#9 Verantwortung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
re in der Gesellschaft Verantwortung übernimmt und sich
selbständig durch das eigene Tätigwerden in den Diskurs
einbringt. Die aktive Teilhabe ist gekoppelt an Reflexionsfähigkeit
und die Bildung von Urteilen, um auf entsprechende
Situationen eingehen zu können (vgl. Reinhardt 2018: 17).
Diesem Anliegen hat sich die politische Bildung verpflichtet.
Gesellschaftliche Mündigkeit, die soziale und politische
Mündigkeit umfasst, erweist sich somit als Lebensbewältigungsstrategie,
die den Schülerinnen und Schüler ermöglicht,
als Subjekt der Umwelt eigenverantwortlich Entscheidungen
zu fällen und eine entsprechende Haltung in der
Gesellschaft einzunehmen.
Somit ist der Mündigkeitsbegriff eng an den Begriff der
(demokratischen) Verantwortung gekoppelt, der impliziert,
sich zur Einhaltung der demokratischen Grundwerte zu
verpflichten. Die Schülerinnen und Schüler werden dazu
angeleitet, etwas für Andere und das Allgemeinwohl zu tun,
sich einzusetzen, durch eigenes Handeln Verantwortung zu
übernehmen und für einen friedfertigen Umgang einzustehen.
Sie müssen vernehmen, dass ihr eigenes Handeln eine
Wirkung erzielen kann, dass ihr Wissen und Können in
der Gesellschaft benötigt wird. Nur durch die gemeinsame
Verantwortungsübernahme sind die gesellschaftspolitischen
Herausforderungen der Gegenwart zu bewältigen. Dazu bedarf
es jedoch auch der kritischen Auseinandersetzung mit
den aktuellen gesamtgesellschaftlichen Verhältnissen. Die
politische Bildung in der Schule darf nicht dazu verkommen,
den Status Quo allzu plakativ darzustellen und Sündenböcke
zu suchen. Rechtsextremes Gedankengut ist schon längst
salonfähig geworden und in der Mitte der Gesellschaft tief
verankert. Den Schülerinnen und Schülern muss benötigtes
Wissen vermittelt werden, das sie zur Problemlösung bemächtigt
und sie dazu befähigt, sich selbst einzubringen und
politisch aktiv zu werden. Politisches Engagement muss in
diesem Zusammenhang dann zwangsweise mit politischem
Lernen einhergehen, aktuelle Gegebenheiten müssen einer
Struktur- und Sachanalyse unterzogen werden, Lösungsstrategien
ausgearbeitet und im öffentlichen Diskurs artikuliert
werden (vgl. Nonnenmacher 2010: 460). Das kann
Schule und vor allem politische Bildung nur bewerkstelligen,
wenn sie zum einen an Alltagserfahrungen und den
Problemen der jungen Heranwachsenden anknüpft, um damit
einen lebensweltlichen Zugang zu gewährleisten. Davon
ausgehend muss in diesem Zusammenhang dann aber
auch auf gesellschaftspolitische Ursachen der Problemlagen
eingegangen werden (vgl. Schmiederer 1971: 52). Zum anderen
hat sich die politische Bildung der Urteilsbildung zu
verpflichten. Im Unterricht müssen Kontroversen Gegenstand
politischer Auseinandersetzung sein. Dabei kommt
der Gewichtung von unterschiedlichen Argumenten unter
Berücksichtigung von analytischen und normativen Urteilen
zur Beurteilung eines Problemaufrisses ein besonderer
Stellenwert zu. Die politische Bildung in der Schule hat
somit den Auftrag den Schülerinnen und Schülern die Bedeutung
politischer Gegebenheiten für das eigene Leben
zu vergegenwärtigen und sie dazu zu befähigen, begründete
politische Urteile zu fällen (vgl. Massing 2017: 118). Und
im Zeitalter der Fridays for Future Bewegung, der Fluchtbewegung
und der Radikalisierung, dürfte es an konfliktreichen
Zuständen, die zur kritischen Auseinandersetzung im
Unterricht anregen, nicht fehlen.
Wenn die heutigen Schülerinnen und Schüler, die Bürgerinnen
und Bürger von morgen, bereits in der Schule mit den
entsprechenden Kompetenzen ausgestattet werden, um aktuelle
Konflikte kritisch zu reflektieren und dazu angeleitet
werden, Verantwortung auf der Basis eines friedlichen Miteinanders
zu übernehmen, kann den gegenwärtigen Tendenzen
Einhalt geboten werden. Dann kann das Miteinander in
der Gesellschaft funktionieren und kommt dem Politikverständnis
von Hannah Arendt nah, das davon ausgeht, dass
42