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88 SERVICE<br />

<strong>DER</strong> MITTELSTAND. 1 | <strong>20</strong><strong>20</strong><br />

RECHTSHOTLINE<br />

Achtung bei Arbeit auf Abruf!<br />

Bei der sogenannten Arbeit auf Abruf hat der Arbeitnehmer seine<br />

Arbeitsleistung entsprechend dem betrieblichen Bedarf zu<br />

erbringen. Die Idee dahinter ist, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer<br />

immer nur dann zur Arbeit heranzieht, wenn es einen betrieblichen<br />

Bedarf gibt.<br />

Festlegung von Mindeststunden<br />

Dieser Möglichkeit, die Arbeitsleistung von Arbeitnehmern und damit<br />

auch die Lohnkosten an den tatsächlichen Arbeitsbedarf anzupassen,<br />

waren jedoch schon immer Grenzen gesetzt. Eine dieser Grenzen<br />

bestand von vornherein darin, dass im Arbeitsvertrag eine Mindestmenge<br />

an Arbeitsstunden pro Woche festgelegt sein musste.<br />

Gab es diese Festlegung nicht, so gilt eine gesetzliche Fiktion von<br />

derzeit <strong>20</strong> Arbeitsstunden pro Woche. Hieraus resultiert häufig das<br />

folgende Problem:<br />

Wenn die Anzahl an Stunden im Arbeitsvertrag nicht festgelegt wurde,<br />

und der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer somit eine Mindestbeschäftigung<br />

von <strong>20</strong> Stunden pro Woche schuldet, muss der Arbeitgeber<br />

den Arbeitnehmer auch dann für die vollen <strong>20</strong> Stunden<br />

pro Woche vergüten, wenn er deutlich weniger oder sogar gar keine<br />

Arbeitsleistung abgerufen hat. Auch wenn Arbeitnehmer häufig<br />

aus Unkenntnis ihre Ansprüche nicht geltend machen, hat die fehlende<br />

Festlegung von Mindeststunden gravierende Folgen, die daraus<br />

resultieren, dass die Sozialversicherungsbeiträge nicht nur für<br />

die Stunden geschuldet werden, die ihm tatsächlich vergütet wurden,<br />

sondern für alle Stunden, die hätten vergütet werden müssen.<br />

450-Euro-Grenze<br />

Durch die Neuregelung der Mindeststundenanzahl durch die Heraufsetzung<br />

auf <strong>20</strong> Stunden pro Woche wird nun in Kombination mit dem<br />

geltenden Mindestlohn regelmäßig die 450-Euro-Grenze für eine geringfügige<br />

Beschäftigung überschritten. Das kann wiederum zur Folge<br />

haben, dass Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen<br />

Umfang nachgezahlt werden müssen, und zwar in voller Höhe durch<br />

Die BVMW-Rechtshotline erreichen Sie:<br />

Mo bis Fr 10.00 – 17.00 Uhr<br />

Tel.: 030 / 53 32 06-963 | Fax: 030 / 53 32 06-50<br />

rechtshotline@bvmw.de<br />

den Arbeitgeber. Hinzu kommt noch, dass das Nichtentrichten von<br />

Beiträgen zur Sozialversicherung als Vorenthalten von Arbeitsentgelt<br />

strafbar ist. Die Vereinbarung einer möglichst niedrigen Stundenzahl<br />

kann dies zwar verhindern, jedoch nur unter deutlicher Beschränkung<br />

der Flexibilität, denn der Arbeitgeber darf maximal 25 Prozent<br />

über die vereinbarte Mindestarbeitszeit hinaus abrufen.<br />

Das heißt nicht, dass es keine Möglichkeiten gibt, den Anfall von Arbeitsleistung<br />

und damit die Lohnkosten zu flexibilisieren. So können<br />

Regelungen zu Arbeitszeitkonten weiterhelfen, um zum Beispiel im<br />

Saisonbetrieb die notwendige Flexibilität zu schaffen. Hierbei sollte<br />

aber aus den oben genannten Gründen genau geprüft werden, dass<br />

die Regelungen rechtssicher sind.<br />

Gut zu wissen<br />

n Festlegung der Mindeststunden bei Arbeit auf Abruf vertraglich<br />

festhalten, um eine Mehrvergütung zu vermeiden<br />

n Ggf. müssen Sozialversicherungsbeiträge in einem erheblichen<br />

Umfang nachgezahlt werden<br />

n Es gibt keine Möglichkeiten, den Anfall von Arbeitsleistung und<br />

damit die Lohnkosten zu flexibilisieren<br />

Dr. Jens Kaspers<br />

Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />

ZIRNGIBL Rechtsanwälte Partnerschaft mbB<br />

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www.zl-legal.de<br />

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Prof. Dr. Benjamin Weiler<br />

Rechtsanwalt<br />

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