Dance for You Magazine Issue 76 (2017)
Seit mehr als 15 Jahren auf dem Markt, hat sich DANCE FOR YOU MAGAZINE bei einer breiten Leserschaft etabliert. Von der Schule zum Theater – den ganzen Tanz sehen! Mit bewegenden Erfahrungsberichten, Informationen und Trends, exklusiven Interviews und Portraits, informieren internationale Korrespondenten über die neuesten Entwicklungen im künstlerischen Tanzbereich und dem Ballroom Dance.
Seit mehr als 15 Jahren auf dem Markt, hat sich DANCE FOR YOU MAGAZINE bei einer breiten
Leserschaft etabliert. Von der Schule zum Theater – den ganzen Tanz sehen! Mit bewegenden Erfahrungsberichten, Informationen und Trends, exklusiven Interviews und Portraits, informieren
internationale Korrespondenten über die neuesten Entwicklungen im künstlerischen Tanzbereich und dem Ballroom Dance.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20 DANCEforYOU magazine
Denis Vieira © Carlos Quezada
Anschließend tanzte ich zwei Spielzeiten in der Company
der Schule, wo etwa Vladimir Vasiliev „Don Quixote“
und „Nussknacker“ einstudierte. Dadurch verstehe ich ein
bisschen Russisch, habe mich gegenüber unseren russischen
Kollegen bisher aber nicht geoutet.
Wie ist die Situation für Tanz in Brasilien?
Eher traurig. Wir haben derzeit eine starke ökonomische
Krise, die auch die professionellen Companies trifft: Wer
keine Sponsoren findet, muss Personal und Repertoire
reduzieren. So werden Neuproduktionen abgesagt, auch
bei den großen Ensembles in São Paulo und Rio de Janeiro.
Ballett ist bei uns längst nicht so populär wie Fußball
oder Samba, in die immer sehr viel Geld fließt. Das
ist einer der Gründe, weswegen ich nach Europa wollte,
obwohl ich schon als Partner unserer Starballerinen Ana
Botafogo und Cecilia Kerche tanzen durfte. Europa ist
nach wie vor der beste Platz für Ballett.
Wo haben Sie in Brasilien getanzt?
Ich war viereinhalb Jahre am Theatro Municipal in Rio
de Janeiro, tanzte dort Onegin und Lenski in Crankos
„Onegin“ und auch seinen Romeo, war Albrecht in Peter
Wrights „Giselle“, Siegfried in Yelena Pankovas „Schwanensee“,
Adam in „Die Schöpfung“ von Uwe Scholz, war
Partner von Cecilia Kerche in Alberto Alonsos „Carmen“.
Trotzdem bin ich im rechten Moment gegangen, als die
Lage begann, kompliziert zu werden.
Was bewog Sie, nach Zürich zu ziehen?
„Ich liebe meine Arbeit, sie ist Teil
von mir, und niemand kann sie mir
nehmen. Tanz gehört zu meinem Leben,
ebenso wie die Familie und Freunde.“
Lassen Sie uns zu Ihren Anfängen
zurückkehren...
Ich stamme aus der Industrie- und Handelsstadt Joinville
mit einer halben Million Einwohner, gelegen an Brasiliens
Ostküste, und bin in unserer Familie der erste, der tanzt.
Schon mit 7 oder 8 war mir klar, dass ich Tänzer werden
möchte. Meine Eltern unterstützten das. So studierte ich
von 8 bis 16 an der Bolshoi Theatre School meiner Heimatstadt,
die der Moskauer Tänzerstar Alexander Bogatyrev
2000 gegründet hatte, um die Vaganova-Methode
zu verbreiten. Eine große Schule ist das mit vielen Sälen,
wo wir von Ballett über Charaktertanz, Historischen
Tanz bis Contemporary und Musik alles lernten, was
ein Tänzer braucht, großenteils bei russischen Lehrern.
Zunächst gastierte ich noch in Rio, auch in Miami und
Südamerika. Als in Zürich die Direktion wechselte, suchte
Spuck neue Tänzer und bot mir einen guten Vertrag. Während
wir in Brasilien auf Petipa fixiert waren, lernte in nun
Kylián, McGregor, Spuck tanzen, eine wunderbare Erfahrung.
War in Rio „Schwanensee“ meine letzte Inszenierung,
so verabschiedete ich mich aus Zürich übrigens ebenfalls
mit diesem Ballett: diesmal von Alexei Ratmansky.
Sprechen wir über Ihren Albrecht: Welcher
Charakter ist er für Sie?
Albrecht weiß noch nicht, was Liebe ist, ist noch ziemlich
unreif. Er flirtet lediglich mit Giselle, einem hübschen
Bauernmädchen, das ihn reizt, hält vertraulich ihre Hand,
weiß aber durchaus schon, was er da tut. Liebe ist für ihn
ein unbekanntes Gefühl. Er glaubt deshalb nicht, dass sie
an seinem Verhalten sterben könnte. Als das aber eintrifft,
stirbt auch ein Teil von ihm. Da erst wird er sich seiner Liebe
bewusst, empfindet Schmerz. Das alles habe ich mit
Choreograf Patrice Bart erarbeiten können, er führte mich
behutsam in die Figur ein und ließ mir dennoch gestalterische
Freiheit. In Zürich tanzte ich dann seine Premiere,
und auch beim Staatsballett bin ich jetzt einer der Albrechts
in derselben Inszenierung.
www.danceforyou-magazine.com