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The Red Bulletin Juni/Juli 2020

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43<br />

Abenteurer und Fotograf, 52, SUI<br />

Führt exklusive Expeditionen für kleine<br />

Gruppen an – zum Beispiel zum Nordpol.<br />

Lebt in Beatenberg im Kanton Bern.<br />

Thomas<br />

Ulrich<br />

So überlebte ich<br />

vier Tage auf<br />

einer Eisscholle<br />

Er trieb mutterseelenallein durch<br />

die Arktis und lernte auf die harte<br />

Tour, wie man cool bleibt.<br />

Der Mann, der sich im Bild unten im knallorangen,<br />

wasserdichten Anzug durchs Eismeer kämpft, heißt<br />

Thomas Ulrich. Er ist ein Routinier, wenn es um<br />

arktische Abenteuer geht. Und einer, der verstanden<br />

hat, dass nur aus der Ruhe Kraft erwächst. Genau<br />

deshalb ist er noch am Leben. Die Geschichte, die<br />

ihn bis heute prägt, führt uns ins Jahr 2006. Thomas<br />

Ulrich will im Alleingang die Arktis von Russland<br />

nach Kanada durchqueren. Als er aufbricht, hat er<br />

eine Woche am Kap Arktitscheski verbracht, einem<br />

recht unwirtlichen Ort. „Ich habe die Geduld verloren,<br />

ein Fehler.“ Dazu kommt, dass das Eis in dem<br />

Jahr dünn ist – an manchen Stellen nur 15 Zentimeter.<br />

Schon nach wenigen Kilometern wird die<br />

Tour zum Desaster. Ein Sturm drückt die Eisdecke<br />

gegen das Land. Sie bricht. „Einen Meter neben<br />

meinem Zelt klaffte ein Riss, auf der anderen Seite<br />

öffnete sich der nächste, dann der dritte, der vierte“,<br />

erinnert sich Thomas. Er sitzt vier Tage auf einer<br />

Ganz oben: Verabschiedung von Begleiterin Christine<br />

Kopp am Kap Arktitscheski im Nordpolarmeer – von hier<br />

sind es noch genau 990,7 Kilometer zum Nordpol. Oben:<br />

In diesem Zelt harrte Thomas Ulrich vier Tage aus, bevor<br />

er gerettet wurde. Auf unserem Bild ist das Eis noch heil<br />

– später brach es in kleine Schollen auseinander.<br />

Eisscholle fest. Anfangs ist er panisch, dann schaukelt<br />

ihn das Auf und Ab des Meeres in eine fast<br />

meditative Ruhe. Er erkennt: „Das Leben ist nicht<br />

sicher – aber Veränderungen sind keine Katastrophe.“<br />

Als er von einem Helikopter geborgen wird,<br />

hat er gelernt, sich – buchstäblich – auf dünnem<br />

Eis zu bewegen. „Ich weiß jetzt, wie man in Krisen<br />

ruhig bleibt. Umbrüche machen mich seit damals<br />

nicht mehr panisch.“ thomasulrich.com<br />

THOMAS ULRICH, ULI WIESMEIER WOLFGANG WIESER<br />

52 THE RED BULLETIN

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