RZ_KleeblattHannover_Januar2017
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
KS: Wie sind Sie denn organisiert?<br />
RS: Uns war wichtig, uns gut zu vernetzen. Vor zwölf Jahren<br />
ist die „Qualitätsgemeinschaft Häusliche Kinderkrankenpflege<br />
in Niedersachsen“ ins Leben gerufen worden.<br />
Das ist ein Zusammenschluss von fünf Pflegediensten,<br />
den ich mitgegründet habe und dessen 1. Vorsitzende ich<br />
bin. Wir haben das gemacht, um die Qualität der Pflege<br />
sicherzustellen und ständig zu verbessern, aber auch, um<br />
uns von den Erwachsenenpflegediensten abzuheben, die<br />
eine gänzlich andere Struktur und Zielsetzung haben.<br />
Natürlich wollten wir auch bei den Krankenkassen und<br />
der Politik eine angemessenere Gewichtung für die Pflege<br />
schwerstkranker Kinder und Jugendlicher erreichen und<br />
deshalb mussten wir Kriterien erarbeiten, die das auch<br />
belegen können.<br />
KS: Galt das auch für die häusliche Palliativversorgung von<br />
Kindern und Jugendlichen?<br />
RS: In diesem Zusammenhang ist es dann in 2008 zur Zusammenarbeit<br />
mit Prof. Dirk Reinhardt und Dr. Annette<br />
Sander von der MHH gekommen. Prof. Reinhardt hatte<br />
mit Unterstützung des niedersächsischen Sozialministeriums<br />
das Betreuungsnetz für schwerkranke Kinder gegründet.<br />
Gemeinsam mit Frau Dr. Sander und mit Ärzten und<br />
Pflegediensten aus ganz Niedersachsen haben wir dann<br />
über mehrere Jahre einen Leistungskatalog für die spezialisierte<br />
ambulante Palliativversorgung schwerkranker<br />
Kinder und Jugendlicher entwickelt und mit den Krankenkassen<br />
vereinbart. Das ist heute in diesem Bereich die<br />
Vertragsgrundlage für unsere Arbeit und die Abrechnung.<br />
Die ganze Entwicklung wurde wissenschaftlich begleitet<br />
und heute sind wir als Pflegedienst der ersten Stunde Teil<br />
dieser ambulanten pädiatrischen Palliativversorgung für<br />
ganz Niedersachsen.<br />
KS: Können Sie Ihre unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche<br />
beschreiben?<br />
RS: Unser Hauptschwerpunkt ist die Intensivversorgung<br />
schwerstmehrfachbehinderter Kinder. Am Anfang gab es<br />
ein Kind, das beatmet werden musste, das aber nach Hause<br />
entlassen werden sollte. Die Prognosen für dieses kleine<br />
Mädchen waren ganz schlecht und es gab damals auch<br />
keinen Pflegedienst, der so etwas gemacht hat. Wir haben<br />
uns dann zusammengesetzt und ein Konzept geschrieben,<br />
wie es funktionieren könnte und haben dann die Pflege<br />
dieses Säuglings übernommen, haben da-<br />
für gesorgt, dass er Zuhause wie auf einer<br />
Intensivstation betreut werden konnte.<br />
Und wir sind sehr froh und glücklich,<br />
dass dieses Mädchen gerade seinen 18.<br />
Geburtstag gefeiert hat und immer noch<br />
von uns betreut wird.<br />
KS: Das ist großartig und zeigt, wie hilfreich<br />
und unterstützend die Häusliche Kinderkrankenpflege<br />
ist.<br />
RS: Ja, das ist unser Paradebeispiel, vor allem vor dem<br />
Hintergrund, dass früher viele dieser schwerkranken<br />
Kinder auf der Intensivstation bleiben mussten und<br />
früh gestorben sind. Dieses Mädchen hat sich trotz ihrer<br />
schweren Behinderung gut entwickelt. Die ist immer<br />
noch eine schwerstbehinderte junge Frau, aber sie konnte<br />
den Kindergarten besuchen, die Schule, wir haben sie auf<br />
Klassenfahrten begleitet und auf Faschingsfeiern. Wir sind<br />
mit den Eltern in Urlaub gefahren, da war immer eine<br />
Kinderkrankenschwester dabei und so konnte dieses Mädchen<br />
18 Jahre lang am ganz normalen Leben teilnehmen.<br />
Dieses Mädchen begleitet uns nun im Grunde von Anfang<br />
an und für mich ist das auch immer ein gutes Zeichen,<br />
dass wir alles richtig gemacht haben in der Betreuung.<br />
Das ist eine sehr schöne Erfahrung.<br />
KS: Wie sieht Ihr Engagement in der Palliativpflege aus?<br />
RS: Wie gesagt, dem Einsatz von Prof. Reinhardt, Frau Dr.<br />
Sander und einigen anderen Spezialisten ist es zu verdanken,<br />
dass es diesen speziellen ambulanten Palliativbereich<br />
für Kinder heute überhaupt gibt. Wir haben ihn mit<br />
aufgebaut, eine kleine Palliativgruppe mit einer besonderen<br />
Ausbildung, die meine Kollegin Andrea und ich auch<br />
gemacht haben, als Teil des niedersachsenweiten Versorgungsnetzes.<br />
Und diese Gruppe haben wir viele Jahre<br />
geleitet, haben das dann aber irgendwann abgegeben und<br />
mittlerweile sind das elf Kinderkrankenschwestern, die<br />
sterbende und schwerstkranke Kinder betreuen. Häufig<br />
sind das onkologisch erkrankte Kinder in der Finalphase.<br />
KS: Können Sie denn grundsätzlich sagen, was für Sie das<br />
Besondere an der Kinderkrankenpflege ist?<br />
RS: Dass man sehr kranke Kinder in ihrer häuslichen<br />
Umgebung versorgen kann und dass man Eltern, die ein<br />
schweres Schicksal tragen müssen, zur Seite stehen kann.<br />
16 KLEEBLATT 11 01 / 2016 2017