SB_16.318NLP
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2011<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Qualifizierung des<br />
Rührreibschweißens<br />
(FSW) für das Fügen von<br />
Aluminium-Druckguss-<br />
Komponenten
Qualifizierung des<br />
Rührreibschweißens (FSW) für<br />
das Fügen von Aluminium-<br />
Druckguss-Komponenten<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 16.318 N<br />
DVS-Nr.: 05.043<br />
Technische Universität München Institut<br />
für Werkzeugmaschinen und<br />
Betriebswissenschaften<br />
Technische Universität Braunschweig<br />
Institut für Füge- und Schweißtechnik<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 16.318 N / DVS-Nr.: 05.043 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2012 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 216<br />
Bestell-Nr.: 170325<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-215-5<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Inhaltsverzeichnis<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung .............................. 1<br />
1.1 Anlass für den Forschungsantrag .............................................................................. 1<br />
1.2 Beschreibung der Ausgangssituation ......................................................................... 2<br />
2 Stand der Forschung.................................................................................................. 5<br />
2.1 Schweißproblematik bei Aluminium-Druckguss .......................................................... 5<br />
2.2 Schweißverfahren für Aluminium-Druckguss .............................................................. 7<br />
2.3 FSW-Schweißen von Aluminium-Druckguss .............................................................. 9<br />
3 Forschungsziel und Lösungsweg ..............................................................................12<br />
4 Ergebnisse der Versuchsreihen ................................................................................16<br />
4.1 Gießen der Versuchsplatten (AP 1, AP 2) .................................................................16<br />
4.2 Eingesetzte Versuchswerkstoffe ...............................................................................17<br />
4.3 Eingesetzte Systemtechnik für die FSW-Schweißversuche.......................................19<br />
4.3.1 CNC-Bearbeitungszentrum: Heller MCH 250 .........................................................19<br />
4.3.2 Robotersystem .......................................................................................................19<br />
4.3.3 FSW-Werkzeuge ....................................................................................................20<br />
4.4 FSW-Parameteridentifikation anhand der gegossenen Platten .................................21<br />
4.4.1 Vorgehensweise .....................................................................................................21<br />
4.4.2 Auswertemethoden ................................................................................................22<br />
4.4.3 Ergebnisse .............................................................................................................23<br />
4.5 Trennmitteleinfluss (AP4)..........................................................................................28<br />
4.5.1 Durchstrahlungsprüfung .........................................................................................30<br />
4.5.2 ESMA-Analyse der Kohlenstoffbelegung ................................................................31<br />
4.5.3 Zugversuche ..........................................................................................................32<br />
4.5.4 Querschliffe und UCI-Härteprüfung ........................................................................33<br />
4.5.5 Dauerschwingversuche ..........................................................................................34<br />
4.6 Legierungseinfluss (AP 4) .........................................................................................35<br />
4.6.1 Zugversuche ..........................................................................................................36<br />
4.6.2 Gefügebilder und UCI-Härtemessung ....................................................................37<br />
4.6.3 ESMA-Analyse der Elementverteilung im Gefüge ..................................................39<br />
4.7 Spaltüberbrückbarkeit und Kantenversatz (AP 5) ......................................................42<br />
4.7.1 Einfluss von Spalten ...............................................................................................42
Inhaltsverzeichnis<br />
4.7.2 Kantenversatz .......................................................................................................... 49<br />
4.8 Einfluss der Gussqualität des Ausgangswerkstoffes auf die Schweißnaht (AP 6) ..... 55<br />
4.9 Einfluss der Wärmebehandlung (AP 7) ...................................................................... 64<br />
4.10 Vergleich mit anderen Schweißverfahren (AP 8) ........................................................ 67<br />
4.11 Fertigungstechnische Umsetzung a n Serienbauteilen und Beurteilung der Qualität<br />
(AP 9, AP 10) .............................................................................................................. 73<br />
4.11.1 Wärmetauscher-Halbschalen ................................................................................... 73<br />
4.11.2 Narkosemitteltank .................................................................................................... 76<br />
4.11.3 Gussgehäuse mit eingeschweißtem Deckel ............................................................ 79<br />
4.12 Konstruktionsrichtlinien (AP 11) .................................................................................. 81<br />
5 Zusammenfassung und Ausblick ................................................................................ 85<br />
6 Verwendung der Zuwendungen .................................................................................. 93<br />
7 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Bedeutung der<br />
Forschungsergebnisse für kmU .................................................................................. 95<br />
8 Beabsichtigter Transfer der angestrebten Forschungsergebnisse ............................. 96<br />
9 Durchführende Forschungsstellen .............................................................................. 98<br />
10 Danksagung ................................................................................................................ 99<br />
11 Anhang ..................................................................................................................... 100<br />
12 Literaturverzeichnis ................................................................................................... 102
Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung 1<br />
1 Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung<br />
1.1 Anlass für den Forschungsantrag<br />
Der Trend zum Leichtbau ist in allen Bereichen der Verkehrstechnik nach wie vor aktuell und<br />
im Fokus der Entwicklungen steht bei den metallischen Werkstoffen neben Stahl die<br />
innovative Implementierung von Aluminiumkomponenten. Durch den Einsatz dieses<br />
Leichtmetalls kann aufgrund der geringen Dichte eine Reduzierung der Fahrzeugmasse und<br />
damit eine Senkung des Kraftstoffverbrauchs sowie der Abgasemissionen erreicht werden.<br />
Neben Blechen und Strangpresselementen hat insbesondere der Anteil an Aluminium-<br />
Gusslegierungen deutlich zugenommen. Besonders das Druckgießen stellt für die<br />
hochproduktive Fertigung endkonturnaher, komplexer und dünnwandiger Leichtbauteile aus<br />
Aluminiumlegierungen ein Verfahren dar, dessen Vorteile bei gleicher Wirtschaftlichkeit mit<br />
keinem anderen Fertigungsverfahren erreichbar sind. Der Anteil von Motor- und<br />
Getriebeteilen, die im Druckgießverfahren hergestellt werden, macht mittlerweile 34 % der in<br />
Deutschland gefertigten Druckgusskomponenten aus. Weitere 24 % werden für den<br />
Fahrwerks- und den Karosseriebau verwendet. Unterstützt durch die günstigen<br />
Eigenschaften, die gute Verarbeitbarkeit, die im Vergleich zu vielen anderen Leichtmetallen<br />
geringen Kosten sowie die gute Wiederverwertbarkeit von Aluminiumguss ist auch in Zukunft<br />
ein zunehmender Einsatz dieser Werkstoffgruppe zu erwarten. Aktuell wird bei einem großen<br />
deutschen Automobilbauer eine große hauseigene Gießerei für Strukturbauteile aufgebaut<br />
/1/.<br />
Neben der Anwendung im Automobilbau werden insbesondere in den kmU zunehmend<br />
Produkte entwickelt, bei denen auch bei kleineren Stückzahlen wirtschaftliche Vorteile durch<br />
das produktive Druckgießverfahren gegeben sind. Dazu gehören Sicherheitskomponenten<br />
für die Medizintechnik, Bauteile für die Optik und z. B. Hochleistungsteile für die Mess- und<br />
Regeltechnik. Die Produktentwicklung erfolgt im Allgemeinen in enger Kooperation zwischen<br />
dem Anwender und dem Gießer, wobei benötigte Fügeoperationen in den kleinen und<br />
mittelständischen Unternehmen über zusätzliche externe Anbieter erfolgen. An dieser<br />
Schnittstelle ergeben sich beim überwiegend eingesetzten Schmelzschweißen der<br />
Druckgusskomponenten eine Vielzahl von Problemen, wobei im Folgenden nur die<br />
wichtigsten Punkte genannt sind:<br />
• Die Qualität einer Schweißnaht und insbesondere der Porengehalt stehen in direktem<br />
Zusammenhang mit der Gussteilqualität. Schweißbarer Druckguss mit der<br />
Anforderung von z. B. Druckdichtigkeit der Naht oder Porenfreiheit in dekorativen<br />
Bereichen der Nahtoberfläche erfordert eine kostenintensive Optimierung des<br />
Gießprozesses.<br />
• Darüber hinaus ist die Wahl des Schweißverfahrens und der Prozessparameter<br />
ebenso kritisch. Der geforderte geringe Verzug der Bauteile beim Schweißen steht im<br />
Widerspruch zu der hohen Wärmeeinbringung, die zur Entgasung des Schmelzbades<br />
und zur damit verbundenen Minimierung des Porengehaltes nötig ist.
Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung 2<br />
• Bei den geforderten Qualitätsstandards und Gewährleistungen ergeben sich bei<br />
Reklamationen zwangsläufig Fragen nach der Zuständigkeit und der Haftung.<br />
Ein innovativer Ansatz zur Lösung dieser Probleme besteht in der Integration eines<br />
Fügeverfahrens in die interne Fertigungskette der Druckgießbetriebe, das auch bei nicht<br />
kostenintensiv optimierten Bauteilen porenarme Nähte liefert. In diesem Zusammenhang<br />
bietet das Rührreibschweißen (engl.: Friction Stir Welding – FSW) eine vielversprechende<br />
Möglichkeit zur kostengünstigen Herstellung hochwertige Schweißverbindungen. Als<br />
Anlagentechnik kommen dabei CNC-Fräsbearbeitungszentren zum Einsatz, die in den<br />
Druckgießereien für die spanende Bearbeitung der Gussbauteile verwendet werden. Neben<br />
einem erheblichen Kostenvorteil resultiert aus dieser neuen Prozesskette die Möglichkeit,<br />
neue, komplexe Geometrien mit Gussbauteilen zu realisieren und die Gießkosten zu senken.<br />
Große Bauteile, die gießtechnisch nur aufwändig herzustellen sind, können in kleinere<br />
Komponenten geteilt werden und im nachfolgenden Fügeprozess zum Endprodukt weiter<br />
verarbeitet werden. Dies gibt kleinen Gießereien, die nicht über die großen, teuren Anlagen<br />
zur Herstellung großer Bauteile verfügen, zusätzlich die Möglichkeit, neue Marktsegmente zu<br />
gewinnen.<br />
1.2 Beschreibung der Ausgangssituation<br />
Viele der überwiegend mittelständischen Druckgießereien stehen unter einem starken<br />
Kostendruck, der sie in zunehmendem Maße zwingt, die Wertschöpfungskette bei der<br />
Herstellung ihrer Bauteile zu erweitern und damit die erzielbaren Deckungsbeiträge zu<br />
erhöhen. Sie entwickeln sich daher in den letzten Jahren verstärkt zu Systemlieferanten, die<br />
durch spanende Bearbeitung und durch externe Schweißarbeiten fertige Komponenten<br />
produzieren. Das Schweißen von Aluminium-Druckguss, um z. B. Profile anzubinden oder<br />
auch gießtechnisch nicht darstellbare Geometrien zu erreichen, wird dagegen ausschließlich<br />
in externen Job-Shops ausgeführt oder, falls möglich, gänzlich vermieden. Bedingt durch den<br />
Einsatz von Formtrennmitteln, in Kombination mit der starken Änderung der<br />
Wasserstofflöslichkeit beim Erstarren der Gussschmelze, neigen Aluminium-<br />
Druckgussbauteile beim Schmelzschweißen zu ausgeprägter Porenbildung in der Fügezone.<br />
Die Schweißeignung von Aluminiumguss wird neben der Legierungszusammensetzung<br />
somit auch stark durch den Gießprozess und die Wahl des Schweißverfahrens bestimmt.<br />
Damit Aluminiumguss prozesssicher in der Fertigung geschweißt werden kann, sind deshalb<br />
kostenintensive Optimierungen des Gießprozesses sowie des Trennmittelauftrages<br />
unumgänglich.<br />
Ausgehend von diesen Einschränkungen beim Fügen von Druckgussteilen aus Aluminium<br />
erscheint es zweckmäßig, ein Schweißverfahren anzuwenden, das die beschriebenen<br />
Nachteile der gängigen Schmelzschweißverfahren umgeht. Bei einem vorteilhaften<br />
Schweißverfahren sollte deshalb die Verbindung mit vergleichsweise geringem<br />
Wärmeeintrag unterhalb der Schmelztemperatur erfolgen. Als viel versprechende Möglichkeit<br />
bietet sich hier das FSW an. Das Verfahren wurde 1991 erfunden /2/ und bezeichnet eine<br />
Abwandlung des Reibschweißens, bei der die Reibwärme mit einem verschleißfesten,<br />
rotierenden Werkzeug erzeugt wird. Es können vor allem Stumpf- sowie Überlappstöße
Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung 3<br />
realisiert werden. Bei einer genaueren Betrachtung des Verfahrens ähnelt das FSW einem<br />
Extrusionsprozess, d.h. die Verbindung entsteht unter hohen Druckspannungen und starker<br />
Verformung unterhalb der Schmelztemperatur. Aus diesem Grund bildet sich ein sehr<br />
feinkörniges und porenfreies Gefüge in der Fügezone aus. Beim Schweißen von<br />
Strangpress- und Walzerzeugnissen aus Aluminium können mit diesem Fügeverfahren<br />
exzellente Nahteigenschaften erreicht werden, die zum Teil erheblich über denen bekannter<br />
Schmelzschweißverfahren liegen /3/.<br />
In Vorbereitung der Antragstellung zum Forschungsvorhaben wurden intensive Gespräche<br />
mit der Pierburg GmbH, die zu der Zeit als einzige Gießerei das FSW im Hause zum Fügen<br />
von Abgaskühlern anwendet, und der Riftec GmbH, die das industrielle Fügen von Bauteilen<br />
mit dem FSW-Verfahren bauteilbezogen entwickelt und anwendet, geführt. Die wichtigsten<br />
Punkte zum aktuellen Stand der Entwicklung und auch die sich ergebenen offenen Fragen<br />
sind im Folgenden kurz aufgeführt:<br />
• Eine prozesssichere Fertigung kann nur durch kostenintensive Optimierungen der<br />
gesamten Verfahrensschritte (Formauslegung (geschweißt wird ausschließlich in<br />
Bereichen mit hoher Gussqualität), Waschen der Bauteile, spanende<br />
Nahtvorbereitung und eine sorgfältiges Spannen, was einen annähernden Nullspalt<br />
garantiert) erreicht werden.<br />
• Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten besteht aber der Anspruch, das FSW ohne<br />
spanende Bearbeitung durchzuführen. Die damit verbundene Spaltüberbrückbarkeit<br />
bestimmt jedoch auch die erreichbaren Schweißgeschwindigkeiten und den<br />
Anstellwinkel des Schweißwerkzeugs, so dass hier Forschungsbedarf vorliegt.<br />
Kritisch ist auch die Änderung der Bauteilgeometrie durch den stets auftretenden<br />
Formenverschleiß.<br />
• Die üblichen Si-Gehalte der vergossenen Legierungen liegen bei 8 % bis 9 % und<br />
sind damit untereutektisch. Sie können daher nur in einem engen Prozessfenster<br />
gefügt werden, wenn die Gefahr, in den schmelzflüssigen Zustand mit den<br />
entsprechenden Folgen zu kommen, vermieden werden soll. Daher besteht auch im<br />
Hinblick auf die Legierungszusammensetzung Forschungsbedarf.<br />
• Aufgrund der Ausbildung einer Gusshaut und der im Guss meist vorliegenden<br />
Vorerstarrungen kann es beim FSW zu Bindefehlern in der Naht kommen. Auch<br />
diese Fehler sind abhängig von der Schweißgeschwindigkeit und machen sich in<br />
vielen Fällen erst bei einer dynamischen Belastung des Bauteils bemerkbar. Die<br />
Gussqualität ist also ein wichtiger Faktor und der Einfluss auf die Prozessstabilität ist<br />
noch nicht untersucht worden. Dazu gehört auch der Einfluss der Trennstoffzusammensetzung,<br />
die über die Filmbildung direkt den Aufbau und die Dicke der<br />
Gusshaut sowie die Rückstände auf der Oberfläche beeinflusst.<br />
• Beim Fügen von Hohlstrukturen ist in der Regel keine Innenabstützung zum<br />
Aufnehmen der Prozesskräfte vorhanden. Folge davon ist ein Verzug der Bauteile, so<br />
dass im Vorfeld immer eine FSW-gerechte Konstruktion notwendig ist. Insbesondere<br />
bei einer Umsetzung der Ergebnisse in kmU ist dieser Punkt zu beachten.