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Dance for You Magazine Issue 76 (2017)

Seit mehr als 15 Jahren auf dem Markt, hat sich DANCE FOR YOU MAGAZINE bei einer breiten Leserschaft etabliert. Von der Schule zum Theater – den ganzen Tanz sehen! Mit bewegenden Erfahrungsberichten, Informationen und Trends, exklusiven Interviews und Portraits, informieren internationale Korrespondenten über die neuesten Entwicklungen im künstlerischen Tanzbereich und dem Ballroom Dance.

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DANCEforYOU magazine

13

Man hat immer begriffen, warum ich etwas mache. Auch ein

Béjart hat mir vermutlich nicht den Siegfried im „Ring um

den Ring“ anvertraut, weil ich wie Siegfried aussehe. Er muss

gemerkt haben, dass da jemand ist, der sich dabei etwas

überlegt.

Béjart zu begegnen, war sicher etwas

Besonderes.

Schon die Proben mit Bertrand d’At und Nadja Saidakova

waren das – so familiär, dass ich es kaum in Worte fassen

kann. Einen Monat später kam Béjart, um sich das Erarbeitete

anzuschauen. Ich trete im „Ring“ ja als Letzter auf, als

Jung-Siegfried mit dem Schwert, und deshalb wollte ich

alles zeigen. Doch Béjart hat die Probe gestoppt, was er

sonst kaum einmal tat. Er kam auf mich zu, nahm meine

beiden Hände und meinte: ‚Michael, ich habe dich besetzt,

weil du genau richtig bist für den Siegfried. Du bist es einfach.

Siegfried ist stark – nicht weil er einen ausgeprägten

Bizeps besitzt, sondern weil er eine so kindliche Freiheit hat

im Kopf. Einen Optimismus im Geiste. Ich will, dass du mein

Ballett so tanzt, wie du bist. Du musst nichts draufsetzen.’

Dann ging er wieder zurück, stellte die Musik an, und ich

machte das einfach so. Und plötzlich war alles anders. Dass

Béjart mich so angesprochen hat, hat mein Selbstbewusstsein

völlig verändert. Wenn ich später einmal bei einer Rolle

oder einem Choreografen verunsichert war oder mich

nicht wohlgefühlt habe, rief ich mir diesen Moment ins

Gedächtnis – und alles war auf einmal gut.

Man muss sich nichts vormachen.

Das Ich, das ich bin, muss reichen. Ich darf nicht daran zweifeln.

Wir Tänzer brauchen ein solches Selbstbewusstsein, um

auf der Bühne bestehen zu können. Doch noch einmal Béjart.

Vor der Premiere kam er alleine in meine Garderobe, schon

ziemlich hinfällig. Er wünschte mir toi, toi, toi und sagte: Er

vertraue mir, die Rolle gehöre jetzt mir. Andere Choreografen

hätten womöglich befürchtet, man könnte in ihrer Abwesenheit

an ihrem Werk etwas verändern. Er aber hatte die Größe

zu sagen: Mach damit, was du willst. Das war unglaublich

und gleichzeitig sehr klug, denn ich habe nie etwas anderes

gemacht als das, was ich von ihm gelernt habe. Ich habe die

Verantwortung für meine Rolle übernommen, nahm sie als

Vermächtnis. Das Zusammentreffen mit ihm, das, was er in

mir entfacht hat, war der Moment meiner Karriere.

Dafür zu kämpfen, dafür zu leben, hat sich

gelohnt.

Es hat sich alles gelohnt. Christine Theobald hat meine Karriere

von Anfang an begleitet und unterstützt. Ich hatte das

große Glück, all die Jahre ohne körperliche Krise durchzustehen.

Rückblickend war die Zeit mit Malakhov ein großes Geschenk,

denn ohne ihn hätte es diese schönen Rollen, hätte

es den „Ring“ nicht noch einmal gegeben. Noch habe ich

nicht Abschied genommen, noch ist nicht der Augenblick,

etwas anderes zu denken. Erst wenn ich den Garderobenschlüssel

abgegeben habe, werde ich den Kopf frei haben

für anderes und spüren: Die zwanzig Jahre sind vorbei.

Das Gespräch führte Hartmut REGITZ

Michael Banzhaf in Boris Eifmanns ´Tschaikovski´ Michael Banzhaf in ´Mozart Klavierkonzert´ © Enrico Nawrath

www.danceforyou-magazine.com

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