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2017<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Entwicklung eines<br />
standardisierten<br />
Messverfahrens zur in<br />
situ Bestimmung des<br />
Benetzungs- und<br />
Fließverhaltens von<br />
Hartloten
Entwicklung eines<br />
standardisierten<br />
Messverfahrens zur in situ<br />
Bestimmung des Benetzungsund<br />
Fließverhaltens von<br />
Hartloten<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 18.705 B<br />
DVS-Nr.: 07.082<br />
Technische Universität Chemnitz<br />
Institut für Werkstoffwissenschaft und<br />
Werkstofftechnik<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 18.705 B / DVS-Nr.: 07.082 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen<br />
Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2017 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 365<br />
Bestell-Nr.: 170474<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-364-0<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.705BR<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Einleitung ................................................................................................................................... 4<br />
Stand der Technik ...................................................................................................................... 5<br />
Durchgeführte Arbeiten .............................................................................................................. 9<br />
Auswahl des Erwärmungsverfahrens .................................................................................... 10<br />
Aufbau und Erprobung des Versuchsstands ......................................................................... 16<br />
Probenformen und Grundwerkstoffe ..................................................................................... 19<br />
Lotwerkstoffe und Flussmittel ................................................................................................ 23<br />
In-situ Analyseverfahren ....................................................................................................... 26<br />
Möglichkeiten und Grenzen .................................................................................................. 35<br />
Projektbegleitender Ausschuss ................................................................................................ 37<br />
Verwendung der Zuwendung.................................................................................................... 37<br />
Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit ...................................................... 37<br />
Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen ........................................................ 38<br />
Literaturverzeichnis .................................................................................................................. 42
Seite 4 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.705BR<br />
Einleitung<br />
Die Charakterisierung des Benetzungs- und Fließverhalten von Hartloten ist derzeit nur<br />
durch die Kombination unterschiedlicher Methoden möglich. Dabei ist keine Methode in<br />
der Lage alle Einflussgrößen zu berücksichtigen, wodurch sich die Ergebnisse nur<br />
schwer auf Bauteile übertragen lassen und der Prüfaufwand entsprechend zeit- und<br />
kostenintensiv ist. Seitens der Industrie wird ein einheitliches, zuverlässiges und in<br />
Regelwerken festgeschriebenes Verfahren zur Bewertung von Hartloten gefordert. Im<br />
Rahmen des Fachausschusses FA7 des DVS wurde ein deutlicher Bedarf geäußert. In<br />
der industriellen Praxis findet eine Auswertung nur nach erfolgter Lötung durch die<br />
Ermittlung der Fließlänge oder Spaltüberbrückung statt. Besonderes bei der Entwicklung<br />
neuer Lotwerkstoffe ist eine Einschätzung vor allem im Vergleich zu den bereits<br />
eingesetzten Loten unbedingt erforderlich. Ein standardisiertes Verfahren hierzu fehlt. Da<br />
es sich bei Lotfluss um einen hochdynamischen Prozess handelt, bietet sich eine in-situ-<br />
Methode an, welche zu jedem Zeitpunkt des Lötprozesses entsprechende Ergebnisse<br />
liefert. Zudem wird es möglich die auftretenden Effekte, wie die Bildung unterschiedlicher<br />
Fließphasen in Folge von Diffusions- und Reaktionsprozessen, näher zu untersuchen<br />
[Wei96]. Die Erkenntnisse tragen zu einem besseren Verständnis des Fließprozesses in<br />
Abhängigkeit der Lotzusammensetzung und der Prozessatmosphäre bzw. dem<br />
Flussmittel bei. Zusammenfassend ergibt sich sowohl aus industrieller als auch<br />
wissenschaftlicher Sicht die Notwendigkeit ein standarisiertes Verfahrens zur in-situ-<br />
Bestimmung des Benetzungs- und Fließverhaltens zu entwickeln. Damit wird es den<br />
Lotherstellern und KMU möglich, das Verhalten des Lotes in manuellen und<br />
automatisierten Prozessen quantitativ, standardisiert und sicher zu beurteilen.<br />
Das Forschungsvorhaben wurde durch Mittel des Bundesministeriums für Wirtschaft und<br />
Ener-gie (BMWi) über die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen<br />
„Otto von Guericke“ e.V. (AiF) gefördert. Der AiF-Förderung sei gedankt.<br />
Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht
Seite 5 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.705BR<br />
Stand der Technik<br />
Bei der Herstellung von Lötverbindungen ist die genaue Kenntnis der<br />
Verarbeitungseigenschaften der Lote unerlässlich. Von zentraler Bedeutung ist das<br />
Benetzungs- und Fließverhalten. Die Sicherstellung der Prozesssicherheit führt zu einer<br />
dauerhaft hohen Qualität und Güte der herzustellenden Verbindungen. Ausgangspunkt<br />
für die Einschätzung des Benetzungs- und Fließverhaltens sind unterschiedliche<br />
Versuche, die wiederum als Basis für die Erstellung von Berechnungsmodellen dienen.<br />
Einen guten Überblick der bestehenden Benetzungsmethoden bzw. Methoden zur<br />
Bestimmung der Grenzflächenspannung geben Drelich et al. [Dre02]. Nachfolgend sollen<br />
die gebräuchlichsten Herangehensweisen näher erläutert werden. Wichtig ist in dabei die<br />
Identifikation und Berücksichtigung der wirkenden Einflussgrößen.<br />
Zur Beurteilung der Benetzungsfähigkeit wird in der Löttechnik hauptsächlich der<br />
Benetzungswinkel bestimmt. Dabei ist die Young-Dupré-Gleichung, welche den<br />
Zusammenhang zwischen Oberflächenenergien/Grenzflächenspannungen und<br />
Benetzungswinkel beschreibt, die Grundlage der Benetzungsbetrachtungen [Zar88].<br />
Dabei werden jedoch vereinfachten Bedingungen, wie ein vorliegendes chemisches<br />
Gleichgewicht und eine vollkommen glatte Oberfläche, angenommen. Darauf aufbauend<br />
finden sich in der Literatur Modelle, wie der Wenzel- oder Cassie-Winkel, die die realen<br />
Bedingungen besser berücksichtigen, jedoch die Wirklichkeit nur teilweise abbilden<br />
können [War09][Yos98]. So verändert sich beispielsweise durch die stattfinden<br />
Diffusionsprozesse die Lotzusammensetzung (Lötgut), was unter anderem zu einer<br />
veränderten Lotviskosität führen kann. Wesentlich Einflussgrößen lassen sich dabei aus<br />
den Fick‘schen Gesetzten ableiten. Die Schwierigkeit bei der Beschreibung ergibt sich<br />
durch die hohe Komplexität und die Vielzahl sich gegenseitig bedingender<br />
Einflussgrößen (Abbildung 1). Prabhu et al. und Shibata et al. versuchen jeweils einen<br />
Überblick über diese Zusammenhänge zu geben [Pra07][Shi04]. In Modellen, die auf<br />
empirisch ermittelten Ergebnissen beruhen, werden viele Einflussgrößen abgebildet.<br />
Bislang konnte jedoch kein Modell entwickelt werden, dass alle Einflussgrößen<br />
berücksichtigt [Con01]. Erschwerend wirkt sich dabei die Eingangswertgenerierung aus,<br />
wobei kein Ansatz alle Einflussgrößen oder zumindest einen entsprechend großen Teil<br />
betrachtet. Dadurch treten starke Abweichungen in den Ergebnissen unterschiedlicher<br />
Quellen bei scheinbar gleichen Ausgangsbedingungen auf. Als Grund wird die
Seite 6 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.705BR<br />
Einflussanzahl gesehen, die das Erreichen umfassend übereinstimmender Bedingungen<br />
bei den Benetzungsversuchen erschwert [Pra07].<br />
Abbildung 1: Einflüsse des Benetzungs- und Fließverhaltens (GW: Grundwerkstoff)<br />
Am Häufigsten wird der Benetzungsversuch mit einem liegenden Tropfen (sessile drop<br />
method) verwendet. In Vorbetrachtungen werden meist metallischen Schmelzen ähnliche<br />
Flüssigkeiten wie Wasser oder Alkoholen verwendet [Caz02]. Der Vorteil liegt unter<br />
anderem in den nicht oder nur bedingt stattfinden chemischen Reaktionen, was die<br />
Wirkung einzelner Einflussgrößen besser sichtbar macht. Zudem können die Versuche<br />
bei Raumtemperatur durchgeführt werden [Wei96][Eus01][Eus05]. Bei dem Versuch wird<br />
eine definierte Menge Flüssigkeit, z.B. Wasser und Alkohole bei Raumtemperatur oder<br />
schmelzflüssiges Lot bei erhöhten Temperaturen, auf eine vorbereitete Oberfläche<br />
appliziert. Der Benetzungsvorgang wird mit Hochgeschwindigkeitskameras<br />
aufgezeichnet, wobei Aufnahmen aus verschiedenen Perspektiven möglich sind<br />
[Lan97][Sek08][Wei96]. So lässt sich durch die Betrachtung von oben die flächige<br />
Ausbreitung aufnehmen. Dadurch können die Topografie und der Fortschritt der<br />
Ausbreitungsfront sowie auftretende Effekte, wie Ausfransungen, in Abhängigkeit von der<br />
Zeit aufgezeichnet werden [Caz02][Sek08][Wei96]. Bei der seitlichen Betrachtung des<br />
Lots lässt sich zusätzlich zur Ausbreitung der Kontaktwinkel zwischen der Schmelze und<br />
dem Grundwerkstoff bestimmen [Lan97]. Dieser ist ein häufig verwendetes<br />
Bewertungskriterium für die Benetzung. Auch an schnell erstarrten Benetzungsproben<br />
nach diskreten Zeitabständen lässt sich das Fließverhalten untersuchen [Wei96]. Der