Kirche in bewegten Zeiten - Bibli.com

Roter Hahn und grüner Fisch
mangelnder Beteiligung auch keine Gottesdienste mehr feierte 8 , wird noch erschwerend
hinzugekommen sein.
Zu jener Zeit sind in Hannover zwei Studentenpfarrer tätig. Im Januar 1973
kündigt Pastor Eberhard Chappuzeau dem MAK für den Sommer des Jahres
seinen Weggang an. Das Ringen um die Wiederbesetzung seiner Stelle und
später die Grundsatzfrage nach der Ausrichtung der Arbeit in der ESG hat
nicht nur die hannoversche Studentengemeinde, sondern die gesamte Landeskirche
und eine deutschlandweite Öffentlichkeit über mehr als ein Jahrzehnt
beschäftigt. Denn für die freie Stelle fand sich kein geeigneter Bewerber – aus
Sicht des Landeskirchenamts. Anders sah das der MAK, der seinerseits die
Suche nach potenziellen Kandidaten aufnahm. Bei einem Treffen zwischen
Vertretern von MAK und Landeskirchenamt im November 1973 spricht das
Landeskirchenamt von zwei Bewerbern, die allerdings die Arbeit in der ESG
nur zusammen antreten wollten. 9 Dieses war, da weder Hermann Bergengruen
noch die Vertreter der Studentengemeinde einen Wechsel Bergengruens im
Blick hatten, keine ernsthaft zu erwägende Möglichkeit. Der MAK nimmt
beide Kandidaten dennoch in Augenschein und schlägt anschließend dem
Landeskirchenamt drei andere Personen vor, darunter die in Aarhus lebende
Theologin Gretchen Klotz, Ehefrau von Rudi Dutschke, und Lienhard Böhning,
Diplompädagoge aus Lüneburg. Weil nach den Grundsätzen der Landeskirche
für die Besetzung der Stelle jedoch nur solche Kandidaten in Betracht
kommen, die die komplette Ausbildung für den Pfarrberuf durchlaufen haben,
der Landeskirche angehören und auf eine mindestens fünfjährige Gemeindepraxis
zurückblicken können, 10 reduziert sich die Bewerberzahl schnell. Der
Hinweis auf solche formalen Kriterien wirkt für die ESG wie ein Rückzug auf
Äußerlichkeiten und führt unmittelbar zu der Vermutung, man wolle unliebsame
Interessenten von vornherein ausschließen. Die Stelle blieb also vakant;
die Dienstwohnung Chappuzeaus im Haus der ESG in der Ludwig-Bruns-Str.
9-11 stand leer.
Dies ändert sich am 22. Mai 1974: Fünf Mitglieder des MAK ziehen in die
Dienstwohnung ein und erklären: Angesichts der bekannten schlechten Wohnungssituation
der Stundenten [sic] ist es unverantwortlich, eine Wohnung in
einem Haus, das für Studenten da sein soll, noch länger leerstehen zu lassen.
Wir selbst suchen schon seit einiger Zeit eine Wohnung. Indem wir nun direkt in
der ESG wohnen, ist uns eine effektive Mitwirkung an der ESG-Arbeit möglich.
8 Bergengruen (wie Anm. 4), S. 71.
9 ESG Hannover Info Nr. 7, 12.12.1973, LkAH E 33a Nr. 319.
10 So Hans-Joachim Rauer im mündlichen Bericht des Landeskirchenamts betr. die Situation in
der ESG Hannover, in: 19. LANDESSYNODE der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, II. Tagung
vom 22. bis 26. November 1977. Niederschrift über die 9. bis 18. Sitzung geschehen im großen
Schwesternsaal des Henriettenstiftes zu Hannover, Band 3, S. 222.
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