#9 Verantwortung
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Verantwortung,
Technik & Wissenschaft
Durch ihre Unabdingbar- und Erforderlichkeit gehört die
Standsicherheit damit zweifelsfrei zu den Grundanforderungen
an Bauwerke. Die Pflicht, die sich daraus ergibt, sollte
aber nicht nur auf rein technischer Ebene, sondern auch –
oder vor allem – als Pflicht gegenüber den Menschen verstanden
werden. Hier wird deutlich, dass technische und
soziale Ansprüche im Bauingenieurwesen nicht klar voneinander
abzugrenzen sind, sondern miteinander korrelieren.
Die Notwendigkeit und Folgenschwere bei Missachtung der
Pflicht der Sicherheit zeigen aktuelle Geschehnisse, wie z.B.
der Brückeneinsturz in Genua am 13. August 2018. Leider
ist das nicht der einzige Fall, in dem es zum Versagen der
Standsicherheit eines Bauwerks kommt, wodurch das Leben
von Menschen gefährdet oder sogar beendet wird. Solche
Baukatastrophen mit ihren gravierenden Folgen, der Gefährdung
menschlichen Lebens, geschehen immer wieder
überall auf der Welt.
Im Nachgang erscheint es sinngemäß, die Berufsbezeichnung
bzw. den Titel „Bauingenieur“ auszutauschen und ihn
durch die aus dem angelsächsischen Raum stammende Bezeichnung
„ziviler Ingenieur“ zu ersetzen. Dadurch wird
doch viel eher ihre Aufgabe beschrieben, „die natürliche
Umwelt in aller Umsicht planmäßig und absichtsvoll zum
Zwecke eines guten, bequemen und sicheren Lebens zu formen
und umzugestalten“. Denn genau das beschreibt den
zivilen Belang, dem ebendiese mit ihrem Beruf nachkommen.
(vgl. Scheffler 2019: 8)
Wir stellen fest, dass die Verantwortung, die mit dem Beruf
der zivilen Ingenieure einhergeht, eine sehr umfassende
und vielfältige Verantwortung ist. Sie darf nicht auf den
technisch-fachlichen Bereich begrenzt werden. Vielmehr
bedarf es eines Verständnisses seitens der zivilen Ingenieure
für ökologische und soziale Wirkungsbereiche, da
sie durch ihr Wirken direkten Einfluss auf unsere Umwelt,
Gesellschaft und Natur nehmen. Dementsprechend
sollten sie sich immer mit den gesellschaftlichen und ökologischen
Ansprüchen und Auswirkungen ihrer Schöpfungen
auseinandersetzen. Zum Schluss bleibt uns als Nutzer
der Bauwerke nur zu hoffen, dass unsere zivilen Ingenieure
stets mit Umsicht sowie neuen Denkweisen und erweiterten
Zielsetzungen praktizieren (vgl. Scheffler 2019: 5f.).
Denn sie „haben einen wesentlichen Anteil an der technischen
Entwicklung der Welt, tragen aber auch große Verantwortung
an der Schädigung der natürlichen Umwelt.“
(VDI, UNESCO, WFEO 2000: 16)
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