02.09.2020 Aufrufe

371 Stadtmagazin September 2020

Stadtmagazin Chemnitz September 2020, Chemnitz NEWS

Stadtmagazin Chemnitz September 2020, Chemnitz NEWS

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Lieber Herr Kummer, aktuell tobt in Chemnitz

ein harter Kampf über das, was Kunst ist und

was nicht. Könnten Sie bitte mal ein Machtwort

sprechen und das ein für alle Mal erklären?

LETZTE

FRAGE

Herr Kummer gibt Antwort

Zunächst möchte ich die Gelegenheit nutzen, um

zu erwähnen, dass die Holzbank vor dem smac

Museum fast 100 000 Euro gekostet hat. Einhunderttausend

Euro! Von diesem Geld hätte man für

bedürftige Grundschüler 147 000 Packungen Vollmilch

kaufen können oder einen Meter Autobahn

auf der Strecke Chemnitz-Leipzig. Diese Bank ist,

wie auch das Auto im Schlossteich, der angemalte

Eins-Energie-Schornstein und der Karl-Marx-Darm

am Schillerplatz, keine Kunst.

Richtige Kunst muss nämlich allen und jedem

gefallen. Ein gutes Werkzeug, um die Popularität

eines Kunstwerkes zu erkennen, sind zum Beispiel

Online-Abstimmungen und Diskussionen in den

sozialen Netzwerken. Ungefiltert kommt hier die

unbestechliche Volksmeinung zur Geltung. Hier

sollte entschieden werden, welche Werke in den

öffentlichen Raum gelangen dürfen.

Allgemein anerkannte Kunst ist meist etwas älter.

Sie sollte unbedingt preiswert und optimalerweise

von einheimischen Kreativ-Handwerkern hergestellt

sein. Kunst ist natürlich auch, wenn man etwas

beim besten Willen nicht selber machen kann. Ein

Auto versenken oder die Bazillenröhre lila anstreichen

kann jeder. Einen riesigen Karl-Marx-Kopf mal

eben im Hobbykeller oder der Garage modellieren ist

unmöglich. Deshalb ist das Marx-Monument Kunst.

Ein wichtiges Kriterium, um Kunst zu erkennen ist

auch, dass man sie sofort begreift und versteht.

Nehmen wir den neu errichteten Saxonia-Brunnen

am Johannisplatz. Hier handelt es sich ohne Zweifel

um Kunst. Der Betrachter erkennt sofort, die

Dame mittig auf dem Sockel, mit dem Zuckerstreuer

auf dem Kopf, ist unser schönes Sachsen. Spinnerin und

Schmied, die beiden seitlichen Bronzeplastiken

symbolisieren die Textilindustrie und den Maschinenbau

von Chemnitz. Leider stammen die Entwürfe

und Modelle für den Brunnen aus Dresden, und die

Bronzefiguren wurden in Polen gegossen, aber wir

wollen nicht kleinlich sein, zumal der große Kunstmäzen

und Architektur-Guru Claus Kellnberger die

Kosten für den Wiederaufbau dieses zauberhaften

Ensembles übernahm.

Richtig gute Kunst waren auch die Kaiser Wilhelm-,

Bismarck- und Moltke-Denkmäler auf dem Chemnitzer

Marktplatz. Diese, nach dem Zweiten Weltkrieg

zerstörten Werke, könnten ja nach Vorlage alter

Postkarten weitestgehend originalgetreu nachempfunden

werden, und die Mitte unserer Stadt,

wie in guten alten Zeiten, verschönern. Falls sich

keine Chemnitzer Firma findet, die die drei deutschen

Helden in Bronze gießen kann, empfehle ich

die Mansudae Fabrik im nordkoreanischen Pjöngjang.

Hier arbeiten rund um die Uhr 4000 Maler,

Bildhauer und Kunsthandwerker. Diese fleißigen

Arbeiter können wirklich alles. Hier kommt Kunst

noch von Können! Monumentale Statuen, mächtige

Schnitzereien oder großformatige Blumenstilleben,

hier hätte Chemnitz schon längst ein paar schöne,

dekorative Kunstwerke für den öffentlichen Raum

bestellen können.

i

Auch ein Frage an Herrn Kummer? Dann

schreibe an: letztefrage@371stadtmagazin.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!