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Der Reitwagen August/September 1988 - Motorradreporter

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Besondere Sorgfalt beim<br />

Schnitzen der Verkleidung wurde<br />

laut Suzuki auf Windschutz<br />

und Kühlluftöffnungen zur Tem-<br />

perierung empfindlicher Fahrerfüße<br />

gelegt. Ganz nebenbei reduzierten<br />

sich die Auftriebskräfte<br />

der Verkleidung bei den<br />

Windkanalarbeiten in die Nähe<br />

der O-Grenze, ein Stabilitätsplus<br />

bei hohen Geschwindig-<br />

keiten. Die auffallenden Kühl-<br />

luftöffnungen vermitteln zwar<br />

einen sehr dynamischen Eindruck,<br />

der Praxiswert bleibt jedoch<br />

etwas im Hintergrund. Sobald<br />

die Suzuki in Bewegung<br />

ist, kann man Temperaturunterschiede<br />

zu anderen voIlverkleideten<br />

Motorrädern allenfalls mit<br />

nackten Waden feststellen,<br />

steckt man bei hohen Temperaturen<br />

im Verkehrsstau, verwandeln<br />

sich die Öffnungen in einen<br />

Heißluftfön.<br />

Besser ist es da um den Windschutz<br />

der Verkleidung bestellt.<br />

Die beiden voluminösen Spiegel<br />

wurden in das Windspiel<br />

integriert und es spielt fast keine<br />

Rolle für Windschutz und<br />

Höchstgeschwindigkeit, ob der<br />

Fahrer aufrecht ins Land blickt<br />

oder ob er sich hinter der Verkleidungsscheíbezusammenfaltet.<br />

<strong>Der</strong> Wetterschutz ist allerdings<br />

eine zwiespältige Sache,<br />

nach einer Fahrt im Regen<br />

präsentiert sich die stoIzgeschwellte<br />

Brust des Fahrers<br />

staubtrocken, während Oberarme<br />

und Schultern den Eindruck<br />

eines gebadeten Pinguins vermitteln.<br />

Im Gegensatz zur CBR 500<br />

wird aber auf der Suzuki etwas<br />

angeboten, was die Bezeichnung<br />

Verkleidung noch rechtfertigt.<br />

Zwangsläufig muß diese<br />

Bequemlichkeit mit höherem<br />

Luftwiderstand erkauft werden.<br />

In der aalglatten 500er Klasse<br />

scheint dies eine starke Ansage<br />

zu sein. Ist der Halbliter-Kunde<br />

bereit für eine Wachablöse von<br />

puren Fahrleistungen zu mehr<br />

Fahrkomfort oder siedelt sich<br />

die Suzuki dank ihrer Mehrleistung<br />

in der Etage über den<br />

500ern an? Vielleicht ein Wadlbeißer<br />

im 750er-Gehege?<br />

<strong>Der</strong> schale einer fast Beigeschmack<br />

doppelt so hohen<br />

Versicherungsprämie wird<br />

22 <strong>Der</strong> REITWAGEN<br />

es der 600er nicht gerade<br />

leicht machen. Obwohl runde<br />

ÖS 2.000,- nur einen minimalen<br />

Betrag der jährlichen Aufwendungen<br />

bei einem Motorradneukauf<br />

ausmachen, scheint<br />

sich der heimische Käufer bei<br />

der Überwindung dieser eher<br />

psychologischen Barriere<br />

schwerzutun.<br />

Also fassen wir die 750er ins<br />

Auge. 86 PS aktiviert ein ungedrosselter<br />

TSCC-Vierventiler.<br />

Zweifellos deutlich über den<br />

500ern aber noch deutlicher<br />

unter den ca. 105 PS leistenden<br />

750ern. Dies gilt natürlich<br />

nur für nicht im öffentlichen<br />

Verkehr befindliche Rundkurse.<br />

Mit Straßenzulassung werden<br />

die entsprechenden Motorräder<br />

ja bekanntlich mit deutlich verringerter<br />

Leistung ausgeliefert,<br />

eine Vorschrift, die die Position<br />

der 600er gegenüber einer<br />

750er auch nicht verbessern<br />

kann. Vom Leistungsgewicht,<br />

einem beliebten Argumentationspunkt<br />

der Händlerschaft,<br />

sind auch keine Wunder zu erwarten.<br />

Knapp über 220 kg<br />

zeigt die Waage für eine voligetankte<br />

GSX 600 F, macht unter<br />

dem Strith einen Gewichtsvorteil<br />

von 44 kg auf die leichteste<br />

750er.<br />

Nun soli ja bei allem Für und<br />

Wider gar nicht in Abrede gesteilt<br />

werden, daß ein beherzter<br />

Pilot mit einer 600er einem<br />

Weltenbummler mit einer 750er<br />

das Leben schwermachen<br />

kann. Die Akzente der Suzuki<br />

liegen aber ganz woanders.<br />

Die Verkleidung zeigt schon die<br />

Einsatzrichtung dieses Motorrades.<br />

Man hat bewußt darauf<br />

verzichtet, durch Gestaltung eines<br />

flachen Verkleidungsoberteiles<br />

der 600er bei zusammengefaltetem<br />

Fahrer eine hohe<br />

Endgeschwindigkeit zu verleihen,<br />

Stattdessen konzentrierte<br />

man die Bemühungen wie<br />

schon erwähnt auf Bequemlichkeit<br />

und Windschutz des Fahrers.<br />

Die Sitzposition unterstreicht<br />

diese Linie. Man sitzt leicht<br />

nach vorne gebeugt, die Beine<br />

sind zwar ebenso stark angewinkelt<br />

wie auf der CBR 500,<br />

der hohe Lenker sorgt aber für<br />

Überblick und Leichtigkeit im<br />

Umgang mit der Maschine. Besonderes<br />

Lob verdient die opti-<br />

mal geformte, weiche Sitzbank,<br />

sowohl was den Fahrerplatz betrifft,<br />

als auch den Sozius. <strong>Der</strong><br />

Fahrer ist in der Sitzmulde hinter<br />

dem Tank gerade richtig ins<br />

Motorrad integriert, ohne den<br />

Nachteil einer rennmäßigen<br />

Sitzhaltung hinnehmen zu müssen.<br />

<strong>Der</strong> Beifahrer sitzt deutlich<br />

höher als der Fahrer, groß gewachsene<br />

Mitfahrer kommen<br />

damit wieder in den Luftwirbel<br />

der Verkleidung, kleine Mitfahrer<br />

können sich an dem verbesserten<br />

Rundumblick erfreuen.<br />

Die Sitzgelegenheit ist zwar<br />

recht bequem gestaltet, auf längeren<br />

Strecken erweisen sich<br />

die sehr hoch angebrachten<br />

Fußraster als echte Prüfung für<br />

die Beweglichkeit der Beine<br />

des Beifahrers.<br />

Auch Suzuki das Fahrwerk zeigt keine gro- der<br />

ßen Rennambitionen. <strong>Der</strong> ausreichend<br />

dimensionierte Stahlrohrrahmen<br />

verfügt über vier<br />

Überzüge aus Vierkantprofil,<br />

von denen zwei seitlich um den<br />

Motor herumführen, um eine<br />

möglichst gerade Verbjndung<br />

zwischen Lenkkopf und<br />

Schwingenlager zu bilden. Mit<br />

zwei Unterzügen, zwei Utngsverbindern<br />

und einer Querstrebe<br />

vor dem Motor scheint der<br />

Rahmen eher für eine 1500er<br />

als für eine 600er ausgelegt zu<br />

sein.<br />

An der Hinterhand versieht das<br />

progressiv arbeitende Full-<br />

Floater-System seinen stützenden<br />

Dienst für die Schwinge<br />

aus Alu-Kastenprofil, vorne<br />

kommt eine 41-mm-Gabel zum<br />

Einsatz.<br />

Während das Federbein mit einer<br />

Rändelschraube in der Vorspannung<br />

verstellbar ist, sucht<br />

man bei der Kayaba-Telegabel<br />

vergeblich nach Verstellmöglichkeiten.<br />

Entweder hat man in<br />

Hamamatsu die idealen Einstellwerte<br />

für eine 600er gefunden,<br />

oder der Rotstift der Verkaufsabteilung<br />

hat den Herren<br />

der Fahrwerksentwicklung eine<br />

kurze Botschaft hinterlassen.<br />

<strong>Der</strong>selbe Rotstift dürfte auch in<br />

Sachen Verarbeitungsqualität<br />

unterwegs gewesen sein. Das<br />

Armaturenbrett entspricht nicht<br />

dem von Suzuki gewohnten Niveau,<br />

der Tacho ist mit den<br />

kleinen Markierungen schlecht<br />

ablesbar, dafür nimmt die Benzinuhr<br />

mit dem großen roten<br />

Warnstreifen eine gewichtige<br />

Rolle im Sichtbereich ein.<br />

Solche Nebensächlichkeiten<br />

verblassen aber bei dem Versuch,<br />

auf der Fahrt den Benzinhahn<br />

auf Reserve zu stellen.<br />

Selbst wenn man vor der Fahrt<br />

festgestellt haben sollte, in weiche<br />

Richtung man drehen muß,<br />

bedarf es schon außergewöhnlicher<br />

Kräfte, den kleinen,<br />

schlecht zu bedienenden Hebel<br />

auch nur einen Millimeter zu<br />

verdrehen, Ein kurzer Stopp am<br />

Straßenrand ist die übliche Folge.<br />

Sehr menschenscheu<br />

scheint auch der seitlich am<br />

Motor angebrachte Choke-<br />

Knopf zu sein. Man findet ihn<br />

erst nach einem prüfenden<br />

Blick in die Öffnung der Verkleidung.<br />

Einmal gezogen, revanchiert<br />

er sich für die ungebührliche<br />

Belästigung sofort mit beeindruckendenKaltlaufdrehzahlen.<br />

Es empfiehlt sich also,<br />

die linke Hand beim Kaltstart<br />

nicht vom Chokehebel zu nehmen,<br />

um einen Vorstoß der<br />

Drehzahlmessernadel über den<br />

horizontalen Bereich hinaus<br />

wirksam zu verhindern.<br />

Auf der die Habenseite beiden ausladenden stehen<br />

Rückspiegel, die im Gegensatz<br />

zu vielen anderen Motorrädern<br />

den Blick auf das nachfolgende<br />

Verkehrsgeschehen ohne Verrenkungen<br />

des Fahrers freigegeben.<br />

Doch nun genug von Verarbeitung<br />

und Bedienung. Uns interessiert<br />

vor allem die Frage, ob<br />

der ominöse 600er-Rotstift<br />

auch den Weg zum Leistungsprüfstand<br />

des ölgekühlten.<br />

TSCC-Vierventilers gefunden<br />

hat. Ein Blick unter die Seiten- '<br />

teile der Verkleidung offenbart<br />

einen alten Bekannten. Oder<br />

besser gesagt, den Sprößling<br />

eines alten Bekannten. <strong>Der</strong><br />

599,2-ccm-Vierzylinder ent-<br />

spricht in allen Konstruktionsdetails<br />

dem 87er-GSX-750-R-<br />

Triebwerk. Bei gleichem Hub<br />

wie die 750er begnügt sich die<br />

600er mit 62,6 mm Bohrung,<br />

dafür wurde bei Ventil- und Vergaserbestückung<br />

aus dem Vollen<br />

geschöpft. 31-mm-Gleichdruck-Mikunis<br />

fördern das Gemisch<br />

durch 23-mm-Einlaßven-

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