40plus Herbst 2023
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HERBST <strong>2023</strong><br />
<strong>40plus</strong> ist das Magazin für<br />
jeden, der aus dem immerwährenden<br />
Kreis ausbrechen möchte und mit<br />
einem lauten »JA!« seiner Zukunft<br />
entgegenläuft. Don’t wish it, do it!<br />
06 Die besseren Trüffel. 08 Überall nachhaltig. 10 Die Welt vor 20 Jahren. 12 Schifoan! 17 <strong>40plus</strong> Talk:<br />
Die Vermessung der Nachhaltigkeit. 23 Neue Sichtweisen auf den Sehnsuchtsort Triest. 24 Biodiverses mit<br />
dem LH. 27 <strong>40plus</strong> goes KI. 28 Die 7 Todsünden. 30 Steirische KI-Spezialisten. 32 Wege mit Kunststoff.<br />
34 Neue Stars bei Herz! 36 Techniktrends für Mensch & Umwelt. 38 Energiewende zuhause. 39 Auf der<br />
Suche nach Heimat. 40 Goldsuche im Vulkanland. 41 Kulinarik & Musik mit der MCG. 44 Schauspieler<br />
als Schriftsteller. 46 Saisonstart der Bühnen Graz. 47 Teppich Wonderland. 49 Die Bilder ohne Namen.<br />
51 Liaunigs Privatmuseum. 54 Schachners Steuertipps. 55 Heckes Abgesang.<br />
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6<br />
Trüffel.<br />
12<br />
Schifoan.<br />
49<br />
Wurm.<br />
© UNSPASH | KLARA KULIKOVA<br />
© STMK TOURISMUS | TOM LAMM<br />
© JOSEF WURM<br />
KI-Spezial<br />
04 Editorial.<br />
05 Vom Ottitsch!<br />
06 Die besseren<br />
Trüffel.<br />
08 Überall<br />
nachhaltig.<br />
10 Die Welt vor<br />
20 Jahren.<br />
12 Schifoan!<br />
17 <strong>40plus</strong> Talk: Die<br />
Vermessung der<br />
Nachhaltigkeit.<br />
24 Biodiverses<br />
mit dem LH.<br />
27 <strong>40plus</strong> goes KI.<br />
28 Die 7 Todsünden.<br />
30 Steirische KI-<br />
Spezialisten.<br />
32 Wege mit<br />
Kunststoff.<br />
34 Neue Stars<br />
bei Herz!<br />
36 Techniktrends für<br />
Mensch & Umwelt.<br />
38 Energiewende<br />
zuhause.<br />
39 Auf der Suche<br />
nach Heimat.<br />
40 Goldsuche im<br />
Vulkanland.<br />
41 Kulinarik & Musik<br />
mit der MCG.<br />
44 Schauspieler als<br />
Schriftsteller.<br />
46 Saisonstart der<br />
Bühnen Graz.<br />
47 Teppich<br />
Wonderland.<br />
49 Die Bilder<br />
ohne Namen.<br />
51 Liaunigs<br />
Privatmuseum.<br />
54 Schachners<br />
Steuertipps.<br />
55 Heckes<br />
Abgesang.<br />
3
In der<br />
Zukunft<br />
gelandet!<br />
Wie geht eigentlich »Nachhaltig Urlaub machen«?<br />
Indem man sich auch im Urlaub von zu Hause nicht<br />
wegbewegt und in Totenstarre verfällt. Ich warne nur,<br />
wenn man das als Familie mit Kindern macht, bekommen<br />
die Jungen einen ziemlichen Schaden, weil in der<br />
Schule fragt man untereinander noch immer, wo man<br />
war. Ich kann alle beruhigen, Urlauben gleicht einem<br />
Grundbedürfnis, bloß 4 % der Österreicher bleiben in<br />
den eigenen vier Wänden, die anderen fahren in ferne<br />
Länder und das gerne. Zuerst sucht man sich ein nachhaltiges<br />
Hotel aus. Hat man eines gefunden, ist das wie<br />
frischer Atem, da hat man gleich ein gutes Gefühl. Da<br />
hat man sich einmal mit 90%iger Sicherheit gegen ein<br />
Hochhaussilo an einer Küste entschlossen.<br />
Uns trieb es ins Elsass. Das Hotel, eine Villa aus den<br />
1920er-Jahren, hatten auf booking.com 3 Sterne für<br />
Nachhaltigkeit – mehr darüber im Blattinneren – aber<br />
nur so viel: Man kommt hier als Geläuterter wieder<br />
raus. Und wie kommt man ins Elsass? Am besten wie<br />
die Araber, die ich in München gesehen habe: Vor dem<br />
(Hotel) Kempinski, sehe ich, wie aufgefädelt, eine ganze<br />
Armada aus Lamborghini und Ferrari, mit Kennzeichen<br />
aus Katar. Wo sich Durchschnittsmenschen<br />
fragen, ob sie jetzt mehr mit dem Rad oder den Öffis<br />
fahren sollen, lassen die ihre Autos nach Europa einf<br />
liegen, geben mit ihnen und den Nummerntafeln hier<br />
an und f liegen mit ihnen wieder zurück.<br />
Ja, spinnen die? Ja, natürlich spinnen die. Darf man<br />
selber spinnen? Ja eh, aber sehr wenig. Nach wie vor<br />
zahlt sich Urlaub in sinnvoller Entfernung aus. Skifahren<br />
in den steirischen Bergen, ein paar Tage in<br />
unseren Thermen verbringen – wir haben da auf den<br />
nächsten Seiten einiges vorbereitet. In der Gondel<br />
hat man dann auch einige Zeit zum Nachdenken.<br />
Zum Beispiel, ob ein Auto nachhaltig sein kann, das ist<br />
nämlich bei genauerem Nachdenken gar nicht so einfach<br />
zu beantworten. Oder wie geht es uns eigentlich<br />
mit den Todsünden? Darüber habe ich mich mit Gudrun<br />
Isak aus der Diözese Graz-Seckau, Josef Wurm und<br />
einem Wesen namens KI ausgetauscht. Apropos Josef<br />
Wurm: Der steirische Ausnahmekünstler stellte uns für<br />
das Cover eines seiner Bilder zur Verfügung, darüber<br />
hinaus wird er in dieser Ausgabe porträtiert.<br />
Vielleicht noch einige Worte zu KI? Haben Sie sicher<br />
schon ausprobiert. Und, das was rauskam, ist jetzt eher<br />
durchschnittlich, zerstreut oder ganz einfach Nonsens?<br />
Stimmt. Man sollte sich jetzt nicht zu viel und nicht<br />
zu wenig mit ihr beschäftigen, sondern ganz einfach<br />
mit ihr leben und am Ball bleiben. Dagegen sein hilft<br />
nix. Es hat bekanntlich auch eine Bewegung gegeben,<br />
die Computer verhindern wollte. Der PC hat sich eben<br />
nicht abschaffen lassen, die Bewegung schon. Wir<br />
haben im Innenteil des Magazins ein kleines <strong>40plus</strong>-<br />
Spezial gebastelt, wo sich der TU Graz-Forscher Roman<br />
Kern damit auseinandersetzt. Sehr gescheit und gar<br />
nicht künstlich.<br />
Martin G. Wanko, Chefredakteur<br />
© MARTIN G. WANKO<br />
Medieninhaber und Herausgeber: Madison Werbeagentur Marketing- und Werbeberatungs-GmbH, Stiftingtalstraße 60, 8010 Graz,<br />
www.madison.at Herausgeber: Martin G. Wanko und Gerhard Kroell. Herstellungsort: Walstead Leykam Druck GmbH, Zweigniederlassung<br />
NP Druck, Gutenbergstraße 12, 3100 St. Pölten, walstead-npdruck.com. Entwicklung und Konzept: Madison Werbeagentur GmbH<br />
und Martin G. Wanko. Coverbild: ©Josef Wurm (Bildausschnitt / 2018 Mixed Media/Paper 80x60). Editorial Design: Ewald Domitner.<br />
Chefredaktion: Martin G. Wanko. Redaktion: Julia Strempfl, Martin G. Wanko. Gastbeiträge: Clarissa Berner, Georges Desrues, Bernd Hecke,<br />
Petra Schachner-Kröll. Fotos: Die Bildhinweise befinden sich direkt beim jeweilig verwendeten Foto. Entgeltliche Beiträge sind gem. § 26 MedienG<br />
als »entgeltliche Einschaltung« gekennzeichnet. Ein Hinweis vorab: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung<br />
männlicher und weiblicher Sprachform verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für beiderlei Geschlechter.<br />
4
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5
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Die<br />
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Text: Georges Desrues<br />
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6
Sollte man diesen <strong>Herbst</strong><br />
einen Abstecher nach<br />
Istrien wagen, wird man<br />
an den Trüffeln kaum<br />
vorbeikommen.<br />
© MARTIN G. WANKO<br />
Als ich vor bald 20 Jahren ins Piemont<br />
zog, in eine Kleinstadt nahe der berühmten<br />
Stadt Alba, warnten mich<br />
Bekannte wiederholt vor den Trüffeln,<br />
die in der Region verkauft werden. Das<br />
seien gar keine echten Alba-Trüffel,<br />
hieß es da meistens, sondern Trüffel<br />
von ganz anderswo, vermutlich aus<br />
Istrien. Nun, dass die Pilze aus Istrien<br />
kamen, ist durchaus denkbar. Gesichert<br />
ist indessen, dass sie nicht aus<br />
Alba stammen. Denn in Alba gibt es<br />
gar keine Trüffel. Ganz einfach, weil<br />
Alba eine gepflegte piemontesische<br />
Kleinstadt ist, mit hübschen Piazze,<br />
mit engen Gassen und schicken Fußgängerzonen.<br />
Aber ohne Wälder, in<br />
denen Pilze wachsen würden.<br />
Albeser Erfindungsreichtum.<br />
Dass die begehrteste unter den Trüffelsorten,<br />
nämlich die weiße (Tuber<br />
magnatum pico), dennoch den Namen<br />
der Stadt trägt, ist einem gewieften Albeser<br />
Hotelier zu verdanken. Er kaufte<br />
in den 1950er Jahren die Exemplare auf<br />
den Märkten rund um Alba auf und<br />
verkaufte sie in seiner Heimatstadt<br />
weiter. Zudem gebar er die Idee, jedes<br />
Jahr das größte Exemplar darunter an<br />
eine international prominente Person<br />
zu verschenken, die dann auch nach<br />
Alba eingeladen wurde und in seinem<br />
Hotel abstieg. Und so entstand der Mythos<br />
der Alba Trüffel. Und es begann<br />
ein regelrechter Trüffeltourismus,<br />
der etliche Besucher aus aller Welt ins<br />
herbstliche Piemont lockte, um dort<br />
den begehrten Pilz zu essen, beziehungsweise<br />
im Rahmen von organisierten<br />
Touren zu suchen.<br />
Zu der Zeit war Istrien noch Teil des<br />
sozialistischen Jugoslawiens – und an<br />
so was wie »Trüffeltourismus« folglich<br />
gar nicht zu denken. Weswegen es<br />
durchaus plausibel ist, dass sich, vor<br />
allem in sammeltechnisch weniger<br />
guten Jahren, die Händler vom Albeser<br />
Trüffel-Markt mit den billigeren Pilzen<br />
von der Adria-Halbinsel versorgten,<br />
nur um sie um teures Geld in ihrer<br />
Heimat weiter zu verkaufen. Doch<br />
diese Zeiten sind längst vorbei.<br />
Denn auch nach Istrien reisen inzwischen<br />
Trüffel Begeisterte aus aller<br />
Welt, um in den Monaten von Oktober<br />
bis Januar in den lokalen Konobas<br />
Fleisch- und Pasta-Gerichte mit der<br />
begehrten Weißen Trüffel zu essen.<br />
Zudem werden auch hier längst Kurse<br />
angeboten, bei denen man lernt, wie<br />
damit in der Küche umzugehen ist,<br />
beziehungsweise die beliebten Trüffel-<br />
Touren mit trainierten Hunden.<br />
Trüffel ist nicht gleich Trüffel.<br />
Gründe, um ihre Pilze an die piemontesischen<br />
Kollegen zu verkaufen,<br />
haben die Istrier also keine mehr. Zumal<br />
die Ausbeute gerade in den letzten<br />
Jahren nicht gerade ausgiebig ausfiel.<br />
Das wiederum liegt an den trockenen<br />
<strong>Herbst</strong>en und Wintern, die in Istrien,<br />
wie im gesamten Mittelmeerraum,<br />
immer öfter vorkommen. Zu wissen<br />
ist aber auch, dass es von den knapp<br />
hundert Trüffelsorten, die es weltweit<br />
gibt, gleich vier auf der Adria-Halbinsel<br />
heimisch sind. Was bedeutet,<br />
dass man hier nahezu das ganze Jahr<br />
über Trüffel essen kann.<br />
Unter diesen gilt die Weiße Trüffel,<br />
also die sogenannte Alba-Trüffel, freilich<br />
als die geschmacklich intensivste,<br />
seltenste und teuerste. Sie kommt<br />
ausschließlich von Oktober bis Ende<br />
Dezember, in manchen Jahren und je<br />
nach Witterung auch noch im Jänner<br />
vor. Gekocht werden darf sie nicht.<br />
Vielmehr entfaltet sie ihren Geschmack<br />
am besten, wenn sie roh<br />
über warme Speisen gehobelt wird.<br />
Mit ihren weitaus billigeren schwarzen<br />
Verwandten, von denen sich eine<br />
(Tuber aestivum) auch in den Sommermonaten<br />
findet, verhält es sich<br />
indessen völlig konträr. Sie gehören<br />
erhitzt, beziehungsweise mitgekocht,<br />
um ihren Geschmack an die Speisen<br />
abzugeben. Und wenn man das richtig<br />
macht, werden auch sie zu einer absoluten<br />
Delikatesse. Und zwar zu einer,<br />
im Vergleich zur Weißen, bisweilen<br />
ums zehnfache billigeren. Wird sie<br />
allerdings, wie das immer wieder vorkommt,<br />
einfach nur über die Speisen<br />
gehobelt, dient sie lediglich dazu, den<br />
unwissenden Gast zu beeindrucken<br />
und ist ihr Geld nicht wert. Denn diese<br />
Art des Umgangs ist ausschließlich<br />
jener edlen Sorte vorbehalten, die sie<br />
Alba-Trüffel nennen. Auch wenn die in<br />
Alba – im Unterschied zu Istrien – gar<br />
nicht vorkommt.<br />
7
8<br />
Text: Martin G. Wanko
Die Nachhaltigkeit alleine wird<br />
nicht reichen, wenn wir die<br />
Klimaziele 2030 erreichen wollen.<br />
Die Radikalen sperren zu. In Graz haben die Unverpacktläden<br />
»Das Gramm« und »Das Dekagramm« ihre Pforten<br />
geschlossen, in Wien folgte nun die »Fleischloserei«, die<br />
einzige Fleischerei Österreichs ohne Fleisch – aber die<br />
Zukunft lauert bereits und lächelt uns ins Gesicht. Zwei<br />
sehr konsequente Unternehmen, die es nicht geschafft<br />
haben, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Zwar wird<br />
es bestritten, aber die Nachfrage dürfte nicht ausreichend<br />
gewesen sein, oder die Affinität gerade junger Leute, mit<br />
zu geringer Kaufkraft, war als Hauptkundschaft nicht<br />
ausreichend.<br />
E-Autos: Die Reichweite macht das Rennen.<br />
Andererseits ist die Idee der Nachhaltigkeit bei der breiten<br />
Masse längst angekommen. Die Neuzulassungen der<br />
strombetriebenen Autos machen im Frühjahr <strong>2023</strong> rund<br />
20 % aus, damit übersteigt man bereits die dieselbetriebenen<br />
Fahrzeuge. Und natürlich darf die Frage gestattet sein,<br />
ob ein Auto jemals nachhaltig sein kann, nimmt doch die<br />
Erzeugung gewaltig Ressourcen in Anspruch und ist der<br />
Individualverkehr mit dem PKW eigentlich einer der größten<br />
Sargnägel einer ausgeglichenen Klimabilanz. Aber die<br />
Zeiten des strikten Öko-Fundamentalismuses sind einer<br />
gesunden Realitätswahrnehmung gewichen. Grüne Steiermark<br />
Klubobfrau Sandra Krautwaschl dazu im <strong>40plus</strong>-<br />
Gespräch: »Für mich ist das ›nachhaltigste‹ Auto derzeit ein<br />
E-Carsharing-Auto. Ich nutze e-Carsharing, wenn ich keine<br />
Möglichkeit habe, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem<br />
Fahrrad zu fahren.« Ein Trend, dem junge, urbane Stadtbewohner<br />
folgen, die ansonsten bewusst auf ein Auto<br />
verzichten.<br />
Das größte Hindernis scheinen sicher noch die Langstrecke,<br />
verbunden mit dem Netz der Ladestationen, zu<br />
sein, aber auch hier gehen die Entwicklungen rasant in<br />
die richtige Richtung: Laut Europaparlament will man das<br />
ehrgeizige Vorhaben, die CO2-Emission durch Verbrennermotoren<br />
bis 2025 um 50 % zu reduzieren, mitunter durch<br />
eine Million Ladestationen in ganz Europa realisieren.<br />
Bleibt noch die Reichweite: Beim ÖAMTC verweist man auf<br />
eine Studie des Fraunhofer-Instituts, die besagt, dass durch<br />
eine Verringerung des Energieverbrauchs durch Elektronik,<br />
Leichtbau etc., es bei gleichem Batterieplatzbedarf zu<br />
einer Verdopplung der Reichweite bis 800 Kilometer in den<br />
kommenden zehn Jahren kommen könnte.<br />
Eineinhalb Blatt Wurst.<br />
Natürlich kann man jetzt fragen, ist ein Urlaub im Ausland<br />
jemals nachhaltig, geht er doch mit einer längeren Anreise,<br />
zumeist mit Flugzeug und einer Zerstörung von Ressourcen<br />
(Hotels und Infrastruktur) einher. Andererseits lehnen<br />
nur 4 % aller Österreicher*innen der Umwelt zur Liebe<br />
Urlaubsreisen ab. Als sinnvolle Alternative zum Massentourismus<br />
bringen immer mehr Touristiker den sanften<br />
Tourismus ins Spiel.<br />
Es sollte also ein nachhaltiges Hotel anvisiert werden. Ich<br />
hatte die Ehre letzten Sommer eines im französischen<br />
Elsass zu besuchen, welches auf der Booking.com Seit,e<br />
bezüglich der Nachhaltigkeit mit drei Sternen bewertet<br />
wurde. Das fängt bei einem unversiegelten Gästeparkplatz<br />
an, Aufzug gab es keinen, geht mit einer Photovoltaik-Anlage<br />
weiter und hört bei einem Frühstück auf, welches<br />
ausschließlich aus Demeter-Produkten bestand, aber nicht<br />
nur das: Zum Frühstück gabs (neben reichlich Obst, Brot<br />
und Joghurt) pro Gast eineinhalb Blätter Wurst und zwei<br />
Stückchen Käse, in der Größe von Manner-Schnitten.<br />
»Unsere Überzeugung bezüglich der Nachhaltigkeit muss auch<br />
in der Reduktion spürbar sein«, antwortete mir die Leitung<br />
freundlich, aber bestimmt. Ich stelle mir hier den<br />
durchschnittlichen europäischen Pauschaltouristen<br />
vor und habe sofort ziemlich krasse Bilder im<br />
Kopf. Beobachtete ich hingegen die anderen<br />
Hotelgäste, sie benehmen sich relativ<br />
natürlich, und im Grunde fand ich das<br />
Hotel auch richtig gut so.<br />
Es wird wichtig sein, die Allgemeinheit<br />
nicht nur von<br />
nachhaltiger, biologischer<br />
Nahrung, Demeter, BIO<br />
oder sonst noch etwas,<br />
zu überzeugen, Levels<br />
gibt es ja genug, die<br />
Reduktion, vielleicht<br />
nicht so extrem wie erlebt,<br />
wird zukünftig eine<br />
elementare Rolle spielen. Sich<br />
mit Billigfood bis zum Umfallen<br />
vollfressen, wird es nicht spielen.<br />
Das ist nur der halbe Weg.<br />
9
Text: Martin G. Wanko<br />
© ORIGINALFOTO: PEXELS/COTTONBRO STUDIO<br />
10
Wenn die Zeiten herausfordernder<br />
werden, wird der Ruf nach<br />
der »guten alten Zeit« laut.<br />
Seit der Industriellen Revolution wird<br />
von der »guten alten Zeit« gesprochen.<br />
Das nur vorab. Ich finde, 20 Jahre<br />
zurückzudenken hat etwas, das wäre<br />
aus heutiger Sicht 2003. Da wären wir<br />
jetzt in Graz zum Beispiel, mitten im<br />
Kulturhauptstadtjahr 2003. Ob man<br />
jetzt dieses Großevent mag oder nicht<br />
– man muss zugeben, dass in Sachen<br />
Kultur hier sehr viele nach Graz geschaut<br />
und Graz besucht haben. Auch<br />
die nächsten Jahre ist noch eine auffallende<br />
Zahl an Besuchern, aufgrund des<br />
Kulturjahres, nach Graz gekommen.<br />
Das Marketing-Konzept ist also wirklich<br />
aufgegangen. Das war nachhaltig.<br />
2003 wurde das Wort Nachhaltigkeit<br />
noch nicht so oft verwendet, so gesehen<br />
war es auch noch nachhaltig.<br />
Aus One wurde Orange<br />
und aus Orange wurde 3<br />
Was war noch? Der GAK ist in der<br />
Saison 2003/04 Österreichischer Fußballmeister<br />
geworden und Sturm als 9.<br />
fast abgestiegen. Ob das jetzt wirklich<br />
gut oder schlecht für die Roten war, ist<br />
schwierig zu beurteilen. Tatsache ist,<br />
der GAK ist ja wieder auf dem Weg zurück<br />
zu alter Stärke und Sturm wieder<br />
ganz oben. Damals hat es bereits SMS<br />
gegeben, aber noch nicht »fast« kostenlos<br />
von der Stange, doch Bluetooth<br />
war so gut wie neu. Es gab noch keine<br />
Smartphones, zumindest nicht so weit<br />
verbreitet, so auch nix zum Wischen,<br />
es war eher die Zeit, wo die Handys<br />
noch klein gehalten waren. Telefoniert<br />
habe ich damals mit dem Anbieter One.<br />
Aus dem wurde dann Orange und aus<br />
Orange wurde 3.<br />
Dramen in der Telefonzelle<br />
Es hat noch Telefonzellen gegeben,<br />
in denen tatsächlich telefoniert<br />
wurde. Für die Jüngeren: Das sind<br />
diese Kästen mit Schwingtür, wo ein<br />
Telefonapparat mit einem Hörer angebracht<br />
ist. Will man telefonieren,<br />
hebt man ihn ab, wirft Geld in den<br />
vorgesehenen Schlitz und wartet auf<br />
das Freizeichen. Dann wählt man die<br />
gewünschte Nummer. Falls es eine<br />
Festnetznummer ist, braucht man<br />
eine Vorwahl dazu. Manchmal war ein<br />
regelrechter Run auf Telefonzellen.<br />
Hörte einer auf zu telefonieren, betrat<br />
schon der nächste das Häuschen und<br />
sprach in den gleichen Hörer, wie die<br />
vor ihm, ohne da viel mit Desinfektiontüchern<br />
herumzuwischen. Damals<br />
hatte man auch noch eine geringere<br />
Angst vor Keimen und Viren. Ich sag<br />
das nur so, in Zeiten von Covid und Co.<br />
Vielleicht standen sich die Menschen<br />
damals noch näher, als es heute von<br />
Nöten ist. Vielleicht grauste man sich<br />
auch weniger von einander oder dachte<br />
einfach nicht mit.<br />
Bevor das Handy erfunden wurde,<br />
spielten sich manchmal auch echte<br />
Dramen in der Telefonzelle ab. Es war<br />
ja oft der einzige Ort, an dem man<br />
sich zurückziehen konnte, wenn das<br />
einzige Telefon im Haushalt, ein Festnetz,<br />
auf einem zentralen Platz stand<br />
und Telefonate von jedem mitgehört<br />
wurden. Fast unangenehm war einem<br />
dann das Warten außerhalb der Zelle,<br />
da man regelrecht spürte, dass hier<br />
etwas zu Ende ging und schon stand<br />
eine Person mit Tränen in den Augen<br />
vor einem. No jo. Taschentuch gefällig?<br />
Mehr Zeit zum Zeit haben<br />
Also WLAN gab es keines und Internet<br />
(fast) nur auf dem PC. Die Laptops<br />
waren noch Mangelware und oft gab<br />
es pro Haushalt nur einen PC, wenn<br />
überhaupt. Das riecht alles nach der<br />
einen Sache: Zeit haben. Damals hatte<br />
man noch mehr Zeit, zum Beispiel<br />
zum »Profil« und »Spiegel« lesen,<br />
Magazine für Politik, Gesellschaft,<br />
Wirtschaft und Kunst. Gibt es auch<br />
heute noch, nur schaut (fast) keiner<br />
mehr hinein. Wahrscheinlich weil<br />
Entertainment gegenüber Wissen gesiegt<br />
hat. Heute ist es schon viel, wenn<br />
orf.at gelesen wird, das gab es übrigens<br />
2003 auch schon. Also, ich glaube, man<br />
wurde 2003 weniger abgelenkt. Anders<br />
ausgedrückt: Die Industrie hatte noch<br />
nicht so gute Möglichkeiten uns vom<br />
Denken abzulenken.<br />
1.000 Dinge fallen mir mittlerweile<br />
ein. Früher durfte man noch fast überall<br />
rauchen. Gedampft hat es maximal<br />
aus der Kühlerhaube im Sommer.<br />
Fleisch aß man, wie verrückt: Motto:<br />
Zuviel ist nie genug und günstiger geht<br />
immer. Greenpeace fuhr mit Schiffen<br />
über das Meer und hielt Walfischfänger<br />
auf, heute klebt man sich auf<br />
der Straße fest. Die Liste kann endlos<br />
fortgesetzt werden.<br />
Damals wartete man auch noch auf<br />
eine neue Software bei den Anbietern,<br />
oder auf Hüllen, ließ das Handy<br />
schnell richten, oder kaufte diverses<br />
Zubehör, das heute per Post ins Haus<br />
kommt. Da hatte man tatsächlich noch<br />
mehr Kontakt zum Mobilfunkanbieter.<br />
In diesem Umfeld ist mir eine Beziehung<br />
aufgefallen, zwischen einem Mitarbeiter<br />
bei One und einer Mitarbeiterin<br />
beim Saturn, der mittlerweile im<br />
Media Markt aufgegangen ist. Die zwei<br />
trafen sich immer auf Rauchpausen<br />
im Café neben dem One-Shop. Das<br />
ging jahrelang so, bis eines Tages der<br />
One-Shop weg war und der Typ auch.<br />
Das Mädchen war dann noch manchmal<br />
alleine rauchen, nicht mehr im<br />
Café, sondern vor dem Dacheingang<br />
des Shoppingcenters, wo bis heute ein<br />
großer, glosender Aschenbecher steht.<br />
Dann war das Mädchen auch dort<br />
nicht mehr zu sehen. Vielleicht hat sie<br />
auch nur zum Rauchen aufgehört.<br />
11
© STEIERMARK TOURISMUS | TOM LAMM<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
12
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Die Steiermark,<br />
eine wahrhaftige<br />
Gastgeberin.<br />
steiermark.com<br />
Vielseitig – einzigartig, geradlinig –<br />
kurvenreich, energisch – introvertiert:<br />
Die Steiermark ist ein Land<br />
der Gegensätze und Gegensätze<br />
ziehen sich bekanntlich an. Vom<br />
Dachstein bis in die Südsteiermark,<br />
von Bad Aussee bis Bad Radkersburg:<br />
Einatmen, inhalieren, in sich<br />
aufnehmen, sich wohlfühlen.<br />
So geht die Steiermark.<br />
Schöner geht es nicht, oder? Hinein in den Schnee und<br />
ab geht die Post, inklusive Hüttenzauber und Genusskulinarik.<br />
Aber die Zeiten sind im steirischen Bergland<br />
lange nicht stehengeblieben. Der Nachhaltigkeit wird hier<br />
nach Möglichkeit Rechnung getragen; so kann man in die<br />
größeren Skigebiete mit der Bahn anreisen und auch die<br />
letzte Meile ist infrastrukturell top ausgestattet. Skier und<br />
Ausrüstung kann man vor Ort mieten und sorgt so für eine<br />
angenehmere Anreise. Mit nachhaltig gebauten und betriebenen<br />
Unterkünften steht dem Skibegeisterten nichts<br />
mehr im Wege. Natürlich auch ein gutes Gefühl für den<br />
Skiurlaub, einen großen Bogen um den Flughafen gemacht<br />
zu haben und so den persönlichen CO 2<br />
-Abdruck gering zu<br />
halten.<br />
Aber das ist noch lange nicht alles! In einer urbanisierten<br />
Gesellschaft ist der regionale Winterurlaub oft die einzige<br />
Möglichkeit, mit einer winterlichen Landschaft, Brauchtum<br />
und Kultur im ländlichen Raum in Kontakt zu treten<br />
und so die Steiermark als Gesamtes wahrzunehmen.<br />
Auch hier machen die örtlichen Tourismusregionen<br />
einen Schritt in die gelebte Nachhaltigkeit. Ressourcenschonende<br />
Beschneiungssysteme auf der Planai sowie<br />
ein ökologisch abgestimmter Pistenbau, oder dem<br />
Wasserkraftwerk in Donnersbach, das die gesamte<br />
Infrastruktur mit Strom versorgt und sogar ins Netz<br />
eingespeist, bis hin zu umweltfreundlichen Berghütten…<br />
Hier steht längst ein System aus Geben und Nehmen im<br />
Vordergrund.<br />
Schafalm auf der Planai.<br />
© STEIERMARK TOURISMUS | HARRY SCHIFFER<br />
13
AUFGUSSLITER 1.263:<br />
WOHLTUEND WIE BEIM<br />
ERSTEN TROPFEN.<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Das ist rekordverdächtig: Tausende wohltuende<br />
Aufgussliter verdampfen in unseren Saunen, und<br />
mit jedem Tropfen verdampfen auch Stress und<br />
Anspannung. Was bleibt: Erholung pur, zusätzlich<br />
unterstützt von unserem heilenden Thermalwasser.<br />
Thermenresort Loipersdorf: Ein Ort,<br />
der rekordverdächtig wunschlos glücklich macht.<br />
14
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
EINE NEUE ÄRA<br />
BEGINNT<br />
Interview: Julia Strempfl<br />
AM SALZSTIEGL<br />
© SALZSTIEGL TOURISMUS GMBH<br />
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Mit etwas Glück gewinnen Sie eine von<br />
30 Liftkarten für die bevorstehende<br />
Skisaison. Die <strong>40plus</strong>-Redaktion drückt die<br />
Daumen. Jetzt mitspielen unter:<br />
<strong>40plus</strong>-magazin.com/salzstiegl-gewinnspiel<br />
Nach 30 Jahren wurde das weststeirische Skigebiet verkauft und dem<br />
neuen Eigentümer Robert Hammerl anvertraut. Mit der <strong>40plus</strong>-Redaktion<br />
spricht er über seine Pläne für die Zukunft des »sanften« Tourismusgebiets.<br />
Herr Hammerl, Sie planen einige<br />
Modernisierungen. Worauf darf<br />
man sich in Zukunft bei einem<br />
Besuch am Salzstiegl freuen?<br />
Die Familie Kaltenegger hat das Erlebnisgebiet<br />
30 Jahre lang erfolgreich<br />
geführt und zu dem gemacht, was es<br />
heute ist. Wir sehen unsere Aufgabe<br />
nun darin, das Resort ganzjährig zu<br />
erhalten und laufend zu erweitern. Wir<br />
haben 10 Monate im Jahr geöffnet. In<br />
dieser Zeit soll für alle Besucher die<br />
beste Versorgung – von der Bergspitze<br />
bis ins Tal – gewährleistet sein. Gerade<br />
haben wir die Genehmigung erhalten,<br />
den Trialpark für die Sommermonate<br />
zu vergrößern und auch ein zweites<br />
Windrad wird installiert werden.<br />
Zudem arbeiten wir an vielen kleinen<br />
Verbesserungen. Schon im letzten Jahr<br />
wurde der Moasterboden erneuert und<br />
dieses Jahr legen wir mit der Renovierung<br />
der Almhütte »Kochhube« los.<br />
Die urige Hütte wird komplett neu<br />
ausgestattet und möbliert. Mit ihrer<br />
idealen Lage, nur etwa einen Kilometer<br />
vom Skigebiet entfernt, der gemütlichen<br />
Feuerstelle und einer Sauna, die<br />
in den Berg hinein gebaut ist, bietet<br />
sie eine einzigartige Eventlocation für<br />
Familienfeste oder Polterabende.<br />
Das Salzstiegl ist als Winterdestination<br />
bekannt, aber auch in den<br />
Sommermonaten stellt es ein<br />
beliebtes Wander- und Frischlufterholungsgebiet<br />
dar. Welche<br />
Attraktionen werden geboten?<br />
Ein großer Vorteil eines Skiurlaubs am<br />
Salzstiegl ist, dass sowohl für Klein als<br />
auch Groß, Anfänger als auch Könner,<br />
jede Menge Spaß geboten wird. Auf der<br />
einen Seite gibt es den Zwergenlift, wo<br />
Kinder das Skifahren erlernen während<br />
sich die Eltern in der Zwergenhütte<br />
wärmen. Auf der anderen Seite gibt es<br />
unsere Speedstrecke mit Geschwindigskeitsmessung<br />
für schnelle Abenteurer.<br />
Eine weitere Attraktion ist die<br />
Rodelbahn, die sich im Sommer in eine<br />
Rollerbahn verwandelt.<br />
Apropos Sommer, dank der günstigen<br />
Lage erwartet einen hier das perfekte<br />
Klima, um der drückenden Hitze in den<br />
Städten zu entkommen. Tagsüber erleben<br />
wir am Salzstiegl 27 °C und abends<br />
kühlt es auf angenehme 16 °C herunter.<br />
Somit bieten wir als Frischluft- & Abkühlungs-Refugium<br />
einen Ort, an dem<br />
Körper und Geist binnen kurzer Zeit<br />
zur Ruhe kommen.<br />
Wie machen Sie das Salzstiegl zu<br />
einem nachhaltigen Skigebiet?<br />
Zusätzlich zur Nutzung erneuerbarer<br />
Energie durch unser Windrad heizen<br />
wir ausschließlich mit heimischem<br />
Hackgut. Das heißt, sämtliches Holz,<br />
das nicht für industrielle Zwecke<br />
geeignet ist, wird zum Beheizen des<br />
gesamten Areals verwendet. Meine<br />
Vision ist es, auch eine Photovoltaikanlage<br />
zu installieren und ich hoffe, dass<br />
wir damit schon im nächsten Jahr in die<br />
Umsetzung gehen können.<br />
Salzstiegl<br />
Tourismus GmbH<br />
Hirschegg 241<br />
A-8584 Hirschegg<br />
info@salzstiegl.at<br />
www.salzstiegl.at<br />
15
VIELFALT<br />
DES<br />
LEBENS<br />
Entgeltliche Einschaltung des Landes Steiermark<br />
Tierwelt<br />
Herberstein<br />
29. Apr. bis<br />
5. Nov. 2O23<br />
16
Damit die Gurke<br />
nicht zur Wurst wird.<br />
Moderation:<br />
Martin G. Wanko<br />
Nachhaltigkeit geht uns alle etwas an. So sieht<br />
das auch die französische Atomkraft-Lobby. So<br />
gesehen ist es interessant, dass die Definitionen<br />
unterschiedlich sind und die Prioritäten subjektiv<br />
unterschiedlich wahrgenommen werden.<br />
Definieren Sie »Ihre« Nachhaltigkeit<br />
in maximal 50 Worten.<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Privat lebe ich Nachhaltigkeit,<br />
indem<br />
ich möglichst<br />
»verschwendungsfrei«<br />
lebe: Ich vermeide<br />
Müll,<br />
wo immer es<br />
geht, repariere<br />
Dinge, bevor<br />
ich sie neu kaufe,<br />
fahre mit öffentlichen<br />
Verkehrsmitteln, kaufe<br />
überwiegend Second-Hand-Ware<br />
und regional. Politisch nachhaltig<br />
sind für mich wiederum Maßnahmen,<br />
die über die Legislaturperiode hinaus<br />
ökonomisch, sozial und ökologisch<br />
sinnvoll sind.<br />
Gregor Seberg:<br />
Nachhaltigkeit ist zunächst einmal<br />
eine Frage des Bewusstseins dafür,<br />
was es braucht. Und dann kann ich<br />
Tag für Tag die Liste abarbeiten, mal<br />
mehr, mal weniger. Autofahrten reduzieren,<br />
Ressourcen sparen, Fleischkonsum<br />
eindämmen. Ziel ist es, nicht<br />
den Verzicht als etwas Besonderes zu<br />
sehen, sondern die Verschwendung.<br />
Michi Lorenz:<br />
Landwirtschaft. Ernährung. Als<br />
Demeter Winzer produziere ich zwar<br />
Sandra Krautwaschl • Abgeordnete zum Steirischen Landtag<br />
© C ROGNER/DIE GRÜNEN STMK<br />
kein Grundnahrungsmittel, versuche<br />
aber, meine Arbeit und meine<br />
Eingriffe immer fertig zu<br />
denken und als Ganzes<br />
zu sehen.<br />
Julia Zotter:<br />
Man darf<br />
nicht mehr<br />
nehmen, als<br />
nachwächst.<br />
Der Begriff<br />
ist nicht neu<br />
und kommt ursprünglich<br />
aus der<br />
Forstwirtschaft, man<br />
darf nicht mehr Holz<br />
entnehmen, als der Wald wieder<br />
nachproduzieren kann. Eigentlich<br />
ganz einfach auch auf andere Bereiche<br />
übertragbar.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Nachhaltigkeit bedeutet für mich,<br />
möglichst viel in Folgenabschätzung<br />
zu investieren und die bestehenden<br />
Technologien zu nutzen sowie auf das<br />
aktuelle Wissen zurückzugreifen. Es<br />
bedeutet eben nicht nur kurz- sondern<br />
mittel- und langfristig an die Folgen<br />
von Aktionen und Entscheidungen zu<br />
denken. Ich definiere Nachhaltigkeit<br />
als Sicherstellung von Zukunft.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Nachhaltigkeit ist nicht nur die Angelegenheit<br />
Einzelner, sondern es ist das<br />
gemeinsame Wirken vieler Akteure.<br />
Sie fußt auf dem Zusammenspiel<br />
von Umwelt, Mensch und Wirtschaft.<br />
Das Verständnis für Nachhaltigkeit<br />
spiegelt sich bei Raiffeisen etwa in den<br />
eigenen Bankprodukten, der Wertschätzung<br />
langfristiger Kundenbeziehungen<br />
und im Engagement für<br />
Vereine und Organisationen wider.<br />
An welchen Bereich (betreffend<br />
Nachhaltigkeit) denken Sie als<br />
Erstes?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
An erster Stelle steht für mich die<br />
Kreislaufwirtschaft, für die ich mich<br />
auch politisch einsetze. Eine starke<br />
Kreislaufwirtschaft würde wesentlich<br />
dazu beitragen, dass wir deutlich weniger<br />
Ressourcen verbrauchen, weniger<br />
Treibhausgase produzieren und trotzdem<br />
unsere Lebensqualität erhalten.<br />
Gregor Seberg:<br />
Verkehr und Industrie.<br />
Julia Zotter:<br />
Nachhaltige Wirtschaft, denn damit<br />
beschäftige ich mich ja täglich. Wobei<br />
bei uns als Produktionsbetrieb die<br />
Nachhaltigkeit nicht bei der Rohstoffbeschaffung<br />
endet – klar, alle Zutaten<br />
für unsere Produkte sind Bio und fair,<br />
aber wir gehen noch einen Schritt weiter.<br />
Wir produzieren bereits 60 % des<br />
Energiebedarfs selbst, sind unabhängig<br />
von fossilen Brennstoffen und sind<br />
als Social Enterprise auch sehr bedacht<br />
17
auf das Wohl unserer Mitarbeiter.<br />
Dazu gehört jeden Tag ein gratis<br />
Bio-Mittagessen, gratis Getränke, gratis<br />
Kinderbetreuung in den Ferien und<br />
zusätzliche Sozialleistungen wie<br />
Sonderboni oder Arbeitskleidung.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Lebensmittelerzeugung<br />
und<br />
an Mobilität.<br />
In beiden Bereichen<br />
gab<br />
und gibt es<br />
enorme Fortschritte<br />
in der<br />
nachhaltigen<br />
Ausgestaltung.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Nachhaltigkeit ist<br />
nicht nur wirtschaftlich<br />
sinnvoll, sondern mit Blick auf<br />
künftige Generationen sehr wichtig.<br />
Als Bank müssen wir uns mit dem<br />
Thema nicht erst anfreunden, es ist in<br />
unseren Genen tief verwurzelt. Daher<br />
kommen mir etwa ESG-Themen als<br />
erstes in den Sinn. Diese sind für die<br />
Gesellschaft und unsere Kund*innen<br />
essentiell. Hier nehmen wir eine Vorreiterrolle<br />
ein und begleiten unsere<br />
Firmenkund*innen mit Workshops bei<br />
der Transformation.<br />
Ist Bio gleichzusetzen mit<br />
nachhaltig?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Ein ganz klares Nein, das ich immer<br />
gerne mit einem Beispiel untermauere:<br />
Ehrlich gesagt, wäre es zum Beispiel<br />
nachhaltiger, auf Kaffee zu verzichten,<br />
als Biokaffee zu trinken. Aber mein<br />
Kompromiss im Alltag ist: Weniger Kaffee<br />
als früher – dafür Bio und Fairtrade.<br />
Gregor Seberg:<br />
Gleichzusetzen ist es nicht. Aber es<br />
hängt in der Natur alles zusammen,<br />
somit ist »Bio« ein Teil davon.<br />
Michi Lorenz:<br />
Bio ist nicht gleich nachhaltig. Aber<br />
es ist eine gute Richtung. Jedes Bioprodukt<br />
ist jedem konventionell<br />
Gregor Seberg • Schauspieler<br />
© JAN FRANKL<br />
hergestelltem Produkt vorzuziehen.<br />
Julia Zotter:<br />
Nein, ganz klar nicht – denn echte<br />
Nachhaltigkeit geht noch einen Schritt<br />
weiter, über die Produkte hinaus – in<br />
alle Bereiche des Unternehmens<br />
und des Lebensbereichs.<br />
Bio zertifiziert ein<br />
Produkt, die Qualität<br />
der Rohstoffe, aber<br />
nicht die Herstellungsweise.<br />
Markus<br />
Tomaschitz:<br />
Nicht zu 100 %,<br />
aber grundsätzlich<br />
sollte die<br />
Bezeichnung BIO eine<br />
Richtung und eine Einschätzung<br />
sein, die für Konsumenten<br />
hilfreich sein sollte.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Nachhaltig zu denken, heißt auch immer<br />
an morgen und eine lebenswerte<br />
Zukunft zu denken. Wenn Bio-Standards<br />
dazu beitragen, dann sind sie<br />
nachhaltig. Zumal Bio-Produkte oft<br />
ressourcenschonender produziert werden<br />
und daher die Umwelt schonen.<br />
Dennoch gilt es vor diesem Hintergrund<br />
auch immer die Transportwege<br />
im Auge zu behalten.<br />
So nebenbei: Ist die Bio-Flug-<br />
Mango noch nachhaltig?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Für mich gibt es kein nachhaltiges<br />
Produkt »per se«. Es kommt immer auf<br />
die Alternative an. Wissenschaftlich<br />
unumstößlich ist jedenfalls: Pflanzliche<br />
Ernährung ist um ein Vielfaches<br />
nachhaltiger als tierische Ernährung<br />
– in Bezug auf Flächenverbrauch,<br />
Wassernutzung oder CO 2<br />
-Emissionen.<br />
Gregor Seberg:<br />
Natürlich nicht. Mangos aus Übersee<br />
sind ein vertrotteltes Verbrechen.<br />
Michi Lorenz:<br />
Was den Boden in dem jeweiligen Erzeugerland<br />
betrifft schon. Ob wir sie<br />
hier bei uns brauchen, ist eine andere<br />
Frage. Man sollte sich sowieso fragen,<br />
ob man alles immer braucht. Früher<br />
hatten die Leute nur das am Tisch, was<br />
gerade im Garten gewachsen ist. Viele<br />
Top-Gastronomiebetriebe arbeiten<br />
wieder nach diesen Prinzipien und das<br />
ist gut so.<br />
Julia Zotter:<br />
Ganz klar nein, ist sie nicht. Da muss<br />
man auch nichts beschönigen. Wir<br />
testen gerade eine Transportalternative<br />
per Segelfracht für Kakaobohnen aus<br />
Belize, das ist CO 2<br />
-neutral, dauert allerdings<br />
mehrere Monate bis das Schiff<br />
wieder in Hamburg einläuft, das ist keine<br />
Option für Frischware wie Früchte.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Nein, und das wird es auf lange Sicht<br />
auch nicht sein.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Die Aufgabe den Klimawandel zu stoppen,<br />
ist für viele Menschen oft mit dem<br />
Gefühl von Einschränkung und Verzicht<br />
verbunden. Vielmehr sollten sich<br />
Entscheidungsträger die Frage stellen,<br />
wie man Lebensstandards halten kann,<br />
ohne dabei den Planeten zu belasten.<br />
Viele Menschen arbeiten bereits aus<br />
einer eignen Motivation heraus daran.<br />
Es werden etwa schon viele Tropenfrüchte<br />
wie Melone oder Kiwi von<br />
findigen Landwirt*innen in Österreich<br />
auf nachhaltige und innovative Weise<br />
angebaut – vielleicht folgt bald die<br />
nachhaltige Bio-Mango aus Österreich.<br />
Es gibt teilweise Internet-Seiten,<br />
die weisen auf über 30 verschiedene<br />
Siegeln hin, nicht alle sind<br />
einwandfrei. 75 % der Bevölkerung<br />
ist das zu viel. Soll es ein national/international<br />
anerkanntes<br />
Nachhaltigkeitssiegel geben?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Wenn man dafür klare und nachvollziehbare<br />
Kriterien definieren könnte,<br />
wäre das auf jeden Fall sinnvoll.<br />
Gregor Seberg:<br />
Das ist dann genau so unzuverlässig<br />
wie die vielen anderen. Nein, der<br />
18
Mensch sollte nachdenken und letztlich<br />
ohne Siegel auskommen.<br />
Michi Lorenz:<br />
Greenwashing ist ein großes Problem.<br />
Beim Einkauf ist es auch ganz schwierig<br />
zu erkennen, wie und wo gewisse<br />
Dinge produziert bzw. verarbeitet<br />
wurden. Ich achte bei vielen Dingen<br />
auf das EU-Bio-Siegel und bevorzuge<br />
natürlich Demeter-Produkte. Diese<br />
gibt es auf der ganzen Welt. Nicht<br />
überall leicht zu finden, aber zur Not<br />
kann man auch am Computer recherchieren.<br />
Julia Zotter:<br />
Nein, denn das wäre der kleinste gemeinsame<br />
Nenner, damit möglichst<br />
viele das Siegel bekommen. Das macht<br />
aber keinen Sinn. Ein Siegel macht<br />
nur dort Sinn, wo nachweislich nach<br />
messbaren Kriterien zertifiziert wird.<br />
Wie bei Bio. Da kann man sich darauf<br />
verlassen, dass keine Pestizide oder<br />
andere Verunreinigungen im Produkt<br />
sind. Der beste Weg ist Transparenz,<br />
wenn Unternehmen deklarieren, wo<br />
Rohstoffe herkommen, Lieferanten<br />
nennen und Fragen von kritischen<br />
Konsumenten ehrlich beantworten.<br />
Wir gehen mit diesen Informationen<br />
sehr offen um und stehen gerne für<br />
Rückfragen unserer Kunden zur Verfügung.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Ja, man muss die Komplexität hier<br />
reduzieren und es den Konsumenten<br />
leichter machen. Die Gütesiegelindustrie<br />
verdient zwar prächtig mit immer<br />
neuen Bezeichnungen, wertschöpfend<br />
und wertschätzend ist das aber alles<br />
nicht. Weniger wäre hier mehr.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Ich denke, wir sollten uns weniger auf<br />
Siegel stützen und vielmehr allgemein<br />
gültige Richtlinien für die verschiedenen<br />
Bereiche festlegen. Im Finanzbereich<br />
schafft etwa die EU-Taxonomie<br />
ein einheitlichen Nachhaltigkeitsverständnis.<br />
Sie legt Definitionen fest, bei<br />
denen wirtschaftliche Tätigkeiten als<br />
ökologisch nachhaltig geregelt werden.<br />
Kann ein Automobil nachhaltig<br />
sein?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Es kommt darauf an, wie und wofür<br />
man es einsetzt und welche Alternativen<br />
es gibt. Um das wieder mit einem<br />
persönlichen Beispiel zu erklären: Für<br />
mich ist das »nachhaltigste« Auto derzeit<br />
ein E-Carsharing-Auto. Ich nutze e-<br />
Carsharing, wenn ich keine Möglichkeit<br />
habe, mit öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
oder mit dem Fahrrad zu fahren.<br />
Gregor Seberg:<br />
Ich bin kein Experte, aber ich glaube<br />
nein. Vielleicht in Zukunft?<br />
Michi Lorenz:<br />
Ich denke, da gibt es viele Fehler im<br />
System. Ob Verbrenner, Elektro,<br />
Wasserstoff ist nicht das<br />
größte Problem.<br />
Muss man jeden<br />
einzelnen Teil<br />
von A nach<br />
B transportieren,<br />
um eine Beschichtung<br />
zu machen<br />
oder bei<br />
einem Scheinwerfer<br />
einen<br />
kleinen Teil einzubauen,<br />
um es dann<br />
wieder tausende Kilometer<br />
zur nächsten Station zu bringen?<br />
Julia Zotter:<br />
Nein, jeder nicht gefahrene Kilometer<br />
im Individualverkehr ist besser. Verkehr<br />
ist immer kritisch zu betrachten,<br />
denn es werden immer Ressourcen<br />
verbraucht. Dennoch sollte Mobilität<br />
möglich sein. Der Ausbau des öffentlichen<br />
Verkehrs ist ein wichtiger Schritt,<br />
das Bahnnetz muss viel stärker ausgebaut<br />
werden. Alternativen schaffen,<br />
anders geht es nicht.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Das hängt von der Entstehung und<br />
der Nutzung ab. Es gibt heute eine<br />
weitgehend emotionalisierte Debatte<br />
über ein Verbrennermotor-Verbot, die<br />
Michi Lorenz • Demeter-Winzer<br />
nicht hilfreich ist. In der Stadt werde<br />
ich andere Verkehrsmittel nutzen<br />
als am Land. Nachhaltigkeit bedeutet<br />
auch Eigenverantwortung in der<br />
Nutzung – muss ich jeden Meter mit<br />
dem Auto fahren und wann nutze ich<br />
Fahrrad, Öffis oder gehe zu Fuß? Die<br />
größte Nachhaltigkeit beim Automobil<br />
erreiche ich über eine Technologieoffenheit<br />
und nicht über Verbote, denn<br />
der Wunsch der Menschheit nach<br />
individueller Mobilität bleibt ja.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Ja, ein Auto kann nachhaltig sein,<br />
Raiffeisen beschäftigt sich seit geraumer<br />
Zeit daher mit Green Mobility.<br />
Wir sind etwa Partner vom<br />
Mobilitätscluster ACstyria, der sich<br />
mit zukunftsweisenden Mobilitätskonzepten<br />
beschäftigt. In diesem Feld<br />
hat sich auch Raiffeisen-Leasing<br />
stark positioniert. Und wir<br />
unterstützen ferner<br />
Start-ups bei der Umsetzung<br />
Ihrer Geschäftsidee<br />
sofern<br />
es uns möglich ist<br />
und sind somit<br />
ein wichtiger<br />
Multiplikator<br />
und Pionier für<br />
die E-Mobilität und<br />
E-Mobilitätskonzepte<br />
in Österreich.<br />
© APRESVINO.AT<br />
Kann Ihrer Ansicht »PET<br />
Recycled« jemals nachhaltig<br />
sein? Immerhin sind Mineralöle<br />
ihre Ausgangsbasis. (Wird auf<br />
ISPO als nachhaltig gehandelt)<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Wenn ich – aus welchen Gründen auch<br />
immer – PET verwenden möchte,<br />
dann ist die recycelte Variante sicher<br />
besser. Wirklich nachhaltig wäre es<br />
aber erst, wenn wir ein dauerhaftes<br />
Kreislaufsystem hätten, in dem keine<br />
neuen Mineralöle mehr zugeführt<br />
werden müssen.<br />
Gregor Seberg:<br />
Wohl nicht. Aber besser recyclen als<br />
wegwerfen.<br />
19
Michi Lorenz:<br />
Ich kenne mich zu wenig mit PET-<br />
Recycling aus bzw. habe da keinen<br />
Einblick. Im Weinbau wird oft über<br />
die Flasche diskutiert. Die sind schwer<br />
und verbrauchen in der Produktion viel<br />
Energie. Auch der Transport hinterlässt<br />
einen Fußabdruck. Deswegen haben<br />
wir uns entschlossen nur mehr Leichtflaschen<br />
zu verwenden, um zumindest<br />
einen Teil zu reduzieren. Bag in Box und<br />
Dosen sind da sicher besser in der Ökobilanz.<br />
Da gibt es schon erste Versuche.<br />
Julia Zotter:<br />
Nachhaltig muss auch heißen, dass<br />
Materialien wiederverwendet werden<br />
können und idealerweise in<br />
die Kreislaufwirtschaft<br />
Eingang finden.<br />
Plastik, wenn es<br />
gut wiederverwertbar<br />
ist, ist<br />
ein tolles, versatiles<br />
Material.<br />
Aber die<br />
Problematik<br />
des Recycling<br />
muss gelöst<br />
werden.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Solange man auf Plastik<br />
im Allgemeinen zurückgreifen<br />
muss, weil es ja auch Vorteile hat, ist<br />
es jedenfalls die bessere Alternative.<br />
Aber nachhaltig im engeren Sinne ist<br />
es wohl nicht.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Hier kann das Nachhaltigkeitskonzept<br />
»Reduce, Reuse, Recycle« angewendet<br />
werden. Wiederverwendung und<br />
Aufbereitung sind grundsätzlich<br />
immer zu befürworten – es ist wichtig,<br />
Materialien im Kreislauf zu halten, das<br />
reduziert Müll und mindert Ressourcenverbrauch.<br />
Ist eine Durch- und Durch-Nachhaltigkeit<br />
bei Handelsgütern<br />
(Erzeugung, Verpackung,<br />
Transport) realistisch?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Meines Erachtens ist der Begriff<br />
Markus Tomaschitz • AVL-Konzernsprecher<br />
©TONI MUHR<br />
»Nachhaltigkeit« zu unscharf, um diese<br />
Frage seriös beantworten zu können.<br />
Jedenfalls ist es nicht zielführend, die<br />
heutige Form des Wirtschaftens, die<br />
eine unglaubliche Verschwendung<br />
von Ressourcen und Energie mit sich<br />
bringt, beizubehalten. Damit berauben<br />
wir uns unserer Lebensgrundlagen<br />
und bereiten den Boden für Verteilungskämpfe<br />
auf.<br />
Gregor Seberg:<br />
Nein, aber wir müssen uns das als Ziel<br />
stecken, um dieser Vorstellung möglichst<br />
nahe zu kommen. Nachhaltigkeit<br />
ist lebensnotwendig, also muss sie<br />
sexy werden bei jenen, die die Hebel<br />
in der Hand haben. Schade, ist aber<br />
wohl so.<br />
Michi Lorenz:<br />
Wir exportieren<br />
mittlerweile über<br />
80 %. Von Japan,<br />
über Mexiko, bis<br />
nach Brasilien.<br />
Klar wäre es<br />
mir lieber, wir<br />
produzieren in<br />
der Südsteiermark<br />
und unsere Produkte<br />
werden in der gesamten<br />
Steiermark konsumiert, doch<br />
leider müssen auch wir wirtschaftlich<br />
denken und so unsere Märkte finden.<br />
Wir achten darauf, dass wir hier einen<br />
guten fruchtbaren Boden für die<br />
nächsten Generationen hinterlassen<br />
und versuchen, wie bereits erwähnt,<br />
bei Flaschen den Fußabdruck zu<br />
reduzieren.<br />
Julia Zotter:<br />
Ja!!! – ganz sicher – und bitte auch den<br />
Aspekt Reparierbarkeit und Wiederverwertung/Recycling<br />
berücksichtigen.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Nein, aber das Prinzip des geringsten<br />
Mitteleinsatzes führt zumindest<br />
in die richtige Richtung. Regionale<br />
Einkaufsverbünde haben da viel Positives<br />
bewirkt. In Summe muss jedes<br />
Unternehmen heute die Lieferketten<br />
im Auge haben – Corona sowie die<br />
Schwierigkeiten im Suez- und jüngst<br />
im Panamakanal zeigen die Fragilität<br />
auf. Ich kenne aber kein Unternehmen,<br />
dass sich derzeit keine Gedanken über<br />
die Lieferketten macht und nicht versucht,<br />
die Vorgaben zu mehr Nachhaltigkeit<br />
aktiv zu leben.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Die Kreislaufwirtschaft wird noch ein<br />
wichtiger Aspekt in diesem Bereich<br />
werden, die Produktion muss vornherein<br />
geplant und konstruiert werden.<br />
Generell sind lokalproduzierte Waren<br />
zu bevorzugen, da sie einerseits die<br />
heimische Wirtschaft unterstützen<br />
und gleichzeitig das Klima schonen.<br />
Klimawandel, Nachhaltigkeit,<br />
Regionalität, das geht ja alles<br />
Hand in Hand. Wo soll zuerst<br />
angepackt werden?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Wir müssen dort ansetzen, wo wir<br />
soziale, ökonomische und ökologische<br />
Vorteile für die Menschen direkt<br />
sichtbar und attraktiv machen können.<br />
Hier sehe ich Potenziale im öffentlichen<br />
Verkehr oder in der Erhaltung<br />
von Naherholungsgebieten. Auch<br />
Zusammenschlüsse von regionalen<br />
Bio-Direktvermarktern, wie es sie vereinzelt<br />
schon gibt, sind ein gutes Beispiel.<br />
Was für mich auf Landesebene<br />
ganz entscheidend ist: Wir brauchen<br />
ein strengeres Bodenschutzgesetz,<br />
damit wir in Zukunft überhaupt noch<br />
regionale Produkte erzeugen können.<br />
Das ist gleichzeitig ein wesentlicher<br />
Hebel, um auf Landesebene dem Klimawandel<br />
entgegenzuwirken.<br />
Gregor Seberg:<br />
Überall gleichzeitig.<br />
Michi Lorenz:<br />
Alles ist ein Teil des Ganzen. Überall<br />
mit kleinen Schritten zu großen Ergebnissen.<br />
Julia Zotter:<br />
Bei den Themen, die rasch umgesetzt<br />
werden können. Jeder Betrieb sollte z.B.<br />
verpflichtet werden, seinen Firmensitz/<br />
Lagerhallen/Produktionsräume mit<br />
20
Photovoltaikanlagen auszustatten. Viele<br />
Private rüsten ihre Häuser auf – nur<br />
die Gewerbebetriebe mit den großen<br />
Dachflächen lehnen sich ganz aus<br />
der Diskussion zurück. Das<br />
darf nicht sein, gerade<br />
dort sollte angesetzt<br />
werden und bestehende<br />
Flächen<br />
viel stärker<br />
genutzt werden.<br />
Wir haben einen<br />
neuen Stall<br />
gebaut mit PV-<br />
Dachflächen, damit<br />
wird Strom für<br />
60 Familien produziert.<br />
Auch unser Fabrikgebäude<br />
wurde mit PV-Flächen ausgerüstet<br />
und wir streben auch als Produktionsbetrieb<br />
die 100%ige Energieautarkie an.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Bei der Klimaanpassung und weg<br />
vom der täglichen Apokalypse. Von der<br />
Dämonisierung bis zur Banalisierung<br />
und von dort zur Fiktionalisierung der<br />
Gegenwartsprobleme ist es oft nur ein<br />
kurzer Weg. Daher Schritt für Schritt<br />
und mit Impulskontrolle. Auch Wirtschaftswachstum<br />
und Wohlstandsmehrung<br />
ist mit Nachhaltigkeit vereinbar<br />
– mich wundert oft, dass dies<br />
manchmal falsch eingeordnet wird.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Wir sehen eine nachhaltige Lebensweise<br />
als die essenzielle Herausforderung<br />
für Gesellschaft und Wirtschaft. Daher<br />
ist es wichtig, dass Regionen, Unternehmen<br />
und die Bevölkerung gleichermaßen<br />
nachhaltig handeln und im<br />
Zusammenspiel miteinander agieren.<br />
Daher können diese Bereiche nicht getrennt<br />
voneinander betrachtet werden<br />
Kinder wachsen oft noch in einer<br />
»Super RTL«-Glitzerwelt auf,<br />
die sie prägt. Wie macht man<br />
nachhaltige Produkte poppiger,<br />
ohne dass sie an Nachhaltigkeit<br />
verlieren?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Für mich liegt die Lösung nicht in<br />
nachhaltigen Produkten, sondern in<br />
Rainer Stelzer • Vortstandsdirektor RLB Steiermark<br />
©RLB STEIERMARK/KANIJAJ<br />
nachhaltigem Handeln. Dazu bräuchte<br />
es noch mehr »coole Vorbilder«! Stellen<br />
Sie sich vor, Lionel Messi würde<br />
öffentlich verkünden, dass er aus<br />
Klimaschutzgründen ab<br />
sofort nicht mehr fliegt<br />
und kein Fleisch<br />
mehr isst: Ich<br />
glaube, das hätte<br />
eine viel größere<br />
Wirkung auf –<br />
nicht nur junge<br />
– Menschen als<br />
ein neues nachhaltiges<br />
Produkt.<br />
Gregor Seberg:<br />
Mit genau den Methoden,<br />
mit denen man die Glitzerwelt in die<br />
Kinderköpfe gebracht hat: ihre Helden<br />
(und aber auch das Umfeld) müssen es<br />
nur vorleben.<br />
Michi Lorenz:<br />
Bei unserer Schule in Kitzeck, also am<br />
Land, wird sehr darauf geachtet, dass<br />
die Kinder lernen, mit Ressourcen<br />
sparsam umzugehen. Wenn ich mit<br />
meinem kleinen Neffen einkaufen<br />
gehe, bin ich immer wieder überrascht,<br />
wie genau er nachsieht, woher<br />
die Produkte kommen und wie sie<br />
produziert werden.<br />
Julia Zotter:<br />
Wir sehen das bei uns sehr oft, wenn<br />
engagierte Lehrer mit ihren Klassen<br />
auf Exkursion kommen und Bio und<br />
Fair erlebbar wird, intensiv diskutiert<br />
wird – und im Sommer oft Kinder<br />
wieder mit ihren Eltern kommen und<br />
ihnen zeigen, was sie bei uns erlebt<br />
haben. Auch hier wirkt Ehrlichkeit<br />
und Transparenz. Wenn die Botschaft<br />
eines Produkts glaubhaft ist, dann<br />
glitzern die Augen der Kinder und<br />
das Produkt dann auch ein bisserl.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Indem man die Designer ranlässt und<br />
klarstellt, dass cool und poppig mit<br />
Nachhaltigkeit vereinbar ist. Gerade<br />
die Generation Z und Alpha sind aber<br />
ohnehin sehr genau und achten auf<br />
Nachhaltigkeit. Thrift Stores, wo man<br />
bereits getragene Kleidung im<br />
Second Hand Gedanken kaufen<br />
kann, feiern tolle Erfolge. Es muss<br />
daher nicht immer nur poppig sein.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Studien und Klimabewegungen<br />
zeigen, dass die junge Generation<br />
bereits ein starkes Bewusstsein für<br />
Nachhaltigkeit entwickelt hat. Für sie<br />
ist Nachhaltigkeit kein kurzfristiger<br />
Trend, sondern oftmals eine Lebenseinstellung.<br />
97 % der Bevölkerung ist<br />
eine hohe Lebensdauer bei<br />
Elektrogeräten wichtig. Haben<br />
Sie den Reparaturbonus der<br />
Bundesregierung schon benutzt?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Nein. Ich bin in der glücklichen Lage,<br />
dass mein Mann alles selbst reparieren<br />
kann. Außerdem nimmt er regelmäßig<br />
teil an Repair Cafés, die zum Glück<br />
immer beliebter werden.<br />
Gregor Seberg:<br />
Selbstverständlich.<br />
Michi Lorenz:<br />
Haben wir natürlich schon genutzt.<br />
Leider ist eine Reparatur nur bei einem<br />
geringen Prozentsatz möglich. Denke,<br />
dass hier der wirtschaftliche Aspekt<br />
da im Weg steht.<br />
Julia Zotter:<br />
Ja, tatsächlich. Bei meinem Umzug<br />
ist mir die Waschmaschine vom Transportwagen<br />
gerutscht und war kaputt,<br />
zum Glück konnte sie repariert werden.<br />
Der Reparaturbonus wurde gleich<br />
von der Rechnung abgezogen, darüber<br />
habe ich mich sehr gefreut.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Ich versuche so oft es geht, defekte<br />
Geräte zu reparieren. Den Reparaturbonus<br />
habe ich aber nicht genutzt.<br />
Wenn aber ein altes Elektrogerät ein<br />
echter Stromfresser war, sind neue<br />
Produkte dann wahrscheinlich doch<br />
die besseren.<br />
21
Viele Modelabels produzieren<br />
noch immer »an den Grenzen<br />
des Erlaubten«. Das sei dem<br />
Konkurrenzdruck geschuldet.<br />
Gibt es Auswege?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Ja, indem sich die Gesellschaft<br />
weigert, solche Marken zu kaufen!<br />
Außerdem braucht es klare politische<br />
Rahmenbedingungen für eine<br />
ökologische und faire Produktion von<br />
Kleidung. Das hätte meiner Meinung<br />
nach einen doppelten Effekt: »Fast<br />
Fashion Labels« würden zunehmend<br />
verschwinden, dafür würde die Produktion<br />
von Qualitätskleidung einen<br />
Aufschwung erleben und auch die Reparatur-<br />
und Änderungsschneiderei<br />
würde davon profitieren.<br />
Gregor Seberg:<br />
Diese Fetzen einfach nicht mehr<br />
kaufen. Profitgier ist ja eine der Ursachen<br />
für die verheerende Situation,<br />
in der wir sind. Die rücksichtslose<br />
Industrialisierung ab Anfang des vergangenen<br />
Jahrhunderts hatte nur ein<br />
Ziel: Gewinn.<br />
Michi Lorenz:<br />
Aufklärung, Aufklärung, Aufklärung!<br />
Dazu muss es Institutionen geben,<br />
die alles kontrollieren und öffentlich<br />
machen.<br />
Julia Zotter:<br />
Ja, weniger kaufen. Punkt. Mehr ist<br />
dazu gar nicht zu sagen. Es wird<br />
nicht nur grauslich produziert, sondern<br />
auch erschreckend entsorgt.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Die Auflagen werden deutlich strenger<br />
und auch die neuen Lieferkettengesetze<br />
verpflichten Unternehmen<br />
zur Nachhaltigkeit. Da hat sich viel<br />
verbessert. Aber ja, Auswege gibt es<br />
immer, in dem man besonders auf<br />
die Herstellung achtet.<br />
Inwieweit soll der Staat in<br />
die Nachhaltigkeit lenkend<br />
eingreifen dürfen?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Staatliche Eingriffe halte ich in allen<br />
Bereichen für sinnvoll, die unsere Lebensgrundlagen<br />
erhalten und unser<br />
Überleben sichern. Insbesondere<br />
beim Bodenschutz, bei der öffentlichen<br />
Mobilität, bei der Wasser- und<br />
Grundversorgung sowie bei gesetzlichen<br />
Vorgaben für Produktionsweisen.<br />
Gregor Seberg:<br />
Dort, wo einzelne Unternehmen<br />
sich auf dem Rücken der Bevölkerung<br />
nichts scheißen, sollte der<br />
Staat durchaus die Reißleine ziehen<br />
können. Extreme Auswüchse<br />
sollten<br />
nicht mit<br />
Strafzahlungen<br />
(das<br />
fällt denen<br />
leicht),<br />
sondern<br />
mit Freiheitsentzug<br />
geahndet<br />
werden.<br />
Julia Zottt er • Chocolatière<br />
© GRAEME KENNEDY<br />
Michi Lorenz:<br />
Wie bereits erwähnt,<br />
der Staat kann Geld in Produktprüfung<br />
investieren und diese dem<br />
Konsumenten vorlegen. Natürlich<br />
ist mir bewusst, dass die Wirtschaft<br />
auch ihren Einfluss auf die Politik<br />
hat und somit wird es wohl bei einer<br />
Illusion bleiben.<br />
Julia Zotter:<br />
Anreize schaffen und ev. sogar entsprechende<br />
Steuermodelle schaffen.<br />
Wer PV-Anlagen errichtet (Dachflächen<br />
oder Fassadenflächen), sollte<br />
diese über mehrere Jahre steuerlich<br />
geltend machen können, sodass es<br />
für Unternehmen attraktiv ist. Wer<br />
keine Investitionen in diese Richtung<br />
tätigt, sollte sogar höhere Steuern<br />
bezahlen. Anders wird man keine<br />
Trendwende erzielen.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Durch Gesetze und Verordnungen –<br />
da tut sich gerade in der EU sehr viel.<br />
Aber ein Zuviel an Bürokratie schadet<br />
unserem Standort, daher braucht<br />
es Augenmaß. Ich würde mir daher<br />
ein globales, einheitliches Vorgehen<br />
wünschen. Österreich ist eines jener<br />
Länder, die im Vergleich schon heute<br />
nachhaltig produzieren – deutlich<br />
nachhaltiger als in vielen anderen<br />
Regionen. Ansonsten wünsche ich<br />
mir einen Staat, der sensibel bei lenkenden<br />
Eingriffen ist, um Übergriffigkeiten<br />
zu vermeiden.<br />
Ist Nachhaltigkeit Erziehungssache?<br />
Sandra Krautwaschl:<br />
Erziehung zu nachhaltigem Verhalten<br />
ist sicherlich wichtig, kann aber<br />
klare politische Rahmenbedingungen<br />
nicht ersetzen.<br />
Gregor Seberg:<br />
Ich hoffe, dass es das<br />
ist. Und bemühe<br />
mich.<br />
Michi Lorenz:<br />
Definitiv. Eltern<br />
haben eine Vorbildfunktion.<br />
Wie sollen<br />
Kinder anders sein,<br />
wenn sie zu Hause nur<br />
Massenproduktion am Tisch<br />
stehen sehen? Andererseits liegt<br />
es an der Bildung. Man kann da aber<br />
schon eine Kehrtwende erkennen.<br />
Die Frage ist zu welchem Aufwand.<br />
Das Einfache, Bequeme ist und bleibt<br />
dann doch das Beliebteste.<br />
Julia Zotter:<br />
Nein, das ist mir zu autoritär, ich<br />
denke, es ist eher eine Veränderung<br />
unserer Gewohnheiten. Leichter und<br />
schneller geht es sicher mit Anreizen,<br />
nicht mit Strafen.<br />
Markus Tomaschitz:<br />
Alles ist Erziehungssache – also auch<br />
Nachhaltigkeit. Das gute Beispiel der<br />
Eltern und ein aktiver Erziehungsansatz<br />
hilft. Ein »Auslagern« dieser<br />
Erziehungsverantwortung an die<br />
Schulen halte ich für grundfalsch<br />
– da machen es sich viele Eltern zu<br />
einfach.<br />
Rainer Stelzer:<br />
Es ist wichtig, den eigenen Kindern<br />
die Wertigkeit unserer Natur und<br />
ihrer Lebewesen in der Erziehung<br />
zu vermitteln. Die Welt, in der wir<br />
leben, dürfen wir nicht als eine<br />
Selbstverständlichkeit ansehen, daher<br />
gehört sie tagtäglich mit Respekt<br />
behandelt.<br />
22
© RUDI TISCHLER<br />
ZWEI STEIRISCHE<br />
AUTOREN AUF<br />
TUCHFÜHLUNG<br />
MIT TRIEST.<br />
Heraus kommt ein literarisches Triestbuch, das durch Lyrik und Reiseerzählungen<br />
Lust auf mehr macht. 3 Triestiner Gastautoren runden das<br />
Werk ab. Die Autoren, Martin G. Wanko und Mike Markart, machen sich<br />
nach Triest auf.<br />
Martin G. Wanko unternimmt eine literarisch<br />
erzählerische Spurensuche<br />
und verknüpft das alte Österreich<br />
der Monarchie mit der Gegenwart<br />
der Stadt. Seine literarischen<br />
Reiseberichte führen mit sich selbst<br />
Rücksprache, denn in Zeiten des<br />
Klimawandels sieht man ein gerade<br />
bereistes Land auch mit anderen<br />
Augen. Als Gegensatz dazu findet<br />
er die Ruhe und Zurückgezogenheit<br />
im Karst. Die Osmize, die Weinbaubetriebe<br />
und die Manufakturen sind<br />
Ankerpunkte, Inseln in einem ursprünglichen,<br />
oft wild anmutenden<br />
Landstrich. Sie sind die Lebensadern<br />
in der Karstlandschaft, zwischen<br />
Italien und Slowenien. Gedankliche<br />
Vergleiche mit der südlichen Steiermark,<br />
beispielsweise zwischen den<br />
Osmize und Buschenschänken liegen<br />
auf der Hand.<br />
Mike Markart trägt fantasievolle<br />
Erzählungen in der ihm eigenen,<br />
unverkennbaren Sprache bei. Er<br />
unternimmt einen Triestiner Spaziergang,<br />
der die Naturgesetze neu<br />
definiert und bereist die Zimmer<br />
seiner Wohnung mit dem Zug. Um<br />
schlussendlich Umberto Saba loszuschicken,<br />
auf die Suche nach seinem<br />
verschwundenen Gehstock. Dazu<br />
findet sich ein Gedichte-Zyklus mit<br />
kargen Texten voller überraschender<br />
Bilder als weiterer Beitrag Mike<br />
Markarts in dem Buch.<br />
Fazit: Mike Markart und Martin<br />
G. Wanko doppeln sich nicht. Die<br />
unterschiedlichen Stilmittel und<br />
auch die verschiedenen Blickwinkel<br />
lassen eine kurzweilige literarische<br />
Mischung entstehen, eine sich einschließende<br />
Gegensätzlichkeit. Einmal<br />
im Karst, einmal in der Stadt.<br />
Einmal Tag, einmal Nacht. Einmal<br />
das Meer, einmal die Felsen.<br />
Stimmige s/w-Fotos von Mike Markart,<br />
Martin G. Wanko und Rudi<br />
Tischler runden das Buch ab und lassen<br />
bereits gedanklich den nächsten<br />
Trip nach Triest entstehen.<br />
©EDITION KEIPER<br />
Mike Markart /<br />
Martin G. Wanko<br />
»Triest – Das Meer. Die Stadt.<br />
Wie die Nacht und der Wind. «<br />
140 Seiten, edition keiper<br />
Jetzt bestellen auf:<br />
editionkeiper.at<br />
Ab<br />
sofort<br />
erhältlich!<br />
23
FOTO LINKS: © MARIJA KANIZAJ<br />
FOTO RECHTS: © UNIVERSALMUSEUM JOANNEUM/J.J.KUCEK<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Moderation: Martin G. Wanko<br />
Artenreiche<br />
Steiermark!<br />
Wolfgang Paill, Leiter der Abteilung<br />
Naturkunde am Universalmuseum Joanneum,<br />
im Dialog mit dem steirischen Landeshauptmann<br />
Christopher Drexler.<br />
24
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Wolfgang Paill:<br />
Sie haben die STEIERMARK SCHAU<br />
ins Leben gerufen und auch das<br />
Thema der diesjährigen Schau rund<br />
um Biodiversität und Artenvielfalt<br />
mit ausgewählt. Welchen Anspruch<br />
haben Sie an ein solch zukunftsorientiertes<br />
Format und konnte dieser<br />
erfüllt werden?<br />
LH Christopher Drexler:<br />
Mit der STEIERMARK SCHAU haben<br />
wir ein Format geschaffen, das zukunftsweisend<br />
ist. Als ich das Kulturressort<br />
in der Steiermärkischen<br />
Landesregierung übernommen habe,<br />
war eigentlich rasch klar, dass wir ein<br />
neues Format finden müssen, um die<br />
Lücke zu schließen, die die früheren<br />
Landesausstellungen hinterlassen haben.<br />
Meine Erwartungen sind natürlich<br />
hoch, weil wir mit dem Thema »Vielfalt<br />
des Lebens« ein großartiges Generalthema<br />
gefunden haben, das wirklich<br />
am Puls der Zeit ist. Wir haben mit dem<br />
Tierpark Herberstein einen prächtigen<br />
Hauptausstellungort und ich freue<br />
mich, dass mit dem Haus der Biodiversität,<br />
wo die Vielfalt der Natur entdeckt<br />
und bewundert werden kann, ein<br />
feinsinnig gestaltetes und nachhaltiges<br />
Herzstück der Schau entstanden ist.<br />
LH Christopher Drexler:<br />
Der Klimawandel und damit auch<br />
die Bedrohung unserer Biodiversität<br />
sind die größten Herausforderungen<br />
unserer Epoche. Was kann jede<br />
Einzelperson im täglichen Leben<br />
beitragen, um unser bestehendes<br />
Ökosystem zu schützen?<br />
Wolfgang Paill:<br />
Der Beitrag jedes Einzelnen ist wichtig!<br />
Die Palette der Möglichkeiten ist<br />
sehr umfangreich und allgemein gut<br />
bekannt: Rad oder Öffi anstatt Auto<br />
und Flieger, regionale Bio-Lebensmittel<br />
anstatt konventionell gezogenen,<br />
weniger fleischliche Ernährung,<br />
Kleidung aus nachhaltiger und fairer<br />
Produktion, Verzicht auf Pestizide<br />
im Garten. Gehen Sie hinaus, begeistern<br />
Sie sich an der Natur und lernen<br />
Sie die Vielfalt mit ihren Funktionen<br />
kennen, schätzen und lieben – letztlich<br />
kommen Sie automatisch ins Schützen<br />
und Bewahren! Ergänzend sollten wir<br />
uns meinungsbildend bis aktivistisch<br />
engagieren, damit sämtliche politische<br />
Entscheidungen sowie das Regelwerk<br />
unseres Zusammenlebens künftig stärker<br />
nach dem Schutz von Biodiversität<br />
und Klima ausgerichtet werden.<br />
Wolfgang Paill:<br />
Viele Menschen sind angesichts<br />
von Biodiversitäts- und Klimakrise<br />
verunsichert. Um passive Schicksalsergebenheit<br />
in zuversichtliche<br />
Aktivität zu wandeln, braucht es vertrauenserweckende<br />
und vor allem<br />
realistische Zukunftsvisionen, die<br />
auch unpopuläre, aber unbedingt<br />
erforderliche Maßnahmen wie die<br />
massive Einsparung von Energie und<br />
anderer Ressourcen thematisieren.<br />
Mit welchen Visionen wollen Sie die<br />
Menschen mitnehmen?<br />
LH Christopher Drexler:<br />
Die Steiermark soll im europäischen<br />
Vergleich eine Musterregion - ein<br />
Klimaschutzvorbild – sein. Wir haben<br />
in der Steiermark bereits wesentliche<br />
Weichenstellungen vorgenommen, was<br />
den Ausbau der erneuerbaren Energien<br />
betrifft. Etwa mit dem Sachprogramm<br />
Photovoltaik und unserem präzisierten<br />
Ziel, 250 Windkraftanlagen bis<br />
2030. Insgesamt steht die steirische<br />
Energiewende auf vier Säulen: Sonne,<br />
Wind, Wasser und Biomasse sind<br />
unsere Energiequellen der Zukunft, die<br />
wir deutlich ausbauen und verstärkt<br />
nutzen werden. Der Klimaschutz muss<br />
täglich auf der Agenda stehen und es<br />
gilt das Tempo noch weiter zu erhöhen.<br />
Mit dem Ausbau der erneuerbaren<br />
Energieträger wollen wir die Energiegewinnung<br />
in der Steiermark zunehmend<br />
unabhängiger machen.<br />
LH Christopher Drexler:<br />
Im Zuge der STEIERMARK SCHAU<br />
wurde das Haus der Biodiversität in<br />
der Tierwelt Herberstein geschaffen.<br />
Sie waren federführend an der<br />
Gestaltung und Umsetzung beteiligt.<br />
Welche Präsentationsformen<br />
braucht es, um ein so komplexes<br />
Thema greifbar zu machen?<br />
Wolfgang Paill:<br />
Ressourcenschonend und nachhaltig<br />
konzipiert, wurde das Haus der<br />
Biodiversität in einer jahrhundertealten<br />
Tenne errichtet. Heizung und<br />
Energieversorgung setzen auf Tiefenbohrungen<br />
und Photovoltaik, die<br />
Einbauten basieren auf heimischem<br />
Holz, verzichten auf Verbundwerkstoffe<br />
und wurden von regionalen Firmen<br />
umgesetzt. Inhaltlich war uns eine<br />
klare und stringente ökopädagogische<br />
Erzählung wichtig, die den Besuchenden<br />
von der Vielfalt der Natur, dem<br />
Verborgenen und Faszinierenden hin<br />
zu den umfangreichen Funktionen der<br />
Biodiversität leitet, uns Menschen als<br />
Teil des Ganzen und als Weichensteller<br />
für die Zukunft platziert und zum<br />
eigenen positiven Handeln animiert.<br />
Ein buntes Nebeneinander aus Museumspräparaten,<br />
überdimensionalen<br />
Nachbauten und Modellen, aber auch<br />
klassischen Grafiken und Filme sowie<br />
interaktiver Computerstationen und<br />
Hands On-Spielen ermöglicht es, die<br />
Themen in verschiedenen Ebenen und<br />
Komplexitäten zu erfassen und damit<br />
Klein und Groß gleichermaßen am<br />
Narrativ teilhaben zu lassen.<br />
LH Christopher Drexler:<br />
Die Steiermark ist bekanntlich<br />
das grüne Herz Österreichs. Die<br />
Feistritzklamm etwa könnte man<br />
als einen Hotspot der Artenvielfalt<br />
bezeichnen. Als Naturwissenschaftler,<br />
was macht Orte wie die Klamm<br />
besonders?<br />
Wolfgang Paill:<br />
Trotz ihrer Kleinflächigkeit zählt die<br />
Feistritzklamm tatsächlich zu den<br />
artenreichsten Schutzgebieten der<br />
Steiermark! Aufgrund unterschiedlicher<br />
Klimate und Böden hat sich hier<br />
ein eng verzahntes Nebeneinander<br />
zahlreicher Lebensräume entwickelt.<br />
Das Spektrum reicht von nassen, nährstoffreichen<br />
Auwäldern an der Feistritz<br />
bis zu trockenen, mageren Felstrockenrasen<br />
am Oberhang. Auch die jahrhundertelange<br />
behutsame Bewirtschaftung<br />
hat zur extrem hohen Artenvielfalt des<br />
Gebietes beigetragen. So beherbergt<br />
der Dachstuhl des Schlosses Herberstein<br />
eine große Fledermauskolonie, die<br />
Trockenwiesen profitieren von regelmäßiger<br />
Mahd und Beweidung und die<br />
uralten Eichen, die als Lebensstätten<br />
tausender Insektenarten fungieren,<br />
wurden bewusst eingebracht und erhalten.<br />
25
Im Zeichen<br />
der Biodiversität.<br />
Werter Herr Paill, danke, dass Sie<br />
mit uns dieses Gespräch führen. Das<br />
Magazin <strong>40plus</strong> versteht sich als<br />
Magazin, welches die Nachhaltigkeit<br />
propagiert. Darf ich Ihre persönliche<br />
Meinung zum Thema Nachhaltigkeit<br />
wissen?<br />
Sich dem Einfluss des eigenen Lebens<br />
und Handelns (und damit jeder einzelnen<br />
Entscheidung) auf das restliche<br />
und zukünftige Leben aller Organismen,<br />
inklusive ihrer ökosystemaren<br />
Funktionen, bewusst sein, bedeutet für<br />
mich nachhaltig zu denken.<br />
Drei Sätze zu Ihrem Job<br />
im Joanneum.<br />
Ich bin Leiter der Abteilung Naturkunde<br />
am Universalmuseum Joanneum.<br />
Damit bin ich für das Naturkundemuseum<br />
genauso verantwortlich, wie für<br />
die dahinterstehenden Sammlungen<br />
im Studienzentrum Naturkunde in<br />
Andritz. Hier arbeiten meine Mitarbeiter*innen,<br />
sie pflegen die Sammlungen,<br />
forschen an ihnen und tragen Erkenntnisse<br />
über unterschiedliche Formate<br />
(Ausstellungen, Indoor-Veranstaltungen,<br />
Exkursionen) in die Öffentlichkeit.<br />
Darf ich Sie bitten, in einigen<br />
Worten die STEIERMARK SCHAU<br />
<strong>2023</strong> »Vielfalt des Lebens« für<br />
unsere Kärntner Leser*innen<br />
zu konkretisieren?<br />
Die zweite Ausgabe der von Landeshautmann<br />
Christopher Drexler<br />
initiierten STEIERMARK SCHAU findet<br />
in der Tierwelt Herberstein in der<br />
Oststeiermark statt. Das Haus der<br />
Biodiversität und der Weg der Vielfalt,<br />
beide langfristig angelegt, widmen<br />
sich dem brisanten und hochaktuellem<br />
Thema des Verlustes der biologischen<br />
Vielfalt. Im bis Anfang November <strong>2023</strong><br />
aufgebauten mobilen Pavillon<br />
wird der Klimawandel in<br />
Kombination mit Weltraumforschung<br />
und Bildender<br />
Kunst thematisiert.<br />
Sind Sie mit dem Erfolg zufrieden?<br />
Die Rückmeldungen der Besucher*innen<br />
sind durchwegs sehr positiv. Besonders<br />
gefreut hat mich das E-Mail<br />
einer Grazer Lehrerin: »Da müssen alle<br />
hin! Alle unsere Schüler*innen – am besten<br />
alle steirischen Schulen – sollen dieses<br />
wichtige, vielleicht zukunftswichtigste<br />
Thema, bei dieser wertvollen Ausstellung<br />
erleben dürfen.«<br />
Sind die Besucher im Grunde<br />
wissbegierig?<br />
Die durchschnittlich hohe Verweildauer<br />
im Haus der Biodiversität ist<br />
ein Hinweis darauf, dass das Thema<br />
die Menschen interessiert und auch<br />
berührt. Viele Besucher*innen lassen<br />
sich auf unser ökopädagogisches Narrativ<br />
ein und sind von der unglaublichen<br />
Biodiversität der Steiermark<br />
begeistert. Während im mittleren<br />
Abschnitt eine stille Betroffenheit<br />
spürbar wird, steigt insbesondere am<br />
Ende der Ausstellung, durch die positiven<br />
Ausblicke, die Mitteilsamkeit der<br />
Besucher*innen.<br />
Ein wesentlicher Punkt ist die Biodiversität.<br />
In welchen Punkten<br />
sehen Sie die Biodiversität in<br />
der Steiermark gefährdet?<br />
Die Intensivierung sämtlicher Landnutzungsformen<br />
in den letzten 30-50<br />
Jahren haben dazu geführt, dass heute<br />
mehr als 50 % der heimischen Fauna<br />
gefährdet ist. Doch weiterhin werden<br />
zu viele Gewerbeparks gebaut, Quellen<br />
gefasst, Flüsse gestaut, Wiesen<br />
umgebrochen oder aufgeforstet und<br />
alte Bäume aus Sicherheitsgründen<br />
entfernt, als dass diese laufenden<br />
Eingriffe durch die Bemühungen des<br />
Naturschutzes (inkl. unzähliger Idealisten)<br />
kompensierbar wären.<br />
Eine Frage zu den invasiven Arten:<br />
Können wir unsere Gewässer gegen<br />
die Blaukrabbeninvasion schützen?<br />
(Sie wurden bereits in einem Zufluss<br />
im Gardasee gesichtet.)<br />
In der Steiermark lebt bereits eine<br />
erhebliche, stetig steigende Zahl invasiver,<br />
gebietsfremder Arten. Häufige<br />
Ursache ihres Auftretens ist passive<br />
Verschleppung durch den exorbitanten<br />
Waren- und Personenverkehr.<br />
Oft wird die dauerhafte Etablierung<br />
durch die Folgen des Klimawandels<br />
begünstigt. Die Blaukrabbe dürfte in<br />
den Süßgewässern Österreichs allerdings<br />
wohl kaum stabile Populationen<br />
aufbauen können.<br />
Für ein ausgestorbenes Lebewesen<br />
gibt es so gut wie keinen<br />
Weg zurück in die Biosphäre und<br />
ist ein fehlendes Glied in unserem<br />
Ökosystem, oder?<br />
Korrekt. Global gingen schon unzählige<br />
Elemente des eng verwobenen<br />
Netzwerkes des Lebens für immer<br />
verloren. Für uns Menschen überlebensnotwendige<br />
Leistungen der<br />
Biodiversität, wie Ernährung und<br />
sauberes Trinkwasser, geraten damit<br />
zunehmend unter Druck.<br />
Interview: Martin G. Wanko<br />
© MORITZ SITZENFREY ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
26
A U S G A B E<br />
HERBST 20XX<br />
KI versteht alles, aber hat keinen Humor.<br />
<strong>40plus</strong> ist das Magazin<br />
welches Nachhaltigkeit mit Würze<br />
verbindet und eine neue Realität für<br />
uns alle schafft! Entdecke mit uns,<br />
wie du deinen gewohnten Lebensstil<br />
beibehalten und gleichzeitig<br />
Verantwortung für unseren Planeten<br />
übernehmen kannst.<br />
06 Genussreise ans Mittelmeer. 08 Die Geschichte der faulen Menschen. 10 Rezepte für den perfekten<br />
Grillabend. 11 Musik, die den Zeitgeist trifft. 12 Schlaflosigkeit als Volkskrankheit. 14 Neue Ausstellungen<br />
zum Thema Nachhaltigkeit. 16 Kunstausstellungen, die neue Wege gehen. 20 Gespräch über die Zukunft der<br />
Wirtschaft. 23 <strong>40plus</strong> Talk: Tipps für eine gesunde Work-Life-Balance. 28 Die 7 Todsünden. 30 KI macht unser<br />
Leben einfacher. 32 KI für mehr Nachhaltigkeit. 34 Investition in die Zukunft. 35 Wein, Käse und mehr…<br />
<strong>Herbst</strong> 20XX<br />
KI:<br />
Die Maschinen<br />
übernehmen<br />
die Welt!<br />
(Oder nicht.)<br />
TEXTE GENERIERT MIT CHATGPT. BILD GENERIERT MIT NIGHTCAFE (TEXT PROMPT: »PAINTING OF A COLORFUL ROBOT CONTEMPLATING IN THE STYLE OF DON ROSA AND MOEBIUS.«<br />
27
DIE SIEBEN<br />
TODSÜNDEN<br />
Ein Blick in die<br />
menschliche<br />
Seele.<br />
28
Googles KI »Bard«, der Künstler Josef Wurm und Mag. Gudrun Isak,<br />
Referentin für Sakramentenpastoral von der Diözese Graz-Seckau,<br />
über die dunklen Seiten der Menschheit und wie wir<br />
ihnen entkommen können.<br />
MAG. GUDRUN ISAK KI BARD JOSEF WURM<br />
Es handelt sich bei der Auflistung<br />
der sieben Laster NICHT um<br />
Sünden im eigentlichen Sinne, weil<br />
Sünden Handlungen darstellt, die<br />
umgangssprachlich Todsünden<br />
genannten, aber innere Haltungen<br />
des Menschen sind, die die Ursache<br />
für sündhafte Handlungen, die<br />
wiederum lässlich oder schwer sein<br />
können, sind.<br />
Als Todsünde werden in der katholischen<br />
Kirche jene Handlungen bezeichnet,<br />
durch welche ein Mensch<br />
die Beziehung zu Gott bewusst und<br />
willentlich abbricht. Eine Sünde ist<br />
dann als schwer oder eben auch als<br />
Todsünde zu bezeichnen, wenn ein<br />
Mensch eine Handlung,<br />
1. die eine schwerwiegende Materie<br />
zum Gegenstand hat – insbesondere<br />
einen Verstoß gegen<br />
die 10 Gebote,<br />
2. im vollen Bewusstsein über<br />
die Schwere der Sünde<br />
3. und aus freiem Willen gesetzt<br />
wird.<br />
Papst Johannes Paul II. konkretisiert<br />
den Begriff der Todsünde in seinem<br />
Apostolischen Schreiben »Reconciliatio<br />
et paenitentia« (Über Versöhnung und<br />
Buße) aus dem Jahr 1984 folgendermaßen:<br />
»Mit der ganzen Tradition der<br />
Kirche nennen wir denjenigen Akt eine<br />
Todsünde, durch den ein Mensch bewusst<br />
und frei Gott und sein Gesetz sowie den<br />
Bund der Liebe, den dieser ihm anbietet,<br />
zurückweist, indem er es vorzieht, sich<br />
selbst zuzuwenden oder irgendeiner<br />
geschaffenen und endlichen Wirklichkeit,<br />
irgendeiner Sache, die im Widerspruch<br />
zum göttlichen Willen steht.«<br />
Neid ist eine natürliche menschliche<br />
Emotion, die jeder von Zeit zu<br />
Zeit empfindet. Er kann jedoch zu<br />
negativen Verhaltensweisen führen,<br />
wie zum Beispiel Hass, Rache oder<br />
Gewalt.<br />
Die Todsünde Völlerei ist ein Laster,<br />
das sich durch maßloses Essen und<br />
Trinken äußert. Es ist ein Zeichen<br />
von Unmäßigkeit und mangelnder<br />
Selbstbeherrschung.<br />
Die Todsünde Habgier ist das übersteigerte<br />
Streben nach materiellem<br />
Besitz. Es ist ein Zeichen von Gier,<br />
Egoismus und mangelnder Zufriedenheit.<br />
Die Todsünde Wollust ist ein Laster,<br />
das sich durch übermäßige sexuelle<br />
Begierde äußert. Es ist ein Zeichen<br />
von Unmäßigkeit, mangelnder<br />
Selbstbeherrschung und fehlender<br />
Kontrolle über die eigenen Triebe.<br />
Die Todsünde Hochmut ist ein<br />
Laster, das sich durch übermäßige<br />
Selbstüberschätzung und Geringschätzung<br />
anderer äußert. Es ist ein<br />
Zeichen von Egoismus, Arroganz<br />
und mangelnder Demut.<br />
Die Todsünde Trägheit ist ein Laster,<br />
das sich durch Untätigkeit und mangelnde<br />
Willenskraft äußert. Es ist ein<br />
Zeichen von Faulheit, Gleichgültigkeit<br />
und mangelndem Engagement.<br />
Die Todsünde Zorn ist ein Laster, das<br />
sich durch Wut, Hass und Rachsucht<br />
äußert. Es ist ein Zeichen von Wut,<br />
Aggression und mangelnder Kontrolle<br />
über die eigenen Emotionen.<br />
Todsünden finde ich generell einen<br />
falschen Begriff. Man sollte den Tod<br />
weglassen, dann bleibt die Sünde.<br />
Sünde eigentlich auch.<br />
Lebt man diese Sünden zu sehr, kann<br />
es passieren, dass man brachialerweise<br />
das ganze soziale Gefüge auseinanderdividiert.<br />
Wollust ist zum Beispiel grundsätzlich<br />
nichts Negatives. Es kommt immer<br />
auf die Dosis an. Es sollten halt<br />
keine Dritten geschädigt werden.<br />
Bei Neid, Habgier und Hochmut wird<br />
es wirklich schwierig. Die zerstören<br />
nicht nur sozial, sondern auch zwischenmenschlich.<br />
Sind No-Gos!<br />
Zorn lass ich überhaupt weg. ist für<br />
mich ein Produkt, auch Neid und<br />
Habgier. Chronisch zornig sind nur<br />
Choleriker und Narzissten.<br />
Trägheit: Find ich nicht so schlecht.<br />
Wenn die Menschen mehr entspannen<br />
würden, gäbe es weniger<br />
Burnouts. Trägheit ist was wie<br />
Meditation.<br />
Müßiggang: Stört keinen sozialen<br />
Zusammenhalt. Solange wir nicht<br />
ausbeuterisch sind, können wir auch<br />
10 Stunden im Wald sitzen und es<br />
genießen. Völlerei ist für mich das<br />
Gleiche. Ich fress mich an, ich tue<br />
damit niemandem was. Muss immer<br />
aufpassen, dass niemand darunter<br />
leidet.<br />
Mich wundert, dass Suizid nicht<br />
dabei ist. Wer hat etwas davon, wenn<br />
sich ein Familienvater suizidiert?<br />
Das ist für mich eher eine Sünde.<br />
BILD GENERIERT MIT NIGHTCAFE, TEXT-PROMPT:<br />
»A ROBOTIC/FUTURISTIC ILLUSTRATION OF THE<br />
SEVEN DEADLY SINS IN THE STYLE OF »THE GARDEN<br />
OF EARTHLY DELIGHTS« BY HIERONYMUS BOSCH«<br />
HEADLINE & EINLEITUNG GENERIERT MIT CHATGPT.<br />
ANTWORTEN »KI BARD« GENERIERT MIT GOOGLE BARD.<br />
29
Künstliche Intelligenz<br />
kann erkennen,<br />
aber nicht<br />
denken.<br />
Interview: Martin G. Wanko<br />
Im spannenden Interview mit Martin G. Wanko erläutert KI-Experte<br />
Roman Kern von der TU Graz anschaulich die Funktionsweise und<br />
beeindruckenden Fähigkeiten der künstlichen neuronalen Netzwerke.<br />
Grundsätzlich unterliegt man mit<br />
dem Begriff KI einem Irrtum. Die KI<br />
kann nicht denken, sondern »nur«<br />
erkennen. Stimmt das soweit?<br />
Ja, denken ist nicht der richtige Ausdruck,<br />
weil die KI (aktuell) nicht in<br />
der Lage ist, Schlüsse zu ziehen oder<br />
logische Zusammenhänge korrekt zu<br />
erfassen. Allerdings versteht die KI<br />
Konzepte, sogar menschliche Konzepte,<br />
und auch geographische und zeitliche<br />
Zusammenhänge und ist in der Lage,<br />
plausible Sätze zu bilden oder fotorealistische<br />
Bilder zu generieren.<br />
Wie würden Sie einem Kind die KI<br />
erklären?<br />
ChatGPT: Ein Computerprogramm hat<br />
das Internet gelesen und hat so gelernt,<br />
Sätze in menschlicher Sprache nachzubilden.<br />
Danach hat das Computerprogramm<br />
gelernt, auf menschliche Fragen<br />
passende Antworten zu generieren.<br />
Dabei kann dieses Computerprogramm<br />
sehr hilfreich sein, um schnell Antworten<br />
zu finden, allerdings kann man<br />
dem Computerprogramm nicht blind<br />
vertrauen, weil die Antworten oft nicht<br />
passen und teilweise frei erfunden sind.<br />
Was ist der Unterschied zwischen<br />
weak AI und strong AI und wo stehen<br />
wir zurzeit?<br />
Wir leben (noch) im Zeitalter der weak<br />
AI, d.h., der Output der AI ist assoziativ<br />
und die AI kann nicht planen oder<br />
Schlüsse ziehen, die über Gesehenes<br />
hinausgehen. Ob allerdings die aktuelle<br />
AI schon Anzeichen für eine strong AI<br />
oder Artificial General Intelligence (AGI)<br />
hat, ist unter Experten noch eine lebhaft<br />
geführte Diskussion.<br />
Gerade gelesen: Schwache KIs sind<br />
Alexa und Siri. Starke KIs sind der<br />
Terminator und HAL (2001: Odyssee<br />
im Weltraum)<br />
Genau, die aktuellen AI-Systeme<br />
planen nicht, sie »denken« nicht, und<br />
sie haben keinen speziellen Speicher<br />
dafür. Aktuell arbeiten AI-Systeme<br />
nach dem Prinzip Input/Output und<br />
machen keine pro-aktiven Handlungen.<br />
Inwieweit das kontinuierliche Training,<br />
das mit menschlichem Feedback durch<br />
die Benutzung dieser Tools gesammelt<br />
wurde, einen Feedback-Zyklus darstellt,<br />
ist ebenfalls noch eine offene Diskussion.<br />
Wir sehen, dass vermehrt Teile des<br />
Internets auch schon Texte von ChatGPT<br />
verwendet haben, die vermutlich dann<br />
wieder im Training von solchen AIs eingesetzt<br />
werden könnten.<br />
Spätestens seit ChatGPT ist die KI<br />
in aller Munde. Dabei ist sie schon<br />
längst in unser Leben eingetreten,<br />
oder?<br />
Ja, es gibt viele unterschiedliche AI-<br />
Systeme, die schon längst im Alltag<br />
angekommen sind. Beispiele dafür sind<br />
Empfehlungssysteme bei Online-Shopping<br />
Webseiten, oder auch die Tastatur<br />
am Handy, die Vorschläge macht, oder<br />
auch im industriellen Umfeld, in der die<br />
Nachfrage mittels AI vorhergesagt wird,<br />
oder die Produktion mit AI verbessert<br />
wird.<br />
Wie wird die KI in absehbarer Zukunft<br />
unser Leben beeinflussen?<br />
Es ist zu erwarten, dass »intelligente«<br />
Tools mehr und mehr Verbreitung finden<br />
und unsere Arbeits- und Privatwelt<br />
sukzessive bereichern werden. Vermutlich<br />
werden diese Veränderungen zum<br />
Großteil so stattfinden, dass wir das gar<br />
nicht explizit wahrnehmen werden. Beispielsweise<br />
bei Kameras in Handys ist<br />
inzwischen die Verarbeitung der Bilder<br />
fast so wichtig, wie das optische System.<br />
Auf welche Entwicklung dürfen wir<br />
uns freuen?<br />
Auf alle Entwicklungen, die unseren<br />
Alltag erleichtern, insbesondere jene<br />
digitalen Tools, die Routinetätigkeiten<br />
übernehmen. Denke da an die Erstellung<br />
von Mails, Dokumenten, Präsentationen<br />
und dem manuellen Übertragen<br />
von Daten.<br />
Aber die Entwicklung hat rasant<br />
Fahrt aufgenommen und ist jetzt<br />
nicht mehr so schnell zu stoppen.<br />
Verstehen Sie als Wissenschaftler<br />
die Bedenken, die Teile der Bevölkerung<br />
haben?<br />
Pauschal kann man hier keine Antwort<br />
geben. Nicht alle der Fragestellungen,<br />
die sich durch die KI ergeben, sind auch<br />
allen beteiligten Wissenschafter*innen<br />
klar. Beispielsweise wurde das Thema<br />
Copyright anfangs nicht beachtet. Auch<br />
die Implikationen durch automatische<br />
Entscheidungen durch die KI, beispielsweise<br />
Diskriminierung oder Schutz der<br />
Privatsphäre, sind selbst für Leute, die<br />
30
BILD GENERIERT MIT ADOBE FIREFLY, TEXT-PROMPT: »SIMPLE ILLUSTRATION EINES<br />
NEURONALEN NETZPLANES EINER KÜNSTLICHEN INTELLIGENZ IN SCHWARZ WEISS«<br />
HEADLINE & EINLEITUNG GENERIERT MIT CHATGPT.<br />
RAHMEN GENERIERT MIT ADOBE FIREFLY, TEXT-PROMPT: »NEURONALES<br />
NETZWERK ALS NETZPLAN IN SCHWARZ WEISS GEMALEN ALS MUSTER-<br />
ELEMENT EINES RAHMENS«<br />
eng mit dem Thema vertraut sind, oft<br />
nicht ausreichend klar. Eine Umfrage<br />
unter namhaften Wissenschafter*innen<br />
hat ergeben, dass es auch keine<br />
Einigkeit gibt, welche Bedrohungen von<br />
der AI ausgehen. Einzig die Angst, dass<br />
die AI von wenigen Technologiefirmen<br />
dominiert wird, ist eine wiederkehrende<br />
Bedrohung.<br />
Wenn drei Tageszeitungen die KI<br />
zu einem Thema befragen würden,<br />
laufen wir vermutlich Gefahr drei<br />
sehr ähnliche Texte zum Lesen zu<br />
bekommen, oder?<br />
Ja, das ist generell ein Problem, dass<br />
dadurch auch Diversität leiden könnte.<br />
Auch wenn die Texte immer etwas anders<br />
sein können, ist die »Kreativität« der<br />
AI immer noch recht beschränkt. Ein<br />
weiteres Problem ist zudem, dass die KI<br />
(zum Beispiel ChatGPT) mit Daten aus<br />
dem Internet trainiert worden ist. Damit<br />
werden auch die Biases im Datensatz<br />
»mitgeerbt« (Cultural Bias, Groupthink<br />
Bias, etc.). Auch besteht die Gefahr des<br />
»Automation Bias«, d.h., dass hier der KI<br />
automatisch vertraut wird.<br />
Eltern haben Sorge, dass in Zukunft<br />
die KI und nicht mehr ihre Kinder<br />
maturieren. Wie weit ist man mit KI-<br />
Erkennungsprogrammen?<br />
Ja, der gesamte Bildungsbereich muss<br />
hier umdenken und die Ausbildung<br />
so gestalten, dass klar unterschieden<br />
werden kann zwischen der Leistung der<br />
Schülerinnen/Schüler/Studierenden<br />
und der KI. Letztendlich ist die KI ein<br />
Werkzeug, mit dem die Gesellschaft<br />
lernen muss umzugehen. Wenn dies<br />
nicht möglich ist, muss man sich überlegen,<br />
ob man die KI in der Ausbildung<br />
verbieten will. Technisch ist es aktuell<br />
nicht möglich, ausreichend zuverlässig<br />
zu erkennen, ob ein Text von der KI<br />
verfasst worden ist (und dann vielleicht<br />
noch manuell nachbearbeitet wurde),<br />
oder genuin von einem Menschen verfasst<br />
wurde.<br />
Wird KI zu einer weiteren Fragmentierung<br />
der Gesellschaft führen? Da<br />
gibt’s bildungsferne Schichten, die<br />
den Anschluss verlieren könnten.<br />
Es gibt Aussagen, bezogen auf den<br />
Arbeitsmarkt, in die Richtung: »Künstler<br />
mit KI werden Künstler ersetzen ohne KI«.<br />
Das zeigt, dass ein Umgang mit der KI<br />
möglicherweise ein Wettbewerbsvorteil<br />
sein könnte und Personen mit einer zu<br />
kritischen Haltung zur KI könnten hier<br />
negativ betroffen sein. So, wie bei vielen<br />
Themen in Bezug auf die Spaltung der<br />
Gesellschaft, ist auch hier Bildung und<br />
Information zumindest ein Teil der<br />
Lösung.<br />
Immer wieder ist die Rede davon,<br />
dass wir in Österreich bezüglich der<br />
KI den Forschungsanschluss verlieren.<br />
Stimmt das?<br />
In der Tat ist die Forschungsförderung<br />
in anderen Ländern höher und z.B. im<br />
Fall von China Teil einer längerfristigen<br />
Strategie. Ich bin selber aber nicht<br />
nur pessimistisch, weil ich ja auf der<br />
Universität unterrichte und sehe, wie<br />
begeistert und engagiert hier die Studierenden<br />
sind! Auch hoffe ich, dass es<br />
viele Unternehmen gibt, die erkannt haben,<br />
dass sie eine KI-Strategie brauchen<br />
und einfach nur zuwarten, was Google<br />
und Microsoft anbieten, keine positive<br />
Auswirkung auf den Wirtschaftsstandort<br />
haben kann.<br />
An was forschen Sie gerade?<br />
Meine Kollegen und ich forschen daran,<br />
die KI vertrauenswürdig zu machen.<br />
Das umfasst Themen, wie man private<br />
oder sensible Daten schützen kann, wie<br />
man vermeidet, dass die KI einzelne<br />
Personen oder Personengruppen diskriminiert,<br />
wie man die KI besser versteht<br />
und die Entscheidungen erklärbar<br />
macht. Auch steht in unserer Forschung<br />
der Mensch im Mittelpunkt, beispielsweise<br />
wie vorhandenes Wissen in die<br />
KI-Modelle einfließen kann, oder auch<br />
wie man Akzeptanz der KI erreichen<br />
kann. Daneben laufen noch kleine wissenschaftliche<br />
Arbeiten, beispielsweise<br />
arbeiten wir an einem Wasserzeichen<br />
für automatisch generierten Text und<br />
versuchen festzustellen, in welchen Situation<br />
die KI falsche Ergebnisse liefert.<br />
Renommierte Forscher, die aus der<br />
KI-Entwicklung aussteigen, warnen<br />
vor einer unkontrollierten Entwicklung.<br />
Was gehört geregelt?<br />
Hier sollte man zuerst einen Unterschied<br />
machen zwischen der unkontrollierten<br />
Entwicklung einerseits und der<br />
unkontrollierten Verwendung andererseits.<br />
Beide Aspekte wurden zuletzt<br />
diskutiert. Einerseits wurde von einem<br />
Moratorium gesprochen, um zuerst<br />
die bestehende KI besser zu verstehen,<br />
bevor man neue Entwicklungen startet.<br />
Andererseits stehen Initiativen, wie<br />
der AI-Act der Europäischen Union, in<br />
der aktuellen Fassung 4 Risikoklassen<br />
definiert werden und entsprechende Regularien<br />
vorgesehen sind. Der letztere<br />
Ansatz erlaubt eine Weiterentwicklung<br />
der Technologie, allerdings muss diese<br />
bestimmte Kriterien erfüllen.<br />
Wann kann ein Interview wie dieses<br />
sinnerfassend von einer KI beantwortet<br />
werden?<br />
© KNOW CENTER<br />
Heute. Warum ich mir die Mühe gemacht<br />
habe, die Frage ganz ohne Hilfe<br />
der KI zu beantworten, weiß ich jetzt<br />
aber selber nicht.<br />
31
acib.at<br />
bioplasticseurope.eu<br />
Das<br />
Ende des<br />
Plastikmülls?<br />
Im Rahmen des EU-Projektes BIO-PLASTICS EUROPE<br />
arbeiten 22 wissenschaftliche und industrielle Projektpartner<br />
aus 13 Ländern an nachhaltigen Lösungen für die<br />
Herstellung biobasierter und biologisch abbaubarer Kunststoffe,<br />
um nachhaltige und sichere Produkte auf den Markt zu<br />
bringen – von Mehrwegbesteck und Spielzeug über Verpackungen<br />
bis hin zu Landwirtschaftsprodukten. Das Austrian<br />
Centre of Industrial Biotechnology (acib) bringt dabei als<br />
wissenschaftlicher Partner gemeinsam mit Technologieexperten<br />
der Technischen Universität Graz sein materialwissenschaftliches<br />
Know-how in der Polymererzeugung ein.<br />
© UNSPLASH/NAJA BERTOLT JENSEN<br />
32
Kunststoffe sind überall. Als ein<br />
längst wesentlicher Bestandteil des<br />
täglichen Lebens steigt ihr Verbrauch<br />
kontinuierlich. Doch die vielen Vorteile<br />
von Plastik haben auch einen<br />
hohen Preis: Von der Gewinnung der<br />
Rohstoffe über die Polymerproduktion<br />
bis zur Abfallbehandlung sind<br />
mit jedem Teil des Lebenszyklus von<br />
Plastik auch erhebliche negative Umweltauswirkungen<br />
verbunden.<br />
Durch die im Projekt BIO-PLAS-<br />
TICS EUROPE entwickelten nachhaltigen<br />
Strategien und Lösungen<br />
für die Herstellung und Verwendung<br />
biobasierter Kunststoffe, soll die<br />
EU-Kunststoffstrategie unterstützt<br />
und die Kreislaufwirtschaft gefördert<br />
werden. »Unser großes Ziel ist<br />
es, biobasierte, biologisch abbaubare,<br />
nachhaltige und sichere Materialien<br />
für die Herstellung unterschiedlicher<br />
Produkte bereitzustellen«, erklärt Anita<br />
Emmerstorfer-Augustin, Projektmanagerin<br />
und molekulare Biotechnologin<br />
am Austrian Centre of Industrial<br />
Biotechnology (acib) in Graz.<br />
Die Forscher konnten, basierend auf<br />
fünf unterschiedliche, biobasierte<br />
Materialien, neue Kunststoffe entwickeln.<br />
»Die Besonderheit ist deren<br />
Bioabbaubarkeit«, erklärt Emmerstorfer-Augustin:<br />
»Während viele bisher<br />
am Markt verfügbaren Bioplastiksorten,<br />
zum Beispiel Polyyethylen, aus dem<br />
unter anderem Folien und Verpackungen<br />
gefertigt sind, auch biogenen Ursprungs<br />
sein können, heißt das nicht, dass sie auch<br />
bioabbaubar sind. Sie zersetzen sich also<br />
nicht zwangsläufig durch biologische<br />
Aktivität mithilfe von Mikroorganismen<br />
oder Enzymen, damit lediglich Wasser,<br />
Biomasse und Kohlenstoffdioxid zurückbleibt.«<br />
Diese Abbaubarkeit und nachhaltigere<br />
Nutzung von Plastik wäre<br />
jedoch essenziell: Häufig bleiben<br />
Plastiksorten in der Umwelt zurück<br />
in Form von Abfall, Abrieb von Autoreifen,<br />
Kunstrasen und vielem mehr.<br />
Dem nicht genug, belasten auch gefährliche<br />
Stoffe wie Additive, welche<br />
die Eigenschaften von Kunststoffen<br />
verbessern sollen, die Natur und die<br />
Gesundheit der Menschen.<br />
»Unsere neuen Polymer-Materialien,<br />
sogenannte ›Blends‹, müssen neben Bioabbaubarkeit<br />
auch weitere Eigenschaften<br />
mitbringen, welche wir im Labor charakterisieren.<br />
Für die Herstellung variieren<br />
wir unter Einsatz diverser Additive die<br />
Prozessbedingungen, wie zum Beispiel<br />
Temperatur und Druck. Am Endprodukt<br />
erproben wir dann die Bioabbaubarkeit<br />
mittels geeigneter Enzyme und bestimmen<br />
über den Gewichtsverlust und das<br />
Vorhandensein diverser Abbauprodukte,<br />
wie gut das funktioniert«, so Emmerstorfer-Augustin.<br />
Es konnte gezeigt werden, dass die<br />
neuen Materialien, darunter Biopolyester-<br />
(PHB) und Naturkautschuk-<br />
Blends, viel elastischer und flexibler<br />
als herkömmliche Bioplastiksorten<br />
sind.<br />
»Begleitend zur Herstellung haben wir im<br />
Projekt ein Sicherheitsprotokoll erstellt,<br />
um die sichere Verwendung und das Endof-Life-Management<br />
von biobasierten<br />
und biologisch abbaubaren Kunststoffen<br />
zu verbessern.« Derzeit werden diese<br />
Prototypen im Labor und in Feldversuchen<br />
auch auf ihre Toxizität hin<br />
getestet. »Toxizitätstests, welche an der<br />
Medizinischen Universität Graz durchgeführt<br />
wurden, zeigen, dass das von uns<br />
entwickelte Material unbedenklich ist«,<br />
erklärt die Forscherin.<br />
Mehrere hundert Gramm an biobasiertem,<br />
bioabbaubaren Plastikprototypen<br />
konnten bereits hergestellt<br />
werden. Eine Ausweitung der<br />
Produktion auf Industriemaßstab<br />
ist geplant. Die ersten Ergebnisse<br />
werden Ende des Jahres erwartet und<br />
sollen dazu beitragen, viele Produkte<br />
in puncto Umwelt und Gesundheit<br />
zu verbessern. »Ziel ist, dass wir unsere<br />
Erkenntnisse auf Mehrwegbesteck, Spielzeug,<br />
weiche und starre Verpackungen,<br />
landwirtschaftliche Folien und Geomembranen<br />
sowie Fischköder und -kisten<br />
übertragen«, so Emmerstorfer-Augustin.<br />
BIO-PLASTICS EUROPE entwickelt<br />
seit dem Start im Oktober 2019,<br />
mit 22 Projektpartnern aus 13 Ländern,<br />
nachhaltige Lösungen für die<br />
Herstellung und Verwendung biobasierter<br />
Kunststoffe und setzt die<br />
Ergebnisse um. Es wurden bisher<br />
26 Forschungsarbeiten veröffentlicht,<br />
fünf Prototypen biobasierter<br />
Kunststoffe entwickelt und mit der<br />
Erstellung eines Sicherheitsprotokolls<br />
begonnen, um die sichere<br />
Verwendung und das End-of-Life-Management<br />
von biobasierten<br />
und biologisch abbaubaren Kunststoffen<br />
sicherzustellen. Derzeit<br />
werden diese Prototypen im Labor<br />
und in Feldversuchen getestet. Ziel<br />
des Projekts ist es, biobasierte, biologisch<br />
abbaubare, nachhaltige und<br />
sichere Materialien für die Herstellung<br />
verschiedenster Produkte, wie<br />
Spielzeug, Fischkisten oder Mehrwegbesteck,<br />
bereitzustellen.<br />
Das 2010 gegründete Austrian<br />
Centre of Industrial Biotechnology<br />
(acib) entwickelt neue, umweltfreundlichere<br />
und ökonomischere<br />
Prozesse für die Biotech-, Chemieund<br />
Pharmaindustrie und verwendet<br />
dafür die Methoden der Natur<br />
als Vorbild. Das internationale Forschungszentrum<br />
für industrielle<br />
Biotechnologie ist eine Non-Profit-Organisation<br />
mit weltweiten<br />
Standorten und Hauptsitz im österreichischen<br />
Graz. acib versteht sich<br />
als Partnerschaft von mehr als 150<br />
Universitäten und Unternehmen.<br />
acib-Eigentümer sind die Universitäten<br />
Innsbruck und Graz, die TU<br />
Graz, die BOKU Wien sowie Joanneum<br />
Research.<br />
33
© HERZ ENERGIETECHNIK GMBH<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Die HERZ<br />
Energietechnik<br />
GmbH ist für<br />
den Winter<br />
gewappnet<br />
– mit einem<br />
neuen Geschäftsführer<br />
an der Spitze<br />
und innovativen<br />
Produkten, die<br />
nicht nur das<br />
Haus, sondern<br />
auch das Herz<br />
erwärmen.<br />
Die neuen<br />
STARS<br />
der HERZ<br />
Energietechnik<br />
Text: Julia Strempfl<br />
34
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
HERZ Energietechnik GmbH<br />
Herzstraße 1 +43 (0)3357 / 42840 – 0<br />
7423 Pinkafeld office-energie@herz.eu<br />
In Zeiten der Inflation, in der auch<br />
die Heizkosten steigen, sucht man<br />
nach Möglichkeiten, die Energieausgaben<br />
zu reduzieren, ohne verzichten<br />
zu müssen. Die umweltfreundlichen<br />
Heizsysteme von HERZ Energietechnik<br />
bieten die Antwort. Dank ihrer speziellen<br />
Technologie versprechen sie einen<br />
warmen und sorgenfreien Winter. Sie<br />
schonen nicht nur die Umwelt, sondern<br />
entlasten auch den Geldbeutel. »Moderne<br />
Technik bedeutet weniger Energieeinsatz<br />
bei unverändertem oder höherem Komfort<br />
und ein behagliches Eigenheim genießen,«<br />
so DI (FH) Karl Pucher, neuer Geschäftsführer<br />
der HERZ Energietechnik<br />
und Binder Energietechnik.<br />
Moderne Heizlösungen bieten<br />
unzählige Möglichkeiten<br />
Die HERZ Gruppe ist ein weltweit<br />
tätiges Unternehmen mit 42 Produktionsstätten<br />
in 12 europäischen<br />
Ländern und über 3.500 Mitarbeiter*innen.<br />
Die Herz Energietechnik<br />
am Standort Pinkafeld beschäftigt<br />
rund 200 Mitarbeiter und etablierte<br />
sich als Komplettanbieter für erneuerbare<br />
Energiesysteme. Im hauseigenen<br />
Kompetenzzentrum und Labor werden<br />
Neuentwicklungen mit dem Fokus auf<br />
Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein<br />
realisiert. Zusammen mit der<br />
Binder Energietechnik ist sie Spezialist<br />
für erneuerbare Energiesysteme und<br />
blickt auf jahrzehntelange Erfahrung<br />
und Know-how zurück. Zudem etablierten<br />
sich die beiden Unternehmen<br />
mit Lösungen für Sonderbrennstoffe<br />
sowie Transport- und Fördertechnik.<br />
Alle Produkte werden vorwiegend in<br />
Österreich hergestellt, um den höchsten<br />
Qualitätsstandards gerecht zu<br />
werden. »Wir bieten eine breite Palette an<br />
modernen, kostengünstigen und effizienten<br />
Heizsystemen.« erzählt der Geschäftsführer.<br />
Dazu zählen Pellets- und<br />
Hackgutanlagen bis 1500 kW, sowie<br />
Holzvergaserkessel und Wärmepumpen<br />
bis 40 kW. Die jahrelange<br />
Erfahrung und Expertise ermöglicht<br />
es den Unternehmen auch, verschiedene<br />
Lager- und Austragungssysteme für<br />
Pellets und Hackgut anzubieten. »Die<br />
beliebtesten Optionen im Lagerraum sind<br />
das f lexible Schnecken- oder Saugsystem.<br />
Ist kein separater Lagerraum vorhanden,<br />
können Sacksilos direkt im Heizraum<br />
aufgestellt werden,« fährt DI (FH) Karl<br />
Pucher fort.<br />
Neu: Der pelletstar-H/HE 10-30 kW<br />
Das neue Herzstück des Unternehmens<br />
wird nicht umsonst »pelletstar«<br />
genannt, denn es zeichnet sich durch<br />
modernste Technologie und höchster<br />
Bedienerfreundlichkeit aus. Der Pelletkessel<br />
mit integriertem Elektrofilter<br />
kann mit drei verschiedenen Komplettierungspaketen<br />
vervollständigt<br />
werden. Zudem steht eine Vielfalt an<br />
Austragungsvarianten zur automatischen<br />
Brennstoffzufuhr zur Verfügung.<br />
Durch die eingebaute Lambdasonde<br />
werden Abgaswerte laufend<br />
überwacht und konstant für perfekte<br />
Verbrennungswerte bei geringsten<br />
Emissionswerten gesorgt – auch bei<br />
unterschiedlichen Brennstoffqualitäten.<br />
Die Regelung per Touch-Display<br />
weist ein übersichtliches Menü mit<br />
schematischer 3D-Darstellung auf und<br />
ist somit äußerst einfach zu bedienen.<br />
Die modulare Betriebsweise der T-Control<br />
Regelung bietet bis zu 30 Erweiterungsmöglichkeiten.<br />
Ein besonderer<br />
Vorteil ist die Regelung per Fernvisualisierung<br />
am Smartphone, PC oder<br />
Tablet. »Vom stromsparenden Standby-Betrieb<br />
über die energiesparende Verbrennung<br />
bis hin zum komfortablen Fernzugriff über<br />
myHERZ, spiegelt der pelletstar-H/HE<br />
10-30 kW die Kernwerte des Unternehmens<br />
klar wider – zuverlässig, innovativ, nachhaltig<br />
und effizient in allen Bereichen,«<br />
ergänzt DI (FH) Karl Pucher.<br />
Neuer Geschäftsführer<br />
mit Herz für Herz<br />
Seit Juli <strong>2023</strong> ist DI (FH) Karl Pucher<br />
Geschäftsführer der HERZ Energietechnik<br />
in Pinkafeld sowie der Binder<br />
Energietechnik in Bärnbach. Dem<br />
Diplom-Ingenieur für Umweltund<br />
Energiewirtschaft sind enorme<br />
© SISSI FURGLER FOTOGRAFIE<br />
Wertschöpfungstiefe und somit ressourcenschonende<br />
Lösungen für eine<br />
lebenswerte Zukunft besonders wichtig.<br />
Daher hat er die neue und spannende<br />
Herausforderung angenommen,<br />
die Marken Herz und Binder weiterhin<br />
weltweit auszubauen und zu stärken.<br />
Er verfügt über langjährige Erfahrung<br />
in Spitzenpositionen und hat sich<br />
bereits in verschiedenen Unternehmen<br />
als Geschäftsführer bewährt. Aufgrund<br />
seiner bisherigen beruflichen Laufbahn<br />
bringt er wertvolles Know-how und<br />
fundierte Führungskompetenzen mit.<br />
DI (FH) Karl Pucher<br />
Die Energiewende mitgestalten<br />
Mit neuen Ideen blickt er optimistisch<br />
in die Zukunft: »Die vergangenen Jahre<br />
haben gezeigt, dass die Themen Nachhaltigkeit<br />
eng mit dem Biomasse- und Wärmepumpen-Sektor<br />
verbunden sind und auf<br />
der Agenda ganz oben stehen, auch wenn<br />
die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
aktuell schwierig sind. Herz und Binder<br />
Energietechnik werden bei der Energiewende<br />
eine große Rolle spielen, dazu sind<br />
wir an beiden Standorten in Bärnbach und<br />
Pinkafeld personell wie auch technologisch,<br />
bestens aufgestellt. Da sind sehr viele spannende<br />
Aufgaben und Entwicklungen am<br />
Laufen. Ich freue mich darauf, die Herz und<br />
Binder Energietechnik weiter zu stärken<br />
und einen Beitrag zu leisten, indem wir unsere<br />
Kund*innen mit innovativen Lösungen<br />
und den neuesten Technologien bestmöglich<br />
im nachhaltigen Tun unterstützen.«<br />
www.herz-energie.at<br />
35
Technik-Trends für<br />
Mensch & Umwelt<br />
»Haushaltsgeräte bis zum Gehtnichtmehr<br />
zu nutzen, ist nicht immer ratsam. Das<br />
liegt daran, dass die Technologie heute viel<br />
besser entwickelt ist – und das ist wiederum<br />
besser für die Umwelt«, so Michael<br />
Röggla. Kommen<br />
Heizstrahler,<br />
Kühlgerät,<br />
Herd oder<br />
Waschmaschine<br />
aus einer<br />
Zeit, in der der<br />
Stromverbrauch<br />
noch nicht im<br />
Fokus stand,<br />
dann können sie<br />
zu regelrechten<br />
Energiefressern<br />
werden.<br />
»Dabei fressen sie<br />
auch ein Loch in<br />
die Geldbörse«,<br />
schmunzelt<br />
der Experte<br />
von Media-<br />
Markt, in der<br />
Shopping City<br />
Seiersberg.<br />
BetterWay-<br />
Kriterien<br />
Kühlgefrierkombination LG ELECTRONICS – GBP62PZNBC<br />
Bei MediaMarkt legt<br />
man besonderen Wert<br />
auf Produkte, die energieeffizient<br />
arbeiten und hohe Nachhaltigkeitsstandards<br />
erfüllen. Haushaltsgeräte<br />
werden von unabhängigen Prüfungsorganisationen<br />
sowie von der hauseigenen<br />
Abteilung auf alle relevanten<br />
Kriterien hin überprüft. Dabei<br />
befasst man sich mit Fragen wie: Was<br />
ist gut für unsere Umwelt? Wie kann<br />
ich effizient Ressourcen sparen? Ist<br />
ein Produkt fair hergestellt? »Mittlerweile<br />
führt MediaMarkt bereits<br />
1.200 Produkte, die mit<br />
dem ›BetterWay‹-Label ausgezeichnet<br />
sind. Diese sind<br />
besonders langlebig und<br />
zeichnen sich durch eine<br />
optimale Energieeffizienzklasse<br />
aus«, versichert<br />
Michael Röggla.<br />
Kühl- & Gefrierkombi<br />
»Insbesondere bei Gefrierund<br />
Kühlschränken ist<br />
die Effizienzklasse entscheidend.<br />
Damit können<br />
Einsparungen im Stromverbrauch<br />
bis zu 50 %<br />
erreicht werden«, fährt<br />
er fort. Ein Beispiel<br />
dafür ist die Kühl- &<br />
Gefrierkombination<br />
von LG Electronics.<br />
Die ausgeklügelte<br />
LINEARCooling®-<br />
Funktion sorgt für<br />
eine präzise Temperaturregelung.<br />
Die<br />
DoorCooling+®-Funktion gewährleistet<br />
eine schnellere und gleichmäßigere<br />
Kühlung im gesamten Gerät und das<br />
FRESHConverter®-Fach reguliert die<br />
Luftzufuhr via Schiebeschalter<br />
für wahlweise Fisch, Fleisch oder<br />
Gemüse. So bleiben alle Lebensmittel<br />
länger knackig und frisch. Zudem<br />
bietet das Produkt höchsten Komfort,<br />
dank großzügigem Stauraum<br />
und »Total No Frost«-Technik – eine<br />
optimierte Luftzirkulation, die dem<br />
mühsamen Abtauen ade sagt.<br />
PowerCare-Waschmaschine<br />
Der Technik-Held im Badezimmer ist<br />
die PowerCare-Waschmaschine von<br />
AEG. Mit der einzigartigen ÖkoMix-<br />
Technologie ausgestattet, werden<br />
Waschmittel und Weichspüler gleichmäßig<br />
auf der Kleidung verteilt, wodurch<br />
bereits bei 30 °C hervorragende<br />
Waschergebnisse in weniger als einer<br />
Stunde erzielt werden. Durch das<br />
PowerClean-Programm werden selbst<br />
Flecken bei gleicher Temperatur in<br />
nur 59 Minuten vollständig entfernt.<br />
»Früher hörte man oft, dass Kurzprogramme<br />
zu einem höheren Stromund<br />
Wasserverbrauch führen. Das<br />
ist hier nicht der Fall. Die ProSense®<br />
Waschmaschine AEG – LR8E75695<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
36
Text: Julia Strempfl<br />
Der Kühlschrank ist bereits in die Jahre gekommen und das<br />
merkt man. Doch solange er noch kühlt und das Gemüse frisch<br />
hält, besteht kein Grund für eine Neuanschaffung. Richtig?<br />
Stimmt nicht ganz, weiß Michael Röggla, Customer Sales &<br />
Solution Manager bei MediaMarkt.<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Mengenautomatik ermittelt automatisch<br />
die Wäschemenge für einen maßgeschneiderten<br />
Waschzyklus. Unsere internen<br />
Tests haben gezeigt, dass dadurch<br />
nicht nur Zeit, sondern auch Wasser- und<br />
Energieverbrauch bis zu 40 % eingespart<br />
werden«, erzählt Michael Röggla<br />
begeistert.<br />
Eine zweite Chance:<br />
Reparatur-Service<br />
»Apropos Einsparungspotential: Um<br />
Ressourcen zu schonen, bieten wir einen<br />
umfassenden Reparaturservice an – auch<br />
für Produkte, die nicht bei uns gekauft<br />
wurden«, betont er. Kund*innen erhalten<br />
eine transparente Beratung,<br />
bei der sorgfältig abgewogen wird,<br />
ob sich eine Reparatur lohnt. Dabei<br />
verfolgt das Service-Team die Philosophie,<br />
dass jedes Gerät eine zweite<br />
Chance verdient – und das zu einem<br />
fairen Preis.<br />
Ankaufservice nutzen<br />
& Beitrag leisten<br />
Nutzt man den Ankaufservice,<br />
leistet man mit minimalem Aufwand<br />
einen wertvollen Beitrag für die<br />
Umwelt und sichert sich zudem eine<br />
MediaMarkt-Geschenkkarte. Mithilfe<br />
weniger Fragen wird der Wert<br />
gebrauchter Elektrogeräte ermittelt.<br />
Kurz darauf erhält man schon den<br />
Wertgutschein.<br />
Apple Watch Series 9<br />
presented by<br />
Shopping City Seiersberg 9<br />
8054 Seiersberg<br />
Smart in<br />
die Zukunft<br />
Die Smartwatch von Apple ist das erstes<br />
CO₂-neutrales Produkt von MediaMarkt und<br />
markiert damit einen Meilen stein auf dem Weg,<br />
bis 2030 alle Produkte CO₂-neutral zu machen.<br />
Ziel des Unternehmens ist es, den Großteil<br />
der Emissionen durch innovative Materialien,<br />
sauberen Strom und CO₂-armen Versand zu<br />
reduzieren. Was übrig bleibt, wird durch Investitionen<br />
in naturbasierte Projekte kompensiert.<br />
Denn die Erde wartet nicht.<br />
www.mediamarkt.at<br />
Salzburger Straße 1<br />
8940 Liezen<br />
Bahnhofplatz 1<br />
9400 Wolfsberg<br />
FOTOS: © MEDIAMARKT<br />
37 37
© PROPELLETS/GEORG WILKE<br />
Christian Rakos:<br />
»Die Energiewende<br />
im eigenen Heim<br />
umsetzen!«<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Herr Rakos, herzlichen Dank<br />
für Ihre Zeit. Kann ein einzelner<br />
Haushalt wirklich nennenswert<br />
beitragen zur Energiewende?<br />
Ich denke ja, wichtig ist, dass man dabei<br />
aber auf die Prioritäten achtet. Rund<br />
80 % des Energieverbrauchs eines Haushalts<br />
werden für die Wärmeversorgung<br />
und das Warmwasser benötigt. Hier<br />
muss man also ansetzen, wenn man<br />
die Energiewende im eigenen Haus<br />
realisieren will.<br />
Wie sieht es mit den verschiedenen<br />
Möglichkeiten aus, die Haushalte<br />
dabei haben?<br />
Wenn ein Anschluss an ein Fernwärmesystem<br />
möglich ist, das erneuerbare<br />
Energie nutzt, ist das die erste Wahl.<br />
Gibt es diesen nicht und das Haus ist gut<br />
isoliert und verfügt über eine Fußbodenheizung,<br />
dann macht eine Wärmepumpe<br />
Sinn, wobei eine Erdwärmepumpe<br />
weniger Strom verbraucht als eine<br />
Luftwärmepumpe. Handelt es sich um<br />
ein Gebäude, das nicht über eine erstklassige<br />
Wärmedämmung verfügt, dann<br />
ist eine moderne Pelletheizung die beste<br />
und auch kostengünstige Alternative.<br />
Sie ist nicht nur wirtschaftlich attraktiv,<br />
sondern auch ausgesprochen umweltfreundlich.<br />
Es gibt immer wieder Debatten<br />
über die Kosten für Brennstoffe,<br />
besonders in Zeiten von Energiekrisen<br />
wie im Jahr 2022.<br />
Wie schneiden Holzpellets im<br />
Vergleich zu Heizöl ab?<br />
In der Tat war Heizöl extraleicht in den<br />
letzten 20 Jahren durchgängig teurer<br />
als Holzpellets. Selbst während der<br />
Energiekrise im Jahr 2022 hat sich diese<br />
Tendenz fortgesetzt, obwohl Pellets im<br />
vergangenen Jahr auch deutlich teurer<br />
waren. Ein durchschnittlicher Haushalt<br />
hat im Vergleich zu Heizöl im Jahr 2022<br />
über 1.800 Euro eingespart, wenn er auf<br />
Pellets gesetzt hat. Gas kostet aktuell<br />
mehr als doppelt so viel wie Pellets.<br />
Das klingt attraktiv, aber gibt<br />
es überhaupt genügend Pellets,<br />
wenn viele weitere Haushalte<br />
umsteigen?<br />
Absolut. Wir erleben momentan eine<br />
regelrechte Investitionswelle, 10 neue<br />
Pelletwerke sind in Österreich gebaut<br />
worden oder stehen kurz vor der Fertigstellung.<br />
Damit wird es auch langfristig<br />
eine ausgezeichnete Versorgung mit<br />
diesem heimischen Brennstoff geben.<br />
Könnten Sie für unsere Leserinnen<br />
und Leser ein wenig mehr über<br />
diese Technologie erklären?<br />
Natürlich, sehr gerne. Pelletheizungen<br />
nutzen Holzpellets als Brennmaterial.<br />
Diese kleinen, in Zylinderform gepressten<br />
Energiebündel werden in Österreich<br />
aus Nebenprodukten der Sägeindustrie<br />
hergestellt. Man nutzt also Material, das<br />
ohnehin anfallen würde, und verwandelt<br />
es in wertvolle Wärmeenergie für den<br />
Haushalt. Das ist Recycling in seiner besten<br />
Form. Nicht nur der Brennstoff selbst<br />
hat viele Vorteile, auch die Heizung lässt<br />
sich einfach installieren und funktioniert<br />
vollautomatisch. Dort wo der Ölkessel<br />
stand, kann der Pelletkessel stehen und<br />
anstatt des Öltanks wird das Pelletlager<br />
eingerichtet. So eine Umstellung der<br />
Heizung kann in drei Tagen erfolgen.<br />
Wie sieht es mit den Investitionskosten<br />
aus?<br />
Diese sind natürlich von vielen Faktoren<br />
abhängig. Was ich sagen kann ist, dass<br />
die Investition, wenn man die hohen<br />
Förderungen von Land und Bund berücksichtigt,<br />
kaum höher sind, als die in<br />
einen neue fossile Heizanlage. Dafür hat<br />
man aber dauerhaft deutlich niedrigere<br />
Heizkosten und das gute Gefühl, etwas<br />
für den Klimaschutz zu tun.<br />
Dabei emittiert eine Pelletheizung<br />
doch ebenfalls CO 2<br />
?<br />
Das ist richtig, es handelt sich aber um<br />
dieselbe Menge an CO 2<br />
, die der Baum<br />
davor aus der Luft aufgenommen hat,<br />
zur Bildung von Holz. Das bedeutet,<br />
dass kein zusätzliches CO 2<br />
in die Atmosphäre<br />
gelangt und deshalb fördert das<br />
Klimaschutzministerium auch Pelletheizungen<br />
mit bis zu 7.500 Euro.<br />
Würden Sie also sagen, dass<br />
Pelletheizungen ein wichtiger<br />
Schritt in Richtung einer nachhaltigeren<br />
Gesellschaft sind?<br />
Ich denke ja. Wir müssen in Zukunft<br />
mehr in regionalen Kreisläufen wirtschaften<br />
und eine Pelletheizung passt<br />
da sehr gut dazu, wenn man bedenkt,<br />
dass kein Österreicher weiter als 50 km<br />
vom nächsten Pelletwerk entfernt ist.<br />
propellets.at<br />
38
Auf der Suche<br />
nach Heimat.<br />
Tess Gunty seziert den Amerikanischen Traum, Goran<br />
Vojnovic wirf einen radikalen Blick auf Slowenien.<br />
Viel verändert sich, wenn man<br />
nach zehn Jahren in die Heimat<br />
zurückkehrt, manches bleibt gleich.<br />
Marko ist Serbe, ein Teil seiner Familie<br />
lebt in Bosnien, der andere Teil in dem<br />
slowenischen Städtchen Fužine, in dem<br />
er aufgewachsen ist – Marko hat schon<br />
immer mit seiner Zugehörigkeit zu<br />
kämpfen. Als 18-Jähriger beschließt er,<br />
seine Karriere als Basketballspieler zu<br />
beenden, Slowenien zu verlassen und<br />
zu seinen Großeltern nach Bosnien zu<br />
ziehen. Zehn Jahre später kehrt Marko<br />
zu seinen Eltern und Freunden nach<br />
Fužine zurück. In Fužine angekommen,<br />
merkt Marko sofort, dass das Städtchen<br />
nicht mehr das ist, was es einmal war.<br />
Aus mitteleuropäischer Sicht würde man<br />
sagen, Fužine verliert seinen Balkan-Ostblock-Scham:<br />
Die Lifte sind nicht mehr<br />
vollgekritzelt, ein Einkaufszentrum nach<br />
dem anderen wird gebaut und anstatt in<br />
einem Trainingsanzug – dem osteuropäisch-jugoslawischen<br />
Symbol schlechthin<br />
– abzuhängen, muss jeder Familienvater<br />
hart schuften, um die Kreditraten fürs<br />
Eigenheim abzuzahlen. Konfrontiert<br />
mit den Veränderungen, der Suche nach<br />
seiner Heimat, reitet sich Marko sofort in<br />
illegale Geschäfte: Für 200 Euro soll Marko<br />
mit einem Freund gemeinsam eine<br />
mysteriöse Fuhre von der bosnischen<br />
Grenze nach Slowenien schmuggeln. Und<br />
wäre das nicht genug, erfährt Marko,<br />
dass sein Vater an Darmkrebs leidet und<br />
operiert werden soll.<br />
Mit »18 Kilometer bis nach Ljubljana«<br />
schafft es Goran Vojnović den Leser mit<br />
frech f lottem, sarkastischem Jugendslang<br />
mit Wiedererkennungswert, in<br />
Markos Alltag als »Tschefur«, einem in<br />
Slowenien lebenden Serben, zu entführen<br />
und in seinen Bann zu ziehen. Dabei<br />
spricht Vojnović große Themen, wie die<br />
Diskriminierung der »Tschefuren«, ihre<br />
Auswirkung und die religiösen Konf likte<br />
im ehemaligen Jugoslawien, an. Mit<br />
Marko erzeugt der slowenische Autor<br />
einen sympathischen, jungen, greif baren<br />
Mann mit Identifikationspotenzial. Nach<br />
»Tschefuren raus!« ist »18 Kilometer bis nach<br />
Ljubljana« eine durchaus gelungene Fortsetzung,<br />
die auch als Einzelwerk in sich<br />
schlüssig ist.<br />
Radikales Sommermärchen<br />
Hier kommt aus dem Off eine wilde<br />
Stimme. Tess Gunty hat sie erhoben.<br />
Wie mit einer Kreissäge fährt sie durch<br />
die Gewohnheiten und den Einheitsbrei<br />
der Literatur. »Der Kaninchenstall« nennt<br />
sich der Roman der Newcomerin des<br />
Jahres. Als Kaninchenstall wird eine ehemalige<br />
Industriehalle im US-Bundesstaat<br />
Indiana benannt, die notdürftig, mit<br />
dünnen Wänden, zu einem schäbigen<br />
Appartementblock umgewandelt wurde<br />
und dort spielt es sich nun ab.<br />
Zum Setting: Joan, eine extrem gläubige<br />
Online-Nachrufe-Dienst-Betreuerin,<br />
Moses Blitz, Sohn einer verstorbenen<br />
Kinderstarikone aus den 1950er-Jahren,<br />
Hope, die seit sie Mutter ist, nicht<br />
mehr in ihr Leben zurückfindet und in<br />
ihrer Bude mit einer Mäuseinvasion zu<br />
kämpfen hat, ein alterndes Ehepaar,<br />
das sich rühmt, im Kaninchenstall ein<br />
Eigentum gefunden zu haben und »der<br />
Mann«, der schon gleich zu Beginn einen<br />
bedrohlichen Schatten über Blandine<br />
wirft. Blandine? Blandine schleppt diesen<br />
Karren voller Originale über 416 Seiten,<br />
glaubt selbst eine Auserwählte zu sein,<br />
mit einem Spleen für Hildegard von Bingen<br />
und anderen Mystikerinnen aus dem<br />
Mittelalter, die im Grunde nur eines will,<br />
den eigenen Körper verlassen. Und das<br />
alles nun irgendwo im Mittleren Westen,<br />
wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht<br />
sagen. Zum herausragenden Stilmittel<br />
wurde die Attacke auf den Lesenden und<br />
die Überraschung auserkoren: Comedy-<br />
Einschübe, das Gefühl an einer entgleitenden<br />
Late-Night-Show teilzunehmen,<br />
Assi-TV, Serienklamauk, das alles hat im<br />
Kaninchenstall Platz und ist quasi eine<br />
Verarbeitung der amerikanischen Realität<br />
abseits der betuchten Plätze. Wäre<br />
dieser Roman in einem einschlägigen<br />
Kleinverlag herausgekommen, er hätte<br />
das Feuilleton nicht wachgerüttelt, aber<br />
Tess Gunty durchschritt gekonnt die<br />
Wege, studierte Kreatives Schreiben auf<br />
der NYU, schaffte es in den renommierten<br />
New Yorker Alfred A. Knopf Verlag und<br />
ergatterte als Außenseiterin den National<br />
Book Award 2022 und befindet sich im<br />
deutschsprachigen Raum bereits jetzt,<br />
nach einem Blitzstart in der zweiten<br />
Auf lage. Klingt alles nach einem Märchen,<br />
aber warum jetzt einmal nicht.<br />
Goran Vojnovic<br />
»18 Kilometer bis Ljubljana«<br />
319 Seiten<br />
Folio Verlag<br />
Tess Gunty<br />
»Der Kaninchenstall«<br />
416 Seiten<br />
KiWi Verlag<br />
© FOLIO VERLAG<br />
© KIEPENHEUER & WITSCH<br />
Text: Martin G. Wanko & Clarissa Berner<br />
39
© BROBOTERS<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
GOLDSUCHE<br />
IM VULKANLAND<br />
Text: Martin G. Wanko<br />
Das Gold im Vulkanland ist von<br />
flüssiger Natur und nennt sich<br />
Grauburgunder. Kupfern schimmernd,<br />
einzigartig im Bouquet<br />
und unschlagbar im Geschmack<br />
ist er der Star am Weingut Stefan<br />
Krispel.<br />
Wohl getrost kann man über die Dreifaltigkeit<br />
des Zusammenspiels zwischen<br />
den mineralhaltigen Böden im<br />
Vulkanland, dem Mikroklima und der<br />
stilistischen Vinifizierung am Weingut<br />
Krispel sprechen, die einen Grauburgunder<br />
zum Grauburgunder von Stefan<br />
Krispel macht. Zum einen sind die<br />
basalthaltigen Böden im Vulkanland<br />
das Erbe aus der Zeit, als die Südoststeiermark<br />
noch von aktiven Vulkanen<br />
übersät war, das Land mit Magma<br />
überdeckten, bei dessen Abkühlung<br />
verwittertes, basalthaltiges Gestein entstand.<br />
Die neu entstandene Gesteinsschicht<br />
überzog auch die Meeresablagerungen<br />
unzähliger Muscheln, was<br />
sich heute als Kalk darstellt. Der Basalt<br />
und der Kalk sorgen in Verbindung für<br />
ein einzigartiges Terroir: So vereint<br />
dann die Grauburgunder-Traube die<br />
Eleganz des kalkhaltigen Gesteins mit<br />
der Opulenz des Basalts zu einem einzigartigen<br />
Geschmackserlebnis. Gerade<br />
das Vordringen in die tiefsten Gesteinsschichten<br />
sorgt für den einzigartigen<br />
Charakter der alten Rebstöcke.<br />
Die optimale Mischung aus<br />
Terroir, Klima und Vinifizierung<br />
Als zweite Säule der Dreifaltigkeit<br />
kommt das einzigartige Mikroklima in<br />
Straden zum Tragen: Straden zählt zu<br />
den niederschlagsärmsten Regionen<br />
Österreichs. Heiße Tage wechseln mit<br />
kühlen Nächten ab, die für den Säuregehalt<br />
der Beeren verantwortlich sind.<br />
In mühsamer Kleinarbeit werden hier<br />
die Trauben, beispielsweise in der Grauburgunder-Lage<br />
Hochstrandl im Steilhang<br />
von Hand gelesen und in kleinen<br />
Lesekisten zum Weingut gebracht. Dort<br />
steht nun der neu erdachte Weinkeller<br />
für die dritte Säule der Dreifaltigkeit.<br />
Im Mai <strong>2023</strong> eröffnete Stefan Krispel<br />
seinen neu erbauten Weinkeller, der mit<br />
einer in der Steiermark einzigartigen<br />
Traubensortieranlage das optimale<br />
Weingut von den fehlerhaften Beeren<br />
trennt. So schnell schaut kein Auge,<br />
so präzise arbeiten nicht die flinksten<br />
Hände. Auch das Traubengut für den<br />
Grauburgunder durchläuft mit dem<br />
<strong>2023</strong>er-Jahrgang erstmals dieses Förderband<br />
sowie alle weiteren Vinifizierungsschritte,<br />
bis er im Holzfasskeller<br />
zur vollendeten Komplexität ausreifen<br />
kann. Dennoch bleibt man im Weingut<br />
Krispel demütig vor der oft nicht<br />
zu berechnenden Zukunft und freut<br />
sich inständig über die Falstaff-Auszeichnungen<br />
für den Grauburgunder<br />
Vulkanland Steiermark DAC und dem<br />
Grauburgunder Ried Hochstrandl<br />
Große Lage Alte Rebe 2020 als<br />
sortenbester Grauburgunder.<br />
Genussgut Krispel<br />
Neusetz 29, A-8345<br />
Hof bei Straden<br />
+43 3473 7862<br />
office@krispel.at<br />
www.krispel.at<br />
Öffnungszeiten »Genusstheater«<br />
ab 02. November <strong>2023</strong> bis 16. Dezember<br />
Donnerstag - Samstag:<br />
14:00 - 23:00 Uhr<br />
ab 02. November bis 17. Dezember<br />
Donnerstag - Samstag:<br />
10:00 - 12:00 Uhr &<br />
14:00 - 18:00 Uhr<br />
Sonntag:<br />
09:00 - 12:00 Uhr<br />
oder 24/7 im Webshop<br />
auf www.krispel.at/shop<br />
Küche:<br />
14:00 - 20:00 Uhr<br />
Öffnungszeiten »Ab-Hof-Verkauf«<br />
40
© MCG/WIESNER ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
LA<br />
DOLCE<br />
VITA<br />
im Stefaniensaal.<br />
41
FOTOS © ULRIKE RAUCH<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
MUSICA & GUSTO | 30.11.<strong>2023</strong> | Stefaniensaal Congress Graz<br />
Die Veranstaltungsreihe »Musica &<br />
Gusto« entführt am 30. November ins<br />
Sehnsuchtsland Italien. Unser südlicher<br />
Nachbar weiß wohl am besten,<br />
wie man »La Dolce Vita« zelebriert. In<br />
Italien liebt man gutes Essen, sowie<br />
gute Musik und so tragen nicht zuletzt<br />
auch die vielen kulinarischen<br />
Genüsse des Landes dazu bei, das<br />
Leben leidenschaftlich zu feiern.<br />
Neben der Verkostung hochwertiger<br />
Produkte Siziliens, wird ein stimmungsvolles<br />
Konzert von Vucciria &<br />
Banda del Mare den Abend zu einem<br />
Erlebnis machen. Messe Congress<br />
Graz und die Ivents Kulturagentur<br />
laden zum zweiten Mal in Folge zu<br />
»Musica & Gusto« und möchten auch<br />
Ihnen Gusto machen: auf einen stimmungsvollen<br />
Abend mit italienischer<br />
Kultur und Kulinarik. Beschwingte<br />
Musik und ausgewählte kulinarische<br />
Genüsse, im wundervollen Ambiente<br />
des Stefaniensaals im Congress<br />
Graz, versprechen einen gemütlichen,<br />
unterhaltsamen Abend.<br />
Vucciria & Banda del Mare<br />
Die Band Vucciria ist nach dem täglichen<br />
Altstadtmarkt von Palermo<br />
benannt und macht dem Namen<br />
mit ihrem vielfältigen und enthusiastischen<br />
Musikprogramm alle<br />
Ehre. Giuseppe Perna, Toti Denaro,<br />
Nicoló Loro Ravenni und Manu Mazé<br />
überzeugen mit feinsinnigen Eigenkompositionen<br />
und traditionellen<br />
Volksweisen nebst Gesang auf der<br />
Gitarre, Mandoline, Maultrommel,<br />
Klarinette, Akkordeon, Saxophon<br />
sowie auf verschiedenen Flöten und<br />
Trommeln. Das Publikum wird<br />
nicht nur vom mediterranen Charme<br />
der Musik vereinnahmt, sondern<br />
insbesondere auch, wenn die vier<br />
kreativen Traditionalisten aus dem<br />
italienischen Nähkästchen plaudern.<br />
Ansteckende Fröhlichkeit und<br />
italienisches Lebensgefühl machen<br />
sich durch den pulsierend, heiteren<br />
Rhythmus und humorvollem Geplauder<br />
zwischen den Stücken rasch im<br />
Publikum breit.<br />
Kulinarik und Degustation<br />
Die herausragenden Produzenten aus<br />
Sizilien präsentieren ihre exquisiten<br />
Produkte und versprechen einen<br />
Hochgenuss. An mehreren Stationen<br />
können die Gäste ausgewählte<br />
Produkte, die von Spitzenköchen der<br />
Region zubereitet werden, verkosten.<br />
Die Produzenten selbst sind vor<br />
Ort und erklären die Eigenschaften<br />
und Qualitäten ihrer Erzeugnisse.<br />
Sizilien, die größte Insel im Mittelmeer,<br />
hat eine reiche kulinarische<br />
Tradition, die sich aus Einflüssen verschiedener<br />
Kulturen entwickelt hat.<br />
Sonne, Berge und das Meer bieten die<br />
optimale Bedingung für eine Vielzahl<br />
von Lebensmitteln, wie den Pistazien,<br />
Mandeln, Kapern, Zitrusfrüchten,<br />
Fisch, sowie auch noch unentdeckten<br />
Schätzen, wie der Manna aus der<br />
Madonie. Die sizilianische Küche ist<br />
bunt, kreativ und bietet einzigartige<br />
Spezialitäten voller Geschmack.<br />
Tickets und Info unter:<br />
www.musicaegusto.at<br />
42
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
LINKS OBEN © HIGHLIGHT CONCERTS GMBHRAUCH / LINKS UNTEN © THOMAS KARSTEN / RECHTS © MARTIN WIESNER<br />
WE DO NOT REMEMBER DAYS. WE REMEMBER MOMENTS.<br />
Die Winter-Highlights @ MCG<br />
Zahlreiche Künstler*innen brachten die MCG-<br />
Locations – so unter anderem die Stadthalle Graz,<br />
den Congress Graz und auch die Freiluftarena B –<br />
im ersten Halbjahr <strong>2023</strong>, im Rahmen von fulminanten<br />
Live-Konzerten, so richtig zum Beben. Nun<br />
dürfen wir uns auch auf die kommende <strong>Herbst</strong>und<br />
Winterzeit freuen: Es warten viele tolle Acts<br />
und Events auf ihren Startschuss. Große Namen<br />
und grandiose Shows stehen am Programm, so<br />
zum Beispiel Nik P. mit seiner 25-Jahr-Jubiläumstour,<br />
Sido, die Schlagerparty des Jahres <strong>2023</strong>, die<br />
österreichischen Hitgiganten Seiler & Speer, die<br />
Seer im Rahmen ihrer Stad-Tour, Konstantin Wecker<br />
sowie Mario Barth. Auch ein wahrer Megastar besucht<br />
uns im Dezember in Graz: Bryan Adams wird<br />
sowohl mit seinen altbekannten als auch neuen<br />
Hits abrocken. Und ab Mitte Dezember erlebt man<br />
das neue Programm des magischen Zirkuserlebnisses<br />
vom Kontinent des Staunens, AFRIKA!<br />
AFRIKA! wird viele Augen zum Funkeln bringen.<br />
Als Jahresabschluss tauchen wir noch in die<br />
fabelhafte Musikwelt von Sir Elton John und Hans<br />
Zimmer ein: mit Orchester, Solist*innen, Chor und<br />
Leinwand-Animationen wird »König der Löwen –<br />
The music live in concert« begeistern.<br />
Nik P.<br />
20.10.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
Sido<br />
02.11.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
Martina Schwarzmann<br />
02.11.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Die Schlagerparty des Jahres<br />
03.11.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
Mountainfilm Festival<br />
14. - 18.11.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Musica & Gusto<br />
30.11.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Die Seer – Stad-Tour<br />
03.12.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Seiler & Speer<br />
09.12.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
Veranstaltungs-<br />
Highlights <strong>2023</strong><br />
Konstantin Wecker<br />
10.12.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Bryan Adams<br />
14.12.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
AFRIKA! AFRIKA!<br />
15.12.<strong>2023</strong> - 14.01.2024 |<br />
Zeltpalast Messe Graz<br />
Mario Barth<br />
16.12.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
Die Paldauer<br />
17.12.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Saso Avsenik<br />
& seine Oberkrainer<br />
21.12.<strong>2023</strong> | Congress Graz<br />
Der König der Löwen –<br />
the music live in concert<br />
29.12.<strong>2023</strong> | Stadthalle Graz<br />
Alle Infos zu den kommenden Shows gibt's unter: www.mcg.at<br />
43
Interview & Text: Martin G. Wanko<br />
Der Schauspieler<br />
aus Sankt Stefan ob Stainz.<br />
©MANFRED WEIS<br />
Arbeit kann auch Spaß machen. Workaholic August Schmölzer<br />
geht gerne ans Limit. Zeit für ein Gespräch, meint <strong>40plus</strong>.<br />
August Schmölzer stammt aus einer<br />
Bauernfamilie, wo man sehr früh aufsteht,<br />
um zu arbeiten und früh schlafen<br />
geht, damit das Land versorgt wird.<br />
Das viele Arbeiten ist ihm geblieben,<br />
obgleich er die Sense gegen die Bühne<br />
oder den Griffel getauscht hat. Was<br />
er in die Hand nimmt, funktioniert<br />
und das ist gut so. Gerade hat er die<br />
Überarbeitung seines Romans »Am<br />
Ende wird alles sichtbar« herausgebracht.<br />
Ab <strong>Herbst</strong> dreht Schmölzer die zweite<br />
Staffel der Netflix Serie »Die Kaiserin«,<br />
in der er Kardinal Rauscher spielt.<br />
Zeit für ein Porträt.<br />
Vom Sohn einer Landwirte-Familie<br />
zu einem Schauspieler ist »a brater<br />
Weg«. Wie ging das?<br />
Ich habe gespürt, dass in mir etwas<br />
steckt, das sich ausdrücken will. Aber<br />
Schauspieler? Meine Großmutter<br />
mütterlicherseits, eine Bäuerin, hatte<br />
einen Kalender an der Wand hängen,<br />
auf dem berühmte Schauspieler abgebildet<br />
waren. Sie hat immer auf dem<br />
Kalender gezeigt und zu mir gesagt:<br />
»Gustl, da fehlt noch einer.«<br />
Wie kamst du auf Schauspiel?<br />
Ich kann nicht mehr genau sagen,<br />
was mich damals wirklich dazu bewogen<br />
hat, aber irgendetwas hat mich<br />
angezogen. Etwas Künstlerisches zu<br />
studieren war damals auch noch ohne<br />
Matura möglich, ich habe ja »nur« die<br />
Volks- und Hauptschule besucht. Also<br />
habe ich mich auf Anraten eines Freundes<br />
an der Kunstuniversität Graz für<br />
Schauspiel eingeschrieben und wurde<br />
zu meiner und aller Überraschung aufgenommen.<br />
Ich muss schon zugeben,<br />
dass ich erst viel später begriffen habe,<br />
was da auf mich zukommt.<br />
Weil es alle so gerne hören:<br />
Schauspieler zu sein ist ein Schritt.<br />
Wie wird man erfolgreicher Schauspieler?<br />
Das hat man eigentlich selbst nicht<br />
wirklich in der Hand. Man muss arbeiten,<br />
arbeiten und nochmals arbeiten<br />
und der Rest ist neben Glück auch die<br />
richtigen Menschen zum richtigen<br />
Zeitpunkt zu treffen, die an einen<br />
glauben.<br />
Warum schreibst du Bücher?<br />
Weil ich überzeugt bin zu glauben, dass<br />
ich etwas zu sagen, etwas zu erzählen<br />
habe. Das Schreiben ist für mich auch<br />
ein Weg, meine kreative Energie frei<br />
zu setzen.<br />
Das Stieglerhaus liegt dir<br />
sehr am Herzen, oder?<br />
Ja, eine wunderbare Einrichtung, die<br />
uns da gelungen ist und der ganzen<br />
Region in und um St. Stefan ob Stainz<br />
geschenkt wurde.<br />
Wie finanziert sich das Haus?<br />
Es ist eine gemeinnützige Privatstiftung.<br />
44
Nach einigen Nominierungen,<br />
endlich ein Preis. Was bedeutet<br />
dir der Grimme-Preis?<br />
Der Grimme-Preis wurde mir von einer<br />
Studentenjury verliehen. Das sind die<br />
Jungen, die nächste Generation der<br />
Filmemacher. Das macht diesen Preis<br />
für mich ganz Besonders.<br />
Was eint den Hobby-Winzer<br />
(der du bist), mit deinem Leben?<br />
Ich keltere den Wein ja nicht selbst, das<br />
macht der Weinbau und Kastanienhof<br />
Klug. Wein ist für mich Genuss und ich<br />
bin ein Genießer. Guter Wein ist für<br />
mich flüssige Poesie. Wein und Poesie<br />
zu machen ist Kunst. Da ich auch<br />
Künstler bin, eint uns das, indem ich<br />
den Wein trinke und genieße.<br />
Macht Erfolg eitel?<br />
Die Verführung ist groß, aber für<br />
mich nicht wirklich gefährlich, da ich<br />
mich dieser Versuchung nicht hingebe.<br />
Wenn ich einmal einen »Rappel«<br />
bekomme, besuche ich das Grab<br />
meiner Eltern und der Spaziergang am<br />
Friedhof, umgeben von Vergänglichkeit,<br />
holt mich schnell wieder auf den<br />
Boden der Normalität zurück.<br />
Warum hat der Roman keinen<br />
realen Ort als Erinnerung?<br />
Weil eine Verortung sofort einengen<br />
würde. Probleme, welche im Roman<br />
die beiden Städte betreffend abgehandelt<br />
werden, stehen für jede Stadt<br />
und jeden Ort. Das gleiche betrifft<br />
Kriege oder Soldaten. Wenn es um<br />
den Zweiten Weltkrieg gegangen wäre<br />
oder die Nazis, hätte das eingeengt.<br />
Alles kommt wieder, nur eben in einem<br />
anderen Kleid der Zeit. B. Brecht<br />
fragte K. Valentin einmal: »Wie schaun<br />
Soldaten aus?« Valentin sagte: »Soldaten<br />
san weiß!«<br />
Welcher Charakter im<br />
Roman ist dir der nächste?<br />
Sie sind mir alle gleich lieb und wert.<br />
Fast jede Figur hat etwas in abstrahierter<br />
Form von mir, einfach um »diebisch«<br />
zu schauen, wie sich die Figur damit<br />
entwickelt.<br />
Welche Projekte kommen als<br />
Nächstes?<br />
Ich schreibe an einem ziemlich umfassenden<br />
Roman, der in der Steiermark<br />
spielt. Ab <strong>Herbst</strong> drehe ich die zweite<br />
Staffel der Netflix Serie »Die Kaiserin«<br />
in der ich Kardinal Rauscher spiele.<br />
Am 4. November hat mein Kindertheaterstück<br />
»Tusnelda Nieselbrimm« im<br />
Next Liberty in Graz Uraufführung.<br />
Als Highlight findet am 15. September,<br />
um 19 Uhr, die Premiere des Singspiels<br />
»VULGO«, im Stieglerhaus in St.<br />
Stefan ob Stainz, statt, eine Gemeinschaftsarbeit<br />
des »Stieglerhaus Teams«.<br />
Weitere Vorstellungen sind dann am<br />
16. und 17. September.<br />
Zeit einmal ruhiger zu treten?<br />
Ich arbeite zwar sehr viel und das<br />
braucht seine Kraft und Zeit, aber ich<br />
empfinde es als großes Privileg und<br />
bin demütig, dankbar, spielen und<br />
schreiben zu dürfen, was ich möchte.<br />
Meine Eltern haben sich auf unserem<br />
Hof noch körperlich abgerackert.<br />
Angst vor dem Tod?<br />
Nein, eigentlich nicht. Solange ich da<br />
bin, ist er nicht da, und umgekehrt.<br />
Vor langem Leiden hätte ich Angst und<br />
davor, dass andere, die ich liebe, vor<br />
mir gehen müssen.<br />
Wo steht dein Buchsbaum?<br />
Den gibt es nicht mehr, leider. Er stand<br />
neben dem großen Bauernhaus auf<br />
dem Hof meiner Großeltern mütterlicherseits.<br />
Er war für einen Buchsbaum<br />
gewaltig groß, sodass ich als Bub in<br />
ihm sitzen und mich in die große weite<br />
Welt hinaus schwingen und träumen<br />
konnte…<br />
August Schmölzer<br />
»Am Ende wird alles sichtbar«<br />
140 Seiten, edition keiper<br />
©EDITION KEIPER<br />
»Josef, der 45-jährige Held der Geschichte,<br />
kehrt nach vielen Jahren, die er draußen in der<br />
Welt als Fotograf verbracht hatte, nach Hause<br />
zurück, um seine Vergangenheit zu ordnen.<br />
Und um die Frage zu beantworten, die ihn<br />
schon sein verflossenes Leben begleitet: Was ist<br />
aus seiner Kindheitsliebe Ragusa geworden?«,<br />
fragt sich Peter Keglevic, der Regisseur<br />
des verfilmten Romans, der nun überarbeitet<br />
ein zweites Mal veröffentlicht<br />
wird, im Nachwort des Romans.<br />
»Wenn das Glück nochmals<br />
anklopft, mach die Tür auf, pack<br />
es, wo du es erwischst, egal, zieh<br />
es rein und schließ gut ab.«<br />
Zitat aus dem Roman<br />
»Am Ende wird alles sichtbar«, ist ein<br />
Roman zwischen Kommen und Gehen,<br />
vor dem Krieg ist nach dem Krieg und<br />
umgekehrt. August Schmölzer schreibt<br />
aus der Seele heraus. Aus einer Wunde?<br />
Kann sein. Muss nicht sein. Er kippt die<br />
Zeit des Geschehens heraus, auch die<br />
Orte soll es in Wirklichkeit nicht so geben.<br />
Sind es Sehnsuchtsorte, nein, eher<br />
Orte, die er besuchen hat müssen, die er<br />
für sich und so dem Leser ausleuchten<br />
hat müssen. Das Wirtshaus, der Wald,<br />
das Haus, Alltagserinnerungen, barfuß<br />
in den Frühling laufen, der Teich mit<br />
Fröschen und Ringelnattern und dann<br />
doch wieder der Druck auf der Brust<br />
und die Tabletten. A.S. Roman ist wie<br />
das Eintauchen in einen unbekannten<br />
See, wo man Schreckenserfahrungen<br />
macht und sich in den nächsten Momenten<br />
wieder an sichere Ufer rettet,<br />
zu Ragusa und Josef.<br />
45
© LUKE GOODLIFE<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Applaus!<br />
Saisonstart 23/24<br />
Wie auch schon im Vorjahr wird KLANGLICHT, das Kunstfestival der Bühnen Graz, den Uhrturm bespielen.<br />
Neuer Glanz, leidenschaftliche Inszenierungen<br />
und die beeindruckendsten<br />
Momente, die das Herz der steirischen<br />
Kulturlandschaft zum Pulsieren<br />
bringen: Die Theatersaison der Bühnen<br />
Graz ist eröffnet! Die ganze Stadt wird<br />
zur Bühne, und auf dieser Bühne spielen<br />
die Bühnen Graz die Hauptrolle.<br />
Mit ihrem vielfältigen Angebot bieten<br />
sie Kulturerlebnisse, die berühren,<br />
inspirieren und herausfordern. Treten<br />
Sie ein in diese Welt, in der Träume<br />
lebendig werden, in der Geschichten<br />
erzählt werden, die uns bewegen und<br />
in der die Kunst in all ihren Facetten<br />
zelebriert wird. Lassen Sie sich von den<br />
nachfolgenden Statements inspirieren<br />
und tauchen Sie tief ein in das pulsierende<br />
Kulturleben der Bühnen Graz.<br />
BÜHNEN GRAZ – Geschäftsführer<br />
Bernhard Rinner freut sich auf die neue<br />
Saison: »Bei den Bühnen Graz sehen wir<br />
Kultur als Nahrung für die Seele an – sie<br />
bereichert, nährt und verbindet uns. Ebenso<br />
wie die Kulinarik ist die Kunst ein Fest<br />
für die Sinne und ein Spiegelbild unserer<br />
gemeinsamen Werte und Traditionen.<br />
Beide sind Ausdruck unseres kulturellen<br />
Erbes und bieten uns eine einzigartige<br />
Möglichkeit, unsere Geschichten, Träume<br />
und Visionen zu teilen.«<br />
OPER GRAZ – Neo-Intendant Ulrich<br />
Lenz über seinen Zugang zur Oper: »350<br />
Jahre Musiktheatergeschichte umfasst der<br />
Musiktheater-Spielplan der Oper Graz in<br />
der neuen Saison. ›Oper, öffne Dich‹ hat<br />
sich die Oper Graz auf die Fahnen geschrieben<br />
und will mit ihrem breitgefächerten<br />
Angebot ein offenes Haus für alle sein.«<br />
SCHAUSPIELHAUS GRAZ – Neo-<br />
Intendantin Andrea Vilter über Ihr<br />
Programm: »Mit einem starken spielfreudigen<br />
Ensemble und den programmatischen<br />
Schwerpunkten Kanonerweiterung,<br />
österreichische Dramatik und Erforschung<br />
digitaler Theaterformen wollen wir Zuschauer*innen<br />
in Graz, der Steiermark<br />
und darüber hinaus erreichen.«<br />
NEXT LIBERTY – Intendant Michael<br />
Schilhan bereichert Kinder, Jugendliche<br />
und Familien: »Unser diesjähriges<br />
Spielzeitmotto ›DA SCHAU HER:‹ ist eine<br />
herzliche Einladung, hierher, zu uns und bei<br />
uns vorbeizuschauen, eine Aufforderung,<br />
aufmerksam zu bleiben und genau(er)<br />
hinzuschauen … wir freuen uns auf euren<br />
Blick!«<br />
KLANGLICHT <strong>2023</strong>:<br />
Licht aus, Klanglicht an: Vom 25. bis<br />
27. Oktober <strong>2023</strong> erstrahlt die Grazer<br />
Innenstadt wieder in einem völlig<br />
anderen Licht. Klanglicht, das temporäre<br />
Gesamtkunstwerk aus Licht und<br />
Klang, stellt in diesmal die künstlerische<br />
Spurensuche in den Mittelpunkt.<br />
Von Schauspielhaus über Schlossberg<br />
bis Burggarten finden sich immersive<br />
Licht- und Klanginstallationen im<br />
öffentlichen Raum.<br />
GRAZER OPERNREDOUTE 2024:<br />
Das Ball-Comeback des Jahres! Am 27.<br />
Jänner 2024 erstrahlen die eindrucksvollen<br />
Räumlichkeiten der Oper Graz<br />
erneut in vollem Glanz. Die Opernredoute,<br />
die glanzvollste Ballnacht des<br />
Jahres, kehrt endlich zurück.<br />
www.opernredoute.com<br />
ORPHEUM GRAZ, DOM IM BERG,<br />
SCHLOSSBERGBÜHNE KASEMATTEN:<br />
Hier begeistern ganzjährig Highlights<br />
aus Rock, Pop, Kabarett, Clubbing,<br />
Open Air und vielem mehr.<br />
© PHILIPP SCHULZ<br />
Alle Informationen unter: www.buehnen-graz.com und www.ticketzentrum.at<br />
46
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
Interview: Julia Strempfl<br />
Während einer Entdeckungstour im steirischen Thermen- und<br />
Vulkanland fährt man die Schlösserstraße entlang und trifft auf das<br />
einzigartige Ausstellungszentrum Schloss Kornberg. Seit mehr als 40<br />
Jahren ist es Schauplatz für die größte Teppichausstellung Europas<br />
von Rohani – wo jahrhundertelange Tradition an zeitgenössisches<br />
Design und Nachhaltigkeit knüpft. <strong>40plus</strong> traf sich zum Gespräch<br />
mit Geschäftsführer Pujan Rohani.<br />
Bei Rohani findet man ausschließlich<br />
Fair Trade-Ware. Wo und vor<br />
allem wie werden die Teppiche<br />
produziert?<br />
Richtig. Nachhaltigkeit wird bei uns<br />
groß geschrieben. Wir sind seit mehr<br />
als zwanzig Jahren Mitglied bei »Label<br />
STEP«, einer internationalen Non-<br />
Profit-Organisation, die sich für bessere<br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen<br />
sowie Umweltstandards für die<br />
Teppichknüpferinnen einsetzt. Vor<br />
allem hat sie sich dem Kampf gegen<br />
missbräuchliche Kinderarbeit verschrieben.<br />
Wir legen der Organisation<br />
unsere Einkaufsquellen offen, sodass<br />
sie unsere Lieferanten jederzeit<br />
und unangekündigt überprüfen<br />
kann. Was<br />
die Herkunft<br />
unserer<br />
Produkte betrifft, stammen diese<br />
heute kaum mehr aus klassischen<br />
Manufakturen, sondern von Bauernfamilien,<br />
die im Nebenerwerb<br />
Teppiche in Handarbeit knüpfen.<br />
Das überwiegende Sortiment kommt<br />
aus dem Iran und Afghanistan, aber<br />
auch aus Ländern wie der Türkei,<br />
Indien und Nepal.<br />
Bei den Materialien und Farben steht<br />
der Gedanke zur Nachhaltigkeit ebenfalls<br />
im Vordergrund, weshalb wir<br />
uns um Ware aus handversponnener<br />
Wolle und Pflanzenfarben bemühen.<br />
Zum Großteil wird mit<br />
Schafwolle geknüpft.<br />
Mittlerweile freut<br />
sich auch Alpakawolle<br />
an immer<br />
mehr Beliebtheit.<br />
Diese<br />
erinnert in<br />
der Haptik<br />
an Seide,<br />
speichert jedoch Wärme besser ab.<br />
Apropos Natürlichkeit, bei Rohani<br />
haben wir auch ein breites Sortiment<br />
an ungefärbter Wolle. Die Farbtöne<br />
reichen von beige über braun, bis<br />
naja – zu den schwarzen Schafen<br />
(schmunzelt).<br />
Sie leiten die Rohani GmbH<br />
bereits in zweiter Generation.<br />
Inwiefern hat sich der Teppichhandel<br />
über die Jahre verändert?<br />
Obwohl man in Architekturzeitschriften<br />
immer wieder<br />
Bilder von minimalistisch<br />
designten Räumen ohne<br />
Teppich sieht, sehen wir als<br />
Fachhändler keinen Einbruch<br />
in der Nachfrage. Im<br />
Gegenteil, die Jahre der<br />
Corona-Pandemie haben<br />
die Nachfrage erhöht, da<br />
die Menschen mehr Zeit<br />
© BILDER: ROHANI<br />
47
zuhause verbracht<br />
haben und es sich in<br />
ihren eigenen vier Wänden<br />
gemütlich machen wollten. Einen<br />
Wandel haben wir jedoch bezüglich<br />
Größe und Design wahrgenommen.<br />
Maßanfertigungen sind immer gefragter,<br />
und auch das Design hat sich<br />
in Richtung Minimalismus entwickelt.<br />
Moderne Designerteppiche in unserem<br />
Sortiment weisen kaum noch einen<br />
klassischen Ursprung auf. Das ein oder<br />
andere traditionelle Element ist jedoch<br />
auf jedem Teppich enthalten.<br />
Was unterscheidet die Rohani<br />
GmbH von anderen Teppichhändlern?<br />
Als Familienbetrieb in zweiter Generation<br />
sind wir seit jeher auf den Teppichhandel<br />
spezialisiert und somit – im<br />
Vergleich zu großen Möbelhäusern –<br />
in Bezug auf Beratung und Erfahrung<br />
besser aufgestellt. Mit einer Lagerkapazität<br />
von etwa 2.000 Teppichen können<br />
wir auch eine schnelle Lieferung<br />
garantieren. Außerdem bieten wir<br />
unseren Kund*innen einen kostenlosen<br />
Probier-Service an. Das heißt, die Ware<br />
wird online oder vor Ort ausgewählt,<br />
österreichweit versandfrei zugestellt<br />
und zu Hause ausprobiert. Auf den<br />
Service legen wir ohnehin großen<br />
Wert, weshalb wir auch Teppichreinigung<br />
und -restaurierung anbieten.<br />
Die letzten Jahre wurden Online<br />
Shops für Händler immer wichtiger.<br />
Auf rohani.at wird eine große Auswahl<br />
an Teppichen gelistet, die man<br />
online erwerben kann. Funktioniert<br />
das auch bei Produkten, bei denen<br />
Haptik, Größe und Aussehen eine so<br />
große Rolle spielen?<br />
Bedingt. Mein Bruder Neysan kümmert<br />
sich um die Website und den<br />
Webshop und erstellt sehr schöne Fotos<br />
für unseren Online Shop. Dennoch<br />
können die schönsten Fotos nicht das<br />
Erlebnis ersetzen, einen Teppich vor<br />
Ort anzusehen und zu Hause auszuprobieren.<br />
Für uns ist der Webshop vor<br />
allem wichtig, um das Sortiment und<br />
die Preise transparent zu kommunizieren.<br />
Wenn jemand also von Wien nach<br />
Kornberg kommt, um unsere Teppiche<br />
zu begutachten, hat man schon vorab<br />
einen guten Überblick.<br />
Wie wurde die Idee der Teppichausstellung<br />
geboren und warum fiel<br />
die Wahl gerade auf das Schloss<br />
Kornberg?<br />
Die Wahl fiel auf uns. 1981 hatte der<br />
Schlossbesitzer, Graf Andreas Bardeau,<br />
die Idee einer mehrtägigen Teppichausstellung.<br />
Mittlerweile ist aus dem<br />
damals dreiwöchigen Projekt die<br />
größte Teppichausstellung Europas<br />
geworden. Sie findet jährlich von März<br />
bis Mitte Oktober statt. In den Wintermonaten<br />
sind wir in den Nebengebäuden<br />
des Schlosses zu finden.<br />
rohani GmbH<br />
Schloss Kornberg bei Feldbach<br />
Dörfl 2, 8330 Riegersburg<br />
+43 03152 4200 | office@rohani.at<br />
rohani.at<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mittwoch – Sonntag:<br />
10:00 – 18:00 Uhr<br />
ENTGELTLICHE EINSCHALTUNG<br />
© BILDER: ROHANI<br />
48
Interview/Text: Martin G. Wanko<br />
© MARTIN G. WANKO<br />
Am Anfang sind<br />
alle Leinwände<br />
weiß. Ein Gespräch<br />
mit Josef Wurm<br />
über die Entstehung<br />
seiner Bilder.<br />
Der Maler Josef Wurm (39) wohnt im<br />
malerischen Umfeld der Riegersburg,<br />
wo andere gerne Urlaub machen. Als<br />
er in seiner Sturm- und Drangzeit die<br />
Gegend hier verließ, aufregende Zeiten<br />
u.a. in Graz und Budapest erlebte,<br />
die durch das Orban-Regime ein jähes<br />
Ende fanden, brachten ihn Covid und<br />
die Verantwortung gegenüber seiner<br />
jungen Familie in ein Nebengebäude<br />
des Schlosses Kornberg. Dort lebt er<br />
nun mit seiner Frau, seinem Sohn und<br />
einem sehr agilen Belgischen Schäferhund<br />
namens Molly.<br />
Bis 2013 tat Wurm sehr viel, machte<br />
aber selten etwas fertig, auch nicht<br />
die Ortweinschule. Zu diesem Zeitpunkt<br />
war Graz auch nicht mehr seine<br />
Stadt. Design und Deko machen satt,<br />
aber nicht glücklich, und bürgerliche<br />
Lebensformen so und so nicht.<br />
Er wollte sich nur noch der Kunst<br />
widmen, aber auch am richtigen Ort.<br />
»Das kunstkonforme Ding, Berlin, war<br />
dann auch nicht meins, Berlin wäre nur<br />
Maler Josef Wurm mit Schäferhund Molly.<br />
die Galionsfigur gewesen, wo ich eh schon<br />
drinstecke!«<br />
Die Kunst der Kunst zuliebe<br />
Also, alles neu denken, die sich aufgebaute<br />
Welt mit der Abrissbirne dem<br />
Erdboden gleichmachen und weg.<br />
Diesen Gedanken gefasst, lernte er<br />
in Graz eine ungarische Galeristin<br />
kennen, die ihn auf ein Künstlersymposium<br />
und ein Kunstfestival in<br />
Ungarn brachte, wo Wurm Künstler<br />
und Kunstprofessoren aus Budapest<br />
kennenlernte und sich zugleich in<br />
Budapest ansiedelte: »Das war eine<br />
interessante Zeit. Das Orban-System hat<br />
bereits gewirkt, so gab es die typischen<br />
Spielchen auf Kunstunis nicht mehr, weil<br />
es unter Orban nichts mehr zu holen gab.<br />
Anstatt dessen haben sich Studenten,<br />
Professoren, Künstler einfach nur mit der<br />
Qualität der Kunst und der Philosophie<br />
dahinter auseinandergesetzt. Für mich<br />
war dort eine Art Erleichterung spürbar,<br />
plötzlich verpuffen typische Mechanismen,<br />
wie Neid und Konkurrenzkampf. Da<br />
bin ich schön reingekippt. Bei uns versucht<br />
man ja alles, was man gerade für sich<br />
entdeckt hat, elitär und geheim zu halten.<br />
Und in Budapest: Sharing ohne Ende. Das<br />
war extrem fein.«<br />
Aber dieser idealistische Zustand hielt<br />
nicht lange an. Schlussendlich zeigte<br />
Orban immer mehr seine Wirkung<br />
und vor der Einschulung ihres Kindes<br />
ging es zurück nach Österreich, eben<br />
in die Südoststeiermark.<br />
Trotzdem ist Josef Wurm Maler<br />
geblieben, auf der noch frischen<br />
Leinwand hinter ihm trottet gerade<br />
ein hundeähnliches Wesen. Bleibt<br />
die naheliegende Frage, wie bei ihm<br />
ein Bild entsteht: »Durch Anfangen.<br />
49
© JOSEF WURM<br />
© MARTIN G. WANKO<br />
Nichts im Kopf. Reine Handlung, tun!<br />
Im Skizzenbuch entstehen im Vorfeld<br />
Gedankenmanifeste, aber wenn ich auf der<br />
Leinwand anfangen würde nachzudenken,<br />
was ich genau umsetzen will, kann ich<br />
sofort wieder weggehen.«<br />
Aber natürlich unterliegt auch die<br />
Kreativität einem System: »Wenn mir<br />
das Gemachte nicht gefällt, wird es am<br />
Bild künstlerisch zerstört. Die Entstehung<br />
eines Bildes ist für mich ein kontinuierliches<br />
Anfangen und Zerstören. Im Grund<br />
muss ich mich auf meine Intuition und<br />
Erfahrung verlassen können. Manches<br />
Mal scheitert man auch.«<br />
Die Bilder ohne Namen<br />
Auf Josef Wurms Bildern geht man<br />
als Betrachter mit 100 Details mit 100<br />
verschiedenen Assoziationen und 100<br />
Josef Wurm in seinem Atelier.<br />
Geschichten auf eine Entdeckungsreise.<br />
Jeder Betrachter kommt so zu<br />
einer anderen Geschichte, seiner namenlosen<br />
Bilder: »Bilder brauchen keine<br />
Namen. Ich kann sie gar nicht benennen,<br />
würde sie in ein Korsett reinzwängen. Ich<br />
will, dass meine Bilder die 100 Geschichten<br />
erzählen können, mit einem Titel hätte<br />
ich eine Geschichte mit ein paar Abzweigungen,<br />
darum gibt es auch keinen Titel.«<br />
Trotzdem schwingt in seinen Bildern<br />
immer ein bisserl der Tod mit. Irgendwann<br />
hält der Existenzialismus Einzug.<br />
»Wenn man intensiv lebt, spürt man<br />
auch die Endlichkeit. Mich interessiert<br />
hier jedoch kein spielerischer Umgang damit!<br />
Ich kokettiere mit den Dingen nicht,<br />
bei mir geht es ums Eingemachte.« Beim<br />
Thema angelangt: Es scheint mir fast,<br />
als seien seine Bilder Kombinationen,<br />
wie die eines Kochs, der aus einem<br />
breiten Fundus heraus ein neuartiges<br />
Menü kreieren. Wurm kann damit<br />
etwas anfangen: »Durchaus, weil wir<br />
von der Wählscheibe bis zum Smartphone<br />
noch alles mitbekommen haben. Da<br />
komme ich auf Francis Bacon zurück, tatsächlich<br />
ein Maler, mit dem ich mich viel<br />
auseinandergesetzt habe. War ja auch ein<br />
Eklektiker, der alle Techniken und Wissen<br />
zu seiner Geschichte geformt hat.«<br />
Die Entstehung einer neuen Welt<br />
Wurms Bilder wirken, als wäre im<br />
Vorfeld ein Raum explodiert. Als greife<br />
er nach der Zerstörung einer Welt<br />
zum Pinsel und macht etwas draus:<br />
»Viele meiner Bilder sind Explosionszeichnungen<br />
einer Existenz oder von unserem<br />
Planeten. Ja – zerlegen und wieder<br />
zusammenfügen. Mad-Max-mäßig den<br />
Shit wieder zusammenklauben und zusammenbauen,<br />
was irgendwie wieder eine<br />
schöne Welt ergibt.«<br />
Nach so viel Tod und Verderben<br />
holen wir doch wieder gut Luft und<br />
lassen Sauerstoff durch unsere Adern<br />
sausen. Wie schaut’s mit der Zukunft<br />
aus: »Ich will meinen erzählerischen und<br />
bildnerischen Stil weiterentwickeln. Ich<br />
bin entspannt und offen. Jetzt muss ich<br />
mir da Fallen stellen und selber schauen,<br />
wo ich mich überrasche oder erwische. Ich<br />
glaube, jetzt ist so ein Moment.«<br />
50
© MUSEUM LIAUNIG<br />
Hoch<br />
Text: Martin G. Wanko<br />
Drau.<br />
über der<br />
Über eine Böschung auf die<br />
Kärntner Bleiburgerstraße<br />
ragt ein Betonkonstrukt wie<br />
eine Schanze. Das Objekt wirkt<br />
futuristisch, könnte aber auch<br />
die letzte Bastion Titos sein.<br />
Es ist jedoch ganz anders. Fertiggestellt<br />
2008, steht das Objekt bereits vier Jahre<br />
später unter Denkmalschutz und wurde<br />
mit einigen Architekturpreisen ausgezeichnet.<br />
Die Rede ist vom Museum<br />
Liaunig, dem größten Privatmuseum<br />
Österreichs, die Vision des Industriellen<br />
und Kunstsammlers Herbert W. Liaunig.<br />
Ein Großteil des Museums, also die gesamte<br />
Verwaltung und ein Großteil des<br />
Depots befinden sich unter der Erde, nur<br />
der Ausstellungstrakt ist an der Oberfläche<br />
gehalten, wird so mit Tageslicht<br />
versorgt und bietet eine wunderbare<br />
Aussicht auf die hügelige Landschaft<br />
und auf die Drau, die sich in Richtung<br />
Slowenien windet.<br />
Der Zugang führt an einem Schaudepot<br />
mit einer Fläche von rund 600 m²<br />
entlang, danach gelangt der Besucher<br />
in den Trakt für Malerei und Plastik. Als<br />
White Cube von 160 m Länge und 13 m<br />
Breite, mit Oberlicht konzipiert, bietet<br />
dieser Gebäudeteil eine Ausstellungsfläche<br />
von rund 2.000 m². Von hier aus<br />
gelangt man in einen eigenen Raum für<br />
Grafik (rund 500 m²) sowie einen Annex<br />
für die Präsentation der Gold-Sammlung<br />
(rund 350 m²). Hinter diesem<br />
bereits bestehenden Schauraum wurden<br />
die zwei neuen unterirdischen Sammlungsräumlichkeiten<br />
angeschlossen.<br />
Das Museum zeigt eine Auswahl von<br />
300 Werken aus der Sammlung des<br />
Gründers Herbert W. Liaunig. Etwa<br />
4.000 Kunstwerke umfassen das Depot<br />
im Museum. Die Sammlung gehört<br />
zum Opulentesten, was in Österreich,<br />
von privater Hand finanziert, ins<br />
Leben gerufen wurde. Die Sammlung<br />
beherbergt u.a. die österreichischen<br />
Künstler: Arnulf Rainer, Maria Lassnig,<br />
Cornelius Kolig, Bruno Gironcoli,<br />
Hans Staudacher, Drago Prelog und Helga<br />
Philipp. Hinzu kommen wesentliche<br />
Werke internationaler Maler sowie Plastiken<br />
und Skulpturen – allesamt Arbeiten,<br />
die Herbert W. Liaunig seit den<br />
1960er-Jahren zusammentrug und zu<br />
einer beachtlichen Sammlung wachsen<br />
ließ. Aber die Sammlung ist nach wie vor<br />
lebendig. Die Direktion übernahm Sohn<br />
Peter, der weiterhin mit Ausstellungen,<br />
Veranstaltungen und Ankäufen für neue<br />
Impulse sorgt.<br />
9155 Neuhaus 41<br />
+43 4356 211 15<br />
office@museumliaunig.at<br />
www.museumliaunig.at<br />
Öffnungszeiten:<br />
30.4. - 29.10.<strong>2023</strong><br />
Mi-So: 10:00 - 18:00 Uhr<br />
Mo & Di: geschlossen<br />
© MUSEUM LIAUNIG<br />
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Interview: Martin G. Wanko<br />
Peter Liaunig:<br />
Sammeln als<br />
Rauschzustand.<br />
Peter Liaunig hat die Leitung des Museums übernommen und schaut,<br />
dass mit aller verfügbaren Energie das Museum weiter Kurs hält.<br />
Nicht immer werden die Kinder<br />
von kunstinteressierten Eltern<br />
vom selben Virus infiziert. Bei<br />
Ihnen war das jedoch so, oder?<br />
Ich hatte das Glück in einer kunstaffinen<br />
Familie aufzuwachsen, aber<br />
letztlich wohnt jedem von uns das Gefühl/Gespür<br />
für das Schöne inne und<br />
es bedarf nur der Weckung. Kinder<br />
sind (ausnahmslos) ungeheuer kreativ,<br />
nur wird durch vielerlei Einflüsse und<br />
Ablenkungen diese Kreativität oft<br />
überlagert.<br />
Wie würden Sie persönlich das<br />
Museum Liaunig in einigen<br />
Sätzen beschreiben?<br />
Großartige Sammlungen in großartiger<br />
Architektur in großartiger<br />
Landschaft, betrieben von vielen leidenschaftlich<br />
Menschen. Eine große<br />
Kulturaufgabe, die viel Arbeit und<br />
Freude macht.<br />
Sie leiten das größte Privatmuseum<br />
Österreichs. Wie herausfordernd<br />
ist es, ein Museum in dieser Größe<br />
zu leiten? (Auch wenn Sie es seit der<br />
Planung kennen.)<br />
Wir sind ein Familienbetrieb. Mein<br />
Bruder hat die Firmenleitungen<br />
meines Vaters übernommen und muss<br />
jenes Geld erwirtschaften, das wir für<br />
den Betrieb des Hauses benötigen.<br />
Zur Verbildlichung erkläre ich immer,<br />
dass man auf jedes 16-Euro-Museumstickets<br />
noch 60 weitere drauflegen<br />
muss, damit es funktioniert. Und<br />
absolut wesentlich ist hier die Museumsmannschaft,<br />
die die erweiterte<br />
Familie darstellt. Wir sind schlank<br />
aufgestellt und jeder Mitarbeiter ist<br />
unerlässlich.<br />
Ich habe nachgelesen, dass Sie<br />
für die Hängung der Bilder im<br />
Museum gerne die Verantwortung<br />
übernehmen. Stimmt das?<br />
Das lasse ich mir nicht entgehen! Ich<br />
bin von Beruf her Architekt und im<br />
Museum bauen wir jedes Jahr die Innenarchitektur<br />
des Hauses um (in der<br />
Haupthalle gibt es nur eine fixe Querwand),<br />
was ich als Lego für Erwachsene<br />
bezeichne. Der Umbau und der<br />
Aufbau einer Ausstellung ist unglaublich<br />
spannend und ich habe hier im<br />
Zusammenspiel mit sehr kompetenten<br />
Kuratoren*innen die Möglichkeit, viel<br />
auszuprobieren. Und es redet kaum<br />
jemand dazwischen – man muss<br />
aber auch mit teilweise sehr direkten<br />
Kommentaren der Familie und anderer<br />
Experten umgehen können. Aber<br />
wie erwähnt macht das viel Spaß und<br />
man lernt auch extrem dabei. Man<br />
kann mit wenigen Handgriffen und<br />
Interventionen den Charakter eines<br />
Raumes diametral umstülpen.<br />
Rund 4.000 Kunstwerke beherbergt<br />
das Museum Liaunig. Wie<br />
behält man hier den Überblick?<br />
Ordnung, Struktur, Gewissenhaftigkeit<br />
und viel Kommunikation sind<br />
unerlässliche Faktoren dabei. Wir haben<br />
ein eigenes Archivierungssystem<br />
(am Computer plus einen analogen<br />
Ausdruck davon) und jedes Bild oder<br />
Objekt hat eine Nummer und einen<br />
Standort. Verschiebungen (Leihverkehr,<br />
Ausstellungen) müssen akribisch<br />
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© MUSEUM LIAUNIG/BRUNO GIRONCOLI/ZHANG ENLI (XAVIER HUFKENS BRUXELLES)/SUN XUN/<br />
ALFREDO BARSUGLIA/SUSE KRAWAGNA/MA JIA/CHRISTIAN SCHWARZWALD/WANG LEI<br />
dokumentiert werden und jeder im<br />
Team muss sich auf den jeweils anderen<br />
verlassen können. Das lernt man<br />
unfreiwillig schnell, denn eine Suche<br />
nach einem Objekt kostet ein Vielfaches<br />
an Zeit. Unsere Sammlungsleiterin<br />
muss also genau sein, aber meine<br />
Mutter ist es als ehemalige Buchhalterin<br />
ebenso. Doppelt hält besser und<br />
der Hausverstand sollte auch immer<br />
eingeschaltet sein.<br />
Dann und wann wird man wohl<br />
die Depots abgehen und sich fragen,<br />
von welcher Kunst man sich<br />
trennen wird müssen, damit Neues<br />
kommen kann, oder?<br />
Mein Vater sagte völlig zurecht immer,<br />
dass man den wahren Sammler daran<br />
erkennt, dass er immer Platznot hat.<br />
Wir trennen uns im Grunde nie von<br />
Arbeiten. Wir haben einmal vor vielen<br />
Jahren eine Schenkung gemacht und<br />
danach versucht, gleichwertige Stücke<br />
zu bekommen. Bis heute »trauern« wir<br />
den Stücken nach.<br />
Gibt es Kunstwerke (bzw. Künstler),<br />
wo man es verabsäumt hat, sie zu<br />
kaufen?<br />
Eindeutig ja! Aber es gibt keine komplette<br />
Sammlung und das ist letztlich<br />
gut so, denn andernfalls würde<br />
man sich ja auf Lorbeeren ausruhen.<br />
Meine Mutter ist auch jene Person,<br />
die immer wieder in Erinnerung ruft,<br />
dass wir nach vorne sammeln müssen.<br />
Jetzt einen Picasso zu kaufen ist letztlich<br />
eine reine Geldsache, aber den<br />
Picasso von morgen zu finden ist die<br />
Herausforderung.<br />
Ihre Wien-Wohnung wirkt sehr<br />
freundlich – vor allem ist sie mit viel<br />
Licht und vielen Wänden ausgestattet.<br />
Für die vielen Kunstwerke,<br />
oder?<br />
Licht ist ein so elementares Element<br />
im Leben und ich bin absolut der Meinung,<br />
dass man genug davon bekommen<br />
sollte/muss. Ich mag gerne helle<br />
und großzügige Räume und meist tut<br />
das Menschen und der Kunst gut. Man<br />
soll sich halt wohlfühlen. Wir sind als<br />
Museum (leider) auch mittlerweile<br />
eine absolute Besonderheit, denn wir<br />
sind/haben ein Tageslichtmuseum.<br />
Der Leihverkehr ist eine Einbahnstraße<br />
geworden, weil man sich gerne von<br />
uns ausleiht, aber im Gegenzug nur<br />
dann etwas bekommt, wenn man abdunkelt.<br />
Ich halte das für eine absolut<br />
falsche Entwicklung und hoffe, dass<br />
hier bald eine vernünftige Balance<br />
gefunden wird. Auch wir wollen nicht,<br />
dass unsere Kunstwerke Schaden<br />
nehmen und haben daher spezielle<br />
Verglasungen und Schutzmaßnahmen<br />
gesetzt. Und man hängt auch keine<br />
sensiblen Papierarbeiten ins pralle<br />
Sonnenlicht. Aber es ist letztlich ebenso<br />
wichtig, dass ein Weiß ein Weiß<br />
bleibt und kein Eierschalengelb wird.<br />
Aber genau das passiert sehr oft bei<br />
Kunstlicht.<br />
Nach welchen Gesichtspunkten<br />
sammeln Sie Kunst? (Ihre Wohnung<br />
in Hernals ist ja ebenfalls sehr gut<br />
bestückt).<br />
Alles was Freude macht. Alles was<br />
neugierig macht. Alles was einen<br />
irritiert. Das Problem liegt letztlich in<br />
der Selbstdisziplinierung. Manchmal<br />
ist es die Schönheit die einen fängt,<br />
manchmal die Banalität, manchmal<br />
die handwerkliche Perfektion,<br />
manchmal… Freude ist aber immer ein<br />
wesentlicher Bestandteil. Ohne diese<br />
hält man nie lange durch.<br />
Gibt es für das Museum Liaunig<br />
Pläne?<br />
Wir wollen immer besser und zugleich<br />
auch bekannter werden. Wir haben<br />
kein Etat für Werbemaßnahmen, aber<br />
wir wollen mit guten Ausstellungen<br />
Freude bereiten und mit unseren Besuchern<br />
in direkten Kontakt kommen.<br />
Wenn jemand einmal bei uns im Haus<br />
war, dann haben wir meist gewonnen,<br />
aber es gibt keine Zeit zum Ausruhen.<br />
Ich möchte künftig mit vielen anderen<br />
privaten Sammlern zusammenarbeiten<br />
und so den Horizont erweitern.<br />
Es gibt so viel zu entdecken. Mir ist<br />
klar, dass vieles hiervon pathetisch<br />
klingt, aber ich bin davon überzeugt,<br />
dass Kunst eine wunderbare Art der<br />
Kommunikation darstellt, ohne die<br />
wir als Herdentiere auf Dauer nicht<br />
funktionieren.<br />
©WALTER SCHRAMM<br />
© MUSEUM LIAUNIG/YANG HONGWEI (BMCA COLLECTION)/DRAGO J. PRELOG/ZHANG ENLI<br />
(XAVIERHUFKENS BRUXELLES)/MEINA SCHELLANDER/ROMAN SCHEIDL/TONE FINK/<br />
WALTER VOPAVA/LI HUI (BMCA COLLECTION)/WOLFGANG HERZIG<br />
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Hohe Zinsen<br />
für Steuernachzahlungen<br />
vermeiden<br />
Text: Petra Schachner-Kröll<br />
© FLORIAN LIERZER<br />
Im September <strong>2023</strong> hat die Europäische<br />
Zentralbank zum vierten Mal in<br />
diesem Jahr den Leitzins angehoben.<br />
Entsprechend der Gesetzeslage hebt<br />
auch das Finanzamt die Zinsen ab<br />
20. September <strong>2023</strong> auf 5,88 % an.<br />
Stundungs-, Anspruchs-, Aussetzungs-,<br />
Beschwerde- und Umsatzsteuerzinsen<br />
liegen gemäß<br />
aktueller Rechtslage 2 % über dem<br />
jeweils geltenden Basiszinssatz.<br />
Beginnend mit 1. Oktober <strong>2023</strong> bis<br />
zum Datum des Steuerbescheides<br />
2022, maximal jedoch für 48 Monate<br />
werden »Anspruchszinsen« für den<br />
offenen Betrag an Einkommensteuer<br />
bzw. Körperschaftsteuer<br />
2022 verrechnet. Ab 20. September<br />
<strong>2023</strong> wird sowohl für Nachzahlungen<br />
als auch für Gutschriften ein<br />
Zinssatz von 5,88 % angewendet.<br />
Künftige Erhöhungen der Zinsen<br />
sind nicht ausgeschlossen. Auch bei<br />
Umsatzsteuernachzahlungen ist<br />
eine Zinsenbelastung von 5,88 % zu<br />
berücksichtigen.<br />
Um die Festsetzung von Anspruchszinsen<br />
zu vermeiden, kann<br />
jederzeit freiwillig eine Abschlagszahlung<br />
in Höhe der voraussichtlichen<br />
Nachzahlung an Einkommensteuer<br />
und Körperschaftsteuer für<br />
die Jahre 2022 entrichtet werden.<br />
Für eine korrekte Zuordnung ist<br />
ein entsprechender Verwendungszweck<br />
anzuführen.<br />
Für voraussichtliche Nachzahlungen<br />
an Einkommensteuer ist E<br />
1-12/2022 als Verwendungszweck<br />
anzuführen, für voraussichtlichen<br />
Nachzahlungen an Körperschaf t-<br />
steuer K 1-12/2022. Auch eine Teilzahlung<br />
und/oder spätere Zahlung<br />
reduziert die Anspruchszinsen.<br />
Überhöhte Abschlagszahlungen<br />
führen zu keinen positiven Anspruchszinsen.<br />
Die Zinsen werden<br />
bis zu einem Betrag von EUR 50,00<br />
(Bagatellgrenze) nicht festgesetzt.<br />
Hat man beispielsweise eine Nachzahlung<br />
von EUR 50.000,00 zu<br />
leisten, muss die Vorauszahlung bereits<br />
am 7.10.<strong>2023</strong> beim Finanzamt<br />
einlangen, da ab diesem Tag Zinsen<br />
anfallen. Bei einer Nachzahlung<br />
von EUR 20.000,00 beginnen die<br />
Zinsen ab 16.10.<strong>2023</strong> zu laufen.<br />
Beachten Sie auch, dass die Zinsen<br />
steuerlich nicht abzugsfähig sind!<br />
Andererseits wird Ihr Guthaben<br />
aber auch mit 5,88 % veranlagt.<br />
schachner-partner.at<br />
54
Heckes<br />
©BERND HECKE<br />
Text: Bernd Hecke<br />
Meine kleine Klimabeichte in<br />
der letzten Ausgabe kam gerade<br />
recht: Sie wissen es noch? Ich<br />
habe mir einen alten Dieselbus<br />
gekauft, um den Kindern böse<br />
Langstreckenf lüge zu ersparen.<br />
Paradoxe Intervention halt. Sie<br />
gondelten wochenlang durch<br />
halb Europa. Ich selbst bin noch<br />
davor nach einigen Test-Nächten<br />
zwar in großer Freiheit an<br />
Landstraßen und mitten in<br />
Städten wiederauferstanden,<br />
das aber stets gerädert, vom<br />
ungehobelten Lattenrost unter<br />
zu dünner Matratze. Warum<br />
also kam sie gerade recht, die<br />
Klimabeichte? Weil dieser Sommer<br />
wie ein einziges Buschfeuer<br />
brennende Fragen an unsere<br />
schwitzenden Häupter knallte.<br />
Rekordhitze in den Weltmeeren.<br />
Die 40-Grad-Grenze im<br />
Süden ist in Serie gefallen.<br />
Adriastrände schockgefroren<br />
unter der Wucht monströser<br />
Hagelgeschosse. Ist das schon<br />
der Kippeffekt? Ist Mutter<br />
Erde unserem Elchtest erlegen,<br />
schlägt ihr globales Klimakterium<br />
unauf haltsam zu? Man<br />
soll ja in der Wissenschaft den<br />
Glauben beiseite lassen. Also<br />
glaube ich nicht, dass es schon<br />
so weit ist: Vielmehr fürchte<br />
ich, da ist einfach nichts mehr<br />
zu leugnen. Vielleicht wintere<br />
ich den Bus ein und forciere<br />
wieder den Drahtesel. Den reite<br />
ich in Zeiten des Klimawandels<br />
ohnehin ganzjährig. Und, nein,<br />
ich stehe beim Strampeln nicht<br />
unter Strom. Wozu ein Fahrrad<br />
per Batterie antreiben? Die<br />
Pedale sind doch für kräftige<br />
Beine erfunden worden!<br />
Zugegeben, seit ich in der Liga<br />
»<strong>40plus</strong>plus« antrete, kurble<br />
ich mit deutlich vermindertem<br />
Drehmoment. Früher<br />
schnupfte ich mit meinem<br />
Puch Cavette, also dem Ex des<br />
Herrn Papa, Mopeds und lieber<br />
noch poppige Vespen. Raus aus<br />
dem Sattel, stehend rein in den<br />
Windschatten, vorbeipreschen.<br />
Das polini-geföhnte Selbstbewusstsein<br />
der Vespafahrer im<br />
zwölften Gang zertreten. Ein<br />
Traum in mint-metallic. Mein<br />
grober Umgang mit dem Rad<br />
war des Vaters Albtraum. Heute<br />
ist Puch nicht mehr, was es war.<br />
Mein Vater hat sein Cavette<br />
längst abgeschrieben. Nun<br />
schelte ich an seiner statt eben<br />
meinen Sohn, warum er das<br />
alte Prachtstück so verkommen<br />
lässt. Familientradition halt.<br />
Heute überholen mich sogar<br />
Silberrücken-Senioren mit<br />
Radlpass-Garantie: Mühelos.<br />
Mein Blick schielt stets auf<br />
ihren Alu-Rahmen. Wo ist der<br />
verf luchte Akku? Ja, es ist immer<br />
ein E-Bike, das mich und<br />
mein altes KTM abhängt, also<br />
das Ex meines nun auch schon<br />
älteren Herren. Mit erwachsener<br />
Reife bleibe ich im Sattel<br />
und fahre ruhig weiter. Jetzt<br />
nur nicht schwitzen. Dieses<br />
Rennen mit deren unlauteren<br />
Mitteln ist für mich nicht mehr<br />
zu gewinnen. E-Bikes sind erbärmlich,<br />
merk- und unwürdig.<br />
Frevel und Feind! Eine vernünftige<br />
Option für die Verkehrswende?<br />
Pah, eine Blamage für<br />
jeden echten Pedalritter!<br />
Papas KTM ist jetzt übrigens<br />
a schöne Leich'. Schon zwei<br />
Werkstätten ließen ausrichten,<br />
Patient tot: »A Reparatur zahlt si<br />
nimmer aus!« Dem alten Herrn<br />
hab' ich's schon gebeichtet.<br />
Ein neues Rad muss her. Aber,<br />
Ehrensache, ganz ohne Strom!<br />
Gegen diese Niederlage trete<br />
ich weiter an.<br />
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