Kirche in bewegten Zeiten - Bibli.com

Roter Hahn und grüner Fisch
Tagungsband dokumentiert die unterschiedlichen Zugänge der Teilnehmenden.
Präses i.R. D. Hans Thimme weist in seinen abschließenden Bemerkungen auf
fünf Bereiche hin, in denen die Diskussion fortzusetzen wäre 82 : 1. die Wahrnehmung
der Situation an den Hochschulen durch die Kirche, 2. die Situation
der Studenten, 3. die Lage des Studentenpfarrers. Hierzu schreibt Thimme: Er
befi ndet sich (…) gewissermaßen in einer Vorpostensituation besonderer Art
und bedarf deswegen dringlich der tragenden Hilfe des Verständnisses und des
Vertrauens seiner Landeskirche. (…) Es muß verhindert werden, daß ein Studentenpfarrer
in der exponierten Situation seines Dienstes an der Hochschule
in ein Zwielicht gerät, das sich allzuleicht auch daraus ergeben kann, daß
seine Sondersituation nicht hinreichend verstanden und gewürdigt wird. 83 Unter
4. wird die Studentengemeinde beschrieben als Gemeinde Jesu Christi an der
Hochschule. Das schließt auf der einen Seite ein unheimliches Risiko und auf der
anderen Seite eine große Chance ein. Mit der Situation einer Ortsgemeinde ist
die Studentengemeinde kaum vergleichbar. In der ökumenischen Diskussion hat
man im Unterschied zur Parochialgemeinde zur Kennzeichnung ihrer Sonderexistenz
den Begriff der Paragemeinde eingeführt. Wichtig ist, daß der Studentengemeinde
in dieser Lage ein besonderer Freiraum des Experimentierens und
des Wagnisses zugestanden wird. 84 Schließlich wird 5. die Notwendigkeit einer
vertrauensvollen Kommunikation zwischen Landeskirchen, EKD und Studentengemeinden
festgestellt.
Damit sind die wesentlichen Aspekte genannt, die bis heute in der Arbeit der
Studierenden- und Hochschulgemeinden zu bedenken sind. Die Orientierung an
der spezifi schen Lebens- und Arbeitssituation der Studierenden und Hochschulangehörigen
ist die besondere Aufgabe und Herausforderung dieser Arbeit. Dort,
wo sie verantwortungsbewusst wahrgenommen wird, entsteht Gemeinde – auch
jenseits der Parochie.
Die autonome ESG in Hannover stellt im November 1985 ihre Arbeit ein. Ein
Flugblatt mit der Überschrift „ESG Roter Hahn Hannover verabschiedet sich“
erklärt: Seit 1977 gibt es in Hannover eine autonome evangelische Studentengemeinde.
Damals wurde die ESG von landeskirchlicher Gewalt aus ihrem Haus
geworfen und gezwungen, ohne Unterstützung, fi nanziell und personell, als autonome
Gemeinde weiterzuarbeiten. Es erwies sich jedoch auch als Vorteil, daß die
Mitarbeiter, Studenten und Nicht-Studenten, Christen, Anders- und Ungläubige,
evangelische Studentenarbeit ohne Bevormundung durch die Kirchenleitung
verwirklichen konnten, auf sich gestellt, nach eigenen Vorstellungen. Sie konnten
82 Hans THIMME: Folgerungen für die christliche Gemeinde, Folgerungen für die Hochschule, in:
Evangelium – Kirche – Institution (wie Anm. 27), S. 134-140.
83 Thimme (wie Anm. 82), S. 137.
84 Thimme (wie Anm. 82), S. 138.
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