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Abenteurer und Fotograf, 52, SUI<br />
Führt exklusive Expeditionen für kleine<br />
Gruppen an – zum Beispiel zum Nordpol.<br />
Lebt in Beatenberg im Kanton Bern.<br />
Thomas<br />
Ulrich<br />
So überlebte ich<br />
vier Tage auf<br />
einer Eisscholle<br />
Er trieb mutterseelenallein durch<br />
die Arktis und lernte auf die harte<br />
Tour, wie man cool bleibt.<br />
Der Mann, der sich im Bild unten im knallorangen,<br />
wasserdichten Anzug durchs Eismeer kämpft, heißt<br />
Thomas Ulrich. Er ist ein Routinier, wenn es um<br />
arktische Abenteuer geht. Und einer, der verstanden<br />
hat, dass nur aus der Ruhe Kraft erwächst. Genau<br />
deshalb ist er noch am Leben. Die Geschichte, die<br />
ihn bis heute prägt, führt uns ins Jahr 2006. Thomas<br />
Ulrich will im Alleingang die Arktis von Russland<br />
nach Kanada durchqueren. Als er aufbricht, hat er<br />
eine Woche am Kap Arktitscheski verbracht, einem<br />
recht unwirtlichen Ort. „Ich habe die Geduld verloren,<br />
ein Fehler.“ Dazu kommt, dass das Eis in dem<br />
Jahr dünn ist – an manchen Stellen nur 15 Zentimeter.<br />
Schon nach wenigen Kilometern wird die<br />
Tour zum Desaster. Ein Sturm drückt die Eisdecke<br />
gegen das Land. Sie bricht. „Einen Meter neben<br />
meinem Zelt klaffte ein Riss, auf der anderen Seite<br />
öffnete sich der nächste, dann der dritte, der vierte“,<br />
erinnert sich Thomas. Er sitzt vier Tage auf einer<br />
Ganz oben: Verabschiedung von Begleiterin Christine<br />
Kopp am Kap Arktitscheski im Nordpolarmeer – von hier<br />
sind es noch genau 990,7 Kilometer zum Nordpol. Oben:<br />
In diesem Zelt harrte Thomas Ulrich vier Tage aus, bevor<br />
er gerettet wurde. Auf unserem Bild ist das Eis noch heil<br />
– später brach es in kleine Schollen auseinander.<br />
Eisscholle fest. Anfangs ist er panisch, dann schaukelt<br />
ihn das Auf und Ab des Meeres in eine fast<br />
meditative Ruhe. Er erkennt: „Das Leben ist nicht<br />
sicher – aber Veränderungen sind keine Katastrophe.“<br />
Als er von einem Helikopter geborgen wird,<br />
hat er gelernt, sich – buchstäblich – auf dünnem<br />
Eis zu bewegen. „Ich weiß jetzt, wie man in Krisen<br />
ruhig bleibt. Umbrüche machen mich seit damals<br />
nicht mehr panisch.“ thomasulrich.com<br />
THOMAS ULRICH, ULI WIESMEIER WOLFGANG WIESER<br />
52 THE RED BULLETIN