Der lange Marsch.SCREEN
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„... wie alles, was man gerade denkt einer Arbeit, an der man steht,
um jeden Preis einverleibt werden muss ...”
Walter Benjamin, Das Passagen-Werk (N 1,3)
Irrungen und Wirrungen:
Mit taktischem Geschick den Tigerberg erobert
(chinesisch 智 取 威 虎 山 , Pinyin Zhìqǔ wēi hǔshān)
eine revolutionäre Pekingoper aus der Zeit der chinesischen Kulturrevolution.
Die Oper war eine der acht Opern, die während der Kulturrevolution unter Mao Zedongs Frau
Jiang Qing geduldet waren.
Über dieses Buch
Warum ein Buch machen? Für wen? Rückblick?
Standortbestimmung? Diskurs?
Warum haben wir nicht aufgehört?
WARUM HAT SISYPHOS NICHT AUFGEHÖRT?
Nach 40 Jahren immer noch nicht verschwunden: die Kunst –
selbstverständlich nicht, hoffentlich nicht. Und auch immer noch
nicht verschwunden – das Kollektiv für intermediale Kunstarbeit.
Kunst und Arbeit – zwei gesellschaftliche Notwendigkeiten.
Und die Freiheit. An Orten, vor Ort. Allerorten. Diesmal hier
in Wuppertal. Man kennt sich. Aber – und darüber hinaus.
Auch von hieraus oder hierher.
Natürlich, blickt man zurück gibt es auch schon mal ein flashback,
diese Erinnerungen können bekanntlich von jeder vorstellbaren
Gefühlsart sein. Man möchte das auch schon mal teilen.
Aber in erster Linie geht es darum:
„Was machen eigentlich Ruedi Schill und Monika Günther heute?“
Und Irene, Dirk und Jürgen und Martin. Und Maria.
Einige haben wir erreicht, einige haben uns geantwortet,
von einigen können und wollen wir Arbeiten zeigen.
Was machen die heute, machen die nichts mehr, sind in
der Erinnerung verschwunden. Oder tatsächlich. Wie Rüdiger,
wie Danos, wie Joachim, wie Andreas, wie Peter.
Es gibt immer noch Bande, Gleichklang, Reibung. Es gibt noch
Verbindungen zwischen den Beteiligten, auch wenn man sich
aus den Augen verloren hat.
Solche wie wir gibt es überall, in Dänemark, in Holland, auf Sri Lanka,
in South Carolina, in Tokio und in der Schweiz. Oder in Remscheid.
Menschen, die für die Kunst einen Freiraum schaffen. Oder wie Pina
Bausch es ausgedrückt hat:
„Es geht nicht um Kunst, auch nicht um bloßes Können.
Es geht um das Leben, und darum, für das Leben eine Sprache
zu finden.“
Ob wir das als Archäologen oder Wahrsager tun, als Veränderer oder
als Veränderte, sichtbar machen oder dekorieren. Immer geht es um
Haltungen und die Suche. Und übrigens muss Kunst nicht Recht
behalten. Dafür muss sie aber auch nicht gewählt werden und braucht
auch keine Quote.
Ein Buch über einen langen Marsch für die Kunst.
Für wen? Mal sehen.
Über den langen Marsch und die paradoxe
Intervention
Der Lange Marsch (chinesisch 長 征 / ‡⁄,
Pinyin Chángzhēng) ist der zentrale Heldenmythos
der Kommunistischen Partei Chinas bei
dem Mao Tse-tung 1934/35 die kommunistischen
Truppen der chinesischen Roten Armee
über rund 12.000 Kilometer von Kiangsi nach
Schensi führte. Der Studentenführer Rudi
Dutschke verwendete diesen Ausdruck bei
seiner Forderung an die sozialrevolutionären
Kräfte des Landes, das seiner Meinung nach
repressive und manipulative gesellschaftliche
und politische System durch die berufliche
Praxis in Behörden, Schulen und anderen
Institutionen zu verändern.
Marschieren ist eine der militärischen
Gangarten, die der geordneten und zügigen
Truppenbewegung dient. Fast alle Streitkräfte
der Welt kennen Marschmusik und Marschgesänge,
die den Korpsgeist stärken und von
den Strapazen ablenken sollen.
Im Gegensatz zum Geländemarsch steht der
geordnete Marsch durch Straßen oder über
Plätze. Die Teilnehmer solcher Märsche befinden
sich oft in geordneten Reihen grüßen beim
Vorbeimarsch höher stehende Vorgesetzte
oder Honoratioren.
Paradoxe Intervention ist eine von Fritz Perls
entwickelte Gestalttherapietechnik, die man
mit einigem guten Willen auch in der Kunst
und anderen Veränderungsprozessen
anwenden kann.
„Änderungen finden von selbst statt. Wenn
man tiefer in sich hineingeht, in das, was man
ist, wenn man annimmt, was vorhanden ist,
dann ereignet sich der Wandel von selbst. Das
ist das Paradox des Wandels.“
„Darin besteht die verborgene Freude des Sisyphos.
Sein Schicksal gehört ihm. Sein Fels ist seine Sache.“
„Der Kampf gegen Gipfel vermag ein Menschenherz auszufüllen.
Wir müssen uns Sisyphos als einen glücklichen Menschen vorstellen.“
Die verborgene Harmonie ist mächtiger als die offensichtliche. Heraklit
4
Fundstück am Rande der Wahrnehmung:
A hole to see the sky through Yoko Ono, 1971
Der Mythos des Sisyphos:
Albert Camus, 1942
Reinbek, 2004. S. 159f.