EDUCATION 1.20
Die Kraft der Geschichten
Die Kraft der Geschichten
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Mittelschule/Berufsbildung | Ecoles moyennes/Formation professionnelle<br />
Jede fünfte Lehre in der Schweiz wird abgebrochen<br />
Die Lehrvertragsauflösungen (LVA) steigen in einigen<br />
Kantonen in schwindelerregende Höhen. In den Erhebungen<br />
des Bundesamtes für Statistik BFS von 2016 fallen<br />
vor allem die Kantone der Romandie mit teilweise über<br />
30 Prozent Lehrvertragsauflösungen negativ auf. Der Kanton<br />
Bern liegt mit einer Quote von rund 10 Prozent im<br />
Schweizerischen Mittel. Christoph Düby vom Mittelschulund<br />
Berufsbildungsamt versucht, die Zahlen einzuordnen:<br />
«Im Kanton Bern haben wir knapp 30 000 aktuelle Lehrvertrags<br />
verhältnisse, davon werden jährlich um 2500 aufgelöst.<br />
Allerdings muss man etwas genauer hinschauen,<br />
denn in gewissen Branchen liegt die Aufl ösungsquote<br />
deutlich höher. In anderen dafür deutlich darunter – einige<br />
ten dieren sogar gegen null». Bei der Recherche in den<br />
gängigen Informationsportalen und beim Vergleich mit offenen<br />
Lehrstellen fällt auf, dass beispielweise die Gastronomie<br />
zu den gefährdeten Branchen gehört. Ein Sektor,<br />
der traditionell viele Angestellte aus Drittstaaten oder dem<br />
EU-Raum beschäftigt und auch in der Ausbildung entsprechend<br />
vielen Jugendlichen mit Migrationshintergrund<br />
eine Chance gibt, ins Erwerbsleben einzusteigen. Damit<br />
steigt zweifellos auch statistisch gesehen das Risiko,<br />
dass Lehrverträge aufgelöst werden.<br />
Simon Künzli ist dagegen in der Pflegeausbildung<br />
recht zufrieden mit der Ausbildungsstruktur. «Wir haben<br />
mit überbetrieblicher Bildung, Ausbildung vor Ort und<br />
Stützkursen der Berufsschulen gute Möglichkeiten, die<br />
Lernenden zu unterstützen. Was ich an unserem Berufsfeld<br />
toll finde, ist die stetige Möglichkeit zur Weiterbildung.<br />
Davon habe ich selbst profitiert. Aber man muss<br />
nicht nur fähig sein, sondern auch wollen.» Künzli verheimlicht<br />
nicht, dass auch der Bären-Biglen von ursprünglich<br />
neun Ausbildungsplätzen auf deren fünf reduzieren<br />
musste. Mehr liege bei einer qualitativ guten Betreuung<br />
einfach nicht mehr drin.<br />
Christoph Düby betont, dass es zum Glück immer<br />
noch sehr viele Lehrbetriebe und KMU gebe, die sich<br />
extrem ins Zeug legten. Sie sind hoch motiviert, Lehrstellen<br />
anzubieten. Aber sie stossen eben an ihre Grenzen.<br />
«Unser Ziel muss in erster Linie sein, dass die bestehenden<br />
Lehrbetriebe weiterhin ausbilden. Gleichzeitig müssen<br />
wir aber auch neue Firmen motivieren, in die Ausbildung<br />
zu investieren.» Deshalb glaubt Düby, dass Aktionen<br />
des Bundes wieder nötig werden könnten – analog zu den<br />
Neunzigerjahren, als durch den Lehrstellen beschluss I<br />
und II in zahlreiche Ausbildungsprojekte investiert wurde.<br />
«Vor allem das erste Jahr in der Ausbildung ist für kleinere<br />
Betriebe schwierig zu stemmen. Die Lernenden benötigen<br />
viel Betreuung und eine gute Einführung in den Job. Dort<br />
könnte man mit einem anderen Setting Lehrbetriebe möglicherweise<br />
entlasten.»<br />
Egal, wo man sich umhört: Es scheint klar, dass<br />
die Zahl ausbildungsloser Jugendlicher in der Schweiz<br />
in den nächsten Jahren zunehmen wird, wenn nichts unternommen<br />
wird. Sämtliche Player sind gefordert, gute<br />
Rahmenbedingungen zu bieten und vor allem Jugendlichen<br />
mit niedrigem Schulabschluss die von der Wirtschaft<br />
geforderten Skills auf den Weg zu geben. Damit es eben<br />
nicht heisst: Nach der Schule in die Leere!<br />
Synthèse « De plus en plus de jeunes<br />
sont sans formation » Selon les<br />
relevés officiels de la Confédération,<br />
un jeune de moins de 25 ans sur dix<br />
ne termine pas de formation. Ce<br />
sont avant tout les jeunes issus de<br />
la migration et les élèves présentant<br />
des retards cognitifs qui sont exposés<br />
à ce risque. Il est par ailleurs<br />
frappant de constater que cette<br />
absence de diplôme touche souvent<br />
les jeunes scolarisés dans une école<br />
générale ou en section générale.<br />
Dans certains cantons, le taux de<br />
résiliation des contrats d’apprentissage<br />
atteint des hauteurs vertigineuses.<br />
Les relevés effectués par<br />
l’Office fédéral de la statistique pour<br />
2016 montrent que ce taux est surtout<br />
élevé dans les cantons romands,<br />
où il arrive que plus de 30 pour cent<br />
des contrats d’apprentissage soient<br />
résiliés. Le canton de Berne enregistre<br />
pour sa part un taux de résiliation<br />
d’environ 10 pour cent et se<br />
situe ainsi dans la moyenne suisse.<br />
Christoph Düby, chef de la Section<br />
de la formation en entreprise à<br />
l’Office des écoles moyennes et de la<br />
formation professionnelle du canton<br />
de Berne, explique : « Notre objectif<br />
consiste en premier lieu à conserver<br />
les entreprises formatrices existantes.<br />
Mais nous devons aussi inciter<br />
de nouvelles entreprises à investir<br />
dans la formation. » Christoph<br />
Düby pense que la Confédération<br />
sera peut-être de nouveau appelée<br />
à prendre des mesures, comme<br />
dans les années 1990, où des fonds<br />
avaient été investis dans de nombreux<br />
projets de formation grâce<br />
aux arrêtés fédéraux sur les places<br />
d’apprentissage I et II. Tous les protagonistes<br />
doivent offrir des conditions<br />
propices à la formation et<br />
transmettre les compétences attendues<br />
par les milieux économiques<br />
aux jeunes, en particulier à ceux<br />
qui ont un niveau de formation<br />
peu élevé, afin que tous puissent<br />
trouver un emploi après leur scolarité<br />
obligatoire.<br />
42<br />
<strong>EDUCATION</strong> <strong>1.20</strong>