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Der lange Marsch.SCREEN

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10 Fragen

an Holger Bär

Holger Bär ist 1962 in Wuppertal

geboren.

Holger, im Studium bei Michael

Badura hast Du die ersten „Digital

Paintings“ entwickelt. 1989 war

schon die Fertigstellung der ersten

Malmaschine zur Umsetzung von

Computerbildern mit Pinsel und

Ölfarbe auf Leinwand. „Meine

Methodik setzt ein Zeichen für die

Zukunft der Kunst.“ So steht es

über Deiner Homepage. Bist Du Dir

imer noch sicher, dass das kein

Holzweg ist?

Ich finde die Aussage immer noch

richtig, weil ich ich der Meinung

bin, dass meine Arbeitsweise Möglichkeiten

aufzeigt, sich technischer

Mittel zu bedienen, die ein hohes

Maß an vorläufigem Futurismus in

sich tragen.

Vielleicht hatte ich damals eine

etwas enthusiastischere Vorstellung

von der Zukunft der Kunst aber ein

Holzweg ist immerhin auch ein

Weg.

Seit vielen Jahren wirst Du von der

Galerie Deschler in Berlin vertreten.

Du bist „im Geschäft.“ Kannst Du

von Deiner Kunst-Arbeit leben?

Seit 20 Jahren arbeite ich mit

Deschler zusammen. Es hat auch

andere Galerien gegeben und

einige Ausstellungen in Kunstvereinen

und Museen. Kunstmessen

sind genauso von Bedeutung

für mich.

Ich lebe von meiner Kunst und

freue mich immer noch darüber.

Es ist ein echter Luxus so zu leben.

Ich wähle aber lieber die Formulierung:

Ich lebe mit meiner Kunst,

weil sich darin die Ganzheit meines

Erlebens wiederspiegelt.

Spielen der Kunstmarkt, Museen

und Galerien für Dich bei der

Planung der Arbeit oder der Entwicklung

Deiner Werkreihen eine

entscheidene Rolle?

Meine Wirklichkeit wird ganz stark

vom Betriebssystem Kunst geprägt

und bestimmt natürlich auch die

Planung von Ausstellungen.

Zum Glück kann ich meine Werkreihen

autonom bestimmen und

habe Zeit sie auch über Jahre zu

entwickeln.

Kann Dich die Kunst von Kollegen

begeistern? Du zeigst ja in unregelmäßigem

Abstand Kunstarbeiten in

der „KI“ in der Wiesenstraße.

Außerdem arbeitest Du von Anfang

an im Neuen Kunstverein Wuppertal

mit. Erhellend oder ernüchternd?

Ich liebe Kunst und freue mich

regelmäßig auf Ausstellungen, die

ich besuche. Die Kunst der Kollegen

ist mir immer eine Inspiration, viel

habe ich von ihnen gelernt und bin

immer noch offen und schaue mit

Staunen in eine mir unbekannte

Kunstwelt. Ich arbeite gerne als Kurator

an eigenen Projekten sowie

im Neuen Wuppertaler Kunstverein

mit. Es ist für mich immer erhellend

und in vielen Fällen ein echter

Erkenntnisgewinn. Ernüchternd ist

gleichsam die Erkenntnis, dass es

vielen Künstlern überhaupt nicht so

geht. Sie hassen die Kunst und lieben

nur ihre eigene.

In einem Text von Stefan Asmus

über Deine Arbeit kann man lesen,

„... Das Medium selbst muss in seiner

pixeligen Existenz auf gleicher

Ebene sichtbar werden wie das

Motiv, es muss als Form erkennbar

in sich selbst wiedereintreten. Die

Dopplung der Aussage von Bild und

Medium als Bild, die kühne Einfachheit

der malerischen Vorgehensweise,

die selbstverständliche

und produktive Verquickung von

künstlerischer Tätigkeit und technologischem

Environment, der

unbefangene Zugriff auf den

gesellschaftlichen Mechanismus

sich selbst produzierender Themen,

die subdominante Positionierung

der künstlerischen Persönlichkeit

innerhalb eines Mensch-Maschine-

Interaktionsgefüges, das sind die

wesentlichen Punkte, die den

Werken Holger Bärs ihre zeitgenössische

Plausibilität und Attraktivität

verleihen.“

Sind Deine Arbeiten etwa politisch?

Ich finde die Aussage von Stefan

Asmus absolut zutreffend aber mit

Politik hat das nichts zu tun.

Ich hüte mich vor der Politik und

den Politikern. Ich werde mich

niemals gemein machen mit den

verlogensten Kulturtechnikern

unserer Gesellschaft.

Hast Du ein Lieblingsgericht?

Nein.

Du spielst Cello, selbst. Eine andere

Art von Kunst oder was ist das für

Dich? Vermisst Du die Musik in

Deiner Arbeit? Besitzt Du CDs und

Langspielplatten?

Mein Bruder hat dazu mal etwas

sehr passendes gesagt:

„der ... benutzt sein Instrument um

Kunst zu machen. Er dient aber

nicht der Musik.“

Ich bin natürlich kein Musiker. Als

Künstler benutze ich verschiedene

Medien, warum nicht auch ein

Cello? Als Musiker wäre ich viel zu

schlecht auf dem Instrument und

könnte der Musik gar nicht dienen.

Da diene ich lieber der Kunst.

Deine zuletzt besuchte Ausstellung,

aus der Du beeindruckt hinausgegangen

bist, war ...

Julian Rosefeldt. Manifesto, Hamburger

Bahnhof Berlin

Beschäftigst Du Dich mit der

Geschichte der Kunst und kann

man aus ihr etwas anderes

als Kunst lernen?

Die Geschichte der Kunst ist nur

ein Ausschnitt aus der gesamten

Evolution der Kunst und wurde von

einer kleinen elitären Gruppe des

Bildungsbürgertums im 19ten Jahrhundert

geschrieben. Glücklicherweise

hat sich das in den letzten

30 Jahren geändert. Ich lerne von

Kunst und Künstlern immer etwas,

was über die Kunst und Künstler

hinausgeht. Für mich bekommen

die Werke erst dadurch ihre

Bedeutung.

Du baust nicht nur erfolgreich

Malmaschinen, Du füllst auch einen

guten selbstgemachten Wein von

allen möglichen Früchten in

Flaschen ab. Liegt im Wein

Wahrheit?

Und Trauer und Sucht und Laster

und Verzweiflung und Glück und

Komödie und Tragödie.

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