Kirche in bewegten Zeiten - Bibli.com

Roter Hahn und grüner Fisch
durch Gemeindepastoren weiterführen zu lassen, erhebt sich offener Protest der
Regionalkonferenz der ESG in Bremen, Niedersachsen und Nordhessen: ‚Es ist
geradezu grotesk‘, (…) ‚daß ausgerechnet in dieser von wachsenden Schwierigkeiten
gekennzeichneten Phase, die insbesondere für Studenten in verstärktem
Maße soziale und psychische Belastungen mit sich bringt, erfahrene Studentenpfarrer
abgezogen und die Stellen verkleinert werden sollen.‘ 14
Die plötzliche Häufung von Neubesetzungen an mehreren Orten wird als Umbruch
und Eingriff erlebt. Helmut Zeilinger, Studentenpfarrer in Göttingen, gibt
in der Zeitschrift Junge Kirche 1975 unter der Überschrift Liquidierung der
Evangelischen Studentengemeinde? 15 eine Übersicht über das Ausmaß. Zeilinger
spricht von einer abgesprochenen Strategie, mit der die Kirche (...) von außen
autoritär eingegriffen habe. 16 Besonderes Aufsehen hatte die Situation in Hamburg
erregt, wo der Kirchenrat im Juli 1975 mit einer Reihe von Beschlüssen die
Beendigung der Tätigkeit der drei Studentenpfarrer sowie eine radikale Kürzung
von Räumen und Mitteln vorgesehen hatte. Den amtierenden Studentenpfarrern
wurde dies während der Sommerpause im August lapidar mitgeteilt; ein Hochschulpastor
sollte fortan ihre Arbeit ersetzen. 17 Hermann Bergengruen erklärte
gegenüber der Presse, dies sei in Hannover undenkbar, da die hannoversche Kirchenleitung
sich angemessener verhalte. Dem epd beschrieb Bergengruen das
Anliegen der ESG Hannover als ein Bemühen, linke Außenseiter im Hochschulbereich
zu integrieren, indem sie ihnen die Möglichkeit biete, ihre Ziele darzustellen.
Diese Integrationsaufgabe gehöre direkt zum Auftrag der Kirche. (…)
Zu dem Vorwurf, die ESG habe sich isoliert und sei zur Sekte geworden, erklärte
Bergengruen, es sei zu Fragen [sic], ob in Hamburg nicht vielmehr die Kirchenleitung
die ESG isoliert und ‚in die Ecke gestellt‘ habe. 18
Nicht nur über Sachfragen, vor allem über Personen wird gestritten. In Oldenburg
engagiert sich im Mai 1974 Studentenpfarrer Hans-Dieter Hüttmann anlässlich
der fristlosen Entlassung des Westersteder Lehrers und DKP-Mitglieds
Hans-Joachim Müller aus dem Schuldienst zur Frage der Berufsverbote und
sorgt damit für erhebliche Unruhe. 19 Auch im Blick auf den Pfarrberuf wird das
14 Evangelische Zeitung vom 26.05.1974, LkAH E 33a Nr. 320.
15 Helmut ZEILINGER: Liquidierung der Evangelischen Studentengemeinde?, in: Junge Kirche
36/1975, S.20-30; 91-98.
16 Zeilinger (wie Anm. 15), S. 21. – Einen Überblick über weitere Konfl ikte in: DER SPIEGEL Nr.
48/1977, S. 119-124, LkAH E 33a Nr. 405; „Christen gegen Sozialismus?“, Frankfurter Rundschau
3.4.1979, LkAH E 33a Nr. 406.
17 „Dokumentation über die Maßnahmen des Hamburger Kirchenrats gegen die Evangelische Studentengemeinde
Hamburg“, LkAH E 33a Nr. 134; Epd-Dokumentation Nr. 38a/75 „Hamburg:
Hochschulpfarramt ersetzt Studentenpfarrer“, LkAH E 33a Nr. 320.
18 Epd Nr. 141/75 vom 28.8.1975, LkAH E 33a Nr. 320.
19 Schreiben der Evangelischen Studentengemeinde Oldenburg vom 20. Mai 1974, LkAH E 33a Nr. 382.
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