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2020 unternehmen [!] Magazin Ausgabe73 Juli 2020

Das Wirtschaftsmagazin im Südwesten. Ausgabe 73 - Juli 2020

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FINANZIEREN <strong>unternehmen</strong> [!]<br />

Die befristete Aussetzung<br />

der Insolvenzantragspflicht<br />

bereitet<br />

immer mehr Ökonomen<br />

Sorgen. Was mitten in der<br />

Corona-Krise als gute Idee erschien,<br />

könnte für viele Unternehmen<br />

zum Bumerang werden.<br />

So rechnet Gabriel Felbermayr,<br />

Chef des Instituts für Weltwirtschaft<br />

(IfW), im Herbst mit einem<br />

massiven Anstieg der Insolvenzen,<br />

wenn voraussichtlich<br />

Anfang Oktober die Pflicht wieder<br />

einsetzt. Viele krisengeplagte<br />

Firmen könnten dann aufgrund<br />

einer Überschuldung Insolvenz<br />

anmelden müssen. „Es<br />

gibt ‚Zombie‘-Firmen, die in den<br />

vergangenen Wochen nur deshalb<br />

überleben konnten, weil sie<br />

durch staatliche Notkredite gestützt<br />

wurden. Da wird es noch<br />

ein böses Erwachen geben“,<br />

warnte Felbermayr vor kurzem<br />

in einem Interview.<br />

Aussicht auf Finanzierung<br />

Sanierungsexperten mahnen daher<br />

Firmenverantwortliche, einen<br />

Insolvenzantrag mit Blick<br />

auf die derzeit geltende Rechtslage<br />

nicht komplett beiseite zu<br />

schieben. „Viele Unternehmer<br />

sind der irrigen Annahme, die<br />

Insolvenzantragspflichten sind<br />

generell ausgesetzt. Doch<br />

das stimmt nicht“,<br />

sagt Burkhard<br />

Jung, Vorsitzender<br />

des Fachverbandes<br />

Sanierungs- und Insolvenzberatunges<br />

im Bundesverband<br />

Die Gefahr<br />

steckt<br />

im Detail<br />

Sanierung Die aufgrund der Corona-<br />

Krise ausgesetzte Pflicht zum<br />

Insolvenzantrag wiegt Firmenchefs in<br />

falscher Sicherheit. Auf was<br />

Verantwortliche jetzt achten müssen.<br />

Deutscher Unternehmensberater<br />

(BDU). Die Aussetzung gelte<br />

nur, wenn die Insolvenz Corona-bedingt<br />

sei und Aussicht<br />

auf Finanzierung bestehe – und<br />

diese beiden Bedingungen<br />

müssten laufend geprüft und erfüllt<br />

werden. „Anderenfalls riskiere<br />

ich als Verantwortlicher in<br />

eine strafbewehrte Situation<br />

wegen Insolvenzverschleppung<br />

zu geraten.“ Auch Lucas Flöther,<br />

Sprecher des Gravenbrucher<br />

Kreises, einem Zusammenschluss<br />

führender Insolvenzverwalter,<br />

warnt davor, die Aussetzung<br />

als Freibrief zu betrachten:<br />

„Ich muss als Verantwortlicher<br />

belegen, dass mein Unternehmen<br />

zum 31. Dezember 2019<br />

noch nicht zahlungsunfähig war<br />

und dass ich im Herbst <strong>2020</strong><br />

wieder zahlungsfähig bin.“<br />

Diesen Sachverhalt gut zu dokumentieren,<br />

ist eine Herausforderung,<br />

die in vielen Fällen nur<br />

mit professioneller Unterstützung<br />

zu meistern ist, weiß Flöther<br />

aus seiner Berufspraxis.<br />

Denn dafür reicht ein Gewinnausweis<br />

im Jahresabschluss für<br />

2019 selten aus. „Sich allein darauf<br />

zu verlassen, halte ich für<br />

brandgefährlich. Die insolvenzrechtlichen<br />

Eröffnungsgründe –<br />

Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung<br />

– sind nicht eins zu<br />

eins aus der Bilanz ablesbar“,<br />

sagt Flöther.<br />

Ein Gewinnausweis<br />

reicht selten als Beleg<br />

dafür, dass die Firma<br />

zum 31. Dezember<br />

zahlungsfähig war.<br />

ILLUSTRATIONEN: MAX MESCHKOWSKI

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