19.02.2020 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 15

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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20 Arbeitswelt<br />

«Wenn sie ihren Einfluss nicht geltend macht, wird die<br />

PostCom zu einer bürokratischen Behörde.» Christian Capacoel<br />

Die PostCom muss<br />

mutiger werden<br />

Eine dezidierte und hörbare PostCom ist unabdingbar für ihre<br />

eigene Legitimation.<br />

Stopp dem staatlich anerkannten Lohndumping! (© <strong>syndicom</strong>)<br />

Der Auftrag des Bundesrates an die<br />

Eidgenössische Postkommission (Post-<br />

Com) ist klar. Sie soll den schweizerischen<br />

Postmarkt beaufsichtigen, sicherstellen,<br />

dass die Grundversorgung<br />

in hoher Qualität erfolgt, und sie soll<br />

einen fairen Wettbewerb sichern. Für<br />

<strong>syndicom</strong> und die Mitarbeitenden der<br />

Kurierbranche besteht insbesondere<br />

bei der Grundversorgung und beim<br />

fairen Wettbewerb dringender Handlungsbedarf.<br />

Die Digitalisierung hat in einigen<br />

Servicebereichen der Poststellen zu<br />

Kundenrückgängen geführt. Die Post<br />

reagiert darauf mit einem Kahlschlag,<br />

statt die Chancen des wachsenden Paketmarktes<br />

zu nutzen und sich dementsprechend<br />

mit den stärker gefragten<br />

Dienstleistungen im Paketmarkt zu<br />

positionieren. Das Ausmass der<br />

Schliessungen geht mittlerweile so<br />

weit, dass die Qualität der Grundversorgung<br />

grundlegend in Frage gestellt<br />

wird. Hinzu kommt, dass die von der<br />

Post angepriesenen Alternativen wie<br />

PickPost, Hausservice oder die Postagenturen<br />

von der Bevölkerung nur zaghaft<br />

oder gar nicht akzeptiert werden.<br />

Einfluss geltend machen<br />

Bisher hat sich die PostCom in dieser<br />

Frage vornehm zurückgehalten und<br />

ihre Stimme nur zaghaft erhoben, obwohl<br />

eine bestimmte und hörbare<br />

PostCom für ihre eigene Legitimation<br />

unabdingbar ist. Sie kann bei der Postgesetzgebung,<br />

die über die zukünftige<br />

Zahl der Poststellen entscheiden wird,<br />

zwar nicht mitbestimmen, aber sie<br />

kann gegenüber dem Parlament und<br />

dem Bundesrat ihren Einfluss geltend<br />

machen. Tut sie es nicht, verkommt<br />

sie zu einer bürokratischen Behörde.<br />

Dafür braucht es keine Eidgenössische<br />

Postkommission.<br />

Dasselbe gilt für die Regulierung<br />

des Postmarktes. Der Onlinehandel<br />

bringt neue Geschäftsmodelle mit<br />

sich, die die herkömmlichen Abgrenzungen<br />

im Markt aufbrechen. Kuriere<br />

liefern heute neben Paketen, Lebensmitteln<br />

und Briefen über 50 Gramm so<br />

ziemlich alles, was sich der Kunde zu<br />

Hause wünscht. Dieser weitgehend<br />

unregulierte Markt zieht Unternehmen<br />

an. Alle wollen sich ein Stück vom<br />

Kuchen sichern, und der Preis ist<br />

Trumpf. Wer am billigsten bietet, darf<br />

liefern. Die Folge: ein unfairer Wettbewerb<br />

auf dem Rücken der Angestellten<br />

und der kleinen Anbieter, die mit minimalen<br />

Margen arbeiten müssen.<br />

Uber Eats, Smood und DHL lassen<br />

grüssen. Überall da wurden prekäre<br />

Arbeitsbedingungen aufgedeckt.<br />

Deutlich zu tiefer Mindestlohn<br />

Die PostCom handelt auch hier zaghaft.<br />

Unter dem kürzlich abgetretenen<br />

Präsidenten Hans Hollenstein wurde<br />

2019 auf dem Postmarkt ein Mindestlohn<br />

von CHF 18.27 erlassen. Dieser<br />

Mindestlohn schlägt alle Jobs in der<br />

Logistik über denselben Leisten und<br />

ist deutlich zu tief, um regulatorisch<br />

auf den Markt einzuwirken. Die Mitarbeitenden<br />

bleiben weitgehend ungeschützt<br />

vor prekären Arbeitsbedingungen.<br />

Es ist an der Zeit, dass die PostCom<br />

ihre Zaghaftigkeit ablegt und die ihr<br />

zugestandene Rolle auch wahrnimmt.<br />

Die Arbeitnehmenden und der postalische<br />

Service public werden es ihr<br />

danken.<br />

Christian Capacoel<br />

Géraldine Savary ist die neue Präsidentin:<br />

Postcom.admin.ch/de/postcom-startseite<br />

Gegen moderne<br />

Sklaverei<br />

Dominik Fitze ist der Jugendsekretär bei<br />

<strong>syndicom</strong>.<br />

Menschenhandel ist ein ganz spezifisches<br />

Übel. Menschen wird versprochen,<br />

in einem fremden Land hätten<br />

sie eine Zukunft. Aber am neuen Ort<br />

finden sie nur Ausbeutung, Hungerlöhne,<br />

lange Arbeitstage. Viele Betroffene<br />

sind jung und schlecht ausgebildet.<br />

Die Bekämpfung und Diskussion<br />

des Menschenhandels in der Schweiz<br />

hat meistens die sexuelle Ausbeutung<br />

im Blick, also Zwangs prostitu tion.<br />

Das ist zu eng gedacht. Denn die moderne<br />

Sklaverei betrifft auch und gerade<br />

Berufsleute. Altenpfleger, Gipserinnen,<br />

Küchenhilfen werden für ihre<br />

Arbeitskraft ausgebeutet.<br />

Erst kürzlich kam eine Expertengruppe<br />

des Europarats zum Schluss,<br />

dass die Schweiz immer noch viel zu<br />

wenig tut, um Opfern zu helfen und<br />

Täter zu bestrafen.<br />

Als Gewerkschaften stehen wir mit<br />

in der Pflicht. Die Opfer sind unsere<br />

Kolleginnen und Kollegen. Mit ihnen<br />

müssen wir solidarisch sein und dafür<br />

kämpfen, dass sich ihre Situation<br />

möglichst schnell verbessert.<br />

Vergessen wir unsere Kolleg*innen in<br />

modernen Slavereiverhältnissen also<br />

nicht und kämpfen wir gemeinsam,<br />

dass Politik und Justiz endlich hinschauen.

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