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371 Stadtmagazin September 2020

Stadtmagazin Chemnitz September 2020, Chemnitz NEWS

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Um die Kunst der „GEGENWARTEN“ zu sehen, muss

man keine Schwellenängste überwinden, wie beim

Gang ins Museum. Man bekommt die Werke serviert,

wenn man auf Arbeit fährt, spazieren geht

oder Brötchen beim Bäcker holt. Und wenn einem

ein im Schillerplatz ausgelegter Karl-Marx-Darm

rasend vor Wut macht, dann gefällt vielleicht

etwas Anderes. Zum Beispiel die Glockenspiel-

Sound-Installation von Olaf Nicolai im Turm des

Neuen Rathauses oder der Film „Die Untoten“

von Tobias Zielony, der im Erdgeschoss des Tietz

gezeigt wird und sich auf ironische Art und Weise

mit den Taten des NSU auseinandersetzt. Politisch

ist auch die Antifa-Ausstellung des Peng.

Collectives. Sie präsentiert zehn Exponate, die

unterschiedliche antifaschistische Aktionen in

Sachsen und Deutschland verdeutlichen.

Es ist fast schon absurd, wie anders die bespielten

Plätze auf mich als Ur-Chemnitzerin wirken,

obwohl ich sie schon tausendmal besucht habe.

Kunst im öffentlichen Raum macht etwas mit

einem Ort, verändert ihn. Ich fühle mich wie

eine Touristin in einer anderen Stadt, meine

Augen sehen die längst bekannte Umgebung

völlig neu. So gibt es beispielsweise das Projekt

„9 Neue Gärten“ auf dem Platz an der alten Post.

Die Gartenkünstler*innen nutzten bereits vorhandene

Betonkästen, die sie zu Pflanzenkübeln

umfunktionierten. Durch ihre Kunst rufen sie

vergessene Elemente öffentlicher Plätze wieder

ins Gedächtnis. Die urbanen Gärten dürfen

selbstverständlich abgeerntet werden und laden

außerdem durch Sitzmöglichkeiten zum Verweilen

ein. Damit hauchen die Künstler*innen dem vergessenen

Platz an der alten Post wieder neues

Leben ein. Und ungewöhnlich schön ist das auch

– ein Kürbis auf Asphalt-Fußboden.

Wer nun immer noch vor Wut schnaubt und mit

zittrigen Fingern einen „Kunst kommt von können

und nicht von wollen, sonst hieße es ja Wunst“-

Kommentar ins Internet reinhacken will, der

sollte sich kurz besinnen. Die „GEGENWARTEN“

gehen nur bis zum 25. Oktober. Also immer mit

der Ruhe. Danach ist alles wieder verschwunden.

Man könnte seine Wut auch in etwas Produktiveres

und Nachhaltigeres lenken, zum Beispiel

in Kunst.

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