Leseprobe: Vor Taschendieben wird gewarnt
Leseprobe zu Renate Welsh: Vor Taschendieben wird gewarnt
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gemacht, dass ich nicht einmal nach seinem Namen gefragt<br />
hatte, ich war ja ganz durcheinander, und ich hab<br />
ihm viel zu wenig Finderlohn gegeben …“<br />
Percy hätte zu gerne den Kanaldeckel hochgehoben<br />
und wäre hinuntergeklettert, egal wie es da roch,<br />
aber Darling hörte nicht auf, ihn zu umkreisen und zu<br />
stupsen. Hinter ihm stand seine Mutter und vor ihm die<br />
alte Frau, die immer noch redete.<br />
„Was hat er denn getan?“, fragte seine Mutter, als<br />
die alte Frau kurz Atem holen musste.<br />
„Was?“, rief sie und Darling kläffte dazu. „Hat er<br />
es Ihnen nicht erzählt? Das sieht ihm ähnlich! Ach, Sie<br />
wissen ja gar nicht, wie stolz Sie sein müssen, wie froh!“<br />
Die Mutter schickte Percy einen Gewitterblick,<br />
und als die alte Frau die Geschichte mit der verlorenen<br />
Brieftasche erzählte, wurde aus dem Gewitter ein Tropensturm.<br />
„Jetzt habe ich nicht so viel bei mir, Sie müssen<br />
mich morgen Nachmittag besuchen – Sie mögen doch<br />
Nusskuchen? Alle meine Nachbarinnen loben meinen<br />
Nusskuchen – dann kann ich meine Schulden bezahlen.“<br />
Die alte Frau holte einen Briefumschlag aus ihrer<br />
großen braunen Handtasche.<br />
„Da steht meine Adresse drauf. Ich bin übrigens<br />
Peggy Morris, die Witwe von Peter Morris, aber den<br />
können Sie leider nicht gekannt haben, Sie sind viel zu<br />
jung. Morgen um vier, passt das? Ich freue mich ja so!<br />
Darling, komm, wir sollten längst beim Friseur sein,<br />
dann bist du morgen schön für unseren Besuch.“<br />
Die Mutter blickte den beiden nach, ohne ein<br />
Wort zu sprechen. Das war ein sehr schlechtes Zeichen.<br />
Als sie außer Sichtweite waren, öffnete sie die Haustür,<br />
ohne Percys Hand loszulassen. Ihr Griff war hart.<br />
In der Küche schubste sie ihn auf einen Stuhl und<br />
pflanzte sich vor ihm auf.<br />
„Nun, junger Mann? Was hast du zu sagen?“<br />
Percy senkte den Kopf und schwieg.<br />
Sie packte ihn an den Ohren. „Schau mich an!<br />
Nein, nicht mit so einem Dackelblick! Den kannst du<br />
dir aufsparen für andere Gelegenheiten, wenn dich ein<br />
Polizist erwischt hat oder ein Kaufhausdetektiv. Es ist ja<br />
nicht auszuhalten! Da freut man sich, dass der Kerl endlich<br />
anfängt, etwas zu leisten, und muss erfahren, dass<br />
er einen betrogen hat. Be-tro-gen. Seine eigene Mutter!<br />
Schämen solltest du dich. In Grund und Boden solltest<br />
du dich schämen. Wenn du so weitermachst, kommst<br />
du ins Heim!“<br />
Percy kannte einen, der ins Heim gekommen war:<br />
Den großen dicken John aus dem Nachbarhaus, der<br />
alle Jüngeren in der Gasse tyrannisiert und verprügelt<br />
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