des neuen Energiespeichers auf. Im Gegensatz zu Batterien<br />

benötigt man bei dieser Methode keinerlei Rohstoffe wie Lithium<br />

oder Kobalt. <strong>Der</strong> Rohstoff, der hier verlangt wird, ist „Know-how“. Daher<br />

ist nun die Politik gefordert, Hindernisse abzubauen und Innovationen<br />

zu fördern.<br />

Foto: © malp von stock.adobe.com<br />

<strong>Das</strong> Wasser ist die Kohle der Zukunft.<br />

Energieüberschuss nutzen<br />

An diesem Hebel kann auch in Deutschland angesetzt werden. Vergangenen<br />

Februar sorgte Orkan Sabine für Rekorde: Noch nie konnte<br />

in vergleichbarer Zeit so viel Energie durch Windkraft gewonnen<br />

werden. Leider wurde ein Großteil dieser Energie nicht genutzt oder<br />

gar ins Ausland verschenkt, da sonst eine Netzüberlastung die Folge<br />

gewesen wäre. <strong>Das</strong> BVMW-Mitglied Apex-Energy aus Mecklenburg-Vorpommern<br />

bietet hierfür eine Lösung: <strong>Der</strong> überschüssige<br />

Strom wird genutzt, um mit einer Elektrolyse Wasser in seine Bestandteile<br />

Wasser- und Sauerstoff zu spalten. <strong>Der</strong> gewonnene Wasserstoff<br />

kann anschließend gespeichert, durch vorhandene Pipelines<br />

durch Deutschland transportiert und verheizt oder in synthetische<br />

Gut zu wissen<br />

n Mit Hilfe einer Brennstoffzelle lässt sich aus Wasserstoff Energie<br />

erzeugen<br />

n In Deutschland wird überproduzierte Energie nicht genutzt, um<br />

Netzüberlastungen zu vermeiden<br />

n <strong>Das</strong> BVMW-Mitglied Apex-Energy (apex-group.de) hat eine innovative<br />

Lösung zur Nutzung überschüssiger Energie entwickelt<br />

Kilian Harbauer<br />

BVMW<br />

Referent für Energie, Nachhaltigkeit,<br />

Mobilität und Logistik<br />

kilian.harbauer@bvmw.de


26 DEUTSCHLAND<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Altmaier verbessert<br />

<strong>Mittelstand</strong>sprogramm<br />

<strong>Das</strong> Zentrale Innovationsprogramm <strong>Mittelstand</strong><br />

(ZIM) wird noch mittelstandsfreundlicher. Mit<br />

jährlich über 3.000 neuen Technologieentwicklungsprojekten<br />

ist es das größte Programm der<br />

Bundesregierung zur Förderung des innovativen<br />

<strong>Mittelstand</strong>s. Neue Anträge können erst<br />

wieder nach Abschluss der Projektträgersuche<br />

gestellt werden.<br />

<strong>Der</strong> Gesetzgeber hat auf Initiative von Bundeswirtschaftsminister<br />

Peter Altmaier am 20. Januar 2<strong>02</strong>0 die neue ZIM-Richtlinie<br />

vorgestellt. Schon jetzt gilt das ZIM als Musterbeispiel<br />

für ein bürokratiearmes Förderprogramm. Zukünftig werden innovative<br />

Mittelständler noch besser und passgenauer gefördert. Laut<br />

Altmaier stehen im Jahr 2<strong>02</strong>0 Haushaltsmittel in Höhe von 555 Millionen<br />

Euro zur Verfügung. Davon sollen insbesondere innovative<br />

junge und kleine Unternehmen profitieren und der Wissenstransfer<br />

intensiviert werden. <strong>Das</strong> neue ZIM optimiert das bewährte Programm<br />

an zahlreichen Stellen. Junge und Kleinstunternehmen<br />

sowie Erstinnovatoren erhalten zukünftig bessere Unterstützungsmöglichkeiten<br />

für anspruchsvolle Forschungs- und Entwicklungsprojekte.<br />

Kleine Unternehmen aus allen strukturschwachen Regionen<br />

profitieren zudem zukünftig von erhöhten Fördersätzen. Auch<br />

der nationale und internationale Wissenstransfer sowie der Transfer<br />

der Forschungsergebnisse in die Praxis werden intensiviert. <strong>Das</strong><br />

ZIM unterstützt mit Hilfe von Zuschüssen marktorientierte technische<br />

Forschungs- und Entwicklungsprojekte von Mittelständlern<br />

und kooperierenden Forschungseinrichtungen sowie das Management<br />

von Innovationsnetzwerken. Die Unternehmen bestimmen<br />

im ZIM selbst, wie, wann und mit wem sie ihre Projekte realisieren.<br />

Etwa 75 Prozent der geförderten Unternehmen haben weniger als<br />

50 Beschäftigte. <strong>Der</strong> überwiegende Teil der geförderten Projekte<br />

sind Kooperationen mit Forschungseinrichtungen.<br />

Wesentliche Änderungen des neuen ZIM<br />

Erstbewilligungsempfänger und junge Unternehmen, deren Gründung<br />

nicht länger als zehn Jahre zurückliegt, können Durchführbarkeitsstudien<br />

fördern lassen, um ihnen den Zugang zu anspruchsvollen<br />

Forschungs- und Entwicklungsprojekten zu erleichtern. Die<br />

Fördersätze für kleine junge Unternehmen werden unabhängig von<br />

der Region erhöht. Um den nationalen wie internationalen Knowhow-Transfer<br />

zu intensivieren, öffnet sich das ZIM für mittelständische<br />

Unternehmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitern (zuvor lag die Grenze<br />

bei 500 Mitarbeitern), sofern diese mit mindestens einem KMU<br />

kooperieren. Die Förderung internationaler ZIM-Innovationsnetzwerke<br />

kann nach einem erfolgreichen Pilotvorhaben verstetigt wer-


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DEUTSCHLAND<br />

27<br />

Foto: © Seventyfour von stock.adobe.com<br />

den, um den Wissenstransfer noch effektiver zu unterstützen und internationale<br />

Märkte zu erschließen. Zu den verbesserten Leistungen<br />

zur Markteinführung zählen Innovationsberatungen, innovationsunterstützende<br />

Dienstleistungen, Messeauftritte sowie Beratungen zu<br />

Produktdesign und Vermarktung.<br />

Höhere Fördersummen<br />

In strukturschwachen Regionen werden die zuwendungsfähigen<br />

Kosten bei allen Fördermodulen erhöht, um größere Innovationsvorhaben<br />

zu ermöglichen und zum Ausgleich gestiegener Personal-<br />

und Overheadkosten. Bei Einzelprojekten steigt das Volumen<br />

von 380.000 auf 550.000 Euro. Insbesondere Erstbewilligungsempfängern<br />

nutzt diese Projektform. Sie ist von besonderer Bedeutung,<br />

um Unternehmen an Forschung und Entwicklung heranzuführen. Bei<br />

Kooperationsprojekten steigt die Summe von 380.000 auf 450.000<br />

Euro pro Unternehmen und von 190.000 auf 220.000 Euro für kooperierende<br />

Forschungseinrichtungen. Die maximal mögliche Fördersumme<br />

für ein Gesamtprojekt steigt von 2 auf 2,3 Millionen Euro.<br />

Bei nationalen ZIM-Innovationsnetzwerken steigt die maximale<br />

Fördersumme von 380.000 auf 420.000 Euro und bei internationalen<br />

Netzwerken von 450.000 auf 520.000 Euro. Die Erhöhung der Fördersätze<br />

für kleine Unternehmen aus strukturschwachen Regionen<br />

trägt dem neuen gesamtdeutschen Fördersystem Rechnung: Zuvor<br />

erhielten im ZIM kleine Unternehmen aus den neuen Bundesländern<br />

einen erhöhten Fördersatz, jetzt ist nur noch die Strukturschwäche<br />

der Region entscheidend.<br />

BVMW für Aufstockung<br />

Minister Altmaier ist mit dem neuen ZIM ein wichtiger Schritt in<br />

die richtige Richtung gelungen. Dennoch besteht weiter Verbesserungsbedarf.<br />

So strebt der BVMW mittelfristig eine schrittweise Erhöhung<br />

des Programmvolumens auf jährlich eine Milliarde Euro an.<br />

Zu diesem Zweck wurden bereits mit den zuständigen Mitgliedern<br />

der Fraktionen des Deutschen Bundestags Gespräche geführt. <strong>Der</strong><br />

BVMW hält die Aufstockung des nachweislich sehr erfolgreichen ZIM<br />

für sinnvoller als Experimente mit neuen, unausgereiften Förderprogrammen.<br />

Gut zu wissen<br />

<strong>Das</strong> neue ZIM ersetzt die bisherige Förderrichtlinie, die am 31. Dezember<br />

2019 ausgelaufen ist. Auch die ZIM-Projektträgerschaft wird neu<br />

ausgeschrieben. Dies soll bis Ende März abgeschlossen sein. Ab<br />

dann ist eine Antragstellung unter den neuen ZIM-Förderbedingungen<br />

möglich. Förderanträge auf Grundlage der alten ZIM-Richtlinie, die bis<br />

31. Dezember 2019 eingegangen sind, werden weiter von den bisherigen<br />

Projektträgern bearbeitet. Seitdem können noch keine neuen Anträge<br />

gestellt werden.<br />

Dr. Hans-Jürgen Völz<br />

BVMW Chefvolkswirt<br />

hans-juergen.voelz@bvmw.de<br />

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Leipzig. Beide sind Teil eines wachsenden Netzwerkes, das Bund, Hochschulen und private<br />

Förderer gemeinsam etabliert haben.<br />

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28 DEUTSCHLAND<br />

<strong>Mittelstand</strong>spräsident im Dialog<br />

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Veranstaltungen und in Gesprächen mit hochkarätigen Persönlichkeiten<br />

aus Politik, Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

öffnet Mario Ohoven im In- und Ausland Türen für den unternehmerischen<br />

<strong>Mittelstand</strong>. Hier eine kleine Auswahl hochrangiger<br />

Treffen:<br />

Mario Ohoven (Mitte), Diana Scholl (BVMW Leiterin politische Netzwerke und<br />

Strategie) und Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer …<br />

Treffen mit Bundesverkehrsminister<br />

Andreas Scheuer<br />

Mario Ohoven und die <strong>Mittelstand</strong>sallianz haben sich zu einem gemeinsamen<br />

Austausch im Bundesverkehrsministerium getroffen.<br />

Dabei wurden Themen diskutiert, die den <strong>Mittelstand</strong> im Bereich<br />

der Infrastrukturpolitik besonders bewegen: der schleppende<br />

Breitbandausbau und Klimaschutzmaßnahmen, die generell zu<br />

begrüßen seien, aber nicht zulasten mittelständischer Unternehmen<br />

gehen dürften.<br />

Ein Arbeitstag von Mario Ohoven:<br />

… beim Treffen mit dem spanischen Botschafter, S. E. Ricardo Martínez …<br />

<strong>Handel</strong> mit Spanien<br />

Die spanische Wirtschaft befindet sich dank zahlreicher Reformen<br />

unter der Regierung von Premierminister Mariano Rajoy in<br />

einem robusten Aufschwung. Aber wie können kleine und mittlere<br />

Unternehmen hierzulande von diesem Aufschwung profitieren?<br />

Bei einem Botschafterfrühstück in der BVMW-Bundeszentrale mit<br />

dem spanischen Botschafter, S. E. Ricardo Martínez und mit dem<br />

Wirtschaftsattaché der Botschaft wurden Kooperationsmöglichkeiten<br />

und <strong>Handel</strong>sbeziehungen mit mittelständischen Unternehmern<br />

aus Spanien ausgelotet.<br />

… und beim Meeting mit mehr als 40 Botschaftern im Ambassadors Club<br />

in Berlin.<br />

Brückenschlag in 40 Länder<br />

Bei einem exklusiven Mittagessen im Ambassadors Club in<br />

Berlin hat Mario Ohoven die Keynote gehalten. Vor mehr als<br />

40 Botschaftern aus aller Welt unterstrich er die Bedeutung der<br />

mittelständischen Unternehmen für die deutsche Wirtschaft.<br />

Viele Botschafter haben danach großes Interesse gezeigt, ein<br />

Unternehmerfrühstück in der BVMW-Zentrale durchzuführen.


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3/2019 | Juni / Juli 2019 Themenschwerpunkt: <strong>Mittelstand</strong> und Steuern<br />

<strong>Der</strong> gierige Steuerstaat<br />

Jeder Politiker weiß aus eigener Anschauung:<br />

Wichtiger als seine Taten<br />

selbst sind die Berichte über seine Taten.<br />

Dies gilt – so die weit verbreitete Meinung<br />

– um so mehr in den Zeiten von Big<br />

Data und der grenzenlosen Individualisierung<br />

von Kommunikation in den sozialen Netzwerken.<br />

Wundersame Kräfte werden den<br />

Herrschern über unsere Daten zugesprochen;<br />

so sollen sie – Stichwort Cambridge<br />

Analytica – sogar die letzten US-Präsidentschaftswahlen<br />

zugunsten Donald Trumps<br />

entschieden haben.<br />

Ein aktuelles Beispiel ist die Kampagne des<br />

New Yorker Milliardärs Michael Bloomberg<br />

zur Erringung der Präsidentschaftskandidatur<br />

der Demokraten. Bloomberg war erst zum<br />

Super-Tuesday in den Wahlkampf gegen Biden<br />

und Sanders eingestiegen, weil er sich<br />

auf seine Daten-Hexenküche namens Hawkfish<br />

glaubte verlassen zu können. Wie schon<br />

bei Cambridge Analytica verspricht Hawkfish,<br />

an die Wähler individuell zugeschnittene politische<br />

Botschaften mundgerecht zu vermitteln<br />

und damit unvergleichlich erfolgreich zu<br />

sein. Dazu wurden nicht nur riesige Datensätze<br />

aufbereitet, sondern auch jede Menge Influencer<br />

eingekauft, um auch junge Zielgruppen<br />

zu erreichen, sowie massenhaft Filmchen<br />

über den Kandidaten-Kandidat Bloomberg bei<br />

Social-Media-Kanälen eingespeist.<br />

Angesichts eines schier unerschöpflichen<br />

Wahlkampfetats wurde Bloomberg vorgeworfen,<br />

er wolle sich mit seinen Milliarden<br />

den Wahlsieg kaufen. <strong>Das</strong> ist falsch, Bloomberg<br />

hat sich für Millionen Dollar Daten verschafft,<br />

mit deren Hilfe er die Wahl gewinnen<br />

wollte. <strong>Das</strong> Beruhigende daran: Es ist gründlich<br />

schief gegangen. Am Tag nach dem Super-Tuesday<br />

gab Bloomberg auf und stellte<br />

sich hinter Joe Biden – den Bewerber um die<br />

Präsidentschaftskandidatur mit dem im Vergleich<br />

zu Sanders oder Bloomberg kleinsten<br />

Wahlkampfbudget.<br />

Welche Lehren kann man aus all dem ziehen?<br />

Ja, Daten, also Informationen über<br />

Wähler, sind wichtig. Deswegen gibt es ja<br />

schon lange Wählerumfragen. Und ja, Social<br />

Media werden für Wahlkämpfe immer wichtiger,<br />

da viele Wähler sich aus den klassischen<br />

Medien ausgeklinkt haben.<br />

<strong>Der</strong> Voodoo-Glaube von Politikern und Medien<br />

an die Macht der Daten vernachlässigt<br />

den menschlichen Faktor. Wichtiger als das<br />

Medium ist die politische Botschaft eines<br />

Bewerbers und sein Charisma. Trump hat die<br />

Wahl gewonnen, weil er mit seinen zentralen<br />

Botschaften – America First, Rückbesinnung<br />

auf klassische Industrien, Schutz der<br />

eigenen Märkte durch Zölle, Rückzug aus der<br />

Rolle des Weltpolizisten – einen Nerv bei vielen<br />

Wählern traf. Ihm trauten sie zu, sich mit<br />

seinem Programm gegen das Washingtoner<br />

Establishment durchzusetzen – gerade<br />

wegen seiner auf viele Europäer ungehobelt<br />

wirkenden Sprache. Für seine Wähler klingt<br />

sie vor allem glaubwürdig.<br />

DAS ist für mich die Lehre aus dem spektakulären<br />

Scheitern des Michael Bloomberg:<br />

Daten und Medienkanäle ersetzen nicht einen<br />

starken Charakter und gute Ideen für die<br />

Zukunft eines Landes. An Daten-Hexenküchen<br />

wie Hawkfisch und Cambridge Analytica<br />

glauben vor allem schwache Kandidaten.<br />

Michael Backhaus<br />

Journalist<br />

BVMW Berater Medien<br />

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DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Europa<br />

News<br />

KMU-Strategie wird konterkariert<br />

Anfang März hat die EU-Kommission ihre neue KMU-Strategie vorgelegt.<br />

(<strong>Das</strong> Ergebnis war bis Redaktionsschluss nicht bekannt.) Im<br />

Vorfeld hatte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen angekündigt,<br />

die mittelständischen Unternehmen „als Rückgrat unserer<br />

Volkswirtschaft“ zu stärken, den Verwaltungsaufwand für diese Betriebe<br />

zu reduzieren und den Marktzugang zu erleichtern. Doch das<br />

reicht vielen nicht. Die Europaabgeordneten Markus Pieper und Markus<br />

Ferber fordern „einen zentralen <strong>Mittelstand</strong>s-Ansprechpartner<br />

als Stabsstelle bei der Kommissionspräsidentin“. Auch die KMU-Definition<br />

müsse überarbeitet werden, Midcaps (eigentümergeführte<br />

mittelgroße Unternehmen) sollten einbezogen werden. Konterkariert<br />

wird die KMU-Strategie ohnehin durch den Aktionsplan „Soziales Europa“<br />

inklusive einer Initiative für Mindestlöhne. Europas Arbeitgeber<br />

sehen darin eine eindeutige Kompetenzüberschreitung, denn „die<br />

Verträge schließen ausdrücklich eine EU-Zuständigkeit für Lohnfragen<br />

aus“. Davon lässt sich der verantwortliche EU-Kommissar Nicolas<br />

Schmit nicht beirren und hat einen dreimonatigen Konsultationsprozess<br />

mit Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften begonnen.<br />

Schon im Sommer soll der EU-Richtlinienentwurf zum Mindestlohn<br />

folgen. (Siehe weitere Meldung!)<br />

www.foerderinfo.bund.de kmu-definition<br />

Weniger Falschgeld<br />

Die Zahl der gefälschten Euro-Banknoten ist im zurückliegenden<br />

Jahr europaweit gesunken. 559.000 falsche Euro-Scheine<br />

zogen Polizei, <strong>Handel</strong> und Banken nach Angaben der Europäischen<br />

Zentralbank (EZB) aus dem Verkehr. Damit sank die Zahl<br />

der „Blüten“ im Vergleich zum Vorjahr um 4.000 Stück. <strong>Das</strong><br />

ist der niedrigste Stand seit 2013 (670.000 Fälschungen). <strong>Der</strong><br />

Schaden lag im Jahr 2019 bei 29,2 Millionen Euro – nach<br />

31,4 Millionen Euro im Jahr davor. Auch in Deutschland verringerte<br />

sich die Zahl der gefälschten Noten um immerhin fünf<br />

Prozent. 50er- und 20er-Scheine machen 80 Prozent der Fälschungen<br />

aus.<br />

www.ecb.europa.eu<br />

Kleine Münzen vor dem Aus?<br />

In Irland, Italien, Belgien und den Niederlanden wird an der<br />

Kasse bei Barzahlung auf Fünf- oder Zehn-Cent-Beträge gerundet.<br />

Mitgliedstaaten und Händler können so Kosten sparen.<br />

Gilt das demnächst in allen Euroländern? Die EU-Kommission<br />

will in einem ersten Schritt zur Abschaffung der<br />

kleinsten Kupfermünzen einheitliche Rundungsregeln vorschlagen.<br />

In Deutschland stoßen solche Pläne auf unterschiedliche<br />

Reaktionen. <strong>Der</strong> CSU-Europaabgeordnete Markus<br />

Ferber wittert einen Anschlag aus Brüssel auf das Zahlen<br />

mit Bargeld. Dagegen befürwortet der finanzpolitische Sprecher<br />

der FDP-Bundestagsfraktion Florian Toncar die Brüsseler<br />

Vorschläge. Die Herstellungskosten dieser Münzen sind<br />

höher als ihr Wert. Beim Eurobarometer 2017 haben sich in<br />

fast allen Mitgliedstaaten die Bürger mehrheitlich für eine Abschaffung<br />

der kleinen Münzen ausgesprochen.<br />

www.markus-ferber.de<br />

www.toncar.de<br />

EU-Mindestlohn umstritten<br />

Zurzeit reichen die festgeschriebenen<br />

Mindestlöhne von 11,97 Euro in Luxemburg<br />

bis zu einem Stundenlohn von<br />

1,72 Euro in Bulgarien. In Deutschland<br />

wurde der Mindestlohn zu Beginn des<br />

Jahres auf 9,35 Euro pro Stunde angehoben.<br />

Die EU-Staaten Dänemark,<br />

Schweden, Finnland sowie Italien, Österreich<br />

und Zypern haben keine gesetzlich festgelegten Mindestlöhne.<br />

In den skandinavischen Ländern mit einem relativ hohen Lohnniveau<br />

lehnen die Gewerkschaften eine Lohnuntergrenze ab, weil sie darin<br />

einen Eingriff in die Tarifautonomie sehen. Für den Sommer plant<br />

Brüssel einen Richtlinienentwurf. In Kommissionskreisen wird ausdrücklich<br />

betont, dass ein Einheitslohn nicht geplant sei, die Untergrenze<br />

könnte bei 60 Prozent des nationalen mittleren Einkommens<br />

liegen, um das Existenzminimum abzudecken.<br />

www.arbeitsrechte.de > mindestlohn-europa<br />

Fotos: © Julien Eichinger von stock.adobe.com; © pepifoto von www.istockphoto.com; © fotofabrika von stock.adobe.com; © imageteam von stock.adobe.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0 EUROPA 31<br />

EU-Gegner kassiert ab<br />

Fotos: © https://de.wikipedia.org/Gage Skidmore; © Mistervlad von stock.adobe.com; © koya979 von stock.adobe.com<br />

<strong>Der</strong> Anführer der Brexit-Partei,<br />

Nigel Farage,<br />

der 20 Jahre für die UK Independence<br />

Party (UKIP)<br />

im Europaparlament saß<br />

und die EU mit Hohn und<br />

Spott überzog, hat Anspruch<br />

auf Übergangsgeld<br />

in Höhe von insgesamt<br />

178.657,20 Euro.<br />

20 Monate lang werden<br />

ihm die Diäten in Höhe<br />

von 8.932,86 Euro weitergezahlt.<br />

Außerdem steht<br />

dem 55-Jährigen ab Vollendung<br />

des 63. Lebensjahrs<br />

eine Rente in Höhe<br />

von monatlich 6.253 Euro zu. Darüber hinaus wird er Geld aus<br />

dem Pensionsfonds der EU beziehen.<br />

www.ukip.org<br />

Konferenzen zur Rolle Europas<br />

<strong>Der</strong> politische und institutionelle Stillstand Europas soll durch einen<br />

großen Bürgerdialog aufgebrochen werden. <strong>Das</strong>s dafür Bedarf<br />

besteht, ist Konsens zwischen EU-Kommission, Europaparlament<br />

und Nationalstaaten. Noch ist unklar, wie dieser Prozess genau organisiert<br />

wird. Sicher ist aber, dass die Bürger in themenbezogenen<br />

„Agorai“ mit bis zu 300 Teilnehmern direkt beteiligt werden. Es wird<br />

um die großen Fragen gehen, auch jene, bei denen die EU zuletzt an<br />

ihre Grenzen gestoßen ist: Europas Rolle in der Welt, Migration, Klimaschutz,<br />

aber auch soziale Ungleichheit. Die Debatten kann jeder<br />

live im Netz verfolgen. Einbezogen in politische Entscheidungsprozesse<br />

werden die Bürger bereits durch die Europäische Bürgerinitiative<br />

(EBI), die mit dem Vertrag von Lissabon als neues direktdemokratisches<br />

Instrument eingeführt wurde.<br />

www.ec.europa.eu/germany eu-buergerdialog.de<br />

Kein Singapur an der Themse<br />

Die Verhandlungen zwischen der EU und Großbritannien werden<br />

komplizierter als erwartet. „Die EU kann ein Singapur an der Themse<br />

nicht zulassen“, sagte der SPD-Abgeordnete Markus Töns in<br />

der Brexit-Debatte des Deutschen Bundestages. Auch andere Redner<br />

äußerten den Verdacht, die Briten wollten „eine Steueroase vor<br />

Europas Küsten schaffen“. Schon zuvor hatte Boris Johnson erklärt,<br />

dass man sich auf die Einhaltung von EU-Standards bei Wirtschaftshilfen,<br />

Arbeitnehmerrechten oder Umweltschutz nicht festlegen<br />

wolle. Dagegen verlangten eine Resolution des EU-Parlaments<br />

und eine Mehrheit im Bundestag sogar eine „dynamische Anpassung“<br />

an EU-Standards, auch künftige Regeländerungen müssten<br />

übernommen werden. Bis Ende Oktober sollen die Verhandlungen<br />

abgeschlossen sein. Wegen des großen Zeitdrucks befürworten die<br />

Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, SPD und Grünen ein reines<br />

EU-Abkommen („EU-only“), das nur von EU-Parlament und Rat ratifiziert<br />

werden muss – und nicht von den nationalen Parlamenten.<br />

Die Befürchtung ist groß, dass die EU am Ende ohne Abkommen<br />

dasteht.<br />

www.consilium.europa.eu/de<br />

Europäische Union stärkt KMU<br />

Mit der vor kurzem vorgelegten KMU-Strategie im Rahmen<br />

der neuen Industriestrategie will die Europäische Kommission<br />

kleine und mittlere Unternehmen in Europa für den Wettbewerb<br />

zukunftssicher machen. Die Strategie der Kommission<br />

zielt darauf ab, mittelständische Unternehmen bei grenzüberschreitenden<br />

Geschäftstätigkeiten in Europa zu unterstützen.<br />

Insbesondere sollen unnötige Bürokratie abgebaut, KMU bei<br />

der digitalen Transformation unterstützt und nachhaltige Wirtschaftsformen<br />

aktiv gefördert werden. Kleine und mittlere Unternehmen<br />

sollen nach den Vorstellungen der Europäischen<br />

Kommission so zukünftig eine Vorreiterrolle beim digitalen und<br />

ökologischen Wandel übernehmen. Mit der Umsetzung der Ziele<br />

der Strategie wird zukünftig ein KMU-Beauftragter der EU<br />

betraut sein. Wer die Position übernimmt, steht aktuell allerdings<br />

noch nicht fest. <strong>Der</strong> BVMW begrüßt ausdrücklich, dass<br />

der einseitigen Dominanz der Interessen von Großkonzernen<br />

mit der KMU-Strategie der EU aktiv begegnet wird, und wird die<br />

EU-Kommission bei ihrem Vorhaben aktiv unterstützen.


32 EUROPA<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Paragrafenwald Brüssel?<br />

Zehn Tage drehten sich Kräne und Bagger,<br />

dann war das Notfallkrankenhaus in Wuhan<br />

vollendet. Was in China geht, scheint in<br />

Europa undenkbar. <strong>Das</strong> liegt jedoch entgegen<br />

gängiger Kritik nicht unbedingt an Brüssel.<br />

Fakten und Fake-News aus dem europäischen<br />

Paragrafenwald.<br />

Fasziniert und fassungslos konnten wir in den abendlichen<br />

TV-Nachrichten beobachten, mit welcher Geschwindigkeit in<br />

der chinesischen Millionenstadt Wuhan ein Notfallkrankenhaus<br />

für coronainfizierte Patienten emporwuchs. Wäre so etwas in<br />

Europa möglich? Unvorstellbar, in Deutschland schon gar nicht! Bauordnungsrecht,<br />

Bauplanungsrecht, Vergabevorschriften, arbeitsrechtliche<br />

Gesetze, die Einhaltung von Honorarordnungen und vieles<br />

mehr stehen solchen Eilbauten entgegen. Obendrein müssen noch<br />

die EU-Richtlinie für Umweltverträglichkeitsprüfungen oder die europäische<br />

Ökodesign-Verordnung bei der Auswahl der Lichtquellen<br />

beachtet werden. Andererseits möchte wohl niemand in einem totalitären<br />

Regime wie China leben.<br />

Europa soll ausbremsen<br />

Maß und Mitte zu finden, ist bei dieser Problematik schwierig. Absurd<br />

lange Genehmigungsverfahren für Bauprojekte will die Bundesregierung<br />

nun unter anderem durch zwei Gesetze zur Planungsbeschleunigung<br />

vermeiden. Ausgewählte Vorhaben im Schienen- und<br />

Foto: © bluedesign von stock.adobe.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0 EUROPA 33<br />

Wasserstraßenbau sollen damit vorangetrieben werden. Bei den Beratungen<br />

im Bundestag argumentieren die Gegner, das wäre „ein<br />

eklatanter Verstoß gegen europäisches Recht und gegen die Aarhus-Konvention<br />

der EU, die den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten<br />

sicherstellt“. Man werde damit vor dem Europäischen<br />

Gerichtshof (EuGH) scheitern, prognostizierten die Grünen. So ist das<br />

im politischen Geschäft: An einem Tag werden mehr Investitionen zur<br />

Verbesserung der Infrastruktur gefordert, keine 24 Stunden später<br />

wird Europa in Stellung gebracht, um solche Projekte zu verhindern.<br />

Kritik des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

In der Regel verläuft die Debatte aber in umgekehrter Richtung. Für<br />

nationale Politiker haben häufig „die Bürokraten in Brüssel“ die Schuld;<br />

sie werden für Beschlüsse verantwortlich gemacht, die in Wahrheit<br />

sie selbst gefasst haben. So kommt es, dass der Vorwurf, die EU sei<br />

ein Bürokratiemonster, unzertrennlich mit Brüssel verbunden ist. Eine<br />

Beurteilung, die man nicht völlig von der Hand weisen kann.<br />

Aus Sicht der mittelständischen Wirtschaft gab es – und gibt es –<br />

massive Kritik an einigen EU-Richtlinien. Zu nennen sind beispielsweise<br />

die Entsenderichtlinie, die Datenschutzgrundverordnung, die<br />

Ökodesign-Richtlinie, die Chemikalienrichtlinie, die aktuell umstrittene<br />

UTP-Richtlinie gegen unfaire <strong>Handel</strong>spraktiken (Unfair Trading<br />

Practices) oder die geplanten Richtlinien zum europäischen Mindestlohn<br />

und zur Arbeitslosenversicherung. Absichten, die im <strong>Mittelstand</strong><br />

höchste Besorgnis auslösen. Bürokratie steigernd wirkt auch<br />

die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, wie das Urteil<br />

zur Arbeitszeiterfassung zeigt.<br />

Oft sind es die im Europaparlament ausgehandelten Kompromisse<br />

und nicht die ursprünglichen Kommissionsvorlagen, die für bürokratische<br />

Auswüchse bei EU-Richtlinien sorgen. Die Abgeordneten neigten<br />

dazu, die Entwürfe zu perfektionieren und damit zu verschlimmbessern,<br />

hört man häufig. Und aus der EVP-Fraktion wird moniert,<br />

dass in vielen Fällen eine rot-grün-liberale Koalition Ursache für wirtschaftsferne<br />

und praxisfremde Richtlinien gewesen sei. Zugegeben,<br />

es ist schwierig, einen akzeptablen Ausgleich zwischen Wirtschaftsinteressen<br />

und Verbraucherwünschen zu finden. Und meist arrangiert<br />

man sich irgendwann mit den politischen Vorgaben. So hat sich<br />

inzwischen herumgesprochen, dass Ökodesign-Normen die Elektrogeräte<br />

effizienter und sparsamer machen.<br />

Verschlankungsversuche<br />

Vielfältig waren die Versuche, die EU vom Image als Bürokratieproduzent<br />

zu befreien. Die Barroso-Kommission (2004 – 2014) setzte<br />

die Stoiber-Expertengruppe mit dem Ziel ein, die EU-Bürokratie<br />

schlanker zu machen. Im Abschlussbericht behauptete sie, mit ihrem<br />

Maßnahmenkatalog ließen sich 33 Milliarden Euro einsparen. Eine<br />

gigantische Zahl, deren Grundlage argwöhnisch betrachtet wurde.<br />

Als wichtigste Errungenschaft nannte Stoiber damals, dass Finanzämter<br />

von Unternehmen statt Rechnungen in Papierform auch digitale<br />

Belege bei der Umsatzsteuer akzeptieren. Ein Befreiungsschlag<br />

war das nicht. <strong>Der</strong> 2019 ausgeschiedene Kommissionschef Juncker<br />

prahlte damit, er habe 75 Prozent weniger Gesetze eingebracht<br />

als seine Vorgänger. 134 Initiativen habe man unter seiner Führung<br />

zurückgezogen, dazu viele Vorschriften vereinfacht. <strong>Das</strong> klang<br />

schon überzeugender, und man kann nur hoffen, dass die von-der-<br />

Leyen-Kommission diesen Kurs fortsetzt.<br />

Politischer Kampfbegriff<br />

Bei den letzten Europawahlen wurde das Wort Bürokratie zunehmend<br />

als Kampfbegriff genutzt. Parteien der politischen Ränder<br />

verwenden ihn gern, wohl wissend, dass ihre Bürokratierhetorik viel<br />

Zustimmung erfährt. Worum es konkret geht, bleibt unklar. In einer<br />

stark emotionalisierten Gesellschaft funktioniert das gut. Dabei sollte<br />

es niemanden überraschen, dass in einer immer komplizierteren<br />

Welt, die von einer Innovation zur nächsten eilt, die Regelungsdichte<br />

höher wird. Die Verantwortung dafür zu verschieben oder zu verschleiern,<br />

hilft aber nicht weiter.<br />

Gut zu wissen<br />

In der EU sind 32.000 Kommissionsbeamte für 450 Millionen Einwohner<br />

beschäftigt. Zum Vergleich: Eine deutsche Millionenstadt wird von<br />

17.000 Beamten und Angestellten verwaltet.<br />

Laut Kommission werden sechs Prozent des EU-Budgets für die Verwaltung<br />

aufgewendet, von 2014 – 20 wurden jährlich 1,5 Milliarden Euro<br />

eingespart.<br />

Rotger Kindermann<br />

Journalist<br />

mittelstand@bvmw.de


34 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

35<br />

Schwerpunkt<br />

Außenwirtschaft<br />

und <strong>Mittelstand</strong><br />

<strong>Das</strong> Coronavirus hat die Weltwirtschaft fest im Griff. Trotz<br />

allem gilt es, den Außenhandel langfristig als elementare<br />

Säule des <strong>Mittelstand</strong>s zu erhalten und weiter auszubauen.<br />

In unserem Themenschwerpunkt lesen Sie, wie<br />

der traditionell exportorientierte <strong>Mittelstand</strong> Zugang zum<br />

attraktiven Außenhandelsmarkt Südostasien gewinnt und<br />

warum afrikanische Länder deutschen Firmen vielversprechende<br />

Geschäftsmöglichkeiten bieten. Wir erläutern,<br />

wieso Blockchains für den internationalen Außenhandel<br />

immer relevanter werden, stellen Ihnen Förderprogramme<br />

sowie die Arbeit unserer Auslandsbüros vor.<br />

Foto: © OnBlast von www.istockphoto.com


36 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Mit Förderprogrammen neue<br />

Auslandsmärkte erschließen<br />

Die Erschließung von weltweiten Wachstumsmärkten wird für mittelständische Unternehmen<br />

immer wichtiger, und die Instrumente der Außenwirtschaftsförderung des Bundes und der<br />

Länder sind mehr denn je gefragt. Durch eine breite Palette an Angeboten unterstützen sie die<br />

Aktivitäten deutscher Unternehmen, ausländische Märkte zu erschließen und zu sichern. Hier<br />

eine Auswahl an Förderprogrammen:<br />

1. Exportinitiativen und Markterschließungsprogramm<br />

Unter der neuen Dachmarke <strong>Mittelstand</strong> Global bündelt das<br />

Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) seine Angebote zur<br />

Exportförderung und unterstützt vor allem kleine und mittlere<br />

Unternehmen bei der Erschließung von Auslandsmärkten.<br />

Aufeinander abgestimmte Module ermöglichen Unternehmen die<br />

Wahl individuell passender Maßnahmen. Dabei werden mit dem<br />

Markterschließungsprogramm (MEP) branchenübergreifend Mittelständler<br />

adressiert, während sich die Exportinitiativen (Energie,<br />

Umwelttechnologie, Gesundheitswirtschaft, zivile Sicherheitstechnologien)<br />

auf bestimmte Branchen fokussieren. Seit 2019 wurde das<br />

MEP durch das Wirtschaftsnetzwerk Afrika erweitert, dessen Förderprojekte<br />

auf die Unterstützung von KMU gerade beim Eintritt in<br />

neue und schwierige Märkte in Afrika abzielen.<br />

Seit 2019 ist der BVMW Partner und Durchführer des BMWi MEP<br />

und Wirtschaftsnetzwerks Afrika. Mit diesen Initiativen stärkt der<br />

Bereich Außenwirtschaft seine Kompetenzen und das Serviceangebot<br />

im Bereich Außenwirtschaftsförderung für BVMW Mitglieder.<br />

n Markterschließungsprogramm:<br />

https://bvmw.info/markterschliessungsprogramm<br />

n Wirtschaftsnetzwerk Afrika:<br />

https://bvmw.info/africa-business-guide<br />

2. Auslandsmesseprogramm<br />

Mit dem Auslandsmesseprogramm beteiligt sich der Bund jährlich<br />

an mehr als 250 ausgewählten Messen und Fachausstellungen. Als<br />

Aussteller auf dem deutschen Firmengemeinschaftsstand können<br />

Unternehmen mit der Übernahme von Teilkosten zur Präsentation<br />

sowie flankierenden Maßnahmen (wie PR/Marketingmaßnahmen<br />

und Rahmenprogrammen) rechnen. Mit dem Internetportal German<br />

Pavilion werden darüber hinaus digitale Vermarktungs- und Kontaktinstrumente<br />

für potenzielle Kunden der deutschen Aussteller angeboten.<br />

n Auslandsmesseprogramm: www.auma.de/de<br />

n German Pavilion: www.german-pavilion.com/portal/de/home<br />

3. Messeprogramm junge innovative Unternehmen<br />

Seit 2018 fördert das BMWi mit einem neuen Förderangebot die<br />

Teilnahme junger innovativer Unternehmen an internationalen Leitmessen<br />

in Deutschland. Unternehmen, die beispielsweise jünger als<br />

zehn Jahre alt sind, haben hier die Chance, 60 Prozent der vom Messe-Veranstalter<br />

in Rechnung gestellten Kosten für Standmiete und<br />

Standbau bei den ersten zwei Teilnahmen und 50 Prozent ab der dritten<br />

Beteiligung durch den Bund finanziert zu bekommen.<br />

n Messeprogramm junge innovative Unternehmen:<br />

https://bvmw.info/messeprogramm<br />

4. Germany Trade and Invest<br />

Germany Trade and Invest (GTAI) ist für die Außenwirtschaftsförderung,<br />

das Standortmarketing und die Beratung von ausländischen<br />

Investoren bei der Ansiedelung in Deutschland zuständig. Mit ihrem<br />

weltweiten Auslandsnetzwerk von Mitarbeitern in über 120 Ländern<br />

bietet die GTAI vor allem für den exportorientieren <strong>Mittelstand</strong> Informationen<br />

über Zielmärkte und Branchen, Rechtsvorschrif ten, Zollregelungen<br />

und vieles mehr an.<br />

Über das GTAI Portal stehen sämtliche Informationsangebote zum<br />

Download zur Verfügung.<br />

n www.gtai.de/gtai-de<br />

5. Exportkreditgarantien (Hermesdeckungen) und Investitionsgarantien<br />

Exportkreditgarantien des Bundes schützen Exporteure und Banken<br />

vor wirtschaftlich und politisch bedingten Forderungsausfällen<br />

im Zusammenhang mit auslandsbezogenen Transaktionen. Mit<br />

Hilfe der Exportkreditgarantien, der Hermesdeckung, die in vielfältigen<br />

Produktvarianten zur Verfügung stehen, übernimmt der Bund zu<br />

einem großen Teil das Risiko eines Zahlungsausfalls. 2018 wurden<br />

deutsche Exporte in Höhe von 19,8 Milliarden Euro abgesichert, im<br />

Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg von 17 Prozent.<br />

Zusätzlich zur Hermesdeckung übernimmt der Bund auch Garantien<br />

für Investitionen im Ausland zur Absicherung politischer Risiken. Voraussetzung<br />

ist, dass das betreffende Unternehmen seinen Sitz in<br />

Deutschland hat und die Investitionen in den betreffenden Ländern<br />

einen ausreichenden Rechtsschutz genießen.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

37<br />

Foto: © mrPliskin von www.istockphoto.com<br />

n Exportabsicherung: www.agaportal.de<br />

n Absicherung von Auslandsinvestitionen:<br />

www.investitionsgarantien.de<br />

6. Außenwirtschaftsförderangebote der Bundesländer<br />

Neben dem Bund kann der <strong>Mittelstand</strong> zusätzlich auf attraktive Förderangebote<br />

durch die jeweiligen Wirtschaftsfördergesellschaften in<br />

den Bundesländern setzen. Beispiele hierfür sind:<br />

Thüringen International (TI) unterstützt Unternehmen bei der internationalen<br />

Geschäftsentwicklung beispielsweise mit einem Netzwerk<br />

von TI-Auslandsbeauftragten in den Ländern China, Indien, Israel,<br />

Russland, Südafrika und Vietnam.<br />

Weitere Informationen: www.thueringen-international.de<br />

Die Außenwirtschaftsfördergesellschaft NRW.International bietet<br />

neben dem offiziellen Auslandsmesseprogramm gerade KMU über<br />

die sogenannte Kleingruppenförderung ein zusätzliches und flexibles<br />

Messe-Förderinstrument an.<br />

n Weitere Informationen: www.nrw-international.de<br />

Bayern International unterstützt Marketing- und Vertriebsaktivitäten<br />

bayerischer Unternehmen zusätzlich über das Förderprogramm<br />

„Bayern – Fit for Partnership“. Dabei werden internationale Fachund<br />

Führungskräfte aus Wirtschaft und Verwaltung nach Bayern zur<br />

Geschäftsentwicklung und Vernetzung eingeladen.<br />

n Weitere Informationen: www.bayern-international.de<br />

Dorothea Mertes<br />

BVMW Geschäftsbereichsleiterin<br />

Internationale Märkte<br />

dorothea.mertes@bvmw.de<br />

Gut zu wissen<br />

Informationen zu den einzelnen Förderangeboten erhalten Sie von<br />

Dorothea Mertes<br />

dorothea.mertes@bvmw.de


38 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Teuer und aufwendig –<br />

das neue EU-Lieferkettengesetz<br />

für Rohstoffe<br />

Die Europäische Union wird ein einheitliches System für die Erfüllung von Sorgfaltspflichten<br />

in der Lieferkette einführen. Dies betrifft Rohstoffe wie Zinn, Tantal, Wolfram, deren Erze und<br />

Gold aus Konflikt- und Hochrisikogebieten. Ziel dieses Systems ist es, der Finanzierung<br />

bewaffneter Gruppen durch den Mineralienabbau und Mineralienhandel in diesen Regionen<br />

entgegenzuwirken. Für mittelständische Unternehmen bedeutet das Gesetz zusätzliche Kosten.<br />

<strong>Das</strong> Ziel der verantwortungsvollen Beschaffung von Mineralien<br />

soll von mittelständischen Unternehmen, die in dieser Lieferkette<br />

tätig sind, unterstützt werden. Ungeachtet der Bedeutung<br />

dieses Zieles gilt es dennoch darauf zu achten, dass das<br />

Umsetzungsgesetz der Verordnung der Europäischen Union den<br />

<strong>Mittelstand</strong> nicht unnötig belastet.<br />

Kontrolle globaler Lieferketten nicht zulasten der KMU<br />

Bereits im EU-Gesetzgebungsverfahren wurde auf die schwierige<br />

Kontrolle von langen und komplexen Lieferketten eingegangen. Globale<br />

Lieferketten der weltweiten deutschen Metall- und Elektroindustrie<br />

bestehen im Normalfall aus mindestens 15 Zulieferern. Eine<br />

vollständige Überwachung der gesamten Lieferkette mit zahlreichen<br />

Vorlieferanten ist, wenn überhaupt, nur unter hohen Kosten zu erreichen.<br />

Dies ist wenig mittelstandsfreundlich.<br />

Deutsche Unternehmen müssen laut Durchsetzungsgesetz der<br />

EU-Verordnung außerdem die strafrechtlich bewehrte Verantwortung<br />

für Zulieferungen aus den Ursprungsländern übernehmen. Dies<br />

wird bei vielen deutschen Unternehmen, insbesondere bei KMU, zu<br />

Überforderung führen. Aus verfassungsrechtlicher Perspektive bedeutet<br />

dies zudem eine nicht gestattete Veränderung der strafrechtlichen<br />

Kausalitätsregeln für Täterschaft und Verschulden. Es besteht<br />

die Gefahr einer Überbürdung von strafrechtlicher Haftung deutscher<br />

Unternehmen für das Verhalten Dritter im Ausland.<br />

Foto: © Alexey Dozmorov von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

39<br />

Doppelte Prüfungen vermeiden<br />

<strong>Das</strong> Umsetzungsgesetz sieht die jährliche Überprüfung von Unternehmen<br />

durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften und<br />

Rohstoffe (BGR) vor. Nicht berücksichtigt wird dabei, dass es Unternehmen<br />

gibt, die bereits über andere, von der OECD und der EU<br />

anerkannte Systeme zertifiziert sind. Sie können hierdurch belegen,<br />

dass die Vorgaben der OECD sowie der EU vollumfänglich erfüllt werden.<br />

Es stellt sich die Frage, ob eine Prüfung durch die BGR hier noch<br />

sinnvoll ist. Eine zusätzliche Überprüfung würde zu einem zusätzlichen<br />

Mehraufwand für die BGR und die Unternehmen führen. Jährliche<br />

Prüfungen sind nur für Unternehmen sinnvoll, die noch nicht zertifiziert<br />

wurden.<br />

Planungssicherheit gewähren und Kosten minimieren<br />

Um Planungssicherheit für die betroffenen Unternehmen zu gewährleisten,<br />

muss der auf EU-Ebene bestehende Grenzwert von 100 Kilogramm<br />

pro Jahr und Importeur baldmöglichst entfallen. Außerdem<br />

müssen Konflikt- und Hochrisikogebiete detailliert festgelegt werden.<br />

Zudem sollte die geeignete technische Unterstützung für den<br />

Informationsaustausch geliefert werden. Die Selbstzertifizierung<br />

der EU-Importeure ist laut EU-Folgenabschätzung freiwillig. Die Folgen,<br />

wenn sich Einführer nicht selbst zertifizieren, sind unklar. Ebenso<br />

fehlt bisher eine aussagekräftige Quantifizierung der Kosten für<br />

die Wirtschaft.<br />

Gut zu wissen<br />

n <strong>Der</strong> BVMW war durch seinen Chefvolkswirt Dr. Hans-Jürgen Völz<br />

als Sachverständiger bei der Anhörung zum Gesetzentwurf der<br />

Bundesregierung zur Konfliktmineralienverordnung im Deutschen<br />

Bundestag geladen<br />

n In Kraft tritt die Durchführung der Verordnung in Deutschland zum<br />

01. Januar 2<strong>02</strong>1. Deutschland fertigt wie alle Länder der EU einen<br />

jährlichen Bericht zur nationalen Umsetzung der Verordnung an<br />

n Die Europäische Kommission überprüft erstmals zum 01. Januar<br />

2<strong>02</strong>3 und danach alle drei Jahre die Wirksamkeit der Verordnung<br />

Katharina Golland<br />

BVMW Referentin Steuern und Finanzen<br />

katharina.golland@bvmw.de<br />

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40 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Zehn Gütezeichen<br />

für fairen <strong>Handel</strong><br />

Spezielle Siegel und Logos sollen Verbrauchern signalisieren, dass sie umweltverträglich<br />

hergestellte und fair gehandelte Produkte erwerben. Davon profitieren auch engagierte<br />

Unternehmen, die den fairen <strong>Handel</strong> mit ihren internationalen Zulieferern sicherstellen.<br />

<strong>Das</strong> Interesse an Nachhaltigkeit und Ökologie ist in der Wirtschaft<br />

so hoch wie nie. Mit dem Erwerb fair gehandelter Produkte<br />

unterstützen Verbraucher nicht nur faire <strong>Handel</strong>spraktiken,<br />

sondern auch die Arbeits- und Lebensbedingungen von Arbeitern,<br />

Bauern und deren Familien sowie die umweltverträgliche Produktion.<br />

Weil man dafür bereit ist, mehr Geld zu zahlen, hat sich auch die Anzahl<br />

der entsprechenden Logos und Siegel für fair gehandelte Produkte<br />

inflationär erhöht. Dabei bleibt es nicht aus, dass sich unter diese<br />

Zertifizierungen auch unseriöse Siegel gemischt haben, die dem Konsumenten<br />

mehr versprechen als sie tatsächlich hergeben.<br />

Auch mittelständische Unternehmen erhoffen sich mit der Kennzeichnung<br />

ihrer Waren einen Wettbewerbsvorteil und Imagegewinn,<br />

der dazu beitragen soll, auf die Qualität und Einzigartigkeit ihrer Produktlinien<br />

hinzuweisen. Firmen, die solche Gütesiegel als reine Marketinginstrumente<br />

betrachten, aber im eigenen Betrieb die Themen<br />

Nachhaltigkeit und soziales Engagement vernachlässigen, werden<br />

langfristig für den Verbraucher unglaubwürdig. Sie sollten ihren Kunden<br />

überzeugend darstellen können, mit welchen Standards sie den<br />

fairen <strong>Handel</strong> ermöglichen.<br />

Foto: © pixelfusion3d von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

41<br />

<strong>Das</strong> Fairtrade-Siegel des Vereins Trans­<br />

Fair mit 35 Mitgliedsorganisationen ist das<br />

bekannteste des fairen <strong>Handel</strong>s und kennzeichnet<br />

fair angebaute und gehandelte<br />

Produkte, bei denen es eine 100-prozentige<br />

Garantie gibt, dass unter Fair-Trade-Bedingungen<br />

angebaut oder produziert wird –<br />

sämtliche Anbau- oder Produktionsschritte<br />

sind physisch rückverfolgbar.<br />

<strong>Der</strong> Grüne Knopf ist ein staatliches Siegel<br />

für nachhaltige Textilien und steht für sozial<br />

und ökologisch produzierte Kleidung.<br />

<strong>Das</strong> staatliche Textilsiegel schafft beim Verbraucher<br />

Vertrauen, stellt es doch verbindliche<br />

Anforderungen, um Mensch und Umwelt<br />

zu schützen. Insgesamt 46 Sozial- und<br />

Umweltstandards müssen eingehalten werden:<br />

von A wie Abwassergrenze bis Z wie<br />

Zwangsarbeitsverbot.<br />

IGEP stand ursprünglich für „Indo German<br />

Export Promotion“ und war bis 2005 ein gemeinsames<br />

Projekt der deutschen und indischen<br />

Regierung. Seit 2005 wird IGEP unabhängig<br />

als privates Beratungsunternehmen<br />

weitergeführt und setzt sich unverändert<br />

für die Förderung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit<br />

zwischen indischen und<br />

deutschen Unternehmen ein. <strong>Das</strong> Ziel des<br />

Siegels ist es, Kinderarbeit in der Natursteinindustrie<br />

zu verhindern und die Eignung für<br />

den europäischen Markt zu gewährleisten.<br />

XertifiX ist eine NGO und setzt sich für humane<br />

Arbeitsbedingungen und den Umweltschutz<br />

im asiatischen Steinsektor ein. XertifiX<br />

führt regelmäßig Kontrollen in Fabriken<br />

und Steinbrüchen in Indien, China und Vietnam<br />

durch. <strong>Das</strong> Siegel steht für die Respektierung<br />

der wichtigsten Arbeitsnormen der<br />

Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) im<br />

problematischen Bereich der Natursteingewinnung<br />

und -verarbeitung.<br />

<strong>Das</strong> Siegel Biokreis – regional & fair steht<br />

für ökologischen Landbau und wird vom<br />

Biokreis-Verband vergeben. Hauptanliegen<br />

von Biokreis e. V. ist die Förderung der Kontakte<br />

zwischen wirtschaftenden Landwirten<br />

und verarbeitenden Betrieben. Zudem ist es<br />

ein weiteres Ziel von Biokreis, die bäuerliche<br />

Landwirtschaft im Sinne einer Kreislaufwirtschaft<br />

zu gestalten. <strong>Das</strong> Siegel folgt den<br />

Kriterien der EU-Öko-Verordnung und ist<br />

beispielsweise auf Fleisch- und Milchprodukten,<br />

Backwaren, Imkerei- oder Getreideprodukten<br />

und Getränken zu finden.<br />

<strong>Das</strong> 1992 freiwillig eingeführte EU Ecola bel<br />

ist ein in allen europäischen Mitglied staaten<br />

inklusive Liechtenstein, Norwegen und Island<br />

anerkanntes EU-Umweltzeichen und<br />

wird von der RAL GmbH im Auftrag der Europäischen<br />

Kommissi on vergeben. Mit seinen<br />

Kriterien trägt das EU Ecolabel zum Klimaund<br />

Umweltschutz und zur Ressourceneffizienz<br />

bei. Mit dem EU Ecolabel können Reinigungsprodukte,<br />

Elektrogeräte, Textilien,<br />

Farben, Lacke oder Beherbergungsbetriebe<br />

und Campingplätze gekennzeichnet werden.<br />

<strong>Das</strong> Umweltzeichen Blauer Engel steht<br />

seit mehr als vierzig Jahren als Kompass<br />

für umweltfreundliche Produkte und<br />

ist das Umweltzeichen der Bundesregierung<br />

zum Schutz von Mensch und Umwelt.<br />

Über 12.000 umweltfreundliche Produkte<br />

und Dienstleistungen sind bislang von rund<br />

1.600 Unternehmen mit dem Blauen Engel<br />

ausgezeichnet worden.<br />

UTZ Certified wird von der niederländischen<br />

Stiftung UTZ vergeben, die sich für einen<br />

transparenten <strong>Handel</strong> sozial- und umweltverträglicher<br />

Produkte wie Kaffee, Tee oder<br />

Kakao engagiert. Im Blickfeld steht hierbei<br />

ein Nachhaltigkeitsprogramm, in dem<br />

alle Transaktionen zwischen Produzenten<br />

und Verkäufern über eine Online-Datenbank<br />

(Good Inside Portal) erfasst werden. Diese<br />

Informationen können dem Endverbraucher<br />

online zur Verfügung gestellt werden.<br />

<strong>Das</strong> RAL-Gütezeichen Möbel steht für die<br />

Verbesserung in der Qualität, der Funktionalität<br />

und der Gesundheitsverträglichkeit<br />

von Möbeln. Zeicheninhaber ist die Deutsche<br />

Gütegemeinschaft Möbel e. V., in der<br />

vorwiegend Hersteller und Anbieter zusammengeschlossen<br />

sind. RAL Gütezeichen<br />

werden in Deutschland seit 1925 von RAL<br />

Deutsches Institut für Gütesicherung und<br />

Kennzeichnung e. V. anerkannt. Aktuell gibt<br />

es etwa 150 verschiedene RAL Gütezeichen,<br />

die aufgrund von Eigen- und Fremdkontrollen<br />

als besonders vertrauenswürdig und sicher<br />

gelten.<br />

Die GEPA ist die größte Fair-Trade-Organisation<br />

in Europa. GEPA zählt seit 1975 zu<br />

den Pionieren im fairen <strong>Handel</strong> und zielt<br />

langfristig auf die Etablierung eines international<br />

gerechten Weltwirtschaftssystems<br />

ab. <strong>Handel</strong>spartner sind rund 160 Genossenschaften,<br />

Vermarktungsorganisationen<br />

und Privatbetriebe in über 40 Ländern Afrikas,<br />

Asiens und Lateinamerikas.<br />

Almut Friederike<br />

Kaspar<br />

Journalistin<br />

mittelstand@<br />

bvmw.de


42 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Foto: © Yuuji von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

43<br />

Sicher am Markt mit Blockchain<br />

Blockchains werden die Wirtschaft schon bald ebenso heftig umkrempeln wie das Internet. Nicht<br />

nur finanzielle, sondern alle Arten von Transaktionen und das Management von Daten werden<br />

davon erfasst. Vor allem für den internationalen Außenhandel werden Blockchains relevant.<br />

Wer sich schon einmal mit Bitcoin beschäftigt oder vielleicht<br />

sogar selbst in Kryptowährungen investiert hat, weiß meist<br />

auch, was es mit der Blockchain auf sich hat. Für viele andere<br />

ist die Technologie noch ein Rätsel, ein Trend für Digitalpioniere<br />

oder besonders findige Finanzspekulanten. Doch der Blockchain<br />

wird von Kennern sehr viel mehr, nämlich ein revolutionäres Potenzial<br />

für Unternehmen zugeschrieben: Wer diese Währungen versteht<br />

und richtig einsetzt, kann zum Beispiel seine gesamte Wertschöpfungskette<br />

im internationalen <strong>Handel</strong> optimieren – und sich gleichzeitig<br />

vor Betrug schützen.<br />

Anwender bezeichnen Blockchains auch als digitale, dezentral verteilte<br />

Kassenbücher, in denen jeder Tausch von Geldern, Frachtbriefen<br />

oder Zertifikaten für ein Netzwerk aus Partnern dauerhaft dokumentiert<br />

ist. Dabei übernehmen bestimmte Beteiligte oder automatische<br />

Prozesse die Aufgabe, einzelne Transaktionen zu verifizieren, in Datensätzen<br />

– sogenannten „Blöcken“ – zusammenzufassen und durch<br />

Codes aneinanderzuketten. Jeder Block enthält neben dem eigentlichen<br />

Inhalt, der sich auch verschlüsseln lässt, einen Zeitstempel und<br />

überprüfbare Werte des vorherigen Blocks. Dadurch entsteht eine<br />

nachvollziehbare Kette, die auf allen beteiligten Rechnern gespeichert<br />

ist und in Echtzeit aktualisiert wird. Versucht jemand, eine einzelne<br />

Transaktion zu manipulieren, wird die Codierung der gesamten Kette<br />

fehlerhaft und das Netzwerk sofort aufmerksam.<br />

Intelligent verknüpfte Daten, sicherer <strong>Handel</strong><br />

Dieses transparente und sichere Verfahren hat inzwischen auch im<br />

globalen <strong>Handel</strong> Anhänger gefunden, nicht zuletzt, weil das Management<br />

von Liefer- und Wertschöpfungsketten immer vernetzter und<br />

digitaler wird. Viele Unternehmen arbeiten daran, Prozesse stärker zu<br />

automatisieren, gleichzeitig aber auch im Detail einsehen zu können.<br />

ERP, IoT und RFID-Systeme liefern dafür schon heute die nötigen internen<br />

Schnittstellen. In Zukunft wird die eigene Datenproduktion<br />

während der Herstellung und auf Lieferwegen mit Geschäftspartnern<br />

im internationalen Austausch verkoppelt.<br />

Blockchains sind hierfür eine ideale Lösung. Verifizierte Angaben<br />

über die Entstehung eines Produktes machen die Rückverfolgbarkeit<br />

der gesamten Lieferkette in Echtzeit möglich. Alle wichtigen InInformationen<br />

über bezogene Rohstoffe und enthaltene Chemikalien,<br />

Zustand oder Standort, können autorisierte Empfänger in der Blockchain<br />

bis zum Erhalt der Ware einsehen. Kein Drittanbieter liest oder<br />

kassiert mit. Zudem erlaubt die Technologie eine hocheffiziente Optimierung<br />

des Zahlungsablaufs. So können Partner für jeden Knotenpunkt<br />

der Lieferkette einen neuen Block bilden, der an einen Smart<br />

Contract gebunden ist. Bestätigt zum Beispiel ein Logistiker am Hafen<br />

die Ankunft der Ware, wird dieser Vertrag wirksam, und die Zahlung<br />

wird automatisch ausgeführt.<br />

Aus den Kinderschuhen auf den Markt<br />

Schon heute verwalten und synchronisieren Unternehmen, vor allem<br />

in der Automobilindustrie, blockchainbasierte Lieferketten. Mit moderner<br />

Sensorik können Produktmängel oder problematische Umgebungseinflüsse<br />

beim Transport frühzeitig entdeckt und zurückverfolgt<br />

werden. Ein Start-up experimentiert sogar beim Fischfang<br />

damit, Messdaten vom Boot bis zum Endkunden zu sammeln und in<br />

der Blockchain zu speichern. So lässt sich mit Hilfe von GPS-Tracking<br />

der Fangboote, RFID-Chips in jedem Fisch und QR-Codes auf<br />

den Verpackungen der zerteilten Filets genau überprüfen, auf welchen<br />

Wegen die Ware an ihr Ziel gelangt. Diese Qualitätskontrolle<br />

schafft Vertrauen und neue Kunden, wovon auch kleine und mittlere<br />

Unternehmen profitieren können.<br />

Zwar steckt die Blockchain-Technik noch in den Kinderschuhen. Es<br />

mangelt zum Beispiel noch stark an Skalierbarkeit, und der Betrieb<br />

der Datenkette verbraucht schon mit wenigen Partnern extrem viel<br />

Rechenleistung – und somit Strom. Auch lässt sich eine Blockchain<br />

noch nicht ohne Aufwand in die bestehende IT-Landschaft integrieren,<br />

die Infrastruktur muss passen, eine Standardisierung fehlt noch<br />

gänzlich. Auch rechtliche Fragen wie Eigentums- und Datenschutz<br />

sind noch nicht abschließend geklärt. Zudem wollen manche Unternehmen<br />

nicht alle Prozesse offenlegen. Will man den Befürwortern<br />

aber Glauben schenken, ist es nur eine Frage der Zeit, bis diese Hürden<br />

aus dem Weg geräumt werden und Blockchain die Wertschöpfungsprozesse<br />

der Zukunft bestimmt.<br />

Gut zu wissen<br />

n Die Blockchain kann als Transaktionskette zu den modernen digitalen<br />

Finanz- und <strong>Handel</strong>sinstrumenten gezählt werden<br />

n Mehr über die sogenannten FinTechs und ihre Vorteile für kleine<br />

und mittlere Unternehmen erfahren Sie auf der _Gemeinsam digital<br />

FinTech Roadshow in diesem Jahr sowie unter:<br />

www.gemeinsam-digital.de/fintech<br />

Julian Koller<br />

BVMW Referent Förderprojekte<br />

julian.koller@bvmw.de


44 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Afrikas Attraktivität<br />

auf einen Blick<br />

Ob im Bereich Flughafenbau, Energie oder Maschinenbau – afrikanische Länder bieten deutschen<br />

Firmen vielversprechende Geschäftsmöglichkeiten. Ein neu entwickelter Index hilft Mittelständlern<br />

jetzt, die geschäftliche Attraktivität von 34 afrikanischen Staaten zu erkennen.<br />

Warum sollte man in Afrika Geschäfte<br />

machen?<br />

Afrika ist der zweitgrößte Kontinent der Erde.<br />

In seinen 54 Staaten werden 2050 mehr<br />

als zwei Milliarden Konsumenten leben. Und<br />

es ist ein Kontinent, der deutschen Firmen<br />

– vor allem auch kleinen und mittleren Unternehmen<br />

– schon heute viele Möglichkeiten<br />

bietet, erfolgreich zu investieren und profitable<br />

Geschäfte zu machen, allen aktuellen<br />

Risiken und Problemen zum Trotz. Die Bundesregierung<br />

hat dies erkannt und unter anderem<br />

einen Entwicklungsinvestitions fonds<br />

für den <strong>Mittelstand</strong> mit einer Milliarde Euro<br />

ausgestattet.<br />

Die steigende Kaufkraft in den afrikanischen<br />

Ländern macht den afrikanischen<br />

Markt für deutsche Mittelständler<br />

zunehmend interessant. Bisher<br />

jedoch ist das Engagement der deutschen<br />

Wirtschaft in Afrika sehr bescheiden. So<br />

stellt das Institut für <strong>Mittelstand</strong>sforschung<br />

in seiner Studie „Subsahara-Afrika als Zielregion<br />

außenwirtschaftlicher Aktivitäten von<br />

kleinen und mittleren Unternehmen“ von<br />

2018 fest: „<strong>Das</strong> außenwirtschaftliche Engagement<br />

deutscher Unternehmen insgesamt<br />

und der klein- und mittelständischen Unternehmen<br />

im Besonderen ist in der Region<br />

Subsahara-Afrika schwach entwickelt, sowohl<br />

verglichen mit dem <strong>Handel</strong> mit anderen<br />

Ländern als auch mit dem Engagement anderer<br />

europäischer Länder.“<br />

Um Vorurteile abzubauen, Mittelständler über<br />

Potenziale in einzelnen Ländern zu informieren<br />

und ihnen bei Problemen zu helfen, hat<br />

das BRS Institut für Internationale Studien<br />

an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zusammen<br />

mit dem BVMW und weiteren Partnern<br />

den <strong>Mittelstand</strong>sindex Afrika entwickelt.<br />

Was ist der <strong>Mittelstand</strong>sindex Afrika?<br />

<strong>Der</strong> <strong>Mittelstand</strong>index Afrika stellt Unternehmen<br />

ein Länderrating für 34 afrikanische<br />

Länder zur Verfügung, das dem Mittelständler<br />

einen schnellen Überblick über die<br />

geschäftliche Attraktivität des Landes erlaubt.<br />

In 16 Indikatoren werden für Mittelständler<br />

wichtige Faktoren wie Verfügbarkeit<br />

von Partnern, Zugang zu Informationen,<br />

logistischer Zugang zu Märkten, tarifäre und<br />

nichttarifäre <strong>Handel</strong>shemmnisse geprüft<br />

und zu einem Rating für jedes Land zusammengefasst.<br />

Dies hilft Mittelständlern, früh die richtigen<br />

Entscheidungen zu treffen, um Ressourcen<br />

zu bündeln und sie auf die für sie interessanten<br />

Länder zu fokussieren.<br />

Wie kann man den <strong>Mittelstand</strong>sindex<br />

Afrika nutzen?<br />

<strong>Der</strong> <strong>Mittelstand</strong>sindex Afrika ist nach einfacher<br />

Registrierung kostenlos zugänglich<br />

auf www.mittelstandsindex-afrika.de. Gerne<br />

unterstützt das BRS Institut für Internationale<br />

Studien auch bei der Anwendung und<br />

Anpassung des <strong>Mittelstand</strong>sindex Afrika an<br />

Unternehmen oder Branchen. Als Förderer<br />

des Index haben Unternehmen und Institutionen<br />

die Möglichkeit, ihr Interesse an diesem<br />

spannenden Markt öffentlich zu machen.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

45<br />

Nachdem die richtigen Märkte ausgewählt wurden, können Mittelständler<br />

mithilfe von Partnern in Deutschland und vor Ort den<br />

Schritt nach Afrika schaffen und von den großen Potenzialen im<br />

Zielland profitieren. Hier bietet der BVMW mit seiner <strong>Mittelstand</strong>sallianz<br />

Afrika praxisnahe Unterstützung.<br />

Die <strong>Mittelstand</strong>sallianz Afrika des BVMW begleitet als deutsch-afrikanisches<br />

Unternehmernetzwerk Unternehmen in Deutschland und<br />

Afrika beim Eintritt in den jeweiligen Zielmarkt und bietet als starker<br />

Partner und Türöffner eine Plattform für das Knüpfen von Geschäftskontakten.<br />

Marokko<br />

Ägypten<br />

Südafrika<br />

Kenia<br />

Nigeria<br />

Mauritius<br />

Ghana<br />

Algerien<br />

Tunesien<br />

Elfenbeinküste<br />

Tansania<br />

Äthiopien<br />

Botswana<br />

Angola<br />

Ruanda<br />

Namibia<br />

Senegal<br />

Sambia<br />

Uganda<br />

Togo<br />

Kamerun<br />

Mali<br />

Mosambik<br />

Benin<br />

Burkina Faso<br />

Sudan<br />

Zimbabwe<br />

DR Kongo<br />

Gabun<br />

Guinea<br />

Madagaskar<br />

Mauritanien<br />

Repuplik Kongo<br />

Äquatorialguinea<br />

2,48<br />

2,44<br />

2,44<br />

2,25<br />

2,25<br />

2,14<br />

2,10<br />

2,07<br />

2,06<br />

2,03<br />

2,<strong>02</strong><br />

1,98<br />

1,97<br />

1,93<br />

1,92<br />

1,89<br />

1,81<br />

1,79<br />

1,77<br />

1,76<br />

1,74<br />

1,67<br />

1,67<br />

1,67<br />

1,63<br />

1,63<br />

1,62<br />

1,62<br />

1,55<br />

1,53<br />

1,47<br />

1,46<br />

1,45<br />

1,45<br />

Top Performer<br />

Business Opportunity<br />

Development Potential<br />

Difficult States<br />

Gut zu wissen<br />

n <strong>Der</strong> <strong>Mittelstand</strong>sindex Afrika und viele weitere Informationen<br />

können nach einfacher Registrierung kostenlos auf<br />

www.mittelstandsindex-afrika.de eingesehen werden<br />

n Die <strong>Mittelstand</strong>sallianz Afrika (MAA) veranstaltet am 13. <strong>Mai</strong> 2<strong>02</strong>0<br />

in Halle eine Podiumsdiskussion zum Thema Zukunftsmarkt Afrika:<br />

Geschäftsmöglichkeiten für den deutschen <strong>Mittelstand</strong> aus Sachsen-Anhalt<br />

Mor Diop<br />

BVMW Referent Außenwirtschaft<br />

mor.diop@bvmw.de<br />

Jan Koetsier<br />

BRS Institut für Internationale Studien<br />

<strong>Mittelstand</strong>sindex Afrika<br />

Weitere Informationen: bienvenue.angui@bvmw.de<br />

jan.koetsier@brs-iis.de


46 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Perspektiven im Osten<br />

Unter den Mitgliedern des BVMW ist das Interesse an Russland und den Ländern Osteuropas<br />

groß. Um die Chancen der dynamischen Entwicklung dieser Länder zu nutzen, wurde in der<br />

Berliner Bundeszentrale der neue Bereich Russland, Zentralasien und Osteuropa geschaffen.<br />

Europa und Asien bilden gemeinsam die größte zusammenhängende<br />

Landmasse der Erde – einen Superkontinent. Historisch<br />

und kulturell bedingt ist die europäische Mentalität bis<br />

nach Wladiwostok verbreitet. Nach Südosten gibt es bis zum Kaukasus<br />

und Bosporus eine starke politische und wirtschaftliche Orientierung<br />

an der Europäischen Union. In allen Ländern Osteuropas<br />

trifft man auf eine sehr hohe Wertschätzung deutscher Produkte,<br />

deutscher Unternehmen und deutscher Qualität, Zuverlässigkeit und<br />

Standards. Für den <strong>Mittelstand</strong> ergeben sich große Chancen in den<br />

Bereichen <strong>Handel</strong>, Landwirtschaft, Infrastruktur, Maschinen und Anlagen,<br />

aber auch im Gesundheitswesen, der Energieeffizienz und anderen<br />

Geschäftsfeldern.<br />

Reformen und solide Rahmenbedingungen in Russland<br />

Mit 144 Millionen Einwohnern ist Russland der größte europäische<br />

Einzelmarkt. Bei einer Verschuldung von 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts<br />

steht Russland an neunter Stelle in der Welt, mit<br />

542 Milliarden US-Dollar Währungsreserven gelangt es auf Platz<br />

vier. Im Doing Business Report der Weltbank rangiert Russland auf<br />

Rang 28, knapp hinter Deutschland (22), vor China (31), Indien (63)<br />

und Brasilien (124), aber auch vor den EU-Staaten Italien (58) und<br />

Griechenland (79). Im Jahr 2012 war Russland noch auf Rang 112.<br />

Russland bietet solide makroökonomische Rahmenbedingungen für<br />

<strong>Handel</strong>sgeschäfte und Direktinvestitionen: eine verlässliche Zentralbank,<br />

einen stabilen Rubelkurs und eine niedrige Inflationsrate von<br />

<strong>Der</strong> neue Geschäftsbereich in der Bundeszentrale verstärkt die Beziehungen des BVMW<br />

zu den Ländern Mittel-, Süd- und Osteuropas sowie Zentralasiens.<br />

Estland<br />

Lettland<br />

Russland<br />

Litauen<br />

Weißrussland<br />

Polen<br />

Tschechien<br />

Slowenien<br />

Slowakei<br />

Ungarn<br />

Rumänien<br />

Moldawien<br />

Ukraine<br />

Kasachstan<br />

Kroatien<br />

Bosnien und Herzegowina<br />

Montenegro<br />

Serbien<br />

Kosovo<br />

Bulgarien<br />

Mazedonien<br />

Albanien<br />

Georgien<br />

Armenien<br />

Aserbaidschan<br />

Turkmenistan<br />

Usbekistan


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

47<br />

Moskau, Russland<br />

unter fünf Prozent. Laut dem Investitionsklimabericht von Germany<br />

Trade & Invest (GTAI) liegen die Löhne in Russland deutlich unter dem<br />

Niveau von China.<br />

Große deutsche Unternehmen haben die Chancen erkannt und investieren<br />

in Produktion, Montage und Vertrieb, darunter: Volkswagen,<br />

Mercedes, BMW, Henkel, Bayer, Bosch, Knauf, Siemens und Claas. In<br />

den letzten vier Jahren sind laut Angaben der Deutschen Bundesbank<br />

zehn Milliarden Euro Direktinvestitionen<br />

aus Deutschland nach Russland geflossen.<br />

Eines haben diese Unternehmen gemeinsam:<br />

Sie suchen händeringend lokale Zulieferer auf<br />

Weltmarktniveau.<br />

Tadschikistan<br />

Kirgisistan<br />

Fotos: © Designed by Freepik; © Yongyuan Dai von www.istockphoto.com<br />

Usbekistan – boomendes Wirtschaftszentrum<br />

Mit einem stabilen Wachstum und einem großen<br />

wirtschaftlichen Potenzial hat sich Usbekistan<br />

seit der Unabhängigkeit 1991 zu<br />

einem bedeutenden regionalen Wirtschaftszentrum<br />

mit einer breit gefächerten Industrieund<br />

Dienstleistungsstruktur entwickelt, das<br />

große Chancen gerade für den deutschen <strong>Mittelstand</strong><br />

bietet.<br />

Die Republik Usbekistan ist mit 32 Millionen Einwohnern<br />

der zweitbevölkerungsreichste Markt<br />

in Mittelasien. Die politische Führung des Landes<br />

strebt eine Öffnung der Wirtschaft und investitionsfreundliche<br />

Rahmenbedingungen für<br />

ausländische Partner an. Mit Erfolg: So verbesserte<br />

sich Usbekistan im Doing Business Report<br />

der Weltbank von Rang 141 (von 190 Ländern)<br />

im Jahr 2015 auf Rang 69 im Jahr 2<strong>02</strong>0.<br />

Bei seinem ersten Auslandsauftritt in München<br />

im November 2017 warb der usbekische Premierminister<br />

Abdulla Aripov gezielt für ein stärkeres Engagement deutscher<br />

Unternehmen.<br />

Niedrige geschäftliche Hürden<br />

Auch die anderen Staaten Mittel-, Süd- und Osteuropas sowie Zentralasiens<br />

haben in den letzten Jahrzehnten und Jahren signifikante<br />

Entwicklungen hinter sich gebracht, die sie im Doing Business Rang<br />

sogar teilweise vor Deutschland geschoben haben: Georgien (7), Litauen<br />

(11), Estland (18), Lettland (19), Kasachstan (25), aber auch Polen,<br />

Serbien und die Ukraine.<br />

Besonders für den <strong>Mittelstand</strong> sind aufgrund der geografischen und<br />

kulturellen Nähe die geschäftlichen Hürden zum europäischen Osten<br />

am geringsten. Mit dem neu geschaffenen Bereich öffnet der BVMW<br />

die Türen und hilft dabei, neue Geschäftsfelder zu erschließen.<br />

Gut zu wissen<br />

n Russland ist, zusammen mit Kasachstan, Belarus, Armenien<br />

und Kirgisien, Teil der Eurasischen Wirtschaftsunion mit einem<br />

Binnenmarkt von 182,6 Millionen Einwohnern und einem BIP von<br />

3.915,7 Milliarden USD<br />

n Zwischen Usbekistan und der EU besteht seit 1999 ein Partnerschafts-<br />

und Kooperationsabkommen über handelspolitische<br />

Rahmenbedingungen. Aufgrund der positiven Entwicklungen im<br />

Reformprozess ist ein neues Abkommen zwischen der EU und<br />

Usbekistan in Planung<br />

Reinhold von Ungern-Sternberg<br />

BVMW Geschäftsbereichsleiter<br />

Außenwirtschaft, Schwerpunkt Russland,<br />

Zentralasien, Osteuropa<br />

reinhold.ungern@bvmw.de


48 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

China: Vom<br />

Partner zum<br />

Wettbewerber<br />

Mit dem internationalen <strong>Handel</strong>snetzwerk<br />

„Neue Seidenstraße“, das Asien, Afrika und<br />

Europa verbinden soll, und dem Hightech-<br />

Masterplan „Made in China 2<strong>02</strong>5“ will die<br />

Volksrepublik zur technologischen Supermacht<br />

aufsteigen. Wie kann Chinas wichtigster<br />

<strong>Handel</strong>spartner Deutschland und sein<br />

<strong>Mittelstand</strong> davon profitieren?<br />

In der Antike und im Mittelalter war die Seidenstraße – ein Netz<br />

von Karawanenstraßen mit einer 6.400 Kilometer langen Hauptroute<br />

– die wichtigste Verbindung zwischen China und Europa.<br />

Gen Westen wurden auf der Seidenstraße nicht nur Seide, sondern<br />

auch Gewürze, Glas oder Porzellan gehandelt, gen Osten vor allem<br />

Gold, Silber und Wolle. Wenn die Kaufleute ihre Waren, transportiert<br />

zumeist auf Kamelen, nicht bereits unterwegs an Zwischenhändler<br />

weiterverkauften, brauchte eine Karawane über die gesamte Strecke<br />

bis zu zwei Jahre.<br />

<strong>Der</strong> deutsche <strong>Mittelstand</strong> ist<br />

die tragende Kraft in dieser<br />

<strong>Handel</strong>sbeziehung.<br />

Wenhai Wang, BVMW China<br />

Mit dem Jahrhundert-Projekt Belt and Road Initiative will China, wo<br />

die Anzahl der Corona-Neuinfizierten schon wieder massiv zurückgeht,<br />

nun mit einer Neuen Seidenstraße ein gigantisches <strong>Handel</strong>snetzwerk<br />

zwischen Asien, Afrika und Europa spannen, investiert<br />

massiv in neue Häfen, Flughäfen, Bahnstrecken und Straßen. Finanziert<br />

werden diese Infrastrukturprojekte – Gesamtvolumen: rund eine<br />

Billion US-Dollar – vor allem durch Kredite chinesischer Staatsbanken,<br />

weshalb bis zu 90 Prozent aller Seidenstraßen-Projekte an<br />

Unternehmen aus China gehen. Gleichzeitig will die Volksrepublik<br />

mit dem Hightech-Masterplan „Made in China 2<strong>02</strong>5“ zu den stärksten<br />

Wirtschaftsmächten der Welt aufschließen und zum Vorreiter der<br />

nächsten industriellen Revolution werden – und spätestens bis 2049,<br />

dem 100. Geburtstag der Volksrepublik China, soll das Land mit seinen<br />

1,4 Milliarden Einwohnern zur technologischen Supermacht aufgestiegen<br />

sein.<br />

China als Konkurrent<br />

Diese gewaltige Kraftanstrengung hat für ausländische Unternehmen,<br />

Verbände und Regierungen die Sicht auf China verändert. Denn<br />

nun gilt das bevölkerungsreichste Land der Erde nicht länger nur als<br />

Partner, sondern zunehmend auch als Konkurrent und Wettbewerber.<br />

Zentraler Bestandteil der chinesischen Industriestrategie ist die<br />

intelligente und automatisierte Fertigung, und dazu braucht China<br />

vorerst noch umfangreiche Technologie-, Industrie- und Innovationskooperationen.<br />

Angesichts des von den USA angezettelten Zollund<br />

<strong>Handel</strong>skrieges mit China beurteilen mittlerweile 30 Prozent der<br />

deutschen Mittelständler China als „verlässlichen“ oder „sehr verlässlichen“<br />

Geschäftspartner, nur 17 Prozent sprechen diese Vertrauenswürdigkeit<br />

den USA zu. <strong>Das</strong> ist eines der Ergebnisse einer<br />

Umfrage des Markt- und Meinungsforschungsinstituts forsa im Auftrag<br />

der Commerzbank. Befragt wurden zwischen November 2018<br />

und Februar 2019 rund 2.000 Eigentümer und Manager der ersten<br />

Führungsebene aus mittelständischen Unternehmen aller Größenklassen<br />

und Branchen.<br />

Prosperierende Partnerschaft<br />

Im Jahr 2018 betrug der Wert deutscher Importe aus China 106 Milliarden<br />

Euro und der Wert deutscher Exporte nach China 93 Milliarden<br />

Euro. Zehn Jahre zuvor waren es noch Importe im Wert von fast 61<br />

Milliarden und Exporte im Wert von 34 Milliarden. Damit bleibt China<br />

– Exporte und Importe zusammengenommen – das dritte Jahr in<br />

Folge der wichtigste <strong>Handel</strong>spartner für Deutschland. Mein Kollege<br />

Foto: © chungking von stock.adobe.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

49<br />

Shanghai, China<br />

Wenhai Wang, BVMW-Beauftragter für die Auslandsrepräsentanz<br />

China, ist überzeugt, dass Deutschland auch weiterhin ein wichtiger<br />

<strong>Handel</strong>spartner bleiben wird – und zwar mit zunehmender Bedeutung.<br />

Neben Anlagen, Maschinen, Autos und, im Konsumbereich,<br />

hochwertigen Produkten wie beispielsweise Marken-Messer<br />

oder -Armaturen werde auch der Export von Nahrungsmitteln und<br />

Nahrungsergänzungsmitteln steigen, die einer hohen und konstanten<br />

Qualitätskontrolle unterliegen.<br />

Shenzen wenden, die lokal mit darauf spezialisierten Kanzleien verbunden<br />

sind.<br />

Im Rahmen seiner Innovationsoffensive ist China aber auch selbst<br />

darauf bedacht, seine Erfindungen zu schützen: Allein 2018 wurden<br />

1,54 Millionen Patente angemeldet – mehr als in den USA, Japan,<br />

Korea und der EU zusammen.<br />

Deutscher <strong>Mittelstand</strong> gut aufgestellt<br />

„<strong>Der</strong> deutsche <strong>Mittelstand</strong> ist die tragende Kraft in dieser <strong>Handel</strong>sbeziehung“,<br />

sagt Wenhai Wang. Schon vor Jahren hat der BVMW<br />

begonnen, Infrastrukturstützpunkte in China aufzubauen – Ansprechpartner<br />

für deutsche Mittelständler, die den Markteintritt<br />

planen oder ihre Geschäfte ausweiten wollen. Zudem sind nicht<br />

nur in der BVMW-Zentrale in Berlin, sondern auch in den großen<br />

chinesischen Städten mit den meisten Verbrauchern wie Shanghai,<br />

Changzhou, Chengdu oder Shenzen Kompetenzcenter errichtet<br />

worden. Die Kollegen vor Ort arbeiten dort mit der lokalen<br />

Wirtschaftsförderung zusammen und sind bestens vernetzt mit<br />

Politik, Justiz, Finanzbehörden und Unternehmensverbänden. Wer<br />

sich Sorge um den Schutz einer deutschen Erfindung oder Technologie<br />

macht, kann sich an die BVMW-Kollegen in Shanghai und<br />

Gut zu wissen<br />

Chinas Bruttoinlandsprodukt erreichte im Jahr 2018 mit rund 13 Billionen<br />

US-Dollar einen neuen Rekordwert. Damit hat sich die Wirtschaftsleistung<br />

der Volksrepublik innerhalb von zehn Jahren nahezu verdreifacht.<br />

China ist somit die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt.<br />

Markus Jerger<br />

BVMW Bundesgeschäftsführer<br />

mittelstand@bvmw.de


50 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Zentral-Jakarta, Indonesien<br />

Aufstrebendes<br />

Südostasien<br />

<strong>Der</strong> traditionell exportorientierte <strong>Mittelstand</strong><br />

richtet den Blick auf Ost- und Südostasien als<br />

attraktiven Außenhandelsmarkt. Doch man<br />

sollte sehr genau hinschauen. Ein Überblick.<br />

Unternehmen, die sich im „asiatischen Wirtschaftsmotor“ engagieren<br />

wollen, müssen lernen zu differenzieren: Asien ist eine<br />

heterogene Region und besteht nicht nur aus China, obwohl<br />

das Reich der Mitte fraglos der größte Global Player der Region<br />

ist. Viele kleinere Länder Südostasiens haben sich zum Staaten- und<br />

Wirtschaftsverband ASEAN zusammengeschlossen.<br />

ASEAN – ein hochdiversifizierter Markt<br />

ASEAN besteht aus Brunei, Kambodscha, Indonesien, Laos, Malaysia,<br />

Myanmar, Philippinen, Singapur, Thailand und Vietnam. Markus<br />

Schlüter ist Rechtsanwalt und Partner der multidisziplinären Beratungsgesellschaft<br />

Rödl & Partner, die deutsche Mittelständler in<br />

Rechts- und Wirtschaftsfragen berät (ein Mitgliedsunternehmen des<br />

BVMW). Mit zahlreichen Niederlassungen im asiatischen Raum ist<br />

Rödl & Partner dort gut vernetzt. Daher weiß Markus Schlüter: „Asien<br />

ist erstmal nur ein geographischer Begriff. Wir reden hier über Dutzende<br />

von Ländern mit zahlreichen unterschiedlichen Märkten.“ Die<br />

ASEAN-Länder unterscheiden sich stark hinsichtlich religiöser, kultureller<br />

und politischer Rahmenbedingungen. Auch der Wohlstand<br />

ist ungleich verteilt — Singapur ist eines der reichsten Länder der<br />

Welt, Laos eines der ärmsten. Insgesamt aber bietet ASEAN mit über<br />

600 Millionen Einwohnern einen starken und wachsenden Absatzmarkt,<br />

es herrschen weitgehend Zollfreiheit und freier Güterverkehr.<br />

Gleichwohl versuchen die Einzelstaaten, die Kontrolle über den Warenverkehr<br />

durch Einfuhr- und Sicherheitszertifikate zu wahren, der<br />

Wettbewerb mit der heimischen Wirtschaft wird durch Joint-Venture-<br />

Vorgaben, Investitionsbeschränkungen und hohe Kapitalvorgaben<br />

reguliert. Schlüter mahnt: „Unternehmer müssen je nach Branche<br />

und Zielvorgaben die lokalen Investitionsgesetze analysieren, bevor<br />

sie dort etwa eine Gesellschaft gründen wollen.“<br />

China – der Riese mit Schwächen<br />

China verzeichnete in den letzten Dekaden ein enormes Wachstum<br />

und ist heute ein dynamischer Markt, der zunehmend interna­<br />

Foto: © NicolasMcComber von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

51<br />

tional verflochten und durch Freihandelsabkommen auch mit der<br />

ASEAN Region verbunden ist. Zwar hat die zunehmende marktwirtschaftliche<br />

Orientierung zu einer wirtschaftlichen Öffnung des Landes<br />

geführt, gleichwohl bestehen immer noch zahlreiche Investitionshemmnisse.<br />

Von einer freien Marktwirtschaft kann keine Rede<br />

sein. Noch immer existiert die „Negativliste“, die aufführt, in welchen<br />

Branchen ausländische Unternehmen tätig werden dürfen. Sie enthält<br />

48 Beschränkungen für ausländische Investitionen. <strong>Das</strong> „Social<br />

Credit System“, das die Bevölkerung zu wünschenswertem Verhalten<br />

erziehen will, soll zukünftig auch auf Unternehmen ausgeweitet werden.<br />

Markus Schlüter rät zu individuellen Strategien: „Manche Unternehmen<br />

produzieren in anderen Ländern, um dann Freihandelsabkommen<br />

zu nutzen und Produkte zu Präferenzzöllen nach China zu<br />

verschiffen. Andere kaufen Rohstoffe oder Vorkomponenten in China,<br />

um sie dann an ihren Standorten in der ASEAN Region zu verarbeiten.<br />

Wer sich in China engagiert, sollte Strategien entwickeln, die<br />

neben der Bearbeitung des enormen Binnenmarktes auch die anderen<br />

Märkte Südostasiens oder Indiens einschließen.“<br />

Straßen, Schienen, Maschinen<br />

Ost- und Südostasien sind für den deutschen <strong>Mittelstand</strong> attraktiv,<br />

der Bedarf ist vor allem im Bereich des Infrastrukturausbaus hoch:<br />

Brückenbau, Hoch- und Tiefbau, Schienenverkehr, der Drang nach<br />

Mobilität ist ungebrochen. <strong>Der</strong> Bedarf an Maschinen für die heimische<br />

Industrie ist hoch, ebenso wie für Anlagen aller Art. Vom Förderband<br />

über die Brauereianlage bis zur Landebahnbeleuchtung:<br />

Die Produkte deutscher Anlagen- und Maschinenbauer sind gefragt.<br />

Gleiches gilt für Waren der Konsumgüterindustrie und der Chemiebranche.<br />

Thailand hat sich mit seiner starken Autoindustrie bereits<br />

als Standort für Elektromobilität und Erneuerbare Energien etabliert.<br />

Insgesamt sollten deutsche Unternehmen auch aus attraktiven<br />

Branchen individuelle Strategien entwickeln: „Häufig schreiben die<br />

lokalen Vergaberichtlinien eine heimische Firma als Hauptunternehmer<br />

vor, sodass deutsche Unternehmen als Subunternehmer Einsatz<br />

finden“, sagt Schlüter.<br />

Wohin steuert die Region?<br />

Chinas <strong>Handel</strong>sstreit mit den USA, das Corona-Virus, Marktliberalisierung,<br />

Islamisierung oder Säkularisierung: Die Dynamik der wirtschaftlichen,<br />

politischen und kulturellen Entwicklung der Region<br />

macht Ost- und Südostasien unternehmerisch so spannend wie unvorhersehbar.<br />

So erwartet Michael Schlüter für die entwickelten und<br />

etablierten Staaten wie Japan und Südkorea keine Wachstumsüberraschungen.<br />

ASEAN hingegen zeigt sich wachstumsstark, Verhandlungen<br />

über multilaterale Markteintrittsabkommen wecken Hoffnung<br />

auf eine Öffnung für ausländische Unternehmen. Indien plant<br />

eine regulatorische Anpassung an internationale Standards und<br />

setzt seinen Wachstumskurs fort.<br />

Es gibt also keine valide Vorhersage, außer einer: Ost- und Südostasien<br />

sind für deutsche Mittelständler attraktive Außenhandelsmärkte –<br />

wenn man sie genau beobachtet.<br />

Bernd Ratmeyer<br />

Journalist<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

Anteil deutscher Exporte und Importe nach Asien (gesamt) 2018:<br />

20,0 % Importe<br />

Anteil deutscher Exporte nach China:<br />

2018: 7,1 %<br />

Anteil Chinas an deutschen Importen:<br />

2018: 9,8 %<br />

Gut zu wissen<br />

14,6 % Exporte<br />

2000: 1,6 %<br />

2000: 3,4 %<br />

Exporte der Bundesrepublik Deutschland (2018) nach Asien in<br />

Milliarden Dollar<br />

1. Volksrepublik China 93,1<br />

2. Japan 20,4<br />

3. Indien 12,5<br />

4. Singapur 8,0<br />

5. Hongkong 6,0<br />

6. Malaysia 5,2<br />

7. Thailand 5,0<br />

8. Vietnam 4,1<br />

9. Indonesien 2,9<br />

10. Philippinen 2,6<br />

11. Bangladesch 0,82<br />

12. Sri Lanka 0,35<br />

n ASEAN: zehn Länder, 600 Millionen Einwohner. Attraktiver Absatzmarkt.<br />

Freihandelsabkommen nicht nur der Staaten untereinander,<br />

sondern auch mit China<br />

n China: zahlreiche Investitionshemmnisse. Unternehmer sollten individuelle<br />

Strategien entwickeln, um <strong>Handel</strong>s-, Steuer- und Zollabkommen<br />

zwischen China und anderen asiatischen Märkten zu nutzen<br />

n In Südostasien nachgefragte Produkte und Branchen: Maschinenbau,<br />

Anlagenbau, Infrastrukturausbau, Chemie/Pharmazie,<br />

Konsumgüter, Autoindustrie/Elektromobilität, Erneuerbare Energien/<br />

Umwelttechnik


52 SCHWERPUNKT DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Im sicheren Hafen:<br />

Export als Wachstumsmotor<br />

<strong>Das</strong> Auslandsgeschäft bietet viele Chancen. Je höher aber die Chancen, desto höher in der Regel<br />

auch die Risiken. Und die sind beim Auslandshandel breit gestreut.<br />

Ein großer Teil des <strong>Handel</strong>s wird unter den Bedingungen des<br />

Welthandelsabkommens Gatt oder bilateraler <strong>Handel</strong>sabkommen<br />

abgewickelt. Darüber hinaus haben es Unternehmen im<br />

Auslandsgeschäft aber auch mit anderen Sprachen, Rechtssystemen<br />

oder <strong>Handel</strong>sbräuchen, mit instabilen wirtschaftlichen und politischen<br />

Verhältnissen, mit schwankenden Wechselkursen und nicht<br />

zuletzt meistens mit viel größeren Entfernungen zu tun.<br />

Trotz Unwägbarkeiten sicher handeln<br />

<strong>Das</strong> wiederum bringt kaufmännische Unwägbarkeiten mit sich. Häufig<br />

vergehen zum Beispiel Monate, bis ein Kunde zahlt. <strong>Der</strong> Exporteur<br />

muss in Vorleistung gehen und Möglichkeiten für die Refinanzierung<br />

suchen; schließlich hat er Aufwendungen für Mitarbeiter und Zulieferer.<br />

Kommt ein Kunde dann in finanzielle Schwierigkeiten und kann<br />

nicht mehr zahlen, nimmt das eigene Unternehmen schneller als gedacht<br />

nachhaltig Schaden. <strong>Das</strong> gilt natürlich besonders bei größeren<br />

Aufträgen.<br />

Bonitätsauskünfte über eigene Kunden und <strong>Handel</strong>spartner. Gerade<br />

für kleinere Unternehmen ist es schwierig, sich die nötigen Informationen<br />

über die Geschäftspartner selbst zu besorgen. Dabei sind sie<br />

besonders gefährdet, denn ein größerer Forderungsausfall kann im<br />

schlimmsten Fall die Existenz bedrohen.<br />

Außerdem gibt es die staatliche Exportkreditversicherung, auch<br />

„Hermesdeckung“ genannt. Insbesondere der <strong>Mittelstand</strong> profitiert<br />

davon, denn rund 75 Prozent nehmen kleinere und mittlere Betriebe<br />

in Anspruch.<br />

Um die Chancen des Auslandsgeschäfts nutzen zu können, ist es<br />

wichtig, sich vorher umfassend zu informieren und mögliche Risiken<br />

frühzeitig zu kennen und zu vermeiden. Nur so kann Wachstum im<br />

Ausland nachhaltig gelingen.<br />

Um sich abzusichern gibt es vielfältige Möglichkeiten, von der privaten<br />

Kreditversicherung bis zur staatlichen Deckung und die verschiedensten<br />

Möglichkeiten der Finanzierung – auf den individuellen<br />

Fall zugeschnitten, von den Fristen bis zur Art des Geschäftes. Mit<br />

der Komplexität der Anforderungen sind gerade kleinere und mittlere<br />

Unternehmen jedoch oft überfordert, wenn sie keine Spezialisten<br />

haben, die sich um jedes Detail kümmern können. Daher ist es vor<br />

allem für Export-Neueinsteiger sinnvoll, sich von Experten beraten<br />

zu lassen und die Absicherung der eigenen Geschäfte outzusourcen.<br />

<strong>Der</strong> richtige Schutz vor Schäden und Forderungsausfällen<br />

Umfassenden Schutz vor Forderungsausfall bietet zum Beispiel eine<br />

private Kreditversicherung; nicht zu verwechseln mit den staatlichen<br />

Angeboten, auch in den wichtigsten Exportmärkten der deutschen<br />

Unternehmen. Die Kreditversicherung umfasst in der Regel auch<br />

Gut zu wissen<br />

n Zahlungsmoral, Bonität, Abweichungen von Rechtssystemen:<br />

Je mehr Informationen, desto geringer die Risiken<br />

n Absicherung der eigenen Geschäfte kann outgesourced werden<br />

n Euler Hermes bietet Beratung und Absicherungslösungen<br />

für Exporteure<br />

Michael Pahl<br />

Euler Hermes<br />

www.eulerhermes.de<br />

Foto: © AvigatorPhotographer von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

53<br />

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54 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Weltweit engagiert<br />

für den <strong>Mittelstand</strong><br />

Auslandsmärkte bieten für mittelständische Unternehmen attraktive<br />

Geschäftspotenziale. In Deutschland exportieren<br />

11 Prozent aller Unternehmen ins Ausland, 97 Prozent davon<br />

sind KMU. Wachstumsmärkte in Asien und Afrika, aber auch in Europa,<br />

bieten neben Geschäftschancen nach wie vor aber auch Risiken.<br />

Um hier erfolgreich zu sein, sind nicht nur Informationen über<br />

die Marktbedingungen vor Ort notwendig, sondern auch die Unterstützung<br />

durch kompetente Partner und das richtige Netzwerk.<br />

Als einziger Verband in Deutschland verfügt der BVMW neben seinem<br />

bundesweiten Beratungsnetzwerk von rund 300 regionalen Repräsentanten<br />

über ein weltweites Netzwerk an Auslandsbüros mit<br />

über 30 Repräsentanten in zentralen Wachstumsmärkten für den<br />

<strong>Mittelstand</strong>. Als Brücke zwischen Deutschland und dem jeweiligen<br />

Auslandsmarkt unterstützen die Auslandsrepräsentanten mit einem<br />

attraktiven Beratungs- und Serviceangebot BVMW-Mitglieder beim<br />

Auf- und Ausbau ihrer Geschäftstätigkeiten im Ausland und bieten<br />

Netzwerke mit zentralen Akteuren aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.<br />

Flankiert wird die Arbeit durch Kooperationsabkommen<br />

mit BVMW-Partnerverbänden in ausgewählten Ländern. Gleichzeitig<br />

vertritt der BVMW erfolgreich die politischen Interessen seiner<br />

Mitglieder, wo sonst niemand seine Stimme für den <strong>Mittelstand</strong> erhebt:<br />

in Berlin, Brüssel und weltweit.<br />

Die Repräsentanten der BVMW Auslandsbüros:<br />

Europa (Nord-, West-, Südeuropa)<br />

Italien Fabrizio Bianchi Schierholz n fabrizio-bianchi.schierholz@bvmw.de<br />

n italien@bvmw.de<br />

Italien Massimiliano Dott. Pifferi n massimiliano.pifferi@bvmw.de<br />

n italien@bvmw.de<br />

Luxemburg Martin Drescher n martin.drescher@bvmw.de<br />

n luxemburg@bvmw.de<br />

Schweiz Michael Schönberg n michael.schoenberg@bvmw.de<br />

n schweiz@bvmw.de<br />

Skandinavien Benny Egholm Sørensen n benny.soerensen@bvmw.de<br />

n skandinavien@bvmw.de<br />

Spanien/Portugal Ilídio César Ferreira n ilidio.ferreira@bvmw.de<br />

n spanien@bvmw.de<br />

n portugal@bvmw.de<br />

Türkei Wolfgang Wanja n wolfgang.wanja@bvmw.de<br />

n tuerkei@bvmw.de<br />

Foto: © Fourleaflover von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

55<br />

GUS/Südosteuropa/Osteuropa/Baltikum<br />

Albanien Stefan Wings n stefan.wings@bvmw.de<br />

n albanien@bvmw.de<br />

Estland Peter Voecks n peter.voecks@bvmw.de<br />

n estland@bvmw.de<br />

Rumänien Adina Utes n adina.utes@bvmw.de<br />

n rumaenien@bvmw.de<br />

Russland Elena Harrer n elena.harrer@bvmw.de<br />

n russland@bvmw.de<br />

Tschechien/<br />

Slowakei<br />

Martin Felenda<br />

n martin.felenda@bvmw.de<br />

n tschechien@bvmw.de<br />

n slowakei@bvmw.de<br />

Nord- und Südamerika<br />

Brasilien Ilka von Borries-Harwardt n ilka.vonborries-harwardt@bvmw.de<br />

n brasilien@bvmw.de<br />

Mexiko Thomas Wagner n thomas.wagner@bvmw.de<br />

n mexiko@bvmw.de<br />

USA Marion Dr. Bartels n marion.Bartels@bvmw.de<br />

n usa@bvmw.de<br />

Asien/Pazifik/Australien<br />

China Wenhai Wang n wenhai.wang@bvmw.de<br />

n china@bvmw.de<br />

Indien Daniel Raja n daniel.Raja@bvmw.de<br />

n indien@bvmw.de<br />

Indien Manoj Barve n manoj.barve@bvmw.de<br />

n indien@bvmw.de<br />

Indonesien Volker Bromund n volker.bromund@bvmw.de<br />

n indonesien@bvmw.de


56 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Indonesien Jochen Sautter n jochen.sautter@bvmw.de<br />

n indonesien@bvmw.de<br />

Japan Michael A. Müller n michael.mueller@bvmw.de<br />

n japan@bvmw.de<br />

Malaysia Niels Strohkirch n niels.Strohkirch@bvmw.de<br />

n malaysia@bvmw.de<br />

Südkorea Hwaseo Park n hwaseo.park@bvmw.de<br />

n korea@bvmw.de<br />

Arabischer Raum/Nahost<br />

Iran Alireza Dr. Azimzadeh n alireza.azimzadeh@bvmw.de<br />

n iran@bvmw.de<br />

Katar Alexander Hildebrand n alexander.hildebrand@bvmw.de<br />

n katar@bvmw.de<br />

Afrika<br />

Kamerun, Gambia<br />

und Länder der<br />

CEMAC-Region<br />

Joseph Lwanga<br />

Nguefack-Sonkoue<br />

n joseph.sonkoue@bvmw.de<br />

n kamerun@bvmw.de<br />

Kenia, Mauritius,<br />

Ruanda<br />

Torsten Töllner<br />

n torsten.toellner@bvmw.de<br />

n kenia@bvmw.de<br />

n mauritius@bvmw.de<br />

Marokko Rachid Eddouks n rachid.eddouks@bvmw.de<br />

n marokko@bvmw.de<br />

Nigeria, Tansania,<br />

Ghana<br />

Marc-Peter Zander<br />

n marc-peter.zander@bvmw.de<br />

n nigeria@bvmw.de<br />

n tansania@bvmw.de<br />

n ghana@bvmw.de<br />

Gut zu wissen<br />

Weitere Infos zu den Auslandsbüros unter:<br />

https://bvmw.info/auslandsbüros


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

57<br />

STEUERN AUF DEN PUNKT<br />

Investitionsfreundliches Umfeld<br />

in Entwicklungsländern schaffen<br />

Die Entwicklungsländer stehen vor großen finanziellen Herausforderungen,<br />

um die umfassenden Ziele der Agenda 2030<br />

der Vereinten Nationen erreichen zu können. Finanztransfers<br />

der Entwicklungszusammenarbeit werden diese Lücke nicht schließen<br />

können. Daher spielen Eigeneinnahmen und Privatinvestitionen<br />

in den Partnerländern eine immer größere Rolle, eingebettet in eine<br />

nachhaltige Finanzpolitik. Dies basiert auf der Annahme, dass Investitionen<br />

zu mehr Wachstum und Beschäftigung und zeitversetzt<br />

auch zu höheren Steuereinnahmen führen. <strong>Das</strong> Thema ist prominent<br />

im BMZ-Marshallplan mit Afrika und den Compacts with Africa der<br />

G20 verankert.<br />

Auch die Europäische Kommission möchte durch ihren „External Investment<br />

Plan“ Eigeneinnahmen und Investitionen in Partnerländern<br />

stärken. Als eine Voraussetzung für Investitionen von deutschen<br />

Unter nehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern gilt ein<br />

investi tionsfreundliches Umfeld. Hierzu zählen mehr Rechts- und<br />

Pla nungssicherheit in der Besteuerung, Steuervergünstigungen und<br />

Steueranreize.<br />

Steuerliche Hürden für Unternehmen<br />

Unter dem Motto „Besteuerung von deutschen Unternehmen in Entwicklungsländern<br />

– welche Rahmenbedingungen fördern Investitionen<br />

und schützen die Steuerbasis?“ fand vor kurzem ein Steuerworkshop<br />

in der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit<br />

(GIZ) in Zusammenarbeit mit dem BVMW in Eschborn statt.<br />

In der internationalen Steuer- und Entwicklungsdiskussion stellen<br />

sich folgende Fragen, die im Workshop diskutiert wurden:<br />

n Helfen einheitliche Standards bei der internationalen Unternehmensbesteuerung,<br />

einen verlässlichen Rahmen für Investoren zu<br />

schaffen?<br />

n Verfügen die Entwicklungsländer über ausreichende Kapazitäten,<br />

die geforderten Mindeststandards wirklich zu erfüllen?<br />

n Wie sind die aktuell auf der OECD-Ebene diskutierten Regeln<br />

der internationalen Digitalbesteuerung zu bewerten? Eröffnen<br />

sich hier Chancen für neue oder höhere Einnahmen in den Entwicklungs-<br />

und Schwellenländern?<br />

n Welche steuerlichen Hürden gibt es, und wie könnten sie überwunden<br />

werden?<br />

n Wie berechtigt ist die Furcht von Unternehmen vor Doppelbesteuerung?<br />

<strong>Der</strong> BVMW war im Steuerworkshop durch Experten gut vertreten: So<br />

nahm der stellvertretende Vorsitzende der Steuerkommission des<br />

BVMW Dr. Sebastian Krauß an der Paneldiskussion neben Vertretern<br />

der Robert Bosch GmbH, Boehringer, Merck, Knauf und der Deutschen<br />

Telekom teil.<br />

Gut zu wissen<br />

n <strong>Der</strong> BVMW erstellt eine Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse<br />

und Ergebnisse des Workshops, die in den nächsten Wochen<br />

für alle BVMW-Mitglieder erhältlich sein soll<br />

n <strong>Der</strong> Autor steht den Mitgliedern des BVMW gerne für Rückfragen zur<br />

Verfügung (E-<strong>Mai</strong>l: matthias.lefarth@bvmw.de)<br />

Matthias Lefarth<br />

BVMW Berater für Wissenschaft,<br />

Studien und Programme<br />

matthias.lefarth@bvmw.de


58 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Service für deutsche Unternehmen<br />

bei Investitionen in Afrika<br />

Die Organisation der Vereinten Nationen für Industrielle Entwicklung<br />

(United Nations Industrial Development Organization,<br />

UNIDO ITPO) ist eine Sonderorganisation der Vereinten<br />

Nationen, die integrative und nachhaltige industrielle Entwicklung<br />

fördert und beschleunigt, um absolute Armut zu beenden.<br />

Die UNIDO ITPO fördert nachhaltige Investitionen und den Technologietransfer<br />

deutscher Firmen in Entwicklungs- und Schwellenländern<br />

in folgenden Sektoren:<br />

n Energie- und Energieeffizienz<br />

n Agrobusiness<br />

n Infrastruktur<br />

n Moderne Produktion<br />

n Gesundheitswirtschaft<br />

Services für deutsche Unternehmen<br />

Vernetzung mit potenziellen Geschäftspartnern, Behörden, Beratern<br />

und professionellen Dienstleistern in Entwicklungs- und Schwellenländern,<br />

UNIDO ITPO Messe-Gemeinschaftsstände für deutsche<br />

Technologieanbieter auf Fachmessen in Deutschland und im Ausland,<br />

Beratung zu deutschen und internationalen Finanzierungsangeboten<br />

und Vernetzung mit privaten und öffentlichen Investoren.<br />

Services für Unternehmen aus Entwicklungsländern<br />

Vernetzung von Unternehmen und Vermarktung ihrer Investitionsprojekte<br />

bei deutschen Investoren und Technologieanbietern, B2B<br />

Meetings, Messe- und Firmenbesuche zur Förderung von Investitionen<br />

und Technologietransfer.<br />

Capacity Building für Partner in Entwicklungsländern<br />

Förderung von Markt- und Investitionsmöglichkeiten des jeweiligen<br />

Landes in Deutschland, strategische Partnerschaften mit Investitionsförderungsagenturen,<br />

Verbänden und anderen Wirtschaftsförderorganisationen,<br />

Trainings und Seminare zur Investitionsförderung, Messebeteiligungen<br />

und Firmenbesuche (ITPO Delegate Programme).<br />

Gut zu wissen<br />

Kontakt: UNIDO Investment and Technology Promotion Office (ITPO)<br />

Germany, Platz der Vereinten Nationen 1, 53113 Bonn, Deutschland<br />

Tel.: <strong>02</strong>28 / 815-0550<br />

itpo.germany@unido.org<br />

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DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SCHWERPUNKT<br />

59<br />

Indischer Recycling-Markt und<br />

die Chancen für KMU<br />

<strong>Der</strong> aufstrebende indische Abfall- und Recycling-Markt bietet<br />

für deutsche KMU der Recycling- und Entsorgungsbranche<br />

großes Potenzial. Dies wurde auf einer Informationsveranstaltung<br />

deutlich, die der BVMW im Auftrag des Bundesministeriums<br />

für Wirtschaft und Energie mit dem bvse-Bundesverband Sekundärrohstoffe<br />

und Entsorgung durchgeführt hat. Auf der Veranstaltung<br />

gab Konsulin Ruby Jaspret den Vertretern mittelständischer<br />

Unternehmen einen Überblick zu den wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen<br />

in Indien. bvse-Hauptgeschäftsführer Eric Rehbock<br />

machte deutlich, wo die Probleme liegen und wo Lösungen<br />

ansetzen müssen. <strong>Der</strong> überwiegende Teil der gesammelten Abfälle<br />

werde nämlich deponiert. Deshalb habe die Bevölkerung mit hohen<br />

Umwelt- und Klimabelastungen und entsprechendem Gefährdungspotenzial<br />

zu kämpfen. Die Abfälle, die recycelt werden,<br />

stammen überwiegend von privaten Sammlungen in den Ballungsräumen.<br />

Im ländlichen Raum seien Entsorgungsstrukturen nach wie<br />

vor Mangelware.<br />

Bereits 2014 hat der indische Premierminister Narendra Modi die<br />

Kampagne „Swachh Bharat“ mit dem Ziel gestartet, die Infrastruktur<br />

sowie die Umwelt- und Entsorgungssituation für die Bevölkerung zu<br />

verbessern. In dem 5-Jahres-Programm sollten allein 99 Millionen<br />

Euro zum Aufbau systematischer Strukturen zur Entsorgung, Wiederverwendung<br />

und Recycling fester Siedlungsabfälle investiert werden,<br />

erläuterte Brijesh Patel, Head of Working Group India der German<br />

RETech Partnership, Berlin.<br />

Im Anschluss gingen zahlreiche Speaker auf Investitionschancen für<br />

deutsche KMU im indischen Abfall- und Recyclingmarkt ein.<br />

Freuen sich über eine gelungene gemeinsame Informationsveranstaltung<br />

v. li.: Eric Rehbock, bvse; Dorothea Mertes, BVMW; Dr. Amiya<br />

Kumar Sahu, NSWAI, Brijesh Patel, German RETech Partnership, und<br />

Daniel Raja, BVMW Indien.<br />

Michaela Ziss<br />

Pressereferentin des bvse<br />

www.bvse.de<br />

Diplomatische Frühstücke – wertvolle<br />

Informationen aus erster Hand<br />

Foto: Foto: © © NN BVMW; Annemarie Thiede/BVMW<br />

Nationale Alleingänge und politische Konflikte prägen zunehmend<br />

nicht nur die Beziehungen der internationalen Politik,<br />

sondern wirken sich auch negativ auf den Zustand der ohnehin<br />

geschwächten Weltwirtschaft aus. Umso wichtiger ist es, bestehende<br />

Bündnisse mit den Partnern der mittelständischen Wirtschaft<br />

in Europa und der Welt zu pflegen und neue Allianzen zu schmieden.<br />

Deshalb lädt der BVMW seit 2019 regelmäßig zur Veranstaltungsreihe<br />

Diplomatische Frühstücke ein. Gemeinsam mit den Botschafterinnen<br />

und Botschaftern der größten und vielversprechendsten<br />

Industrie- und Schwellenländer wird diskutiert, welche wirtschaftlichen<br />

Chancen sich für das Auslandsgeschäft kleiner und mittlerer<br />

Unternehmen ergeben und wie die bestehende Zusammenarbeit mit<br />

dem deutschen <strong>Mittelstand</strong> ausgebaut werden kann. So können die<br />

Teilnehmer aus erster Hand von den wirt schaftlichen und politischen<br />

Erfolgsrezepten der Partnerländer des BVMW erfahren und erhalten<br />

wichtige Informationen.<br />

Bisher haben Treffen mit den Botschaftern der Türkei, Südkoreas, Japans,<br />

Spaniens und der Schweiz in der BVMW-Bundeszentrale stattgefunden<br />

– weitere Gespräche, unter anderem mit dem vietname­<br />

Zu Gast in der BVMW-Bundeszentrale: Paul R. Seger (re.), Schweizerischer<br />

Botschafter in der Bundesrepublik Deutschland, mit Mitarbeitern.<br />

sischen und malaiischen Botschafter, werden in Kürze folgen.<br />

Bei Fragen zu den Diplomatischen Frühstücken wenden Sie sich gerne<br />

an politik@bvmw.de


60 SCHWERPUNKT<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

AUSSENWIRTSCHAFT IN ZAHLEN<br />

1.317 000 000 000<br />

Euro – darauf beliefen sich insgesamt die Exporte der deutschen Wirtschaft im Jahr 2018. Die Importe betrugen für dasselbe Jahr<br />

1.089 Milliarden. Hieraus ergibt sich ein Exportüberschuss von 229 Milliarden Euro.<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

28<br />

68<br />

Prozent der Arbeitsplätze in Deutschland sind direkt und/oder<br />

indirekt abhän gig vom Außenhandel, 56 Prozent sind es gar im<br />

Verarbeitenden Gewerbe.<br />

Quelle: BMWi<br />

Prozent der deutschen Exporte gingen in die europäischen Nachbarländer.<br />

<strong>Der</strong> gleiche Wert gilt auch für die Importe aus dem<br />

EU-Ausland.<br />

Quelle: BMWi<br />

230,51<br />

Milliarden Euro – damit machen Kraftwagen<br />

und Kraftwagenteile die größten<br />

Exporte der deutschen Wirtschaft aus.<br />

Mit 195,09 Milliarden Euro folgen Maschinen<br />

und chemische Erzeugnisse mit<br />

118,46 Milliarden.<br />

Quelle: statista<br />

1.560,82<br />

Prozent ihrer Vorleistungen beziehen mittelständische<br />

Unternehmen des Verarbeitenden<br />

Gewerbes aus dem Ausland (gesamtes Verarbeitendes<br />

Gewerbe 30,1 Prozent). Bei den<br />

mittelständischen unternehmensnahen Dienstleistern<br />

liegt dies bei 12,2 Prozent (gesamte<br />

unternehmensnahe Dienstleister 13,3 Prozent).<br />

Quelle: kfw<br />

19,2<br />

Milliarden US-Dollar – damit liegt Deutschland auf Platz 3 der<br />

größten Exportländer. Angeführt wird diese Liste von China<br />

(2.487,05 Milliarden US-Dollar), gefolgt von den USA (1.664,09<br />

Milliarden US-Dollar).<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt<br />

82,9<br />

Prozent<br />

der mittelständischen Industrieunternehmen<br />

verfügen über Kunden oder<br />

Lieferanten im europäischen Ausland<br />

(bei den unternehmensnahen Dienstleistern<br />

liegt dieser Anteil immerhin noch bei<br />

49,9 Prozent). Bei 72 Prozent der Unternehmen<br />

liegen vor allem Kundenbeziehungen<br />

nach Westeuropa vor.<br />

Quelle: kfw<br />

11<br />

Prozent aller deutschen Unternehmen exportieren,<br />

davon sind 97 Prozent kleine und mittlere<br />

Unternehmen.<br />

Quelle: BMWi


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BWS<br />

61<br />

Bundeswirtschaftssenat<br />

Bundeswirtschaftssenat<br />

<strong>Der</strong> <strong>Der</strong> Bundeswirtschaftssenat ist das ist Spitzengremium das Spitzengremium des BVMW.<br />

Ihm gehören des 230 BVMW. herausragende Ihm gehören Unternehmerpersönlichkeiten 230 herausragende an,<br />

Unternehmerpersönlichkeiten an, darunter vier deutsche<br />

darunter vier deutsche Nobelpreisträger und zahlreiche<br />

Nobelpreisträger und zahlreiche Marktführer.<br />

Marktführer. Die inhabergeführten Die inhabergeführten Unternehmen Unternehmen stehen stehen für einen für einen<br />

Jahresumsatz von circa von circa 100 Milliarden 100 Milliarden Euro und Euro rund und 1 Million rund<br />

eine Million Arbeitsplätze. Arbeitsplätze.<br />

In dieser Ausgabe von „<strong>Der</strong> Bundeswirtschaftssenat im Dialog“<br />

erzählt Martin Billhardt, In Vorstandvorsitzender dieser Ausgabe von der Pfisterer Holding AG,<br />

„<strong>Der</strong> Bundeswirtschaftssenat im Dialog“:<br />

wie die traditionsreiche Firma mit dem steten Wandel in der<br />

Energiebranche umgeht.<br />

Dr. Ralph Bartmuß, Geschäftsführer der<br />

Steuerberatungsgesellschaft euroes GmbH, weiß,<br />

Stephan wie Frigge, steuerberaterliche Geschäftsführer Tätigkeit von Phoenix mit Contact, struktureller erläutert,<br />

vor Unternehmensberatung welchen Herausforderungen in einem der Weltmarktführer Unternehmen im erfolgreich<br />

Bereich der<br />

Elektrotechnik steht verbunden stellt werden die Arbeitskultur kann. in seinem<br />

Unternehmen vor.


62 BWS<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

DR. RALPH BARTMUSS<br />

eureos gmbh steuerberatungsgesellschaft<br />

rechtsanwaltsgesellschaft<br />

Foto: © NN


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BWS<br />

63<br />

„Nahezu jeder Fall ist<br />

ein besonderer“<br />

Vor gut zehn Jahren als Beratungsunternehmen von Rechtsanwälten, Steuerberatern und<br />

Wirtschaftsprüfern gegründet, ist eureos längst in der Beratungsbranche etabliert. <strong>Der</strong> Schlüssel<br />

zum Erfolg liegt dabei in der individuellen Beratung der Mandanten, weiß Geschäftsführer<br />

Dr. Ralph Bartmuß.<br />

Foto: © eureos GmbH<br />

Prof. Dr. Jo Groebel: Herr Dr. Bartmuß, Sie haben mit Ihrer Rechtsund<br />

Steuerberatungsgesellschaft eureos ein großes Portfolio, ein<br />

großes Spektrum von Leistungen und das für viele Branchen. Haben<br />

Sie einen besonderen Schwerpunkt?<br />

Dr. Ralph Bartmuß: Wir sind natürlich im Kern als Rechts- und Steuerberater<br />

mit dem Schwerpunkt Unternehmen tätig und als solcher<br />

selbst eine Art kleiner Konzern. Ich selbst habe einen juristischen<br />

Hintergrund mit Studium unter anderem in Halle und Berlin, bin aber<br />

inzwischen auch sehr stark spezialisiert auf alles, was die Steuer rund<br />

um die Öffentliche Hand und verwandte Themen angeht, so Krankenhäuser,<br />

Hochschulen, Pflegeheime.<br />

Spielt in diesem Zusammenhang auch das eine Zeitlang sehr intensiv<br />

propagierte Prinzip von Private-Public-Partnership eine Rolle?<br />

Private-Public-Partnerships, also öffentlich-private Partnerschaften,<br />

waren zum Zeitpunkt unserer Gründung vor rund zehn Jahren, als ich<br />

von Ernst & Young kam, hier in der Region rund um Dresden definitiv<br />

ein Thema. Damals ging es darum, massiv private Investitionen im<br />

öffentlichen Interesse zu fördern und einzuwerben, um die Haushalte<br />

kurzfristig zu entlasten. Heute ist dieses Thema eher vom Tisch.<br />

Faszinierend finde ich in Ihrer Firma die Verbindung aus Steuer-,<br />

Rechts- und struktureller Unternehmensberatung. Wie viele Mitarbeiter<br />

sind bei Ihnen mit all diesen Fragen befasst?<br />

Knapp 120 Mitarbeiter wirken unter unserem Unternehmensdach,<br />

davon etwa ein Drittel Berufsträger mit entsprechenden steuer- oder<br />

rechtsberatenden Abschlüssen. Im Schnitt sieht bei anderen die Relation<br />

eher eins zu zehn aus, wir haben also einen besonders hohen<br />

akademischen Fachanteil unter den Kollegen. Zusammen erzielen wir<br />

einen Jahresumsatz von etwa zehn Millionen Euro.<br />

Bei aller bundesweiten und internationalen Aktivität haben Sie auch<br />

einen starken Fokus auf die Region, besonders in Sachsen …<br />

Die Mischung aus Überregional und Regional hängt sicherlich mit der<br />

Tatsache zusammen, dass viele unserer Partner von den Big Four<br />

stammen, so KPMG oder in meinem Fall Ernst & Young, also eine länderübergreifende<br />

Ausrichtung gewohnt waren. Heute sprechen wir<br />

über ein Verhältnis von rund 50 Prozent regionaler und 50 Prozent<br />

überregionaler Tätigkeit. Es hängt sehr stark von der jeweiligen von<br />

uns beratenen Branche ab. Wichtig ist uns in jedem Fall der direkte<br />

Kontakt, die geographische Nähe zum Mandanten wo irgend möglich.<br />

Wie spiegelt sich das in Ihren Dependancen wider?<br />

Ausgangspunkt waren Dresden und Leipzig. Inzwischen sind wir auch<br />

in Chemnitz und Magdeburg vertreten, sondieren zugleich, wo weitere<br />

Gründungen sinnvoll sein könnten, zum Beispiel in Erfurt, Jena oder<br />

Berlin. Es geht immer auch um das Finden geeigneter und persönlich<br />

passender Kollegen vor Ort.<br />

Stimmen Ihrer Meinung nach die oft behaupteten Unterschiede zwischen<br />

Ost und West, nicht zuletzt hinsichtlich der Unternehmenskulturen<br />

beim <strong>Mittelstand</strong> und bei Unternehmensnachfolge?<br />

In Westdeutschland hatte es seit vielen Jahrzehnten kaum politische<br />

Brüche bei der Fortführung eines Unternehmens gegeben. In Ostdeutschland<br />

konnte diese mögliche Tradition von Familienunternehmen<br />

erst wieder vor 30 Jahren beginnen beziehungsweise aufleben.<br />

Zugleich hat sich aber auch die Gesamtkultur verändert, die Kinder<br />

steigen nicht mehr selbstverständlich ins elterliche Unternehmen ein.<br />

Also gibt es hier aus mehreren Gründen immer noch einen deutlichen<br />

Unterschied in den Familientraditionen. Im Osten fällt der Nachfolgegeneration<br />

das Beschreiten eines eigenen Weges und zum Beispiel<br />

ein Firmenverkauf noch leichter als im Westen. Nicht unbedingt<br />

schön für Kontinuität und die Beratung rund um solide Strukturen.<br />

Auch deshalb mangelt es in der Region an der selbstverständlichen<br />

Ansiedlung von Hauptsitzen großer Mittelständler.<br />

Immerhin entstanden nach der Vereinigung vor Ort zahlreiche Unternehmungen,<br />

die man heute als Start-ups bezeichnen würde. Wie<br />

sieht Ihr eigenes persönliches Metier aus, eher Kontinuität oder<br />

ständige Brüche?<br />

Nehmen wir meinen Schwerpunkt, die Öffentliche Hand. Da sprechen<br />

wir bei aller Veränderungsoffenheit doch eher von einer ziemlich kontinuierlichen<br />

Ausgangsstruktur und Weiterentwicklung. Insgesamt<br />

also ein sicherer Hafen. Selbstverständlich schließt das immer wieder<br />

neue Herausforderungen mit ein. So war vor mehr als zehn Jahren<br />

das Thema Körperschaftsteuer bei den Kommunen kaum auf dem<br />

Tisch, das sieht heute anders aus, Wettbewerb ist inzwischen ein<br />

wichtiger Faktor geworden. Jedenfalls hat die Besteuerung öffentlicher<br />

Einrichtungen nochmals immens an Bedeutung und Reichweite<br />

zugenommen.<br />

Vor wenigen Jahrzehnten war das Gebot der Stunde die Privatisierung<br />

fast aller Öffentlichkeitsbereiche wie Bahn, Post, Telekommunikation.<br />

Inzwischen gibt es in einigen Feldern die gegenläufige Tendenz.<br />

Völlig richtig. In der Abfallwirtschaft zum Beispiel wird zum Teil sehr


64 BWS<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Dr. Ralph Bartmuß im Teamgespräch.<br />

stark rekommunalisiert. Auch Stadtwerke versucht man zurückzugewinnen,<br />

einerseits wegen der laufenden Einnahmemöglichkeiten, andererseits<br />

auch, um wieder Einfluss auf die öffentliche Infrastruktur<br />

nehmen zu können.<br />

Von der Kommune zum Internationalen. Auch hier sind Sie aktiv …<br />

Ja, vor allem mit unserem grenzüberschreitenden Netzwerk IR Global.<br />

Möchte zum Beispiel ein Mandant eine Dependance in Hongkong<br />

gründen, können wir u. a. in Fragen des dortigen Steuerrechts auf diese<br />

Kooperation zurückgreifen. Nicht ganz unwichtig, wenn es darum<br />

geht, in welchem Land im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten die<br />

Steuern zu entrichten sind.<br />

Wieviel Auslegungs- und damit Verhandlungsspielraum zwischen<br />

Unternehmen, Ihnen und den Steuerbehörden ist die Regel?<br />

Nahezu jeder Fall ist ein besonderer. Schon deshalb ist auch bereits<br />

in der Planungsphase von Firmenkonstruktionen oder -umbauten<br />

unsere Beratung jenseits reiner Steuererklärungen so wichtig. Schablone<br />

funktioniert nicht. Erst recht nicht bei grenzüberschreitenden<br />

Konstellationen.<br />

Berühmt-berüchtigt sind die steuergünstigsten Unternehmenssitze<br />

der größten amerikanischen Digitalkonzerne, nehmen wir das Beispiel<br />

Irland. Gibt es auch für größere Mittelständler diesbezüglich<br />

Spielräume?<br />

Rein juristisch steht es natürlich jedem offen. Meine Erfahrung ist<br />

aber, dass beim <strong>Mittelstand</strong> doch eher die regionale Verankerung<br />

die Regel ist. Auch wenn kurzfristig vielleicht hin und wieder der Gewinn<br />

durch Verlagerung ins Ausland maximiert werden könnte, sind<br />

steuerliche Aspekte bei der strategischen Ausrichtung im <strong>Mittelstand</strong><br />

zum Glück nicht alleinentscheidend. Vielmehr ist die regionale Verwurzelung<br />

ja eine der Stärken des deutschen <strong>Mittelstand</strong>s und Basis<br />

für sein hohes Ansehen.<br />

Gibt es Länder, von denen sich die deutsche Steuergesetzgebung<br />

und die Exekutive eine Scheibe abschneiden könnten?<br />

Sorgen mache ich mir in Deutschland eher über manche politischen<br />

Pläne, bei denen eine Verschärfung der Vermögensteuer besonders<br />

unter Mittelständlern dazu führen würde, dass viel Substanz aus den<br />

Unternehmen gezogen wird.<br />

Wie sehen Sie die Rolle des BVMW im Verhältnis zwischen <strong>Mittelstand</strong><br />

und Politik?<br />

<strong>Der</strong> Verband ist ein absoluter Glücksfall für die mittelständische Wirtschaft.<br />

Einerseits nahe an der täglichen Firmenpraxis, andererseits<br />

eng verbunden mit den Spitzen der deutschen und internationalen<br />

Politik. <strong>Das</strong> funktioniert auch deshalb so gut, weil ein Mario Ohoven<br />

mit Leib und Leben seine Position ausfüllt und eben nicht nur ein vorübergehend<br />

aktiver Funktionär ist.<br />

VITA<br />

Dr. Ralph Bartmuß, Jahrgang 1966, studierte Rechtswissenschaften<br />

sowie Mittlere und Neuere Geschichte in Halle/Saale<br />

und Berlin. Nach einer Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

bei Prof. Dr. Donath, M.C.J. (Austin) an der Universität Halle<br />

war er ab 1998 in der Steuerabteilung von Arthur Andersen in<br />

Dresden tätig. 20<strong>02</strong> wechselte er zu Ernst & Young und spezialisierte<br />

sich auf die Beratung von Unternehmen der Öffentlichen<br />

Hand. Im Jahr 2000 promovierte er an der Humboldt-Universität<br />

zu Berlin zum Dr. iur., 2004 wurde er zum Steuerberater<br />

bestellt. Seit 2010 ist er Partner der eureos gmbh steuerberatungsgesellschaft<br />

rechtsanwaltsgesellschaft. Privat gehören<br />

für den Vater von vier Kindern neben Windsurfen und Alpinski<br />

vielfältigste Konzertbesuche zu seinen Vorlieben.<br />

Foto: © eureos GmbH


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0 BWS 65<br />

Zurück zu Ihrem Unternehmen. Woher stammt der Name Ihrer Firma,<br />

eureos?<br />

Zunächst nannten wir uns eos, nach der griechischen Göttin der Morgenröte.<br />

Etliche von uns kamen von Ernst & Young, und wir wollten zu<br />

neuen beruflichen Ufern aufbrechen, zugleich aber anders als einige<br />

Großen der Branche im Osten bleiben, da passte der Sonnenaufgang<br />

ganz gut.<br />

Welche Rolle spielt interne Ausbildung in Ihrem Unternehmen?<br />

Da wir einen überdurchschnittlich hohen Anteil an akademisch qualifizierten<br />

Kollegen und Partnern und vor allem Berufsträgern haben,<br />

obliegt die Bildung und Weiterbildung eher der individuellen Karriereplanung.<br />

Wir müssen von der jeweils höchsten Kompetenz- und Qualifikationsstufe<br />

schon von vornherein ausgehen. Selbstverständlich<br />

aber tauschen wir uns ständig über neueste Entwicklungen in Branchen,<br />

Praxis und Gesetzgebung aus.<br />

Wie wichtig ist die Digitalisierung, wie sie inzwischen schon seit<br />

Jahrzehnten für den öffentlichen Raum mit dem Stichwort e-Government<br />

beschworen, aber in Deutschland noch nicht konsequent<br />

realisiert wurde?<br />

Selbstverständlich sind Buchhaltung und alle steuerlich relevanten<br />

Erklärungen und Bescheide schon seit langer Zeit digitalisiert und<br />

online üblich. Individuelle Beratung und Strukturierung allerdings, wie<br />

sie bei uns die Regel sind und sein müssen, nutzen das ganze Spektrum<br />

der digitalen Welt, sind aber eben nicht dadurch ersetzbar. Wir<br />

investieren massiv in die Digitalsysteme. Endgültige Analysen und<br />

Empfehlungen können wir aber immer noch nur persönlich und individuell<br />

abgeben.<br />

Foto: © eureos GmbH<br />

Künstliche Intelligenz ist also noch nicht der neue, gar bessere Anwalt<br />

oder Steuerberater?<br />

Wir und erst recht etliche Großkanzleien experimentieren punktuell<br />

sehr wohl damit und loten Chancen und Grenzen aus. Ich gehe davon<br />

aus, dass KI oberhalb einer bestimmten Skalierbarkeit in unserem<br />

Metier eines Tages sehr wichtig sein wird oder auch bei kleinteiligen,<br />

standardisierten Abläufen. Grosso modo aber ist schon ab einer mittleren<br />

Komplexitätsstufe die individuelle Beratung zentral. Mandantenbeziehungen,<br />

aber auch die Gespräche mit den Behördenvertretern<br />

leben in nicht geringem Maße von Vertrauen, der sozialen Situation, ja<br />

selbst Stimmungen. Auch rechtliche und steuerliche Verhandlungen<br />

beziehungsweise Entscheidungen sind keine durch und durch harte<br />

Wissenschaft. <strong>Der</strong> menschliche Faktor spielt immer eine Rolle.<br />

Sie selbst sind in diesem Zusammenhang in der Mendelssohn-Stiftung<br />

in Leipzig aktiv …<br />

Es verbindet das Angenehme mit dem Ethischen und Nützlichen. Angenehm<br />

ist der Austausch mit inspirierenden Menschen aus der Region,<br />

ethisch ist es gut für die verschiedenen gesellschaftlichen und<br />

regionalen Akteure durch Förderung oder die Preisvergabe für herausragende<br />

Leistungen. Nützlich ist es auch, weil man auf Mandanten,<br />

Auftraggeber und Partner trifft.<br />

Haben Sie neben all dem noch Zeit für private Aktivitäten?<br />

Als Vater von vier Kindern gebührt ein Teil meiner Zeit natürlich der<br />

Familie. Ab und zu spiele ich noch Golf.<br />

Herzlichen Dank für das angenehme Gespräch.<br />

eureos-Standort in Leipzig im historischen Messehaus Specks Hof.<br />

<strong>Das</strong> Gespräch führte der Medienexperte<br />

Prof. Dr. Jo Groebel<br />

eureos gmbh steuerberatungsgesellschaft<br />

rechtsanwaltsgesellschaft<br />

Rechtsform: GmbH<br />

Gründung: 2009/2010<br />

Sitz: Dresden, Leipzig, Chemnitz, Magdeburg<br />

Geschäftsführer: Dr. Ralph Bartmuß, Arell Buchta, Sören Münch<br />

Mitarbeiter: 118, davon 38 Berufsträger<br />

Gruppenumsatz: circa 10 Millionen Euro<br />

Branche: Steuerberatung, Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung,<br />

Corporate Finance Beratung<br />

Webseite: www.eureos.de


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900.000 Mitgliederstimmen aus der Mittelsstandsallianz – und<br />

gibt die Vorteile an Sie und die anderen Inhaber der BVMW<br />

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68 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Service<br />

UNTERNEHMERPREISE<br />

Es gibt viele Gründe, sich mit anderen Unternehmen in einem<br />

Wettbewerb zu messen: gute Presse, individuelle Förderung,<br />

Kontakte knüpfen und, nicht zu vergessen, das Preisgeld. Hier<br />

stellen wir Ihnen drei der aktuellen Unternehmerpreise vor.<br />

Deloitte zeichnet auch 2<strong>02</strong>0 wieder die 50 am schnellsten<br />

wachsenden Unternehmen im Technologiesektor aus. <strong>Der</strong><br />

Award prämiert neben wachsenden Technologieunternehmen,<br />

gemessen am Umsatzwachstum in den letzten vier Jahren,<br />

auch Start-ups und Scale-ups in der Kategorie Innovation<br />

und Herausforderung. Mitmachen können Unternehmen, die<br />

seit mindestens vier Jahren bestehen und ihren Hauptsitz in<br />

Deutschland haben.<br />

Die Bewerbungsfrist beginnt am 01. <strong>April</strong> 2<strong>02</strong>0.<br />

www.deloitte.com/de<br />

Technology Fast 50 Award<br />

Gut beraten in die Zukunft<br />

Demografischer Wandel, krankheitsbedingte Engpässe oder Nachwuchsmangel<br />

– die personellen Anforderungen an Unternehmen<br />

sind vielfältig. Es gilt, Neues zu wagen und Räume zu schaffen, in<br />

denen Unternehmen gemeinsam mit ihren Beschäftigten Innovations-<br />

und Lernprozesse anstoßen können. Für Unternehmen<br />

mit weniger als 250 Beschäftigten stehen über unternehmens-<br />

Wert:Mensch und unternehmensWert:Mensch plus bis zu<br />

80 Prozent Förderung – unter anderem in den Bereichen Führung,<br />

Chancengleichheit und Diversität, Digitalisierung der Arbeitswelt<br />

und Gesundheit – zur Verfügung.<br />

Unser Mitglied Ilona Vogel ist zertifizierte Beraterin für die genannten<br />

Förderprogramme. Nutzen Sie die Chance der Förderung, um<br />

Ihr Unternehmen für die Zukunft fit zu machen.<br />

Weitere Infos: info@ilona-vogel.de<br />

Bundespreis Ecodesign 2<strong>02</strong>0<br />

Digitalisierung beginnt im Kopf<br />

<strong>Der</strong> vom Bundesumweltministerium und dem Umweltbundesamt<br />

ausgelobte Bundespreis Ecodesign zeichnet nachhaltige<br />

und herausragend gestaltete Produkte, Dienstleistungen und<br />

Konzepte aus. Bewerben können sich Unternehmen aller Größen<br />

und Branchen, Designerinnen und Designer sowie Studierende,<br />

die durch innovative Ideen in den vier ausgeschriebenen Kategorien<br />

Produkt, Service, Konzept und Nachwuchs glänzen. Bei der<br />

Bewertung stehen Innovationsgehalt, Gestaltungsqualität und<br />

Umwelteigenschaften im Vordergrund.<br />

Die Bewerbungsfrist endet am 06. <strong>April</strong> 2<strong>02</strong>0.<br />

www.bundespreis-ecodesign.de<br />

<strong>Der</strong> Darboven IDEE-Förderpreis ist eine deutschlandweite<br />

Auszeichnung, an der nur Frauen teilnehmen können. <strong>Der</strong> Fokus<br />

liegt auf innovativen Ideen und Unternehmensgründungen von<br />

Frauen. Bewertet wird nach Business-Konzept, Innovationsgrad<br />

der Geschäftsidee und dem persönlichen Engagement.<br />

Teilnehmen können Gründerinnen mit erfolgversprechenden<br />

Business-Konzepten aus allen Wirtschaftsbereichen.<br />

Die Bewerbungsfrist endet im Juli 2<strong>02</strong>0.<br />

www.darboven.com<br />

Darboven IDEE-Förderpreis<br />

Wer die digitale Transformation lediglich zu einer Frage der<br />

Technik macht und an die IT-Abteilung delegiert, begeht einen<br />

Fehler. Denn beim digitalen Wandel spielt die Unternehmenskultur,<br />

das „Digital Mindset“ von Geschäftsleitung und Mitarbeitern,<br />

eine Schlüsselrolle. Die gute Nachricht: <strong>Das</strong> digitale<br />

Mindset kann gezielt entwickelt werden – mit dem Digital<br />

Competence Indicator (DCI) der Onestoptransformation AG.<br />

Bei einer Standortanalyse wird zunächst ermittelt, wo die Mitarbeiter<br />

in der Transformation zurzeit stehen. Auf dieser Basis<br />

erhalten die Mitarbeiter dann gezielte Entwicklungsangebote<br />

und werden über individuelle Lernpfade auf den Weg des Wandels<br />

mitgenommen.<br />

www.onestoptransformation.com<br />

Fotos: © FredFroese von www.istockphoto.com; © metamorworks von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SERVICE<br />

69<br />

Kostenloser Check: Kompass für die<br />

Unternehmenszukunft<br />

Fotos: © Betonwerk Büscher GmbH & Co. KG; © NicoElNino von stock.adobe.com; © Graphic farm von www.shutterstock.com<br />

<strong>Das</strong> Audit Zukunftsfähige Unternehmenskultur der Initiative Neue<br />

Qualität der Arbeit (INQA) unterstützt mittelständische Unternehmen<br />

dabei, ihre Mitarbeiter lang- und mittelfristig zu binden. Am Anfang<br />

des Projekts steht eine Mitarbeiterbefragung, die den Ist-Stand im<br />

Unternehmen deutlich macht. Nach der Auswertung erarbeiten<br />

Mitarbeiter und Geschäftsführung gemeinsame Maßnahmen in den<br />

Feldern Führung, Gesundheit und Wissen und Kompetenz. Diese<br />

müssen binnen zwei Jahren umgesetzt werden – verbindlich und<br />

damit nachhaltig. Gefördert wird die Maßnahme vom<br />

Bundesministerium für Arbeit und Soziales.<br />

www.inqa-audit.de<br />

Wie nachhaltig ist<br />

Ihr Unternehmen?<br />

Mit dem Projekt „<strong>Mittelstand</strong>.Ressource“ bieten der BVMW und<br />

das Fraunhofer IPK kleinen und mittleren Unternehmen einen<br />

Einstieg ins strategische Nachhaltigkeitsmanagement. Durch<br />

einen auf die Bedürfnisse des <strong>Mittelstand</strong>s zugeschnittenen<br />

Fragenkatalog können Sie Ihre Stärken und Schwächen im<br />

Bereich der Nachhaltigkeit analysieren, sich branchenintern<br />

vergleichen und Handlungsmöglichkeiten identifizieren. Im<br />

Anschluss an die Erhebung erhalten Sie einen kostenlosen<br />

Benchmarking-Bericht. Durch die Förderung von der Deutschen<br />

Bundesstiftung entstehen teilnehmenden Unternehmen<br />

keine Kosten.<br />

www.mittelstand-nachhaltig.de<br />

An „Bürokratie-Therapie“ beteiligen<br />

Seit dem Jahr 2006 vergibt die Werner Bonhoff Stiftung aus Berlin<br />

den mit 50.000 Euro dotierten „Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-<br />

§§-Dschungel“. Mit diesem werden unternehmerische Menschen<br />

gewürdigt, die mit ihren Bürokratie-Erfahrungen Missstände sichtbar<br />

machen und damit einen Wandel fordern. Die Praxisberichte sind<br />

das Fundament des Mitmach-Projekts „Bürokratie-Therapie“. <strong>Das</strong><br />

Stiftungsteam prüft die Berichte, bereitet sie fachgerecht auf und<br />

veröffentlicht sie nach erteilter Freigabe in der Online-Fallsammlung<br />

– dem Herzstück des Projektes.<br />

Interessenten können sich mit einem Praxisfall am Mitmachprojekt<br />

„Bürokratie-Therapie“ beteiligen.<br />

www.werner-bonhoff-stiftung.de<br />

Digitaler Arbeitsplatz leicht gemacht<br />

Digitalisierung bedeutet für den <strong>Mittelstand</strong> ein großes Effizienzversprechen.<br />

Unser Mitglied humbee solutions GmbH aus Meerbusch<br />

(NRW) unterstützt seine Klienten auf dem Weg zu New Work und<br />

bietet mit der Anwendungsplattform „humbee“ einen digitalen<br />

Arbeitsplatz an, der 2018 mit dem Mobility Summit Award sowie<br />

dem Innovationspreis IT ausgezeichnet wurde. <strong>Der</strong> integrative Ansatz<br />

für Zusammenarbeit und Prozessoptimierung richtet sich im<br />

Besonderen an kleine und mittlere Unternehmen und unterstützt<br />

Dank großer Benutzerfreundlichkeit die Digitalisierung<br />

im <strong>Mittelstand</strong>.<br />

www.humbee.de<br />

Ökologische Baumschule<br />

<strong>Das</strong>s sich Ökonomie und Ökologie miteinander versöhnen<br />

lassen, zeigt BVMW- Mitglied Betonwerk Büscher GmbH & Co.<br />

GmbH. Mit dem Marktauftritt der Wohnmodule von „Solid.box“<br />

stellt der Mittelständler aus Heek (NRW) dem konventionellen<br />

Bau eine hochinnovative Alternative zur Seite. Die einzelnen<br />

Gebäudemodule aus Smartbeton werden im eigenen Werk hergestellt,<br />

nach Kundenwunsch konfiguriert und vor Ort aufgestellt.<br />

Dieses Verfahren sorgt für eine enorme Verkürzung der<br />

Bauzeit. Zum anderen ist die ökologische Wiederverwertbarkeit<br />

des Smartbetons sichergestellt, der zu 100 Prozent recycelbar<br />

und absolut nachhaltig ist. Die Heeker setzen damit in<br />

Zeiten von Klimadebatte und grassierender Wohnungsknappheit<br />

ein Zeichen, wie man den urbanen<br />

Wandel ökologisch kompetent gestalten kann.<br />

www.solid-box.de<br />

Schnell und ökologisch gebaut mit Smartbeton.


70 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Vorsicht: Phishing!<br />

Im Fadenkreuz von Cyberkriminellen stehen mittelständische Unternehmen. Die Angreifer<br />

werden immer perfider und richten immer größere Schäden an.<br />

Phishing kann auch dazu genutzt werden, um beim Nutzer ein bestimmtes<br />

Verhalten herbeizuführen, etwa die Überweisung einer<br />

Geldsumme unter einem falschen Vorwand, zum Beispiel mit einer<br />

vorgetäuschten Identität der Unternehmensleitung, wie bei CEO-<br />

Fraud/Fake-President-Angriffen. <strong>Das</strong> Tückische am CEO-Fraud ist,<br />

dass Vor- und Zuname in einer E-<strong>Mai</strong>l als erstes registriert werden,<br />

die kompletten Absenderdaten – einer der Hauptindikatoren für CEO-<br />

Frauds, jedoch erst nach Öffnen der Detailansicht zu sehen sind und<br />

meist ungelesen bleiben.<br />

Mitarbeiter schulen und auf moderne Technik setzen<br />

Wie bei einer Feuerschutzübung rufen regelmäßige Schulungs- und<br />

Aufklärungsmaßnahmen Cybergefahren in Erinnerung, helfen dabei,<br />

erlerntes Wissen präsent zu halten und richtiges Verhalten zu<br />

verankern. Aus der Produkt-Psychologie betrachtet, tragen gut gemachte<br />

Phishing-Test-<strong>Mai</strong>ls mehr zum Sicherheitsbewusstsein der<br />

Mitarbeiter bei als aufwendige traditionelle Mittel wie ganztägige Seminare<br />

oder Schulungen. Aber auch ausgeklügelte, auf Künstlicher<br />

Intelligenz basierende Antivirenprogramme helfen beim Schutz gegen<br />

Cyberkriminelle.<br />

Bei einem Phishing-Angriff versuchen Kriminelle, mit Hilfe von<br />

betrügerischen E-<strong>Mai</strong>ls, gefälschten Internetseiten und anderen<br />

Methoden an vertrauliche Unternehmensdaten zu gelangen.<br />

Es gibt verschiedene Formen, wie die Täter an die Daten kommen<br />

beziehungsweise welches Ziel sie haben.<br />

Während man früher einem Betrüger schnell auf die Schliche kommen<br />

konnte, gehen die Angreifer heute immer perfider vor. Professionelle<br />

und strategisch ausgelegte Attacken prägen das Bild. Teilweise<br />

passen sie sich der „Saison” an. Zur Vorweihnachtszeit gibt es gehäuft<br />

Phishing-<strong>Mai</strong>ls von eCommerce-Unternehmen, in der Ferienzeit<br />

von Reiseveranstaltern – im Namen von Banken sind sie hingegen<br />

über das gesamte Jahr hinweg aktiv. Aktuelle Ereignisse wie die<br />

Pleite von Thomas Cook oder das Inkrafttreten der PSD2-Richtlinie<br />

führten in der Vergangenheit zu Ad-Hoc-Kampagnen.<br />

Jeder Mitarbeiter ist Teil der Sicherheitsstrategie<br />

In der Verteidigungsstrategie gegen Cyberkriminalität spielt jeder<br />

einzelne Mitarbeiter eine essentielle und wichtige Rolle. Jedem im<br />

Unternehmen sollte permanent bewusst sein, dass ein falscher Klick<br />

reicht, um Cyberkriminellen Türen und Tore zu öffnen. Wie bei jeder<br />

Unternehmensstrategie müssen Führungskräfte mit gutem Vorbild<br />

vorangehen, die Kultur leben und ihre Mitarbeiter in diesem Vorhaben<br />

unterstützen.<br />

Gut zu wissen<br />

n Cyberattacken können jeden treffen<br />

n Die Schäden können verheerend sein<br />

n Software muss aufgerüstet und Mitarbeiter geschult werden<br />

Richard Renner<br />

Geschäftsführer Perseus Technologies GmbH<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.perseus.de<br />

Foto: © Perseus; © Meriel Jane Waissman von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SERVICE<br />

71<br />

Maschinelle Übersetzungen<br />

werden immer besser<br />

Im Zuge der Globalisierung, der damit verbundenen steigenden Nachfrage an Übersetzungen<br />

und der technischen Entwicklung hat die maschinelle Übersetzung in den letzten Jahren stark<br />

an Bedeutung und Interesse gewonnen.<br />

Neuronale maschinelle Übersetzung<br />

Die neuronale maschinelle Übersetzung (NMÜ) verarbeitet Informationen<br />

durch künstliche neuronale Netze, die aus Algorithmen<br />

bestehen. Dadurch wird die Qualität der Übersetzungsergebnisse<br />

unabhängig von der Sprachkombination flüssiger,<br />

genauer und im Allgemeinen besser als mit den bisherigen maschinellen<br />

Übersetzungs-Ansätzen (MÜ). Die NMÜ hat sich daher als<br />

gängiges MÜ-Verfahren etabliert, was die große Zahl an Anbietern<br />

belegt, die NMÜ für eine Vielzahl von Sprachkombinationen bereitstellen.<br />

Einige von ihnen bieten auch fach- und kundenspezifische<br />

Anpassungen an, das heißt mit spezifischen Sprachdaten werden<br />

generische Engines angepasst oder trainiert.<br />

Foto: © Cybrain von stock.adobe.com<br />

Maschinelle Übersetzung und Postedition (PEMT)<br />

Auch wenn die Fortschritte der Übersetzungsqualität der MÜ inzwischen<br />

enorm sind, reicht sie noch nicht an die Qualität einer Humanübersetzung<br />

heran. Wenn eine maschinelle Übersetzung nicht<br />

perfekt sein muss und zum Beispiel nur dem Verstehen des Ausgangstextes<br />

dienen soll, genügt sie. Soll die Übersetzung jedoch veröffentlicht<br />

werden, sollte ein Humanübersetzer durch Posteditieren<br />

(PE) die maschinelle Übersetzung überarbeiten und eine fehlerfreie<br />

Version herstellen. Auf diese Weise werden durch die PEMT Kosten<br />

gespart und die Bearbeitungszeiten verkürzt. Je nach gewünschter<br />

Qualität lässt sich zwischen vollständiger und leichter Postedition<br />

wählen. Bei der vollständigen Postedition wird eine humanähnliche<br />

Qualität erzielt, bei der leichten Postedition eine sogenannte „Gut-genug-Qualität“.<br />

Möglichkeiten und Grenzen<br />

Die Hauptvorteile von PEMT – Kosten- und Zeitersparnisse – klingen<br />

vielversprechend in einer globalisierten Welt, in der die Nachfrage an<br />

Übersetzungen stetig steigt. Maschinelle Übersetzungen eignen sich<br />

vor allem für informative, normative und deskriptive Texte mit einer<br />

geringen Sichtbarkeit. Produktkataloge oder Benutzerhandbücher<br />

mit einer mittleren Sichtbarkeit können sich gut für eine PEMT eignen.<br />

Texte mit einer hohen Sichtbarkeit oder kreative Texte wie Werbeslogans<br />

brauchen aber in der Regel eine Humanübersetzung, weil<br />

die Vorteile von MÜ mit Postedition diesen Anforderungen noch nicht<br />

genügen. Weitere Faktoren, die die Entscheidung zum Einsatz von<br />

NMÜ beeinflussen können, sind die gewünschte Sprachkombination,<br />

das Volumen der zu übersetzenden Inhalte, die erwartete Qualität sowie<br />

vorhandene Terminologie.<br />

Gut zu wissen<br />

n Richtig eingesetzt, spart maschinelles Übersetzen und Postedition<br />

Kosten und Zeit<br />

n Mit MÜ gewinnt kundenspezifische Terminologie an Relevanz<br />

n Sprachliche Feinheiten und kreative Texte schaffen maschinelle<br />

Übersetzungssysteme aber noch nicht<br />

Dr. Yamile Ramírez-Zielinski<br />

LEGINDA GmbH<br />

Vereidigte Dipl.-Übersetzerin<br />

(Spanisch, Englisch, Deutsch)<br />

Tammy Schwartz<br />

LEGINDA GmbH<br />

Marketing & Business Development Manager<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.leginda.de


72 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

GRÜNDERGESCHICHTEN<br />

Berliner Koch-App in China erfolgreich<br />

Mehr als 16 Millionen Mal wurde die Koch-App des Berliner<br />

Start-ups Kitchen Stories nach Unternehmensangaben auf<br />

der ganzen Welt heruntergeladen. 35 Prozent der Downloads,<br />

etwa 5,5 Millionen, kamen aus China, mehr als aus jedem anderen<br />

Land. Geplant war das nicht, doch nun setzen die Gründerinnen<br />

Verena Hubertz und Mengting Gao alles daran, den Markt stärker<br />

auszubauen – und das Wachstum gelingt ihnen auch.<br />

In der kostenlosen App finden Nutzer nicht nur Rezeptideen, sondern<br />

die entsprechenden Videoanleitungen und Schritt-für-Schritt-<br />

Fotos gleich dazu. Die Sammlung umfasst ausgefallene Gerichte<br />

wie Rote-Bete-Risotto oder libanesischen Brotsalat. Die Clips werden<br />

mittlerweile in zwölf Sprachen übersetzt, eine der ersten nach<br />

dem Launch im September 2014 war chinesisch. Anfangs habe ihre<br />

Mutter, die in China geboren ist, die Rezepte eingesprochen, erzählt<br />

Gao im Gespräch mit Gründerszene. Auf chinesisch heißt die App<br />

„Chúfáng gùshì“.<br />

Design und Rezepte sind für alle Länder gleich. So können Chinesen<br />

beispielsweise auch deutsche oder spanische Menüs kochen und einen<br />

Einblick in die westliche Küche bekommen. Vor allem das europäische<br />

Konzept der Plattform habe dazu beigetragen, dass Kitchen<br />

Stories in Fernost so erfolgreich sei, sagen Gao und Hubertz. „Wir<br />

haben dort nie aktives Marketing betrieben.“ Die App sei schnell als<br />

beste App im Android- und iOS-Store ausgezeichnet worden und habe<br />

dadurch auch in China Aufmerksamkeit erhalten. Gao sagt, dass<br />

es für den Erfolg dort außerdem hilfreich sei, dass eine deutsche<br />

Marke und kein US-Entwickler hinter Kitchen Stories stehe.<br />

Marketing über Videoportale<br />

Jeder siebte chinesische Kitchen-Stories-Nutzer hat das Rezepte-<br />

Tool über den App Store heruntergeladen, verwendet es also mit<br />

Apples iOS-Betriebssystem. „<strong>Das</strong> iPhone ist in China ein großes Statussymbol,<br />

über die iOS-App begeistert man eine sehr affine Zielgruppe<br />

für das Thema westliches Essen“, sagt Gao.<br />

<strong>Das</strong> Berliner Start-up spricht neue Kunden vor allem über Social Media<br />

an. Anfangs wollte es die Funktion integrieren, dass sich User mit<br />

einem Wechat-Profil registrieren können – dem meistgenutzten sozialen<br />

Netzwerk in der Volksrepublik. Dafür hätte das Unternehmen<br />

Setzten beim Markteintritt in China auch auf die Videoplattform Meipai:<br />

die Kitchen-Stories-Gründerinnen Verena Hubertz (li.) und Mengting Gao.<br />

aber einen Server in China haben und dazu wiederum eine chinesische<br />

Tochtergesellschaft gründen müssen. „Wir haben dann die Entscheidung<br />

getroffen, dass es sich nicht lohnt“, sagt Gao.<br />

Stattdessen fingen die Gründerinnen an, kurze Videoclips auf kleineren<br />

Plattformen wie Meipai hochzuladen und die Beiträge mit der<br />

App zu verlinken. So werden Interessenten auf das Koch-Tool weitergeleitet.<br />

„Wir erzielen monatlich etwa zwei Millionen Aufrufe über<br />

diese Videoplattformen.“<br />

Lisa Ksienrzyk<br />

Gründerszene<br />

www.gruenderszene.de


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SERVICE<br />

73<br />

E-Fahrzeuge nach Kundenwünschen<br />

In der Regel ist eher der Süden Deutschlands<br />

dafür bekannt, Hardware und Fahrzeuge<br />

zu entwickeln. <strong>Das</strong>s auch Berlin ein<br />

attraktiver Standort für Fahrzeugentwickler<br />

ist, dürfte spätestens seit der Bekanntgabe<br />

von Teslas Gigafactory-Plänen feststehen.<br />

Abseits der großen Schlagzeilen<br />

baut das Berliner Start-up Levcon bereits<br />

im kleinen Maßstab erfolgreich E-Fahrzeuge<br />

– allerdings nur halb. Vorproduziert wird in<br />

China, der letzte Schliff wird in Berlin vorgenommen.<br />

Produziert und entwickelt werden<br />

elektrische Fahrzeuge vom E-Roller bis zum<br />

Sattelschlepper.<br />

<strong>Das</strong> von Markus Wozniak-Mauersberger<br />

und Gennadij Vaisman 2017 gegründete Unternehmen<br />

Levcon produziert seine Fahrzeuge<br />

ausschließlich auf Grundlage von<br />

Kundenaufträgen. Von Berlin aus wird nach<br />

passenden Partnern und Zulieferern gesucht,<br />

das jeweilige Modell extern produziert<br />

und in Deutschland den speziellen Anforderungen<br />

entsprechend modifiziert. „Einige Prozesse sind zu Partnern<br />

ausgelagert. Es ist wie eine Eigenherstellung, aber auf Basis eines<br />

Lizenzprodukts“, sagt Wozniak-Mauersberger. Am Ende würden je<br />

nach Fahrzeugtyp noch etwa 60 Stunden Aufwand investiert.<br />

<strong>Das</strong> bekannteste Modell aus der Levcon-Reihe ist das Lastenfahrzeug<br />

Tectrike, das zum Beispiel in Lagerhallen zum Einsatz kommt.<br />

60 Stück seien davon schon produziert worden, so der Gründer. <strong>Das</strong><br />

Vorgängermodell, noch unter dem Namen Kicktrike, wurde 2016 vorgestellt<br />

und komplett in Deutschland gefertigt. Wozniak-Mauersberger<br />

habe allerdings feststellen müssen, dass man hierzulande nicht<br />

die gesamte Herstellung leisten könne, um am Ende ein erschwingliches<br />

Produkt anbieten zu können. Deshalb sei er dazu übergegangen,<br />

das Basisprodukt in China zu entwickeln.<br />

Gennadij Vaisman (li.) und Markus Wozniak-Mauersberger haben 2017 Levcon gegründet.<br />

Andere Fahrzeuge wie der Kleintransporter Maxus werden komplett<br />

in China gefertigt und nur noch hierzulande vertrieben. Daneben bietet<br />

das Start-up auch Sattelschlepper oder dreirädrige E-Quads. Rund<br />

200 Fahrzeuge seien laut Unternehmen bislang verkauft worden.<br />

„Wir verdienen nur am Verkauf der Fahrzeuge“, sagt der Gründer. Externes<br />

Geld brauche er dafür nicht. „Wir wirtschaften von Anfang an<br />

leicht positiv und sind ganz froh, dass wir bisher kein fremdes Kapital<br />

aufnehmen mussten und somit keine Schulden haben.“<br />

Marco Weimer<br />

Gründerszene<br />

www.gruenderszene.de


74 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

KLARTEXT: PRIORITÄTEN SETZEN<br />

<strong>Das</strong> Prioritätensystem der Elemente<br />

<strong>Das</strong> Leben außen, sagte mein brasilianischer Freund Lucio einmal,<br />

ist schon kompliziert genug. Deswegen soll das Leben<br />

innen ganz einfach sein. Hiermit möchte ich dazu einen Beitrag<br />

leisten. Denn wenn wir wissen, was wir wollen, ist das Leben<br />

recht einfach. <strong>Das</strong> klingt leichter als es ist, deswegen der Vorschlag,<br />

mit Prioritäten zu arbeiten. Je klarer dieses Prioritätensystem, desto<br />

besser.<br />

Einfaches Beispiel: Wenn mir die Gesundheit meines Partners wichtiger<br />

ist als mein Auto, und mein Partner mich anruft und von einem<br />

Autounfall berichtet, muss die erste Frage lauten: „Wie geht es dir?<br />

Bist du verletzt?“ und nicht: „Um Gottes Willen, was ist mit dem Auto?“<br />

Nach diesem „Was ist mir wichtig(er)“-Prinzip kann ich mein ganzes<br />

Leben sortieren: Familie vor Kundentermin, Wochenenderholung vor<br />

Erreichbarkeit, Mitarbeiterzufriedenheit vor Überstunden, Moral vor<br />

Fressen und so weiter. Wenn mir Person A wichtiger ist als Person B,<br />

komme ich nie in Gewissenskonflikte, wenn beide mich zur gleichen<br />

Zeit einladen. Wenn mir meine Frau wichtiger ist als alles andere (ist<br />

sie!), kann ich reinen Herzens alle anderen Verpflichtungen absagen,<br />

wenn sie mich braucht. Also wirklich braucht. Gleiches gilt für meine<br />

Kinder. Nicht aber für den Hund.<br />

wollte — zu jener Zeit, in der eine Stammzellenspende mit zwei Tagen<br />

Aufenthalt im Krankenhaus verbunden war. Seine Begründung:<br />

Wenn ich einen wichtigen Geschäftstermin habe und dann zu einer<br />

Stammzellenspende gerufen werde, will ich mich für meine Firma<br />

entscheiden und nicht in Konflikte geraten. Zum Glück ist das heute<br />

eine einfache, schnelle und sichere Sache.<br />

Ehrlicherweise muss ich eingestehen, dass das mit dem Prioritätensystem<br />

bei weitem nicht immer klappt. Zum Beispiel, wenn wir mit einem<br />

Kuchen in der Hand (Wert: 30 Euro) stolpern und den Kuchenteller<br />

krampfhaft festhalten, anstatt unseren Unterkiefer zu schützen<br />

(Wert: 10.000 Euro). Oder wenn der eigene ethische Anspruch mit<br />

schwacher Liquidität korreliert.<br />

Aber ich will es, ganz im Sinne meines Freundes Lucio, nicht zu kompliziert<br />

machen. Ist auch nicht nötig. Denn es ist mir viel wichtiger, einen<br />

klaren Denkanstoß zu geben als alle Eventualitäten bis ins Detail<br />

auszudiskutieren.<br />

Wenn ich meine Unternehmensziele sauber sortiert habe, kann ich<br />

Optionen ganz leicht daran messen und entspannt entscheiden.<br />

Dabei gibt es kein Richtig, kein Falsch, weil ein jeder diese Fragen für<br />

sich selbst beantworten und damit leben muss. So habe ich einen<br />

Unternehmerfreund nie verstanden, der sich nicht typisieren lassen<br />

Guido Augustin<br />

Geschäftsführer Cornelia Augustin Home Staging<br />

www.cornelia-augustin.de


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

ADVERTORIAL<br />

75<br />

5 Beispiele für den Einsatz von Broschüren<br />

Broschüren sind wahre Verwandlungskünstler – es gibt nicht die eine Verwendungsform. Im Gegenteil: Sie passt sich<br />

immer den Bedürfnissen der Gestalter an – und die können vielfältig sein. Wie vielfältig, zeigt die Onlinedruckerei<br />

CEWE-PRINT.de – und die hat sich aus den 100 Möglichkeiten 5 Beispiele für den Einsatz von Broschüren herausgesucht.<br />

1. <strong>Der</strong> Klassiker – die Imagebroschüre<br />

Die Imagebroschüre ist der Klassiker und meist das erste, woran<br />

Unternehmen denken, wenn es um das Thema Marketingmaterialien<br />

geht. In ihr wird kurz und bündig das Unternehmen vorgestellt,<br />

werden Produkte hervorgehoben oder Dienstleistungen angerissen.<br />

Es geht weniger um einen Gesamtüberblick, sondern vielmehr darum,<br />

einen positiven ersten Eindruck zu hinterlassen. Imagebroschüren<br />

sind für die Außenwirkung eines Unternehmens von entscheidender<br />

Bedeutung und vielfältig einsetzbar: auf Messen, bei Vorträgen,<br />

Kundengesprächen oder beim Werben um neue Mitarbeiter.<br />

2. Für gelungene Messeauftritte – als Prospekt<br />

4. Regelmäßige News – als Magazin<br />

Auf Messen können Sie viele potenzielle Kunden ansprechen.<br />

Jedoch bleibt meist nur Zeit für ein kurzes Gespräch und eine<br />

knappe Darstellung der Produkte und Dienstleistungen. Es können<br />

keine ausführlichen Informationen ausgetauscht werden. Dafür gibt<br />

es den Prospekt, in dem Interessierte sich nach der Messe in Ruhe<br />

informieren können. Prospekte sind aus dem Firmenalltag nicht<br />

mehr wegzudenken und bieten eine gute Möglichkeit, einen ersten<br />

Eindruck des Unternehmens und seines Portfolios zu geben.<br />

Um Kunden und Partner regelmäßig zu erreichen und über neueste<br />

Produkte, Dienstleistungen oder Neuigkeiten aus dem Unternehmen<br />

zu informieren, bieten sich Broschüren ebenfalls an. Als Magazin mit<br />

spannenden Inhalten sprechen Sie Ihre Zielgruppe an und sorgen für<br />

eine stärkere Kundenbindung. Dafür sollte das Magazin aber nicht<br />

nur aus Marketingmaterialien bestehen, sondern auch Mehrwerte<br />

liefern, z.B. Lösungsvorschläge für branchenbekannte Probleme<br />

oder Kundenbeispiele von gelungenen Projekten.<br />

3. Produktübersicht – als Katalog<br />

5. Für Erinnerungen – als Buch<br />

Ganz klassisch eignet sich die Broschüre natürlich auch, um die<br />

eigenen Produkte im bestmöglichen Licht zu präsentieren und<br />

Kunden und Interessierte mit relevanten Informationen zu versorgen.<br />

Bei einer großen Produktpalette ist es übrigens sinnvoll, nicht einen<br />

riesigen, allumfassenden Katalog zu erstellen. Stattdessen lohnt es<br />

sich, verschiedene Produkte in Kategorien zusammenzufassen und<br />

für jede Kategorie einen eigenen kleinen Katalog zu erstellen. So<br />

können Kunden sich gezielt über die Produkte informieren, die sie<br />

interessieren, ohne sich durch das gesamte Sortiment „kämpfen“<br />

zu müssen.<br />

Es gibt ein besonderes Firmenjubiläum zu feiern? <strong>Der</strong> Umzug in neue<br />

Räumlichkeiten steht an, oder das Unternehmen eröffnet einen neuen<br />

Standort? All diese Ereignisse sind Anlass, einen kurzen Rückblick zu<br />

wagen und in einem Buch festzuhalten, was bisher erreicht wurde<br />

und was noch ansteht. Dieses eignet sich gleich mehrfach: Mitarbeiter<br />

freuen sich, mehr über die Geschichte ihres Unternehmens zu<br />

erfahren, und auch als kleines Mitbringsel für Businessmeetings<br />

eignen sich Bücher über die Firmengeschichte bestens – so können<br />

Sie bestehenden und potentiellen Kunden Ihr Unternehmen näher<br />

bringen und das Eis beim ersten Kennenlernen brechen.


76 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Was der <strong>Mittelstand</strong><br />

von Piloten lernen kann<br />

Kein Flug gleicht dem anderen: Wetterumschwung, ein neuer Flugplan, jeden Tag ein anderer<br />

Flughafen, ständig wechselnde Crews. Auch Führungskräfte und Unternehmer können sich nicht<br />

auf ihren Autopiloten verlassen, während sich die Welt um sie herum immer schneller dreht. Für<br />

turbulente Zeiten gibt es jedoch drei Erfolgsstrategien.<br />

1. Blick fürs Wesentliche<br />

Manchmal sind es nur Sekunden zwischen einer richtigen und einer<br />

falschen Entscheidung. So auch, als vor rund zehn Jahren eine<br />

vollbesetzte Boeing 737 direkt nach dem Start in Ägypten von einer<br />

Windscherung erfasst wurde, und sämtliche Warnlampen und Notsirenen<br />

im Cockpit losgingen. Als Pilot bekommt man vom ersten Tag<br />

an eingebläut: Fly the aircraft! Nur das zählt. Im Flugsimulator oft<br />

trainiert, konnte das Notmanöver abgerufen und so der Absturz verhindert<br />

werden. Wenn auch nicht ganz so dramatisch, so steht diese<br />

chaotische Situation im Cockpit doch sinnbildlich für den Arbeitsalltag<br />

vieler Führungskräfte. Von allen Seiten Input, ein allgegenwärtiger<br />

Zeitdruck und die enorme Verantwortung erschweren die Entscheidungsfindung.<br />

Auch hier gilt: Entscheidungen sollten auf das<br />

Wesentliche reduziert werden.<br />

weil Verantwortlichkeiten schlichtweg unsauber geklärt wurden, und<br />

sich niemand wirklich „zuständig“ fühlt. Auch in Flugzeugcockpits<br />

war das lange Zeit ein Problem. Gefährliche Zwischenfälle bis hin zu<br />

Abstürzen sind auf Schweigen oder Missverständnisse zurückzuführen.<br />

Gerade unter Stress geht vieles unter. Dies lässt sich auch im<br />

Management-Cockpit vermeiden, indem etwa am Ende eines längeren<br />

Gesprächs nochmal ein Fazit mit den Kernbotschaften formuliert<br />

wird oder eine offene Frage gestellt wird, die der Gegenüber nicht mit<br />

„Ja“ oder „Nein“ beantworten kann. Aus der Antwort erkennt man, ob<br />

die eigene Botschaft ankam. Außerdem gilt: Je wichtiger und komplexer<br />

der Inhalt, desto kürzer und klarer sollten die Sätze sein. <strong>Das</strong><br />

hat auch den positiven Effekt, dass man den Blickwinkel des Gegenübers<br />

kennenlernt.<br />

2. Fehlerkultur ist Firmenkultur<br />

Und trotzdem kommt es immer wieder zu Fehlern. Fliegen ist heute<br />

nicht etwa deshalb so unfassbar sicher, weil keine Fehler passieren.<br />

Laut einer Studie passiert alle vier Minuten im Cockpit ein Fehler. <strong>Das</strong><br />

möchte wohl kein Passagier gerne hören. Aber es verdeutlicht, worauf<br />

es auch bei Unternehmen ankommt, möchte man sein Ziel sicher<br />

erreichen: Es geht um eine Kultur, in der Fehler offen angesprochen<br />

werden. Von jedem. Um erstens aus ihnen zu lernen und zweitens<br />

schnell reagieren zu können. Denn weder Unternehmen noch Flugzeuge<br />

stürzen ab, weil der Einzelne einen Fehler macht. Sondern weil<br />

niemand im Team den Fehler sieht. Oder sehen will. Oder weil sich<br />

niemand traut, den Fehler offen anzusprechen. Positive Fehlerkultur<br />

funktioniert in der Praxis nur mit Vertrauen. Und wie überall gilt auch<br />

hier: Wie der Kapitän es vorlebt, so verhält sich die gesamte Crew.<br />

3. Klarheit in der Kommunikation<br />

Allein durch verbindliche Kommunikation könnten in vielen Unternehmen<br />

hohe Reibungsverluste vermieden werden. Sie entstehen,<br />

Gut zu wissen<br />

Drei Erfolgsstrategien, die Unternehmen in wirtschaftlich turbulenten<br />

Zeiten beachten sollten:<br />

1. Entscheidungen sollten auf das Wesentliche reduziert werden<br />

2. Unternehmenskultur schaffen, in der Fehler offen<br />

angesprochen werden<br />

3. Klare und verbindliche Kommunikation etablieren<br />

Philip Keil<br />

Pilot, Autor und Redner<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.philipkeil.com<br />

Foto: © southerlycourse von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SERVICE<br />

77<br />

RECHTSHOTLINE<br />

<strong>Der</strong> gute Wille zählt, aber nicht immer<br />

Missbrauch von Kundendaten stellt einen wichtigen Grund<br />

zur außenordentlichen Kündigung dar. Ein IT-Mitarbeiter<br />

ist verpflichtet, sensible Kundendaten zu schützen und darf<br />

diese nicht zu anderen Zwecken missbrauchen, so das Arbeitsgericht<br />

Siegburg, Urteil vom 15. Januar 2<strong>02</strong>0.<br />

Datenmissbrauch ist kein Gag<br />

<strong>Das</strong> Arbeitsgericht Siegburg hat einen Fall entschieden, in dem ein<br />

Arbeitgeber, Anbieter von IT-Sicherheitskonzepten, einem bei ihm<br />

als IT-Spezialisten beschäftigten Arbeitnehmer außerordentlich und<br />

fristlos gekündigt hatte. <strong>Der</strong> Arbeitnehmer hatte Kopfschmerztabletten<br />

für zwei Vorstandsmitglieder einer Kundin seines Arbeitgebers<br />

vom Rechner eines Spielcasinos aus bestellt. Zum Zwecke der Zahlung<br />

per Lastschrift hatte er zuvor von einem verschlüsselten Rechner<br />

der Kundin Namen, Anschriften und Bankverbindungsdaten von<br />

Vertragspartnern der Kundin auf einen privaten Memory-Stick heruntergeladen.<br />

Im Rahmen der Bestellung hatte der Arbeitnehmer<br />

dem Vorstand dieser Kundin den Hinweis zukommen lassen, dass<br />

sie aufgrund der Bestellung sehen könne, wie einfach Datenmissbrauch<br />

sei, was bei ihnen zu Kopfschmerzen führen müsse, wobei<br />

die bestellten Kopfschmerztabletten helfen könnten. <strong>Der</strong> Kläger hatte<br />

es unterlassen, seinen Arbeitgeber zuvor über die bestehenden Sicherheitslücken<br />

bei der Kundin zu informieren.<br />

Verstoß gegen die Interessen des Arbeitgebers<br />

<strong>Das</strong> Arbeitsgericht Siegburg wies die Kündigungsschutzklage<br />

ab und entschied, dass die außerordentliche und fristlose Kündigung<br />

zu Recht erfolgt war. Durch sein Verhalten habe der Arbeitnehmer<br />

gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen<br />

seines Arbeitgebers eklatant verstoßen. Es habe sich um sensible<br />

und damit schützenswerte Kundendaten gehandelt. <strong>Der</strong> Arbeitnehmer<br />

habe seine Zugriffsmöglichkeit missbraucht und eine Sicherheitslücke<br />

beim Kunden ausgenutzt. <strong>Der</strong> Umstand, dass es dem<br />

Arbeitnehmer vermeintlich darum ging, Sicherheitslücken bei der<br />

Kundin aufzudecken, sei unerheblich. Dies deshalb, da der Arbeitnehmer<br />

das Vertrauen der Kundin in seinen Arbeitgeber und dessen<br />

Personal nachhaltig gestört und damit die Kundenbeziehung<br />

massiv gefährdet habe. Dies rechtfertige eine außerordentliche und<br />

fristlose Kündigung.<br />

Im Rahmen der Interessenabwägung, die bei einer (außer-)ordentlichen<br />

Kündigung stets anzustellen ist, ist unter anderem das Maß<br />

des beschädigten Vertrauens zu berücksichtigen. Stellt die Verletzung<br />

der arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflichten einen derart schweren<br />

Vertrauensbruch dar, dass dem Arbeitgeber eine Fortsetzung<br />

des Arbeitsverhältnisses auch nur bis zum Ablauf der ordentlichen<br />

Kündigungsfrist unzumutbar ist, spricht dies in erheblichem Maße<br />

für das Überwiegen des Beendigungsinteresses des Arbeitgebers.<br />

Gut zu wissen<br />

n Mitarbeiter sind verpflichtet, sensible Kundendaten zu schützen<br />

n Fristlose Kündigung bei Datenmissbrauch ist rechtens<br />

n Die Entscheidung kann in der Rechtsprechungsdatenbank NRW<br />

unter www.nrwe.de unter Eingabe des Aktenzeichens (3 Ca 1793/19)<br />

aufgerufen werden<br />

Prof. Dr. Benjamin Weiler<br />

Rechtsanwalt<br />

ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.zl-legal.de<br />

BVMW Rechtshotline<br />

Die BVMW-Rechtshotline erreichen Sie:<br />

Mo bis Fr 10.00 – 17.00 Uhr<br />

Tel.: 030 / 53 32 06-963 | Fax: 030 / 53 32 06-50<br />

Katharina Schlonsak<br />

Rechtsanwältin<br />

ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

www.zl-legal.de<br />

rechtshotline@bvmw.de


78 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Industrie 4.0 will<br />

Finanzierung 4.0<br />

Immer mehr industrielle Mittelständler sind<br />

bereit, Kreditgebern Echtzeit-Daten aus dem<br />

Betrieb neu angeschaffter Maschinenanlagen<br />

zur Verfügung zu stellen. Dadurch erhoffen<br />

sie sich flexiblere Laufzeiten und niedrigere<br />

Zinssätze. Moderne Fintech-Unternehmen<br />

haben sich darauf eingestellt, die klassischen<br />

Hausbanken geraten unter Innovationsdruck.<br />

Bei der Vergabe von Krediten für Investitionen werden Hausbanken<br />

zunehmend zurückhaltender. Immer mehr Unternehmen<br />

haben Probleme, klassische Kreditinstitute von der<br />

Finanzierung ihrer Vorhaben zu überzeugen. Während im vergangenen<br />

Jahr noch gut jeder dritte Betrieb auf Widerstand stieß, beißt inzwischen<br />

schon jeder zweite Mittelständler bei seiner Hausbank auf<br />

Granit. <strong>Das</strong> ist das Ergebniss einer Mitte letzten Jahres vom digitalen<br />

<strong>Mittelstand</strong>sfinanzierer creditshelf durchgeführten Befragung, an<br />

der insgesamt 259 Entscheider aus mittelständischen Industrieunternehmen<br />

teilnahmen.<br />

Digitale Kreditmarktplätze<br />

überzeugen mit einer schnellen<br />

Bearbeitung, günstigen Konditionen<br />

und flexiblen Anpassungsoptionen.<br />

Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter Fachgebiet Unternehmensfinanzierung<br />

an der TU Darmstadt<br />

Auch alternative Finanzierungsquellen prüfen<br />

Auf den stotternden Konjunkturmotor reagieren die Banken offenbar<br />

sehr sensibel. „Niemand möchte jetzt Problem-Kredite in sein<br />

Portfolio aufnehmen“, weiß Dr. Daniel Bartsch, Vorstand und Gründungspartner<br />

des BVMW-Mitglieds creditshelf, „entsprechend vorsichtig<br />

finanzieren die Institute neue Vorhaben der Unternehmen.“ In<br />

der bereits im dritten Jahr in Folge präsentierten Studie „Industrieller<br />

<strong>Mittelstand</strong> und Finanzierung 4.0“ gaben nur noch 51 Prozent der<br />

Befragten an, keine Probleme mit ihren Hausbanken bei der Finanzierung<br />

notwendiger Investitionen zu haben – 2018 waren es noch<br />

63 Prozent. Prof. Dr. Dirk Schiereck, Leiter des Fachgebiets Unternehmensfinanzierung<br />

an der TU Darmstadt, der die Studie wissenschaftlich<br />

begleitet hat, rät bei defensiver Kreditvergabe der Banken<br />

deshalb, sich nicht allein auf die Hausbank zu verlassen, sondern auf<br />

alternative Finanzierungsquellen zu setzen. „Digitale Kreditmarkt-<br />

plätze überzeugen mit einer schnellen Bearbeitung, günstigen Konditionen<br />

und flexiblen Anpassungsoptionen.“<br />

Echtzeit-Daten statt dingliche Sicherheiten<br />

Anders als klassische Banken, die für die Finanzierung neuer Anlagen<br />

oder Maschinen bei rund der Hälfte der Kredite immer noch auf


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

SERVICE<br />

79<br />

Betrieb der Investition darstellen und überprüfbar machen. „Gerade<br />

die mittelständische Industrie profitiert dabei von immer stärker vernetzten<br />

Produktionsanlagen, die in Echtzeit genaue Daten zur Auslastung<br />

und Rentabilität liefern“, sagt creditshelf-Vorstand Bartsch.<br />

Die meisten befragten Entscheider sind laut Studie bereit, diese Industrie-4.0-Echtzeit-Daten<br />

Kreditgebern zur Verfügung zu stellen,<br />

um zum Beispiel flexiblere Laufzeiten oder niedrigere Zinssätze zu<br />

erhalten. Vor zwei Jahren sprachen sich noch 15 Prozent der Befragten<br />

gegen eine Offenlegung dieser Daten aus, jetzt sind es nur noch<br />

neun Prozent.<br />

Weil es vielen Unternehmen noch an technischem Know-how oder<br />

an technischem Equipment mangelt, bieten spezialisierte Wirtschaftsberatungen<br />

Unterstützung an, um Finanz- und Produktionsprozesse<br />

in Betrieben auf die Anforderungen der Finanzierung 4.0<br />

einzurichten und Echtzeit-Daten aus der Produktion für Kreditgeber<br />

entsprechend aufzubereiten. „Die Digitalisierung schreitet unaufhaltsam<br />

voran, dieser Realität müssen sich auch Kreditgeber stellen“, so<br />

Prof. Schiereck. Die traditionellen Berechnungsmethoden und Kennzahlen-Analysen<br />

seien in vielen Fällen nicht mehr zeitgemäß, im<br />

Kreditgeschäft müsse man sich vom starren Regelwerk lösen und<br />

flexiblere Modelle einführen. Denn mit solchen beweglichen Kreditmodellen<br />

kann schneller auf Marktsituationen reagiert werden, wenn<br />

sich zum Beispiel kurzfristig die Auftragslage ändert.<br />

Klassische Banken unter Innovationsdruck<br />

Durch die Ansprüche der industriellen Mittelständler an eine Finanzierung<br />

4.0 geraten nun die klassischen Banken unter Innovationsdruck.<br />

<strong>Das</strong> hat auch creditshelf-Vorstand Bartsch erkannt: „Während<br />

Smart Data in allen Unternehmensbereichen langsam, aber stetig<br />

zum Standard wird, soll ausgerechnet die traditionell datenaffine<br />

Kreditwirtschaft nicht mitziehen? Auf lange Sicht wird sich dieses<br />

Technologiegefälle nicht halten lassen, wollen die Banken ihre<br />

Industriekunden nicht verlieren.“ Sein Fazit: „Mittelständler werden<br />

künftig in der Lage sein, die Absatzfinanzierung selbst zu offerieren,<br />

indem sie ein Fintech als Abwicklungsplattform nutzen.“ <strong>Das</strong> klassische<br />

Kreditinstitut könne also Partner einer Finanzierung 4.0 sein,<br />

müsse es aber nicht zwangsläufig sein.<br />

Gut zu wissen<br />

Foto: © alvarez von www.istockphoto.com<br />

n Laut creditshelf-Studie „Industrieller <strong>Mittelstand</strong> und Finanzierung<br />

4.0“ gaben 2018 noch 63 Prozent der befragten Unternehmen an,<br />

ihre Hausbanken von erforderlichen Investitionen leicht überzeugen<br />

zu können – aktuell waren es nur noch 51 Prozent.<br />

n 93 Prozent der befragten Mittelständler favorisieren ein<br />

Kreditmodell, mit dem Konditionen durch Überlassung von Echtzeit-<br />

Daten bestimmt werden<br />

dinglichen Sicherheiten und der Analyse von Finanzkennzahlen bestehen,<br />

prüfen digitale Finanzierer flexibler – zum Beispiel über Echtzeit-Daten<br />

wie Verbrauchswerte und Betriebsstunden. Laut creditshelf-Studie<br />

finden 93 Prozent der industriellen Mittelständler ein Finanzierungsmodell<br />

attraktiv beziehungsweise eher attrakiv, bei dem<br />

Kreditkonditionen von Daten bestimmt werden, die den laufenden<br />

Almut Friederike Kaspar<br />

Journalistin<br />

mittelstand@bvmw.de


80 SERVICE<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

FINANZTIPP<br />

Was Bankanalysen taugen<br />

Wenn Sie nicht zu den gut zehn Prozent der Bundesbürger<br />

zählen, die Aktien kaufen und besitzen, haben Sie in den<br />

vergangenen zehn Jahren leider viele Gewinnchancen verpasst.<br />

Wer auf den behäbigen Dow-Jones-Index gesetzt hat, hätte<br />

aus 10.000 Dollar tatsächlich 30.000 Dollar machen können – und<br />

noch Dividenden kassieren können. Wohlgemerkt: in den vergangenen<br />

zehn Jahren.<br />

Wer allerdings in der Heimat geblieben ist und stur in den DAX-Index<br />

der dreißig größten börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften<br />

investiert hat, hätte im Laufe der letzten zwanzig (!) Jahre unterm<br />

Strich keine Kursgewinne erzielt. Zwei verlorene Jahrzehnte? Nicht<br />

ganz. Denn es gab ja laufend Dividenden, die nach Steuern wenigstens<br />

die Teuerung kompensierten.<br />

Es kommt also darauf an, seine Anlageschwerpunkte auf die „richtigen“<br />

Länder zu setzen. Und dabei, wenn man keinen Länderfonds<br />

oder ETF wählt, sich für die „richtigen“ Aktien zu entscheiden. Wie<br />

soll das gehen?<br />

In den Banken, von denen man glauben könnte, sie wären näher am<br />

Börsengeschehen, arbeiten viele Volks- und Betriebswirte, die offenbar<br />

die Zahlen mehr als ihre Partner lieben und seitenlange Analysen<br />

veröffentlichen, um aus Vergangenheit und Gegenwart Anlagetipps<br />

für die Zukunft zu geben: Kaufen, Halten, Verkaufen. Doch was<br />

taugen diese Analysen? Kurzfristig kommt es oft vor, dass die Kurse<br />

der positiv besprochenen Aktien steigen. Klar, die Anlageberater der<br />

Banken geben die Analysen an die Kundschaft weiter. Und wenn die<br />

Kunden diese Aktien kaufen, steigen die Aktien tendenziell. Dieser Effekt<br />

ist meist nur kurzfristig. Aus der Fortschreibung von Zahlen aus<br />

der Bilanz und aus den Gewinnschätzungen der Zukunft sind keine<br />

nachhaltigen Kursgewinne garantiert.<br />

Natürlich, wenn in einer Hausse die Kurse aller Aktien steigen, steigen<br />

im Gleichschritt auch die Aktien der Bankempfehlungen. Aber<br />

wie ist es in einer Baisse? Gibt es Kursgewinne gegen den Trend?<br />

Oder fallen die Kurse wie die der übrigen Aktien?<br />

Einer meiner redaktionellen Mitarbeiter hat sich einmal der Mühe unterzogen,<br />

die Anlageempfehlungen der Banken zu analysieren. Unterm<br />

Strich: Viel Lärm um nichts. Die Ergebnisse sind unterdurchschnittlich:<br />

„Nicht das Papier wert. Bankanalysen gehören in den<br />

Papierkorb.“<br />

Ich gehe die Sache praktisch an. Jedes Mal, wenn ich einen Bankanalysten,<br />

einen Professor der Volkswirtschaftslehre oder den Schreiber<br />

eines Börsendienstes treffe, frage ich nach seinen eigenen Depotauszügen.<br />

Kaum jemand ist dazu bereit, die Karten auf den Tisch zu<br />

legen. Auch Kostolany hat mir seinerzeit seine Kontoauszüge nicht<br />

gezeigt. Und ein Mitglied des Sachverständigenrats antwortete auf<br />

meine Frage „Wie legen Sie Ihr Geld an?“: „Leider auch nicht gut.“<br />

Er kannte mich offenbar nicht. Denn ich veröffentliche im Geldbrief<br />

meine drei eigenen Musterdepots: TOP-TEN-Depot, Spezialempfehlungen<br />

sowie ETF-Depot – mit allen Gewinnen und auch den (wenigen)<br />

kleinen Verlusten. Nur die Praxis zählt. Wenn Sie also von irgendwem<br />

einen Anlagetipp erhalten, sollten sie ihn nach seinen<br />

eigenen Depotauszügen fragen und dann beurteilen, wie gut oder<br />

schlecht Ihr Berater wirklich ist.<br />

In einer meiner kommenden Kolumnen werden Sie mein „Geheimnis“<br />

lesen können, wieso ich allein von meinen Börsengewinnen gut leben<br />

kann. Vorab nur: Fundamentalanalyse, technische Analyse, Chartanalyse<br />

und Glück allein genügen nicht.<br />

Hans-Peter Holbach<br />

Herausgeber des Informationsdienstes Geld<br />

(erscheint im 47. Jahrgang)<br />

www.geldbrief.com<br />

Chefredakteur beim Vertraulichen<br />

Schweizer Brief<br />

www.vertraulicher.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

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82 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

V. li.: <strong>Mittelstand</strong>spräsident Mario Ohoven, ntv Moderatorin Carola Ferstl<br />

und Preisträger Dr. Helmut Baur.<br />

Deutscher Servicepreis für<br />

Binder Optik<br />

Verliehen von ntv und dem Deutschen Institut für Servicequalität,<br />

ging der Deutsche Servicepreis im Bereich Gesundheit in diesem<br />

Jahr an Binder Optik. <strong>Das</strong> Unternehmen hat mit seiner Servicequalität<br />

ein Zeichen in der Augenoptikbranche gesetzt. Im Rahmen einer<br />

großen Gala wurde Binder Optik in Berlin durch die ntv Moderatoren<br />

Torsten Knippertz und Carola Ferstl mit dem ersten Platz des<br />

Deutschen Servicepreises ausgezeichnet. Inhaber Dr. Helmut Baur<br />

(Vorstand BVMW) nahm die Auszeichnung entgegen.<br />

<strong>Der</strong> Hühnerhof von Fabian Häde im hessischen Alheim.<br />

Nachhaltig mit Ei und Henne<br />

BVMW-Mitglied Fabian Häde hat den Preis „Landwirt des Jahres“<br />

gewonnen. <strong>Der</strong> Preisträger will künftig das nachhaltigste Ei in<br />

Deutschland mit einem Fußabdruck von null Gramm CO 2<br />

vermarkten.<br />

Energie für die Legehennen erzeugt er bereits jetzt mit einer<br />

Photovoltaikanlage. Ins Leben gerufen wurde der CeresAward vom<br />

dlv Deutscher Landwirtschaftsverlag, um das Ansehen der Landwirte<br />

und damit auch der Branche insgesamt zu stärken. Schirmherr<br />

des Preises ist Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes.<br />

Sitz der O. Thimm GmbH in Bochum.<br />

Traditionshaus feiert<br />

60-jähriges Jubiläum<br />

Vor 60 Jahren gründete Otfried Thimm eines der ersten Unternehmen<br />

für elektrische Begleitheizungsanlagen in Deutschland. Seither entwickelte<br />

sich das Traditionshaus O. Thimm GmbH (BVMW-Mitglied)<br />

zu einem Spezialanbieter für schlüsselfertige Industrieanlagen. Seit<br />

1981 hält Henryk Kubacz das Familienunternehmen mit Erfolg auf<br />

Kurs. In beinahe 60 Ländern wird ein Portfolio von industriellen Begleitheizungen<br />

über Schalt- und Steueranlagen bis hin zu Automatisierungssystemen<br />

offeriert. Auch in Zukunft bleibt das Unternehmen<br />

in Familienhand. Die Übergabe an die dritte Generation ist für dieses<br />

Jahr geplant.<br />

www.thimmtherm.de<br />

Preisübergabe durch NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart<br />

(li.) und Kammerpräsident Hans Hundt an Thilo Krumm (Mitte).<br />

Innovationspreis Handwerk<br />

Erstmalig verlieh das Wirtschaftsministerium NRW den Innovationspreis<br />

an Handwerksbetriebe. In der Kategorie „Unternehmen<br />

mit weniger als zehn Mitarbeiter/innen“ gewann BVMW-Mitglied<br />

Formotion GmbH aus dem nordrhein-westfälischen Wilnsdorf.<br />

<strong>Der</strong> Preis war mit einem Preisgeld in Höhe von 10.000 Euro ausgeschrieben.<br />

Geschäftsführer Thilo Krumm nahm die Auszeichnung<br />

von NRW-Wirtschaftsminister Prof. Dr. Andreas Pinkwart<br />

und Handwerkskammerpräsident Hans Hundt entgegen.<br />

Foto: © Roberto Pfeil; © Timo Jaworr für agrarheute


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

83<br />

25 Jahre GO! Express & Logistics<br />

Hamburg AG<br />

100 Jahre Michael Renner<br />

Bauunternehmung<br />

GO! Express & Logistics ist Qualitätsführer im Markt für Kurier-,<br />

Express- und Paketdienstleistungen. Als größter mittelständischer<br />

Kurier- und Expressdienstleister in Deutschland bietet GO! vom<br />

Overnight-Service bis hin zu maßgeschneiderten Logistiklösungen<br />

ein umfangreiches Leistungsspektrum an. <strong>Der</strong> Standort GO! Hamburg<br />

öffnete Ende 1994 seine Pforten und wuchs seitdem ohne<br />

Unterbrechung. 2.000 m² Bürofläche und 2.000 m² Umschlagslager<br />

mit Hochverfügbarkeitslogistik bieten dem Logistikdienstleister<br />

am zentralen Standort im Hamburger Hafen viel Platz und kurze<br />

Wege zu seinen Kunden.<br />

Mario Ohoven als neuer<br />

TOP JOB Juror<br />

Ein besonderes Firmenjubiläum konnte BVMW-Mitglied Michael<br />

Renner Bauunternehmung GmbH aus München feiern. 100 Jahre<br />

sind seit der offiziellen Eintragung in die Handwerksrolle 1919<br />

vergangen. <strong>Das</strong> Familienunternehmen wird inzwischen in der<br />

fünften Generation von Ulrike Renner gelenkt, die 2011 die Nachfolge<br />

und kaufmännische Geschäftsführung übernommen hat.<br />

Wenn man nach den Gründen fragt, wie ein Bauunternehmen<br />

als Familienbetrieb eine so lange Zeit erfolgreich ist, wird<br />

schnell klar, dass die Philosophie des Unternehmens wirkliches<br />

mittelständisches Denken beschreibt. Handwerkliche Qualität,<br />

Zuverlässigkeit, Termintreue und die Grundsätze des ehrbaren<br />

Kaufmanns werden im Betrieb seit Generationen gelebt.<br />

Mario Ohoven gehört ab sofort der Jury des<br />

Arbeitgeberwettbewerbs TOP JOB an. Die<br />

Vergabe des Arbeitgebersiegels TOP JOB wird<br />

vom Konstanzer Zentrum für Arbeitgeberattraktivität<br />

(zeag GmbH) organisiert. Ohoven<br />

verstärkt die Jury namhafter Vertreter aus<br />

Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, die aus den Siegelträgern jährlich<br />

die besten Arbeitgeber im deutschen <strong>Mittelstand</strong> wählt. Mit dem<br />

TOP JOB-Siegel werden Unternehmen mit herausragenden Arbeitgeberqualitäten<br />

gekürt. Schirmherr ist der ehemalige Vizekanzler,<br />

Außenminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel.<br />

Erfolgreiches Familienunternehmen: Elisabeth, Ulrike und Michael Renner<br />

(v. li.).<br />

Fotos: © Pilotfisch; Oliver Bodmer<br />

Kontaktlinsen aus dem Drucker<br />

<strong>Der</strong> Student Eduard Kelber hat von Dr. Helmut Baur den Binder<br />

Optik-Preis erhalten. <strong>Der</strong> mit 2.000 Euro dotierte Preis soll den<br />

Absolventen des Studiengangs Augenoptik in seiner weiteren<br />

Ausbildung fördern. Kelber hatte im Rahmen seiner Bachelorarbeit<br />

an einer ganz besonderen Innovation gearbeitet. Sie<br />

lautet „Entwicklung eines geeigneten Verfahrens zur additiven<br />

Herstellung formstabiler Kontaktlinsen“. Dabei geht es um die<br />

Herstellung von Sehhilfen aus dem 3-D-Drucker.<br />

V. li.: Prof. Dr. Andreas Holschbach, Rektor Prof. Dr. Gerhard Schneider,<br />

Dr. Helmut Baur (Binder-Optik, Vorstand BVMW), Preisträger Eduard Kelber<br />

und der Physiker Prof. Dr. Dr. Ekbert Hering.<br />

Emotion als Erfolgsrezept<br />

Immer mehr Unternehmen verlagern große Teile ihres Marketingbudgets<br />

in digitale Medien. Dabei gilt: Je besser der Werber, desto größer<br />

ist der Erfolg des Unternehmens. Solch einen Erfolg konnte die Kreativagentur<br />

Pilotfisch,<br />

BVMW-Mitglied aus<br />

Warendorf (NRW),<br />

für das Modehaus<br />

ebbers verzeichnen.<br />

Die Kampagne „Candy<br />

Days by ebbers“<br />

war gleich dreifach<br />

erfolgreich: beim<br />

Endkunden, in der<br />

Bilanz des Modehauses,<br />

und sie wurde<br />

mit zwei internationalen Awards gekrönt: dem „EK-Passion Star“ und<br />

dem „German Design Award 2<strong>02</strong>0“. Die Kampagne lebt von Emotionen,<br />

Erfahrung, Geschichten und Leidenschaft – ein Erfolgsrezept<br />

gerade für Mittelständler.<br />

www.pilotfisch.net<br />

V. re.: Die kreativen „Pilotfische“ Cornelia Köster und<br />

Irina Klass mit dem Kunden Christoph Berger (Inhaber<br />

Modehaus ebbers).


84 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Kampf gegen Steuerverschwendung<br />

Schwabacher <strong>Mittelstand</strong> goes digital<br />

V. li.: NRW-BdSt-Vor sitzender Rik Steinheuer, Rainer Holznagel (BdSt), RSM-Geschäftsführer<br />

Oliver Schmitz und Herbert Schulte (BVMW).<br />

Wenn Rainer Holznagel, Präsident des Bundes der Steuerzahler<br />

(BdSt), einmal im Jahr sein Schwarzbuch der Steuersünden<br />

präsentiert, schwanken die Leser zwischen Belustigung und Empörung.<br />

Immerhin sammelt der Bund in seinem Jahrbuch fiskalische<br />

Fehlgriffe und Dokumente der Steuergeldverschwendung<br />

– ein Kuriositätenkabinett, das die Politik für einen sorgsameren<br />

Umgang mit unserem Geld sensibilisieren soll. Während der Veranstaltung<br />

bei RSM GmbH in Düsseldorf schilderte Holznagel in<br />

einem offenen Diskurs mit den NRW-Wirtschaftssenatoren seine<br />

politische Arbeit für den deutschen Steuerzahler.<br />

Wintersportliches<br />

Business-Frühstück<br />

V. li.: Patrick Eberlein (Nasdo AG), Andreas Schaffer (Vorsitzender MU Schwabach),<br />

Paul Söhnlein (BVMW), Michael Fraas, Michael Pluschke (Gründer und<br />

Vorsitzender CodeCamp:N), Joachim Löhr (MU Schwabach).<br />

Mittelständische Unternehmen sind zunehmend gefordert, Digitalisierungsmaßnahmen<br />

zu implementieren. Bei einem Unternehmerfrühstück<br />

vom BVMW in Kooperation mit der Schwabacher <strong>Mittelstand</strong>s-Union<br />

(MU) im Hause der Nasdo AG wurde intensiv auf das<br />

Thema eingegangen. <strong>Der</strong> Einladung von Paul Söhnlein (BVMW Nürnberg)<br />

und Andreas Schaffer (MU Schwabach) waren unter anderem<br />

Martin Pluschke, Gründer von CodeCamp:N, und auch OB-Kandidat<br />

Dr. Michael Fraas gefolgt. Pluschke betonte in einem Vortrag vor 50<br />

Unternehmerinnen und Unternehmern die Bedeutung von digitalen<br />

Arbeitsabläufen. Bei der Umsetzung von solchen Möglichkeiten sieht<br />

er aber noch deutliches Steigerungspotenzial im <strong>Mittelstand</strong>.<br />

Unternehmer des Jahres 2<strong>02</strong>0<br />

Testlauf in der Loipe für die BVMW-Mitglieder nach dem Business-Frühstück.<br />

Zum Start ins neue Jahr hatte sich das Team der BVMW Wirtschaftsregion<br />

Dresden um Hans-Josef Helf etwas Besonderes ausgedacht:<br />

Die Mittelständler des Verbandes trafen sich in der VIP-Lounge des<br />

Skiweltcups am Königsufer vor eindrucksvoller Kulisse der Dresdner<br />

Altstadt. Beim winterlichen Frühstück erfuhren die Gäste vom<br />

mehrfachen Olympia-Medaillen-Gewinner im Ski-Langlauf, Tobias<br />

Angerer, was Sport und Business miteinander verbindet.<br />

Unternehmer und Nachfolge des Jahres wurden bei der Ballnacht in Gotha ausgezeichnet.<br />

Bereits zum elften Mal lud der Kreisverband Gotha des BVMW zur<br />

Gothaer Ballnacht. Dessen Leiter Otto Eismann hatte ein rauschendes<br />

Fest organisiert, zu dem traditionell Ehrungen für erfolgreiche<br />

Mittelständler gehören. „Unternehmer des Jahres 2<strong>02</strong>0“ wurde Jens<br />

Holzapfel (Galvanotechnik Holzapfel GmbH). Mit dem Preis „Unternehmensnachfolge<br />

2<strong>02</strong>0“ wurde Steffen Meininger geehrt, der die<br />

Bäckerei Meininger Gotha in fünfter Generation führt.<br />

Fotos: © O. Thimm GmbH; BVMW Kreisverband Gotha


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

85<br />

Jahres- und Neujahrsempfänge:<br />

Zu Beginn des Wirtschaftsjahres 2<strong>02</strong>0 hatte der BVMW in vielen Regionen zu Jahres- und<br />

Neujahrsempfängen eingeladen. Unter den Gästen waren Unternehmer, Partner aus der<br />

Wirtschaft, Politiker und Kulturschaffende. Hier eine Auswahl:<br />

Beim BVMW-Jahresauftakt in Magdeburg lag das<br />

Augenmerk auf dem erfolgreichen Rückgang der<br />

Arbeitslosenquote. „Dieses Ergebnis hätten wir<br />

ohne das Engagement der Mittelständler nicht<br />

hinbekommen“, sagte Wirtschaftsminister Armin<br />

Willingmann vor mehr als 200 Unternehmern.<br />

Beim ersten Neujahrsempfang des BVMW in Südthüringen<br />

nahmen in Suhl auf Anhieb rund 200 Gäste<br />

teil. BVMW-Gastgeber Dr. Jens Barthel (re.) begrüßte<br />

unter anderem Bürgermeister André Knapp, Sandra<br />

Thorwarth von derTelesystems Thorwarth GmbH und<br />

Landrätin Peggy Greiser (v. li.).<br />

Zum dritten Mal hatten die regionalen Kreisverbände<br />

des BVMW zum Jahresempfang nach Halle<br />

eingeladen. Rund 650 Unternehmerinnen und<br />

Unternehmer waren der Einladung von Organisator<br />

Gerd Woldmann gefolgt.<br />

Rund 180 mittelständische Unternehmerinnen und<br />

Unternehmer begrüßte Edgar Jehnes (BVMW Metropolregion<br />

Nürnberg) zu seinem Jahresauftakt 2<strong>02</strong>0<br />

in der Jugendherberge in Nürnberg. Gastredner war<br />

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (li.).<br />

Zahlreiche Gäste waren der Einladung der BVMW<br />

Wirtschaftsregion Dresden gefolgt und lauschten im<br />

Wallpavillon des Zwingers den Klängen des Dresdner<br />

Residenz Orchesters. Die Organisatorin des Konzerts,<br />

Britta Kick (li.), begrüßte u. a. Annett Hofmann, die<br />

Lebensgefährtin des sächsischen Ministerpräsidenten<br />

Michael Kretschmer.<br />

Knapp 400 Unternehmer und Partner der Wirtschaft<br />

starteten in Mühlhausen mit dem Neujahrsempfang<br />

der BVMW-Wirtschaftsregion Westthüringen<br />

ins neue Jahr. Unter dem Beifall der Gäste nahm<br />

Jan Kratochwil (Firmen-Verbund JK AG, li.) den<br />

Unternehmerpreis aus den Händen von Andreas<br />

Schneider (BVMW) entgegen.<br />

BVMW berät mit Experten<br />

über Klimaschutz<br />

Auf Einladung von Hannover Messe und energiespektrum kamen<br />

Experten in München zusammen, um über wirtschaftlichen<br />

Klimaschutz zu sprechen. Als Vertreter des BVMW diskutierte<br />

Achim von Michel mit Dr. Christian Pacher von Future Camp,<br />

Heinrich Gärtner von GP Joule sowie Prof. Alexander Sauer vom<br />

Fraunhofer IPA. „<strong>Der</strong> <strong>Mittelstand</strong> nimmt den Klimaschutz sehr<br />

ernst. Aus wirtschaftlicher Sicht darf man jedoch niemals die<br />

Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit unserer zukünftigen<br />

Stromversorgung außer Acht lassen“, betonte von Michel. Bereits<br />

heute würden viele Unternehmen und Kunden das Thema<br />

CO 2<br />

Vermeidung und Klimaschutz aktiv angehen.<br />

V. li.: Prof. Alexander Sauer, Dr. Christian Pacher, Achim von Michel,<br />

Heinrich Gärtner und Moderator Holger Dirks.


86 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Revolution im Rohr<br />

Irgendwann erwischt es jeden, und die Instandsetzung von Abwasserrohren oder Grundleitungen<br />

steht an. Herkömmliche Sanierungsarbeiten sind dabei umständlich und teuer. Abhilfe verspricht<br />

die Tubus System GmbH, die ein Verfahren entwickelt hat, das mit der klassischen Rohrsanierung<br />

nichts mehr gemein hat.<br />

Rund 50 Jahre hält ein traditionelles Abwasserrohr. Doch mit<br />

zunehmendem Alter werden diese immer anfälliger für Verstopfungen<br />

oder gar Brüche. Bislang hieß es dann: Bäder und<br />

Küchen abbauen, Wände aufstemmen, die alten Rohre sanieren und<br />

die Wände wieder verschließen. Ein Verfahren, dass nicht nur kostspielig<br />

ist, sondern auch äußerst zeitintensiv. Zwischen vier und<br />

sechs Wochen dauert die herkömmliche Sanierung – Wochen, in denen<br />

Wohnhäuser oder Betriebe stark eingeschränkt sind.<br />

Rohrsanierung 4.0<br />

<strong>Das</strong> hinter diesem Prozedere stehende Verbesserungspotenzial hat<br />

die Tubus System GmbH erkannt. <strong>Das</strong> ursprünglich 1998 in Schweden<br />

gegründete Unternehmen ist seit 2007 auch in Deutschland als<br />

Lizenznehmer am Markt und steht für eine vollkommen neue Art der<br />

Rohrinnensanierung: Bereits bestehende Öffnungen des Rohrs werden<br />

genutzt, um dieses von innen mit einem styrolfreien Polyesterharz<br />

zu besprühen. So entsteht ein neues, selbsttragendes Rohr im<br />

alten Rohr. Die Vorteile des patentierten Verfahrens liegen auf der<br />

Hand: Die Sanierungsarbeiten kommen mit minimalen Eingriffen in<br />

die Bausubstanz aus, Unmengen an Bauschutt bleiben erspart, und<br />

die Sanierung kann im laufenden Betrieb stattfinden. Die Dauer der<br />

Sanierungsarbeiten mit dem Tubus System beläuft sich gerade einmal<br />

auf eine Woche pro Wohneinheit.<br />

„Mit unserer Verfügbarkeit und Qualität sind wir am Markt einzigartig“,<br />

sagt Alexander Eysert, der 2014 die Geschäftsführung der Tubus<br />

System GmbH übernahm. Gemeinsam mit seinen 75 Mitarbeitern in<br />

bundesweit fünf Niederlassungen bietet er das Komplettpaket rund<br />

um Rohrinnensanierungen aus einer Hand.<br />

Zu diesem ganzheitlichen Ansatz zählt auch, dass die Mitarbeiter im<br />

eigenen Unternehmen ausgebildet werden. Quereinsteiger wie auch<br />

praxiserfahrene Fachkräfte durchlaufen ein sechsmonatiges Ausbildungsprogramm,<br />

um das Tubus System zu erlernen.<br />

Tubus System GmbH<br />

Gründung: 2007<br />

Firmensitz: Berlin<br />

Geschäftsführer: Alexander Eysert<br />

Mitarbeiter: 75<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.tubussystem.de<br />

Tubus System nutzt bestehende Öffnungen, um anschließend ein Rohr<br />

im Rohr herzustellen.<br />

Auf Wachstumskurs<br />

Gut ausgebildetes Personal ist dabei unabdingbar, um der Auftragslage<br />

gerecht werden zu können. Denn immer mehr Wohnungsgesellschaften,<br />

Hotels und andere Unternehmen entscheiden sich für das<br />

nachhaltigere und günstigere Rohrsanierungsverfahren. „Ich würde<br />

mir Wettbewerber wünschen, alleine können wir den gesamten<br />

Markt nämlich nicht erschließen“, sagt Eysert.<br />

An das Wachstum der letzten Jahre soll auch künftig angeknüpft<br />

werden. In den kommenden Jahren ist geplant, die Anzahl der Niederlassungen<br />

deutschlandweit auf zwölf zu steigern und weitere Mitarbeiter<br />

einzustellen. <strong>Das</strong> Prinzip, das der Zukunftsstrategie zugrunde<br />

liegt, fasst der Geschäftsführer mit „Wachstum bedeutet Wandel“<br />

zusammen. Für Wachstum braucht es Disziplin, Ehrgeiz und ein klares<br />

Ziel vor Augen – Eigenschaften, mit denen der passionierte Marathonläufer<br />

Alexander Eysert bestens vertraut ist.<br />

Tim Schöllmann<br />

BVMW Referent Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

mittelstand@bvmw.de


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

87<br />

„Unsere Sicherheitslösungen<br />

haben Schule gemacht“<br />

Seit 2017 ist Sylke Mokrus Geschäftsführerin von Protection One. <strong>Das</strong> Unternehmen aus Meerbusch<br />

bei Düsseldorf hat in den 1990er Jahren den Einbruchschutz in Deutschland revolutioniert<br />

– eine Erfolgsstory aus dem <strong>Mittelstand</strong>.<br />

DER <strong>Mittelstand</strong>.: Wie kam es zur<br />

Gründung des Unternehmens?<br />

Sylke Mokrus: Mein Vorgänger Martell<br />

Schilling hatte sich in Frankreich von neuartigen<br />

Methoden des Einbruchschutzes inspirieren<br />

lassen. Er kam eigentlich aus der<br />

Konsumgüterbranche, sprang aber 1997 ins<br />

kalte Wasser und gründete Protection One.<br />

Wir waren der erste Anbieter von 24h-Fernüberwachung<br />

mit Live-Täteransprache in<br />

Deutschland. Die Gründung war tatsächlich<br />

ein Wagnis – niemand konnte erahnen, wie<br />

der deutsche Markt die Dienstleistung annehmen<br />

würde.<br />

Foto: © Protection One GmbH<br />

Wie haben sich Ihr Geschäftsmodell und<br />

die Branche seither verändert?<br />

<strong>Das</strong>s es mittlerweile mehrere Wettbewerber in unserer Branche gibt,<br />

zeigt, dass unser Geschäftsmodell Schule gemacht hat und wir damals<br />

den richtigen Weg eingeschlagen haben. Durch permanente<br />

technische Innovationen, individuelle Lösungen und ganzheitliche<br />

Sicherheitskonzepte möchten wir uns im wachsenden Sicherheitsmarkt<br />

vom Wettbewerb abheben. Uns ist nach wie vor wichtig, nicht<br />

erst im Nachgang die Schäden eines Einbruchs aufzunehmen, sondern<br />

die Tat aktiv zu verhindern. Im Grundsatz konnten wir uns immer<br />

treu bleiben: Langfristige, beratungsintensive Kundenbeziehungen<br />

sind das A und O – damals wie heute, denn jedes Objekt<br />

ist individuell.<br />

Sylke Mokrus, Geschäftsführerin Protection One.<br />

Ist die Sicherheitsbranche ein wachsendes Marktsegment?<br />

Absolut. <strong>Das</strong> Thema Sicherheit spielt in Deutschland eine immer<br />

größere Rolle. Wach- und Sicherheitsunternehmen verzeichnen in<br />

Deutschland einen jährlichen Umsatz von acht Milliarden Euro und<br />

einen deutlichen Anstieg der Beschäftigten in den letzten Jahren. Die<br />

Herausforderungen ändern sich aber ständig. Rohstoffdiebe sind<br />

zum Beispiel gerade sehr aktiv, also müssen wir vermehrt Baustellen<br />

und Recyclinghöfe mit innovativen Sicherheitstechnologien sichern.<br />

Woran erkennt ein Unternehmen gute Sicherheitsdienstleister?<br />

Qualität lässt sich in unserem Segment gut messen: Immer, wenn es<br />

uns gelingt, einen Täter zu stoppen, bevor er nennenswerte Schäden<br />

anrichten kann, ist dies ein Erfolg. In 96,7 Prozent aller Fälle gelingt<br />

uns das. Wichtig ist ebenfalls: Möchte der Anbieter nur „seine“ Lösung<br />

verkaufen oder geht er ganzheitlich auf die Sicherheitsbedürfnisse<br />

meines Unternehmens ein? Darüber hinaus ist die Zufriedenheit<br />

von Kunden und Mitarbeitern ein zentrales Kriterium.<br />

Was sollte in Deutschland verändert werden, damit es der <strong>Mittelstand</strong><br />

insgesamt leichter hat?<br />

Es macht mich betroffen, wenn ich sehe, wie wenig der <strong>Mittelstand</strong><br />

wertgeschätzt wird – dabei sind die mittelständischen Unternehmen<br />

die Leistungsträger unseres Landes. <strong>Der</strong> <strong>Mittelstand</strong> bildet die Fachkräfte<br />

der Zukunft aus und sorgt für ein hohes Steueraufkommen.<br />

Gerade vor dem Hintergrund des steigenden Fachkräftemangels<br />

wünsche ich mir hier deutlich mehr Vertrauen und Unterstützung für<br />

den <strong>Mittelstand</strong> als Treiber der deutschen Wirtschaft.<br />

Sind Sie gerne Unternehmerin?<br />

Natürlich, ich bin mit Leib und Seele dabei. Die Leitung eines Unternehmens<br />

ist nicht nur ein spannender Job, der keine Routinen kennt.<br />

Er bedeutet vor allem auch, dass man vielen Menschen einen Lebensunterhalt<br />

ermöglicht und dazu beitragen kann, dass sich Mitarbeiter<br />

an ihrem Arbeitsplatz wohl fühlen.<br />

<strong>Das</strong> Interview führte Achim von Michel, BVMW Pressesprecher Bayern.<br />

Gut zu wissen<br />

n Protection One ist Vorreiter und Marktführer in der<br />

24h-Fernüberwachung mit Live-Täteransprache<br />

n <strong>Das</strong> BVMW-Mitglied mit Sitz im nordrhein-westfälischen Meerbusch<br />

bietet maßgeschneiderten Lösungen gegen Einbruch, Diebstahl und<br />

Vandalismus<br />

www.protectionone.de


88 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Hightech für saubere Häfen und Meere<br />

Vermüllte Ozeane und die dramatischen Umweltprobleme, die die Schifffahrt offshore und in den<br />

Häfen verursacht – dafür bietet die Port Energy Logistic konkrete Lösungen an.<br />

Hamburger Hafen<br />

Bei ihrer Gründung 2008 hatte die Port Energy Logistic das<br />

Ziel, Dienstleistungen für den maritimen Umweltschutz anzubieten.<br />

Schnell stellte sich jedoch heraus, dass ohne Forschung<br />

und Entwicklung die hohen Ansprüche des Unternehmens<br />

nicht zu erreichen waren. <strong>Das</strong> junge Unternehmen nahm sich darum<br />

auch dieser Aufgabe an und zählt heute mit seinen Produkten zu<br />

den Marktführern.<br />

Für die See- und Binnenschifffahrt ist die Port Energy Logistic GmbH<br />

eine der ersten Adressen für saubere Entsorgungslösungen in deutschen<br />

Häfen. Dabei arbeitet sie mit Partnern zusammen, die mit speziellen<br />

Entsorgungstankschiffen Ölverschmutzungen auf dem Wasser<br />

bekämpfen können.<br />

Umweltfreundliche Energie für Schiffe<br />

<strong>Das</strong> Unternehmen befasst sich aber auch mit Forschung und Entwicklung<br />

für den maritimen Umweltschutz. „Unsere Vision ist es, die<br />

Ozeane vom Müll zu befreien, gegen die Übersäuerung der Ozeane<br />

anzukämpfen und die Herausforderungen des Klimawandels sehr<br />

ernst zu nehmen“, erklärt dazu der CEO Port Energy Logistics, Georg<br />

Dieter Fehner, Leiter der technischen Abteilung und Projektentwicklung.<br />

Ein Beispiel, wie erfolgreich das Unternehmen diese selbstge-<br />

Port Energy Logistic<br />

Gründung: 2008<br />

Firmensitz: Hamburg<br />

Geschäftsführer: Bianca Sander<br />

Mitarbeiter: 9<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.port-energy-logistic.com<br />

stellten Aufgaben meistert, ist die Entwicklung und Umsetzung von<br />

mobilen Port Power Bargen für die umweltfreundliche Versorgung<br />

von Seeschiffen mit elektrischer und thermischer Energie im Hafen<br />

und auf Seereeden. Zum Einsatz kommen dabei nur umweltfreundliche<br />

Treibstoffe wie schwefelarmer Diesel, Flüssigerdgas und Wasserstoff.<br />

Meeresmüll-Recycling<br />

Ebenfalls bahnbrechend sind die Zukunftspläne des mittelständischen<br />

Unternehmens: Für die Befreiung der Ozeane von Plastikmüll<br />

hat Georg Dieter Fehner eine eigene Lösung entwickelt – das Ocean<br />

Waste Recycling Ship OWRS, ein Meeresmüll-Recyclingschiff. Im<br />

Vorschiff dieses Spezialschiffs wird eine gigantische Auffanganlage<br />

für Plastikmüll installiert. <strong>Der</strong> Bug öffnet sich für die mechanische<br />

Aufnahme und das gleichzeitige Einsaugen des Mülls. Dieser wird<br />

anschließend bis in den Mikrobereich über spezielle Filteranlagen<br />

separiert. Mittels Umkehrosmose wird dabei gleichzeitig das eingesaugte<br />

Meerwasser entsalzt und zu Trinkwasser verwandelt. „Mit<br />

dem Verkauf des Trinkwassers ließe sich die Müllentsorgung finanzieren“,<br />

erläutert Fehner seinen Plan. „<strong>Der</strong> Bau des Schiffes kostet<br />

etwa 1,2 Millionen Euro, wobei 15 bis 50 Prozent Eigenkapital aufgebracht<br />

werden müssen. Für den Rest hat die EU bereits Zuschüsse<br />

von 50 bis 85 Prozent in Aussicht gestellt.“ Ein weiteres Zukunftsprojekt<br />

der Port Energy Logistic ist die Gründung eines Kompetenzzentrums<br />

für den maritimen Umweltschutz.<br />

Ingrid Hausemann<br />

BVMW Pressesprecherin Bremen, Hamburg,<br />

Niedersachsen, Schleswig-Holstein<br />

ingrid.hausemann@bvmw.de<br />

Fotos: © Georg Dieter Fehner; © Daniel Fröhlich von stock.adobe.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

89<br />

DEIN ZUGANG ZUR SZENE<br />

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www.gruenderszene.de


90 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Starke Frauen,<br />

starker <strong>Mittelstand</strong><br />

In der Wirtschaft sind überdurchschnittlich viele Männer in Führungspositionen vertreten –<br />

die Branche wandelt sich aber. Wir stellen erfolgreiche Unternehmerinnen vor.<br />

Welche Entscheidung würden Sie für sich als<br />

wegweisend bezeichnen? Aus welcher haben<br />

sie am meisten gelernt?<br />

Mein früherer Arbeitgeber wollte mich aufgrund<br />

meiner sehr speziellen Ausbildung und trotz<br />

Kenntnis der familiären Situation nach Asien<br />

versetzen. Mich gegen eine jahrelange Reisetätigkeit<br />

und für eine stationäre Tätigkeit zu entscheiden,<br />

hat mir sehr viel Kopfzerbrechen bereitet.<br />

Ich musste lernen, dass auch in einem<br />

kleineren regionalen Umfeld viele interessante<br />

Persönlichkeiten zu finden sind. Man muss sie<br />

nur suchen.<br />

Sue van Bömmel mit Ehemann Michael.<br />

Sue van Bömmel ist die Inhaberin der Jakob Burck Uhren &<br />

Schmuck GmbH. Die Mutter von drei Kindern denkt selbst<br />

auch mal gern quer und versucht stets, Erfolge aus anderen<br />

Branchen zu übertragen.<br />

DER <strong>Mittelstand</strong>.: Frau van Bömmel, wie sind Sie dazu gekommen,<br />

Unternehmerin zu werden?<br />

Sue van Bömmel: Ich habe in das Unternehmen eingeheiratet. Aufgrund<br />

unserer familiären Situation – mein Mann selbstständig, ich<br />

in einer Führungsposition mit viel Reisetätigkeit in einer Bank und<br />

zwei kleinen Kindern – mussten wir uns entscheiden, welchen Weg<br />

wir weiter beschreiten wollen. Ich habe mich für die Familie und eine<br />

anspruchsvolle, abwechslungsreiche Tätigkeit in der Selbstständigkeit<br />

entschieden.<br />

Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie denselben<br />

Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen?<br />

Nein, ich würde den Weg genauso gehen, wie ich ihn gegangen bin.<br />

Sie wurden vom BVMW in der Region Wetterau<br />

als Unternehmerin des Jahres nominiert.<br />

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?<br />

Ich verhalte mich gegenüber meinen Kunden<br />

und Mitarbeitern respektvoll. Ich versuche, das<br />

mir entgegengebrachte Vertrauen nicht zu enttäuschen<br />

und für mein Umfeld die bestmöglichen<br />

Ergebnisse zu erreichen. Besonders motiviert es mich, wenn<br />

Kunden glücklich unser Geschäft verlassen.<br />

Welche Botschaft möchten Sie anderen Unternehmerinnen mitgeben?<br />

Lassen Sie sich nicht von starren Regulierungsvorschriften von Ihren<br />

Ideen abbringen. Wenn Sie etwas erreichen wollen, tun Sie es! Ein<br />

Anderer wird es nicht für sie tun.<br />

Jakob Burck Uhren & Schmuck GmbH<br />

<strong>Das</strong> Unternehmen im hessischen Friedberg wurde 1894 gegründet<br />

und wird in der vierten Generation geführt. Die Schwerpunkte<br />

liegen im Bereich Uhren- und Schmuckeinzelhandel sowie der<br />

Reparatur von Uhren und Schmuck. Bereits seit 15 Jahren ist<br />

das Unternehmen auch im Onlinehandel tätig.<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.juwelier-burck.de<br />

Foto: © Jakob Burck Uhren & Schmuck GmbH


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

91<br />

Ina Richter ist Inhaberin und Geschäftsführerin<br />

der suprima GmbH. Als Textilbetriebswirtin<br />

und Mutter von zwei Kindern<br />

führt sie das Unternehmen in dritter<br />

Generation.<br />

Foto: © suprima GmbH<br />

DER <strong>Mittelstand</strong>.: Frau Richter, wie sind Sie<br />

dazu gekommen, Unternehmerin zu werden?<br />

Ina Richter: suprima ist ein echtes Familienunternehmen<br />

– und übrigens von Beginn an<br />

frauengeführt. Vor mir waren meine Oma und<br />

meine Mutter Geschäftsführerin von suprima.<br />

Schon früh entdeckte ich meine Freude<br />

an textiler Verarbeitung, und mit der Zeit entwickelte<br />

ich auch ein großes Interesse an Themen rund um das Unternehmerinnentum.<br />

Wenn Sie die Zeit zurückdrehen könnten, würden Sie denselben<br />

Weg nochmal gehen? Oder würden Sie etwas anders machen?<br />

Grundsätzlich würde ich den Weg jederzeit wieder gehen, allerdings<br />

mit ein paar Ergänzungen. So würde ich vor allem noch mehr Zeit<br />

in meine Weiterbildung und das Kennenlernen anderer Unternehmen<br />

investieren. Leider habe ich erst relativ spät erkannt, welch großen<br />

Wert Unternehmernetzwerke haben, und wie viel Know-how man allein<br />

durch den Austausch für sich mitnehmen kann.<br />

Welche Entscheidung würden Sie für sich als wegweisend bezeichnen?<br />

<strong>Das</strong> war wohl der Kauf von 50 Prozent Geschäftsanteilen von (ehemaligen)<br />

Gesellschafterinnen aus der Familie. So ist das Unternehmen<br />

mittlerweile in einer Hand. <strong>Das</strong> hat viel Mut und Risikobereitschaft<br />

erfordert.<br />

Sie wurden vom BVMW in der Region Oberfranken als Unternehmerin<br />

des Jahres ausgezeichnet. Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?<br />

Ich denke, dass vor allem drei Faktoren eine große Rolle spielen:<br />

nachhaltiges Wirtschaften, kombiniert mit der Konzentration auf die<br />

Stärken des Unternehmens und eine gute Führung, die den einzelnen<br />

Menschen berücksichtigt. Vor allem der letzte Punkt spielt eine tragende<br />

Rolle, denn ohne die Mitarbeiter ist langfristig kein Unternehmenserfolg<br />

möglich.<br />

Ina Richter wurde 2019 für ihre erfolgreiche Unternehmensführung vom BVMW in der<br />

Region Oberfranken als Unternehmerin des Jahres ausgezeichnet.<br />

Welche Botschaft möchten Sie anderen Unternehmerinnen mitgeben?<br />

1. Beginnen Sie frühzeitig damit, sich ein Netzwerk aus guten<br />

Wegbegleitern und Beratern aufzubauen. <strong>Der</strong> regelmäßige Austausch<br />

mit anderen Unternehmerinnen wird Ihnen in vielen Bereichen<br />

weiterhelfen<br />

2. Seien Sie mutig! <strong>Das</strong> wird anfangs ein mulmiges Gefühl auslösen,<br />

macht sich aber langfristig bezahlt.<br />

3. Definieren Sie Ihre eigenen Wünsche und Ziele in klaren Worten.<br />

Sie helfen Ihnen, nicht die Orientierung zu verlieren.<br />

Die Interviews führe Diana Scholl, BVMW, Leiterin politische Netzwerke<br />

und Strategie, stellvertretende Leiterin Volkswirtschaft.<br />

suprima GmbH<br />

Seit 1935 entwickelt und produziert suprima nun schon in dritter<br />

Generation am Standort Bad Berneck in Nordbayern textile Produkte<br />

für Pflege, Hüftschutz und Inkontinenz. Damit schafft das<br />

Unternehmen wichtige Hilfen für alltägliche Belange, die den Betroffenen<br />

sowie Pflegenden möglichst große Entlastung im Leben<br />

bieten.<br />

BVMW-Mitglied<br />

www.suprima-gmbh.de


92 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Die Denkfabriken<br />

des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

Um die Anliegen des <strong>Mittelstand</strong>s gegenüber der Politik, den Medien und der Öffentlichkeit mit Nachdruck<br />

formulieren und erfolgreich vertreten zu können, ist vor allem eins entscheidend – Expertise. Im<br />

BVMW wird das nötige Wissen zusammen mit den Mitgliedsunternehmen durch ehrenamtliche Facharbeit<br />

in unseren Kom missionen gewonnen. Wir stellen diesmal vor: die Kommission Steuern und<br />

Finanzen und den Experten kreis Förderprogramme.<br />

Steuern und Finanzen<br />

Unsere Kommission Steuern und Finanzen zählt zu den erfolgreichsten<br />

Bundeskommissionen des BVMW. Ziel der Kommissionsarbeit<br />

ist es, die Interessen des deutschen <strong>Mittelstand</strong>s<br />

in der Steuer- und Finanzpolitik nachhaltig und ausdrucksstark zu<br />

vertreten. Im Vordergrund stehen dabei Fragen der Steuervereinfachungen<br />

und -entlastungen sowie die Verbesserung der Finanzierungsmöglichkeiten<br />

für Gründer und gestandene Mittelständler.<br />

Ein zunehmender internationaler Wettbewerb und hohe Steueraufkommen<br />

beeinflussen den Erfolg der kleinen und mittleren Unternehmen.<br />

Ein Mittelständler muss in Deutschland pro Jahr durchschnittlich<br />

218 Stunden für Steuerbürokratie aufwenden – das sind<br />

ganze 79 Stunden mehr als die Konkurrenz in Frankreich. Nicht nur<br />

ein unbürokratisches, schlankes Steuersystem, sondern auch ein<br />

stabiler Finanzsektor ist für das Wirtschaftswachstum in Deutschland<br />

unverzichtbar. Dafür setzt sich die Kommission Steuern und Finanzen<br />

tatkräftig ein.<br />

Durch die breitgefächerte Expertise von Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern,<br />

Geschäftsführern und Risiko-Managern ist die Kommission<br />

im politischen Berlin erfolgreich. Kommissionsmitglieder haben<br />

so die Möglichkeit, mit ihrem Fachwissen die Positionen des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

als Sachverständige im Deutschen Bundestag zu vertreten.<br />

Die Kommission hat sich erfolgreich für den Erhalt der 44-Euro-Freigrenze<br />

und die Erleichterung der steuerlichen Forschungsförderung<br />

eingesetzt.<br />

Expertenkreis Förderprogramme<br />

<strong>Der</strong> kürzlich gegründete Expertenkreis Förderprogramme, Subventionen<br />

und Liquidität ist das neueste Mitglied innerhalb der BVMW<br />

Kommissions- und Expertenkreisfamilie. Vor allem zwei übergeordnete<br />

und langfristig orientierte Ziele prägen die Arbeitsweise des<br />

Expertenkreises. Zum einen möchte der BVMW als wirtschaftspolitischer<br />

Verband dafür Sorge tragen, den Bekanntheitsgrad von<br />

Förderprogrammen innerhalb des deutschen <strong>Mittelstand</strong>s zu vergrößern<br />

und gleichzeitig dadurch sicherstellen, dass vorhandene<br />

Fördermittel auch wirklich abgerufen werden. Gerade kleine und mittelständische<br />

Betriebe schrecken nach wie vor zurück, wenn sie sich<br />

durch den Förderdschungel kämpfen müssen. Zum anderen hat sich<br />

der Expertenkreis als zweites großes Ziel vorgenommen, Förderprogramme<br />

gemeinsam mit der Politik zu optimieren und bürokratische<br />

Hürden abzubauen. Hierfür haben wir sechs thematisch unterschiedliche<br />

Arbeitskreise gegründet, in denen die Förderprogramme<br />

analysiert und sukzessiv verbessert werden.<br />

Katharina Golland<br />

BVMW Referentin für Steuern und Finanzen<br />

katharina.golland@bvmw.de<br />

Matthias Schenk<br />

BVMW Referent Public Affairs<br />

matthias.schenk@bvmw.de<br />

Gut zu wissen<br />

Bei Fragen unserer Mitglieder rund um das Thema der finanziellen<br />

Förderung steht der Expertenkreis Förderprogramme den BVMW-<br />

Mitgliedern mit seiner Expertise zur Seite. Unsere Mitglieder sind eingeladen,<br />

teilzunehmen und ihre Expertise einzubringen.<br />

Kontakt: Matthias Schenk: matthias.schenk@bvmw.de<br />

Weitere Infos unter: www.bvmw.de/ueber-uns/gremien/kommissionen/<br />

Foto: © filmfoto von www.istockphoto.com


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

93<br />

„Wettbewerbsfähigkeit<br />

der<br />

Unter nehmen<br />

zu stärken ist<br />

mein tägliches<br />

Geschäft.<br />

Daniela Bessen<br />

<strong>Mittelstand</strong>snetzwerkerin des BVMW<br />

ICH BIN DER BVMW.<br />

GEMEINSAM<br />

FÜR EINEN STARKEN<br />

MITTELSTAND.<br />

www.mittelstandsjob.de


94 BVMW<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Tag der Politiknetzwerker<br />

in Berlin<br />

Mit einer Einladung in der Bundeshauptstadt hat der BVMW 14 Kolleginnen und Kollegen<br />

ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für den Verband engagieren. In einem spannenden<br />

Programm erhielten sie Einblick hinter die politischen Kulissen Berlins.<br />

Im Auswärtigen Amt trafen sich die Kolleginnen und Kollegen zu<br />

einem offenen Austausch mit dem Referatsleiter für Außenwirtschaftsförderung<br />

Dr. Stephan Grabherr. Dabei ging es um Möglichkeiten<br />

der Beratung und Unterstützung für deutsche Unternehmen<br />

im Ausland. Zudem wurden aktuelle internationale Herausforderungen<br />

für den <strong>Mittelstand</strong>, wie beispielsweise die konsularische Betreuung<br />

deutscher Staatsbürger, diskutiert. <strong>Das</strong> Auswärtige Amt bietet<br />

hierbei vielfältige Vernetzungsangebote für deutsche Unternehmer<br />

im Ausland an. Im Anschluss daran trafen sie sich zu einem Gespräch<br />

mit Dr. Marco Melle von der Stabstelle <strong>Mittelstand</strong>sstrategie<br />

im Bundeswirtschaftsministerium. Er stellte die Strategie vor und beantwortete<br />

offene Fragen. Er lobte den BVMW für seine „Lautstärke”<br />

gegenüber der Politik.<br />

Zum Abschluss des Tages ging es in den Deutschen Bundestag zu<br />

einem gemeinsamen Essen mit Claudia Müller, <strong>Mittelstand</strong>sbeauftragte<br />

von BÜNDNIS 90/Die Grünen.<br />

Kolleginnen und Kollegen des BVMW trafen sich zum Gespräch im Auswärtigen Amt mit dem Referatsleiter für Außenwirtschaftsförderung Dr. Stephan Grabherr.<br />

Impressum<br />

DER <strong>Mittelstand</strong>.<br />

<strong>Unternehmermagazin</strong> des BVMW<br />

Herausgeber<br />

BVMW – Bundesverband<br />

mittelständische Wirtschaft,<br />

Unternehmerverband<br />

Deutschlands e. V.<br />

Mario Ohoven<br />

Potsdamer Straße 7 / Potsdamer Platz<br />

10785 Berlin<br />

www.bvmw.de<br />

Titelbild:<br />

© Monatge: stock.adobe.com /<br />

Alfredo, sunt<br />

Redaktion<br />

Tel.: 030 / 53 32 06-16<br />

Fax: 030 / 53 32 06-50<br />

mittelstand@bvmw.de<br />

Eberhard Vogt (Chefredakteur)<br />

Melanie Müller (Head of Content)<br />

Chiara Ohoven (Art Director)<br />

Felicia Fullbrecht<br />

Charlina Goldhoorn<br />

Anna Lorenz<br />

Friederike Pfann<br />

Tim Schöllmann<br />

Rotger H. Kindermann (Korrespondent)<br />

Verlag<br />

mattheis. werbeagentur gmbh<br />

Kastanienallee 4<br />

10435 Berlin<br />

Tel.: 030 / 34 80 633-0<br />

Fax: 030 / 34 80 633-33<br />

info@mattheis-berlin.de<br />

www.mattheis-berlin.de<br />

Layout und Gestaltung, Mediadaten,<br />

Vermarktung v. Anzeigen & Beilagen<br />

mattheis. werbeagentur gmbh<br />

Tel.: 030 / 34 80 633-0<br />

Fax: 030 / 34 80 633-33<br />

bvmw-anzeigen@mattheis-berlin.de<br />

Rechnungsstelle<br />

BVMW Servicegesellschaft mbH<br />

Potsdamer Straße 7<br />

10785 Berlin<br />

Tel.: 030 / 53 32 06-27<br />

Fax: 030 / 53 32 06-50<br />

servicegesellschaft@bvmw.de<br />

Druckerei<br />

Möller Druck und Verlag GmbH<br />

Zeppelinstr. 6, 16356 Ahrensfelde<br />

<strong>Das</strong> Magazin „DER <strong>Mittelstand</strong>.“ ist das<br />

offizielle Organ des BVMW. Mitglieder<br />

des Verbandes erhalten das Magazin<br />

im Rahmen ihrer Mitgliedschaft. Die<br />

Redaktion übernimmt keine Haftung für<br />

unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Fotos und Illustrationen. Namentlich<br />

gekennzeichnete Beiträge sowie Selbstdarstellungen<br />

von Unternehmen müssen<br />

nicht der Meinung der Redaktion<br />

entsprechen.<br />

ISSN: 2510-425X<br />

Druckauflage: 33.000<br />

4/2019<br />

Einem Teil unserer Ausgabe<br />

(Nielsengebiet II/NRW) liegt eine<br />

Sonderausgabe des FOCUS für<br />

die Mitglieder des BVMW bei.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BVMW<br />

95<br />

Zukunft geht auch ohne Abi<br />

Gut ausgebildeten Fachkräften stehen im <strong>Mittelstand</strong> alle Türen offen. Als erstes muss sich aber die<br />

Bildungspolitik grundlegend ändern. Wir brauchen eine neue Wertschätzung für Haupt- und Realschulabschlüsse<br />

und für die berufliche Bildung. Dafür plädiert Patrick Meinhardt, Generalsekretär der<br />

Bildungsallianz des <strong>Mittelstand</strong>s, in einem Elternbrief.<br />

Foto: © industrieblick von stock.adobe.com<br />

Liebe Eltern, lasst Eure Kinder das machen, was ihren Talenten<br />

entspricht. Nicht jeder muss Abitur machen, nicht jeder muss<br />

studieren. <strong>Das</strong> ist das Schöne: Wir brauchen in Deutschland<br />

gute Master und gute Meister.<br />

Wir brauchen nicht 2,7 Millionen Studierende und gleichzeitig nur<br />

knapp eine Millionen Auszubildende. Hunderttausende junger Menschen<br />

machen Abitur, fangen an zu studieren und brechen innerhalb<br />

der ersten drei Semester ihr Studium ab, um dann mit fünf Jahren<br />

Verspätung in eine duale Ausbildung zu gehen. Wer heutzutage<br />

noch glaubt, dass das Studium die Bildung mit der besten Perspektive<br />

ist, hat wohl allzu lange nicht mehr versucht, einen Handwerker<br />

nach Hause zu bekommen. Handwerk hat goldenen Boden – das gilt<br />

heute noch viel mehr als früher.<br />

In Deutschland gibt es mindestens 60.000 unbesetzte Ausbildungsstellen,<br />

und das sind nur die gemeldeten Zahlen. <strong>Das</strong> war nicht immer<br />

so: Noch vor einigen Jahren hatten es Schulabgänger deutlich<br />

schwerer, eine Lehrstelle zu finden. Dieser Trend hat sich umgekehrt<br />

– mit weitreichenden Folgen für die Nachfolge, für die Selbstständigkeit<br />

und für die Wachstumschancen der gesamten Volkswirtschaft.<br />

Gut zu wissen<br />

n Die Bildungsallianz des <strong>Mittelstand</strong>s plant für 2<strong>02</strong>0 die Gründung<br />

von bis zu 30 regionalen Bildungsallianzen<br />

n Die Bildungsallianz setzt 2<strong>02</strong>0 ihre Bildungstour fort und trifft sich<br />

mit den Kultusministern aller Bundesländer<br />

Dabei bietet gerade eine duale Ausbildung gute Jobaussichten. <strong>Das</strong><br />

oft anspruchsvolle Zusammenspiel aus praktischer Arbeit in den Unternehmen<br />

und Berufsschule ist ein deutsches Erfolgsmodell, das<br />

junge Leute leichter in den ersten Arbeitsmarkt integriert als junge<br />

Menschen in anderen Ländern. Doch dieses Modell braucht Kandidaten,<br />

die über die nötigen Voraussetzungen verfügen.<br />

Zwar ist auch in der Berufsausbildung ein Scheitern möglich, aber<br />

Betriebe haben es oft leichter als Hochschulen, die Leistungsbereitschaft<br />

junger Menschen zum Leben zu erwecken. Trotzdem verlieren<br />

mittlere Bildungsabschlüsse und klassische Berufsausbildungen<br />

immer weiter an Akzeptanz, was zur Folge hat, dass die Theorie in<br />

der Bildung immer stärker gewichtet wird als die Praxis, und der Eintritt<br />

ins Berufsleben immer später erfolgt.<br />

<strong>Das</strong> duale System ist eine tragende Säule für die Abdeckung des<br />

Fachkräftebedarfs in Deutschland. Solange wir in Deutschland, in<br />

dem Land, in dem der <strong>Mittelstand</strong> das Rückgrat der Wirtschaft ist, einen<br />

Auszubildenden für einen Bil dungsabsteiger halten, solange ticken<br />

wir nicht richtig!<br />

Patrick Meinhardt<br />

BVMW Generalsekretär der Bildungsallianz<br />

des <strong>Mittelstand</strong>s<br />

patrick.meinhardt@bvmw.de


96 KULTUR<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

Kultur<br />

Serientipp:<br />

Die verlorene Tochter<br />

Um gegen die großen globalen Streamingdienste zu konkurrieren, muss man mit einer guten<br />

Idee daherkommen. Die sechsteilige Mini-Serie „Die verlorene Tochter“, geschrieben von Christian<br />

Jeltsch und inszeniert von Kai Wessel, überzeugt nicht nur mit krimierfahrenen Akteuren des<br />

deutschen Fernsehfilms, sondern erzählt auch das altbekannte Motiv eines Vermisstenfalls neu.<br />

Fotos: © ZDF/Mathias Bothor; ZDF/Alexander Fischerkoesen<br />

In den rund 270 Sendeminuten wird der Zuschauer<br />

Zeuge eines sich zuspitzenden<br />

Familiendramas, das es durchaus versteht,<br />

den Zuschauer in seinen Bann zu ziehen.<br />

Zehn Jahre ist es her, dass Isa (Henriette<br />

Confurius), die Tochter der Brauerei-Familie<br />

von Gems, in der Nacht des Schulfestes<br />

in Lotheim spurlos verschwunden ist. All die<br />

Jahre nur Gerüchte und offene Fragen, keine<br />

Hinweise, keine Zeugen – nichts. Bis zu<br />

dem Tag, an dem Isa wieder auftaucht. Jahre<br />

später, allerdings ohne Antworten. Durch eine<br />

Amnesie kann sie sich nicht erinnern und<br />

nimmt damit den Menschen aus ihrer Vergangenheit<br />

alle Hoffnung auf die erlösende<br />

Wahrheit. <strong>Der</strong> ganze Ort scheint mit Isas<br />

Rückkehr aus seinem Dornröschenschlaf zu<br />

erwachen. Isas Eltern (Christian Berkel und<br />

Claudia Michelsen), ihre Großmutter (Hildegard<br />

Schmahl), ihr Bruder (Rick Okon), sie alle<br />

müssen lernen, sich mit Isas Rückkehr zu<br />

arrangieren und der psychisch kranken jungen<br />

Frau Freiraum zu geben. <strong>Der</strong> unermüdliche<br />

Kommissar Peter Wolff (Götz Schubert)<br />

hingegen hofft, nun endlich die Wahrheit herausfinden<br />

zu können, nachdem er damals<br />

mit seinen Ermittlungen scheiterte. Isa selbst<br />

begibt sich derweil mit Unterstützung ihrer<br />

Jugendliebe Robert (Max von der Groeben)<br />

auf die Suche nach ihrer verlorenen Identität.<br />

Geheimnisvolles Familiendrama<br />

Rückblenden zu Beginn jeder Folge, wie sie<br />

aus der US-Krimiserie „How to Get Away<br />

with Murder“ bekannt sind, lassen den Zuschauer<br />

immer mehr über die Nacht erfahren,<br />

in der Isa verschwand. Die Geschehnisse<br />

des Abends setzten sich so Folge für Folge<br />

wie ein Puzzle zusammen. Langsam kommt<br />

zum Vorschein, dass die junge Brauerei-Erbin<br />

vor ihrem Verschwinden mutwillig angefahren<br />

wurde und getötet werden sollte. Warum<br />

es jemand auf die damals 16-Jährige<br />

abgesehen hatte, bleibt jedoch bis zur letzten<br />

Folge das ungelöste Rätsel. Christian Jeltsch<br />

und Kai Wessel schaffen es, den Spannungsbogen<br />

durchgehend hoch zu halten. Dafür<br />

sorgen unter anderem Cliffhanger am Ende<br />

jeder Folge, die das Publikum an den Bildschirm<br />

fesseln.<br />

Entscheidend für die Dynamik der Erzählung<br />

sind vor allem die sehr überzeugenden Darstellerinnen<br />

Henriette Confurius und Claudia<br />

Michelsen. Confurius verkörpert die Rolle einer<br />

jungen Frau mit angeknackster Psyche,<br />

die ihre traumatische Vergangenheit verdrängt<br />

hat, sehr authentisch. Doch auch Michelsen,<br />

als Mutter der Vermissten, zeigt,<br />

wie sehr der Verlust eines Kindes selbst die<br />

stärkste Familie brechen kann. Mit der Besetzung<br />

von Max von Groeben, bekannt aus<br />

der „Fack ju Göthe“-Reihe, als Isas Jugendliebe<br />

Robert scheinen die Produzenten auch<br />

junges Publikum begeistern zu wollen. <strong>Der</strong><br />

28-Jährige besticht durch überzeugende<br />

Schauspielkunst und zeigt, dass er sich seit<br />

seinem Durchbruch 2013 zu einem ernst zu<br />

nehmenden Schauspieler entwickelt hat.<br />

International und doch ganz ländlich<br />

Die sechsmal 45 Minuten erfüllen ganz klar<br />

das Genre eines Dramas, das allerdings mit<br />

einer packenden kriminalistischen Handlung<br />

daherkommt. Auch die Absicht, der Mini-Serie<br />

einen internationalen Charakter durch die<br />

teilweise französisch sprechende Protagonistin<br />

und deren amerikanische Schwägerin<br />

einzuhauchen, verleiht der Serie ein Alleinstellungsmerkmal<br />

und grenzt sie von anderen<br />

deutschen Produktionen ab. Vor allem<br />

Jugendfreund Robert (Max von der Groeben) unterstützt<br />

Isa nach ihrer Rückkehr.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

KULTUR 97<br />

„DIE VERLORENE TOCHTER“<br />

Serie Krimidrama (D 2<strong>02</strong>0)<br />

Regie Kai Wessel<br />

Mit Henriette Confurius, Christian Berkel,<br />

Claudia Michelsen, Götz Schubert, Max<br />

von der Groeben, Hildegard Schmahl,<br />

Rick Okon<br />

Brauerei-Familie von Gems versucht, die Vergangenheit hinter sich zu lassen.<br />

In der ZDF Mediathek verfügbar<br />

bis 19. Juli 2<strong>02</strong>0<br />

aber filmisch erfüllt „Die verlorene Tochter“<br />

allerhöchste Ansprüche. Szenenbilder<br />

und Locations besitzen eine große narrative<br />

Kraft, die den fiktiven Ort der Erzählung<br />

als eine alteingesessene Gemeinde im hessischen<br />

Land zum Leben erwachen lassen.<br />

Besonders authentisch sind die Aufnahmen<br />

der Brauerei „Gemsbräu“, für die das Filmteam<br />

extra ins Gießener Umland nach Lich<br />

reiste.<br />

Unterm Strich beweist die deutsche Krimiproduktion<br />

im Serienformat, dass sie<br />

den zahlreichen Werken der internationalen<br />

Streamingdienste ein würdiger Gegner<br />

ist. Wer deutsche Krimi-Serien schätzt, bekommt<br />

ein Unterhaltungsprogramm mit immer<br />

wieder überraschenden Handlungssträngen<br />

geboten.<br />

Felicia Fullbrecht<br />

BVMW Presse- und<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Großmutter Lore (Hildegard Schmahl) stellt Nachforschungen über ihre Enkelin an.<br />

felicia.fullbrecht@<br />

bvmw.de


98 KULTUR<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

„Frauen müssen häufig<br />

die besseren Männer sein“<br />

Mariette Rissenbeek ist seit 2<strong>02</strong>0 Geschäftsführerin der Internationalen Filmfestspiele Berlin und<br />

damit die erste Frau an der Berlinale-Spitze. Im Interview mit DER <strong>Mittelstand</strong>. spricht sie unter<br />

anderem über Sponsoring, Unternehmensnachfolge und Frauen in Führungspositionen.<br />

DER <strong>Mittelstand</strong>.: Frau Rissenbeek, wie<br />

waren Sie bei Ihrer ersten Berlinale bei der<br />

Auswahl der Filme mit eingebunden?<br />

Mariette Rissenbeek: Bei einigen wichtigen<br />

Filmen wollte Carlo Chatrian als künstlerischer<br />

Leiter noch mal meine Meinung<br />

hören, und wir haben gemeinsam überlegt:<br />

Ist das eventuell ein Eröffnungsfilm, ja oder<br />

nein? Nehme ich diesen Film in den Wettbewerb<br />

oder in die Berlinale Special Gala? Aber<br />

grundsätzlich haben wir die Aufgabenbereiche<br />

getrennt, das war auch deutlich die Absicht.<br />

Carlo Chatrian sollte Zeit haben, um die<br />

Filme auszusuchen und ein künstlerisches<br />

Konzept für das Festival zu entwickeln.<br />

Im Rahmen der Berlinale findet jedes Jahr<br />

auch die Messe EFM, der European Film<br />

Market statt. Welche Bedeutung hat dieser<br />

Filmmarkt?<br />

Seitdem die Berlinale am Potsdamer Platz<br />

stattfindet, und der Filmmarkt in den nahegelegenen<br />

Martin-Gropius-Bau verlegt worden<br />

ist, hat sich der Markt sehr stark entwickelt.<br />

<strong>Der</strong> EFM hat sich nicht nur in puncto<br />

Markteilnehmer gesteigert, sondern auch<br />

seine Aktivitäten und Veranstaltungsformate<br />

enorm erweitert; wo es natürlich einen Zusammenhang<br />

gibt. Interessant am EFM der<br />

Berlinale ist eben diese Wechselwirkung zwischen<br />

Markt und Festival. Zudem ist der<br />

Zeitpunkt dieses Branchentreffens filmwirtschaftlich<br />

gut gelegen. Berlin ist auch eine<br />

Stadt, in der noch bezahlbare Hotelzimmer<br />

zu bekommen sind. Die Berlinale ist immer<br />

ein Festival gewesen ist, das für einen breiteren<br />

Interessenkreis gedacht ist. Also diese<br />

Sogwirkung von einem sehr gut funktionierenden<br />

Markt und gleichzeitig auch sehr<br />

aktiven und attraktiven Festival sowie der<br />

Stadt Berlin, diese einzigartige Kombination<br />

hat dazu geführt, dass heute die internationale<br />

Filmbranche in Berlin mit dabei sein will.<br />

Hier werden richtig Filme eingekauft?<br />

Ja. Es werden Filme eingekauft, aber natürlich<br />

auch Projekte für die Zukunft angestoßen.<br />

Man lernt sich kennen, redet über die<br />

Finanzierung eines nächsten Projektes, Auswertungsmöglichkeiten<br />

oder aber auch, wo<br />

geht‘s hin mit dem Kino? Die digitale Entwicklung<br />

ist ein großes Thema, über das man sich<br />

in der Branche viele Gedanken macht. Sich<br />

mit Menschen auszutauschen, das ist ein<br />

wichtiger Aspekt des Filmmarktes hier.<br />

Die Berlinale zählt zu den bedeutendsten<br />

Filmfestivals der Welt. Wie stark profitiert<br />

die Stadt Berlin von der Veranstaltung?<br />

Wir hatten in diesem Jahr um die 22.000 akkreditierte<br />

Gäste. Sie buchen Hotels, organisieren<br />

Empfänge und Partys, gehen mit<br />

Kunden essen … Hotel-, Gastronomie- und<br />

Taxibranche, sie alle profitieren sehr stark<br />

von der Berlinale. <strong>Das</strong> Festival lädt immer<br />

nur den oder die Regisseur*in oder ein, zwei<br />

Schauspieler pro Film ein. Übernommen<br />

werden nur die Hotelkosten. Alle weiteren<br />

Kosten müssen die Produzenten und die Unternehmen<br />

selber tragen. Und die investieren<br />

richtig viel, um dann hier vor Ort ihr Filmteam<br />

gut präsentieren zu können. Und nicht zu<br />

vergessen die internationale Presse, die nach<br />

Berlin anreist und in ihren eigenen Ländern<br />

entweder konkret übers Festival und damit<br />

über die Stadt Berlin berichtet. So wird Berlin<br />

als attraktives Reiseziel vermittelt wird oder<br />

„the Place to be“.<br />

Die Berlinale erhält Gelder vom Bund und<br />

vom Land Berlin. Wie hoch ist der Anteil der<br />

Sponsoren aus der Wirtschaft?<br />

Insgesamt wird ein nicht unwesentlicher Teil<br />

über die Sponsoren finanziert. Neben der finanziellen<br />

Unterstützung und den Produktbeistellungen<br />

schaffen sie auch Orte für die<br />

Festivalbesucher und tragen zu Services bei.<br />

Es sind natürlich einige große Unternehmen,<br />

aber auch letztendlich mittelständische Unternehmen,<br />

die das Festival unterstützen. Zu<br />

denen zählt beispielsweise die Firma Akkumat<br />

die uns Handyladestationen zur Verfügung<br />

stellt. Aber auch größere Unternehmen<br />

wie Colt, deren Glasfaserleitungen für die<br />

Anbindung der Kinos sehr wichtig ist, leisten<br />

einen wichtigen Beitrag, um die Innovations-<br />

und Zukunftsfähigkeit der Berlinale sicherzustellen<br />

...<br />

<strong>Das</strong> Thema Nachfolge zählt im <strong>Mittelstand</strong><br />

zu den wichtigsten. Was geben Sie Unternehmerinnen<br />

und Unternehmern auf den Weg?<br />

Als ich 2011 als Geschäftsführerin bei German<br />

Films begann, habe ich von Anfang an<br />

versucht, meine Verantwortung und mein<br />

Wissen mit anderen zu teilen. Für mich ist<br />

es wichtig, Menschen zu haben, die in ihren<br />

Bereichen genau wissen, was zu tun ist. Und<br />

das möchte ich gerne auch hier versuchen.<br />

Zwei, drei Menschen haben, die über relativ<br />

viel Wissen verfügen, damit eine spätere<br />

Nachfolge glattlaufen kann. Und die Berlinale<br />

ist noch mal ein besonderes Unternehmen:<br />

Wir hatten beispielsweise im letzten Sommer<br />

60 Mitarbeiter, im Februar 2<strong>02</strong>0 waren es um<br />

die 1.600. Aber um auf die Nachfolge zurückzukommen:<br />

Ich glaube, alles, was dem Unternehmen<br />

guttut, ist bei der Nachfolge wichtig.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

KULTUR<br />

99<br />

Man sollte früh genug loslassen können und<br />

Strukturen etablieren, die dann eine Nachfolge<br />

sichern, sodass der Nachfolger oder die<br />

Nachfolgerin nicht bei Null anfangen muss.<br />

Ansonsten verzögert sich nur die Weiterentwicklung<br />

des Unternehmens.<br />

Gute Startchancen für eine neue Führung<br />

sind enorm wichtig. Darum sollte man versuchen,<br />

von seinen eigenen Interessen abzurücken.<br />

Aber das ist sicher nicht immer leicht.<br />

Foto: © Alexander Janetzko / Berlinale 2019<br />

Gut zu wissen<br />

n Mariette Rissenbeek wurde 1956 in den Niederlanden geboren und studierte Deutsche Sprache<br />

und Literatur, Theaterwissenschaften und Soziologie an der Rijksuniversiteit Utrecht und der<br />

Freien Universität Berlin. 2003 übernahm Mariette Rissenbeek die Zuständigkeit für internationale<br />

Fes tivalbeziehungen und Öffentlichkeitsarbeit bei German Films und wurde 2011<br />

Geschäftsführerin. Seit 2<strong>02</strong>0 ist Mariette Rissenbeek Geschäftsführerin der Internationalen<br />

Filmfestspiele Berlin.<br />

n Die Internationalen Berliner Filmfestspiele wurden 1951, zu Beginn des Kalten Krieges, als<br />

„Schaufenster der freien Welt“ für das Berliner Publikum ins Leben gerufen. Mit der Berlinale<br />

2<strong>02</strong>0 feierten die Internationalen Filmfestspiele Berlin ihren 70. Geburtstag. <strong>Das</strong> Jubiläumsfestival<br />

war die erste Edition, die unter der gemeinsamen Leitung von Geschäftsführerin Mariette<br />

Rissenbeek und dem Künstlerischen Leiter Carlo Chatrian stattfand.<br />

Frauen in der Wirtschaft in Führungsposition<br />

sind nach wie vor unterrepräsentiert. Die Leiter<br />

der Berlinale der vergangenen Jahre waren<br />

Männer. Muss die Filmwirtschaft noch<br />

weiblicher werden?<br />

Ja, unbedingt. Es gibt in der Filmbranche einige<br />

Institutionen wie zum Beispiel Pro Quote<br />

Film, da geht es dann eben um eine 50 zu<br />

50 Frauenquote. Bei der Regie liegt die Quote<br />

derzeit bei 32 Prozent Frauen. Es gibt sehr<br />

wenige Produktionsunternehmen, die von<br />

Frauen geführt werden. Egal ob Sony, UIP, Fox<br />

oder Constantin – an der Spitze stehen Männer.<br />

Ich denke, es wird noch eine Weile dauern,<br />

bis man es als normal empfindet, dass<br />

eine Frau eine führende Position und einen<br />

verantwortungsvollen Posten übernimmt.<br />

Frauen müssen häufig heute noch die besseren<br />

Männer sein und deren Führungsstil<br />

übernehmen, um anerkannt zu werden. Die<br />

Frage ist doch: Ist es für eine Frau möglich,<br />

auf eine andere Art zu führen, ohne dass sie<br />

belächelt wird? Ohne zu manipulieren und<br />

Macht auszuüben? Zum Glück gibt es Frauen,<br />

die zeigen, dass es auch anders geht.<br />

Über dieses Thema könnte man noch viele<br />

interessante Filme drehen …<br />

Ja, auf jeden Fall.<br />

Vielen herzlichen Dank für das Gespräch.<br />

<strong>Das</strong> Interview führten Anna Lorenz und<br />

Friederike Pfann.


100 KULTUR<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

BuchTipps<br />

<strong>Der</strong> Wettlauf um die Digitalisierung,<br />

Potenziale und Hürden in Industrie, Gesellschaft<br />

und Verwaltung<br />

Persönliche Empfehlung<br />

von Mario Ohoven!<br />

Prof. Dr.-Ing. Kai Lucks erarbeitet in<br />

seinem Buch die aktuellen Herausforderungen<br />

unseres Landes systematisch<br />

und stellt die Frage, ob das „Modell<br />

Deutschland“, das als Sozialstaat für attraktive<br />

Arbeitsplätze, für Wissenschaft, für freiheitliches<br />

Denken und Umweltschutz steht,<br />

überhaupt gegen die radikalen Digital-Ansätze<br />

in den USA und Chinas erfolgreichen Widerstand<br />

leisten kann. <strong>Der</strong> Autor behandelt<br />

mit der digitalen Transformation den größten<br />

Wandel, dem Deutschland in der jüngeren<br />

Geschichte ausgesetzt ist. Dabei handelt<br />

es sich um ein gesamtgesellschaftliches<br />

Phänomen.<br />

Lucks widmet sich in einem umfassenden<br />

Spannungsbogen sowohl den historischen<br />

Entwicklungen technologischer, wirtschaft-<br />

licher und gesellschaftlicher Natur als auch<br />

unseren derzeitigen Infrastrukturen und Managementverfahren.<br />

Auch der Bereich Cyber<br />

Security wird von ihm betrachtet und herausragend<br />

wichtige Gebiete, deren weitergehende<br />

Digitalisierung wettbewerbsentscheidend<br />

ist, analysiert.<br />

<strong>Der</strong> Autor ist Vorsitzender des Bundesverbandes<br />

Mergers & Acquisitions e. V., einem<br />

Partner der <strong>Mittelstand</strong>sallianz des BVMW,<br />

sowie Leiter des MMI Merger Management<br />

Instituts. Er war zudem langjährig in führenden<br />

Positionen für die Siemens AG tätig.<br />

<strong>Der</strong> Wettlauf um die<br />

Digitalisierung<br />

Potenziale und Hürden in Industrie,<br />

Gesellschaft und Verwaltung<br />

Kai Lucks<br />

Schäffer-Poeschel<br />

670 Seiten<br />

89,95 €<br />

Deutschland wird abgehängt<br />

Ein Lagebericht<br />

Rainer Wendt<br />

Riva<br />

187 Seiten<br />

Souverän investieren<br />

für Einsteiger<br />

Wie Sie mit ETFs ein Vermögen bilden<br />

Gerd Kommer<br />

Campus Verlag<br />

240 Seiten<br />

Bargeldverbot<br />

Alles, was Sie über die kommende<br />

Bargeldabschaffung wissen müssen<br />

Dr. Ulrich Horstmann,<br />

Prof. Dr. Gerald Mann<br />

FBV<br />

192 Seiten<br />

19,99 €<br />

19,95 €<br />

8,99 €<br />

Gleichgewicht der Macht<br />

<strong>Der</strong> ewige Kampf zwischen Staat<br />

und Gesellschaft<br />

Daron Acemoglu, James A. Robinson<br />

S. Fischer<br />

784 Seiten<br />

28,00 €<br />

<strong>Der</strong> globale Green New Deal:<br />

Warum die fossil befeuerte Zivilisation<br />

um 2<strong>02</strong>8 kollabiert – und ein kühner<br />

ökonomischer Plan das Leben auf der<br />

Erde retten kann<br />

Jeremy Rifkin<br />

Campus Verlag<br />

319 Seiten<br />

26,95 €<br />

Feuer und Flamme für<br />

den Vertrieb<br />

So entwickeln Sie Ziele,<br />

für die Ihr Team brennt<br />

Stephan Kober<br />

SpringerGabler<br />

211 Seiten<br />

29,98 €<br />

Bitte richten Sie Ihre Bestellungen an: BVMW-Servicegesellschaft mbH, Berlin; servicegesellschaft@bvmw.de; Tel. 030 / 53 32 06-572<br />

Alle Preise ohne Gewähr. Sie erhalten alle Bücher versandkostenfrei.


DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

KULTUR<br />

101<br />

AppTipps<br />

Twist:<br />

Ganz einfach interkulturelle<br />

Kompetenz fördern mit der<br />

Twist-App<br />

Odoo:<br />

Die Open-Source Management-Software<br />

für die<br />

Unternehmensleitung<br />

Todoist:<br />

To-Do List & Aufgaben<br />

Im Zuge der Globalisierung werden interkulturelle<br />

Kompetenzen der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter für Unternehmen immer<br />

wichtiger. Verständnis von kulturellen Verhaltensmustern<br />

sind im internationalen<br />

Rahmen unentbehrlich.<br />

Die aus der Kooperation von LANEO und<br />

der Twist Consulting Group entstandene<br />

App sensibilisiert auf interaktive wie auch<br />

multimediale Weise für interkulturelle Kompetenz<br />

im Berufsalltag. So werden etwa die<br />

Grundlagen der sechs Kulturdimensionen<br />

nach Hofstede gelehrt und das Gespür für<br />

interkulturelle Kompetenz gefördert. Mit der<br />

Twist-App können Sie auf fünf Kontinenten<br />

Ihre Projekte weltweit mit kompetenten<br />

Experten unterstützen. Die App ist kostenlos<br />

im Apple App Store und im Google Play Store<br />

verfügbar.<br />

Mit der ERP-App (Enterprise-Resource-<br />

Planning) Odoo können Geschäftsprozesse<br />

in kleinen und mittleren Unternehmen einfach<br />

organisiert werden.<br />

Die App beinhaltet in den Kategorien Web,<br />

Verkauf und Betrieb Module wie etwa CRM,<br />

Marketing Automation oder Lager sowie<br />

Buchhaltung.<br />

Durch den modularen Aufbau der App kann<br />

das System ganz individuell zusammengestellt<br />

und nach Belieben vergrößert oder<br />

verkleinert werden. <strong>Das</strong> ERP-System ist frei<br />

skalierbar und wächst mit Ihrem Unternehmen<br />

– ob in Unternehmenszahlen oder<br />

Unternehmensbereichen.<br />

Die App ist in der Community-Version mit<br />

allen Features kostenlos im Google Play<br />

Store und im Apple App Store verfügbar.<br />

Laut The Verge „die derzeit beste To-Do List<br />

App“. Mit der App Todoist werden Aufgaben<br />

erfasst und organisiert sowie an Fälligkeitstermine<br />

erinnert. Durch das Tool der Aufgabenzuweisung<br />

ermöglicht die App zudem<br />

die Zusammenarbeit an Projekten im Team.<br />

Die Produktivitätsapp ist auf jedem Gerät<br />

verfügbar und wird in Verbindung mit bereits<br />

genutzten Apps ganz einfach Dreh- und<br />

Angelpunkt für die Organisation des Arbeitsund<br />

Lebensalltags. Durch die Setzung von<br />

Tages- und Wochenzielen können auch große<br />

Erfolge Schritt für Schritt erreicht werden,<br />

dabei visualisiert die App den persönlichen<br />

Produktivitätsverlauf.<br />

Todoist gibt die Gewissheit, dass alles<br />

organisiert und dokumentiert ist, damit in<br />

den Bereichen Fortschritte gemacht werden<br />

können, die wichtig sind.<br />

Die Basisversion der App ist kostenlos im<br />

Google Play Store sowie im Apple App Store<br />

verfügbar.<br />

https://bvmw.info/twist-app<br />

https://odoo.koeln<br />

https://todoist.com/de


1<strong>02</strong> KULTUR<br />

Geistesblitze<br />

DER MITTELSTAND. 2 | 2<strong>02</strong>0<br />

„Die einzige Möglichkeit,<br />

etwas vom Leben zu<br />

haben, ist, sich mit aller<br />

Macht hineinzustürzen.“<br />

Angelina Jolie<br />

„Die digitale Revolution ist eine<br />

soziale Revolution. Wir müssen alle<br />

Bürger mitnehmen. Über die Technik<br />

mache ich mir weniger Sorgen.“<br />

Dorothee Bär<br />

„Misserfolg ist lediglich eine<br />

Gelegenheit, mit neuen Ansichten<br />

noch einmal anzufangen.“<br />

Henry Ford<br />

„Die größte Ehre,<br />

die man einem<br />

Menschen antun<br />

kann, ist die,<br />

dass man zu ihm<br />

Vertrauen hat.“<br />

Matthias Claudius<br />

„Nichts ist absolut. Alles verändert<br />

sich, alles bewegt sich, alles dreht sich,<br />

alles fliegt und verschwindet.“<br />

Frida Kahlo<br />

„Folge nie der Menge, nur<br />

weil du Angst hast, anders<br />

zu sein.“<br />

Margaret Thatcher<br />

„Innovation unterscheidet zwischen<br />

einem Leader und einem Follower.“<br />

Steve Jobs<br />

„Man muss mehrere Vorbilder haben,<br />

um nicht eine Parodie eines einzelnen<br />

zu werden.“<br />

Erich Kästner<br />

Fotos: © wikipedia.org; Christian_Weber; Thatcher Estate


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