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40plus

Für alle Menschen, denen das Leben ohne Höhepunkte zu öd erscheint. Die Überraschungen nicht als Stress empfinden. Und die immer wieder das Leben neu ausprobieren wollen.

Für alle Menschen, denen das Leben ohne Höhepunkte zu öd erscheint. Die Überraschungen nicht als Stress empfinden. Und die immer wieder das Leben neu ausprobieren wollen.

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TEXT VON MARTIN G. WANKO<br />

würde ich hier nicht mehr sitzen. Ach, Liliana! Ich kippte<br />

noch zwei runter und beobachtete dabei Lilianas vibrierende<br />

Bewegungen. Liliana tanzt mir gerne auf der Nase<br />

herum, wie nur selten jemand, doch soweit wollte ich es<br />

dieses Mal nicht kommen lassen. Ich verscheuchte sie,<br />

ging zahlen und und war dann alsbald im Bett.<br />

The<br />

return<br />

of the<br />

Marlboro<br />

Mann<br />

Wer nicht mehr raucht ist länger froh: Dies ist der 5. Teil von<br />

unserer Serie Vom Marlboro Mann zum Marathon Mann.<br />

Mehr unter www.<strong>40plus</strong>-magazin.com<br />

Irgendwie war es nur ein Anruf,<br />

aber der bedeutete, die nächsten<br />

drei Monate sollte ich ein Buch<br />

fertigschreiben, aber nicht eines<br />

aus eigenem Antrieb. So etwas<br />

nennt man Gastautor. Dazu kam<br />

dann auch noch die Corona-<br />

Plage und da meine ich jetzt nicht<br />

das Bier. Aber alles von Anfang an.<br />

Der Sommerurlaub ist finanziert<br />

Wenn ein Autor nur mehr „ja“ und „ja, gerne“ und „ja eh“,<br />

dann vielleicht noch ein „selbstverständlich!“ oder ein „ja<br />

freilich und wird erledigt!“ in das Mobiltelefon spricht und<br />

einige Notizen macht, hat er einen Auftrag bekommen, der<br />

nicht so schlecht besoldet wird. Meines Zeichens ein kleines<br />

Buch über Wunderkerzen und andere Leuchtkörper.<br />

Die Geschichte von damals bis heute. Das sollte mir den<br />

Sommerurlaub und einiges mehr finanzieren. Darum ließ<br />

ich einmal meine Gedanken an der Luftverschmutzung und<br />

an der Lärmbelästigung vorbeigleiten und plünderte das<br />

Netz nach brauchbarem Material.<br />

Nach erledigter Arbeit machte ich auch noch einen<br />

Spaziergang durch den Stadtpark - nahe meinem Zuhause<br />

und da wartete sie schon, die Cohibar. In ihr Liliana, eine<br />

gute, alte Bekannte. Sie meinte, ich soll doch noch eine<br />

Zeit bleiben und ihr Gesellschaft leisten, so ist es ihr gleich<br />

weniger fad und mir auch. Ich schwang mich also auf<br />

einen Barhocker und bestellte mir einen Tequila Sunrise,<br />

das Lieblingsgetränk eines gewissen Mick Jagger im Jahre<br />

1974, als das Leben noch Spaß machen durfte, so wurde es<br />

mir zumindest erzählt. Liliana machte mir schöne Augen,<br />

vor allem sehr große, um nicht zusagen übergroße und<br />

tanzte vor Glück, als ich mir noch einen genehmigte. Das<br />

kann sie wirklich perfekt, mich in einer Welt zwischen<br />

Fantasie, Blödheit und Glückseligkeit fangen.<br />

Die Freundin mit dem Saugnapf<br />

Ach ja, jetzt habe ich Ihnen ganz und gar vergessen,<br />

Liliana vorzustellen. Es ist meine Stubenfliege. Sie hält<br />

sich gerne in meiner Bude auf und wenn es ihr fad wird,<br />

verzieht sie sich in diverse Cafés, Bars und wird dort oft<br />

sehr schnöde Barfly genannt. Gleich wie so manch eine<br />

Person. Sie hat sich noch nie daran gestoßen, dass ich<br />

ihre Vorgängerinnen beim gleichen Namen nannte. Die<br />

aktuelle Generation ist aber besonders hübsch, alleine<br />

wie sie mit der schwarzen Saugnapfzunge die orangen<br />

Reste meines Tequila Sunrise in sich hineinzieht und<br />

dabei ihren Rumpf kreisen lässt. Wow, könnte ich das,<br />

Die Nacht war kurz und ich wachte auf, noch bevor meine<br />

Frau das traute Heim verließ. Ich blätterte kurz durch<br />

die Zeitung und fand ein Inserat. Graz Marathon. Das<br />

wäre es jetzt eigentlich. Jetzt nicht der Ganze, aber zumindest<br />

der Halbe. Nachdem der Marathon in Wien im<br />

April abgesagt wurde, findet zumindest der im Oktober<br />

in Graz statt. Ich schlüpfte in die Hose, zog meine altvertrauten<br />

Laufschuhe an, als ich zufällig über meine Frau<br />

stolperte und meinte, dass ich beim nächsten Marathon<br />

mitmachen werde. Sie meinte, dass ihr schon die 17-jährige<br />

Tochter reicht, wenigstens ich sollte in meinem Kopf<br />

18 werden - aber das ist wieder eine andere Geschichte.<br />

Ich holte also meine vergammelten Laufschuhe aus dem<br />

Schuhkasten hervor und welch Wunder, sie passten noch.<br />

Ich hielt die Luft an und nahm mir vor, in sechs Monaten<br />

Marathon zu machen.<br />

Das Laufen ist ein Genuss, saufen auch<br />

Ich hatte großes Glück. Während viele von uns plötzlich<br />

nicht wussten, was sie in der Corona-Zeit machen sollten,<br />

ging ich laufen, schreiben und Nachrichten schauen. Zur<br />

Freude meiner Umgebung, außer Liliane natürlich, waren<br />

sämtliche Kaffeehäuser und Bars geschlossen. „Endlich<br />

keine Rauschkugel mehr!“, hörte ich meine Familie<br />

singen, die dabei auf meine Wampe schaute, die eben wie<br />

die eines mitteleuropäischen Hängebauchschweins aussieht.<br />

Auch nicht unwichtig, der Körper freute sich auf die<br />

Bewegung und Liliane meinte, auch ihr würden einige<br />

Tage in Bewegung guttun. Aber da wusste noch niemand<br />

wie gut der Webshop beim Krispel funktioniert und auch<br />

wurde ich zu einem kleinen Gin-Experten, Schneeberger,<br />

GIN 1404, Manufaktur Müller oder der Blue Frog vom Selinschek<br />

- die Auswahl ist groß, Österreich war ja auch in<br />

der Quarantäne ein Garant für das hochprozentig Gute.<br />

Aber trotzdem: „Wer viel läuft, der wenig säuft!“, alte<br />

Säufer- äh Läuferweisheit!<br />

Ich ging also laufen und schrieb mir die Finger wund.<br />

Das passiert mir öfters, aber in dieser ruhigen Atmosphäre<br />

war es wirklich genial. Als niemand raus wollte<br />

und sich niemand raus traute, hö, hö. Diese fast schon<br />

winterliche Stille im Frühling. Und plötzlich ging wieder<br />

ganz Österreich spazieren und laufen. Dementsprechend<br />

machten ihre Körper auch eher ungelenke Bewegungen,<br />

aber das war nicht mehr mein Problem. Meine Mozartkugel<br />

wurde kleiner, der Feuerwerkskörperfabrikant<br />

wurde kapitelweise beliefert und zahlte mich nach wie<br />

vor. So ging es mir eigentlich die Monate ganz gut.<br />

Das Buch „Bunte Lichter am schwarzen Himmel“ ist nun<br />

fertig und ich bin top in Form. So ganz unösterreichisch:<br />

Das Virus hat mich stark gemacht. Liliana ist leider<br />

gestorben. Aber sie hat einige Nachkommen hinterlassen.<br />

Zum Glück weiß ich noch immer was ich machen soll:<br />

Laufen, schöpfen und ein bisserl sündigen. In der Sünde<br />

simma halt auch zu Haus’, sonst wäre das Leben ein<br />

Graus. Beim Sommerurlaub einmal abwarten, gebucht<br />

kann noch immer werden. Im Herbst, am 11. Oktober,<br />

nehme ich jedoch den Graz Marathon in Angriff. Zumindest<br />

den Halbmarathon und das ist ja auch schon was.<br />

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40PLUS | AUSGABE SOMMER 2020<br />

40PLUS | AUSGABE SOMMER 2020<br />

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