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Sprachrohr-September-2020

Stadtkreiszeitung Winterthur Mattenbach

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Gastbeitrag Kunst

Gastbeitrag Kunst

Der Schatz im Römerholz – ein Highlight für Kunstfans

Gib mir einen Korb!

Das Picknick liegt seit Corona voll im Trend. Dabei ist die Idee vom Picknick im Grünen nicht gerade

neu. Le Dejeuner sur l’herbe war in der französischen Kunst zur Zeit der Impressionisten ein beliebtes

Motiv. Neu ist dagegen die Idee, die Museumsbesucher mit einem schön gepackten

Picknickkorb thematisch verknüpft mit den Werken der Sammlung in den hauseigenen Garten

einzuladen.

Mit einem Picknickkorb á

la Claude Monet, bestückt

mit Baguette, Käse, Saisonfrüchten,

kalter Gurkensuppe

sowie Kaffee und

Gebäck lässt es sich gut

aushalten unter dem alten

Apfelbaum.

Édouard Mane, Le_Déjeuner sur l'herbe, Foto: wikipedia commons

Mit flauschiger Decke, Kissen und einem

kulinarisch ansprechenden Korb,

wählt man sich ein Plätzchen unter alten

Obstbäumen. Gerade hat man noch

die Werke von Manet, Renoir oder einem

frühen Picasso bestaunt, lässt

man nun den Blick über die wilde Blumenwiese

schweifen und packt gespannt

den Picknickkorb aus. Diese

Idee wurde in der Sammlung Oskar

Reinhart lange vor Corona geboren und

entwickelt sich nun mit Corona zu einem

wahren Besucher-Liebling.

Kunst statt Kolonialwaren – Die

erstaunliche Sammlung des Oskar

Reinhart

Der schweizer Kunstsammler Oskar

Reinhart genoss nachmittags gerne einen

Kaffee in seinem Garten. Kein

Wunder, seine Familie beherrschte Ende

des 19. Jahrhunderts mit dem Handel

von Kolonialwaren zeitweise 80

Prozent des weltweiten Kaffeehandels.

Später waren sie grosse Player im

Baumwollhandel. So konnte sich der

junge Oskar Reinhart mit Anfang

zwanzig schon auf den Berufswunsch

Kunstsammler festlegen. Ganz aus dem

Familienunternehmen zurückziehen

durfte er sich aber erst mit 39 Jahren.

So erwarb er 1924 die Villa am Römerholz

in Winterthur und machte sie zu

seinem Wohnsitz und dem ersten Aufbewahrungsort

seiner Sammlung.

Der Schatz im Römerholz – ein

Highlight für Kunstfans

Einmal angekommen in der erhöht gelegenen

Villa am Stadtrand von Winterthur,

hat man beim Gang durch die

Ausstellungsräume schnell das Gefühl,

einen wahren Geheimtipp entdeckt zu

haben. Alle Zweifel, die sich auf der

halbstündigen Zugfahrt aus Zürich

kommend noch eingestellt hatten, sind

verflogen. Dieser Ausflug lohnt! Oskar

Reinharts grosses Interesse als Sammler

galt den Impressionisten. Die meisten

Werke erwarb er in den 1920er und

1930er Jahren. Hoch ist die Dichte der

Renoirs, Manets und Cezannes in den

wunderschön vertäfelten und mit

atemberaubenden Parkettarbeiten ausgestatteten

Räumen. Es gab eine Zeit,

so erzählt die stellvertretende Museumsleiterin

Katja Baumhoff, in der

kam auf 1.000 Einwohner von Winterthur

ein Renoir.

Aber Reinhart sammelte auch Alte

Meister wie Cranach, Bassano und Goya.

In ihren Werken sah er eine Verbindung

zu der malerisch-ästhetischen

Qualität der Impressionisten. Sein Ehrgeiz

war es, stets nur die besten zu seiner

Zeit erreichbaren Meisterwerke zu

erwerben. Seine kaufmännische

Grundausbildung half, das hoch gesteckte

Ziel auch umzusetzen. Reinhart

trug Werkgruppen europäischer

Kunst zusammen, die weltweit zu den

Besten gehören.

Gib mir einen Korb! Picknicken

liegt im Trend

Mit einem Picknickkorb á la Claude

Monet, bestückt mit Baguette, Käse,

Saisonfrüchten, kalter Gurkensuppe

sowie Kaffee und Gebäck lässt es sich

gut aushalten unter dem alten Apfelbaum.

Katja Baumhoff erzählt, dass die

Idee zum Picknick im Park keineswegs

aufgrund von Corona-Kalamitäten ersonnen

wurde. Sie passte einfach zum

Haus: Weil der Garten ein Lieblingsplatz

von Oskar Reinhart war, weil die

Sammlung mit den Bildern der Impressionisten

dieses Gefühl vorlebt und

weil die Villa mit Garten auch als Gesamtkunstwerk

zu verstehen ist und

man daher den Garten für Besucher

stärker öffnen wollte.

Als Picknicker kann man sich zu zweit

oder als Gruppe kulinarisch der Kunst

nähern. Während Claude Monet, wie

beschrieben, typisch französisch daherkommt,

ist der Picknickkorb des

Pieter Bruegel mit gekochten Eiern,

Speck, Salami und Bier weitaus herzhafter.

Pablo Picasso fährt Oliven,

Gazpacho, Manchego und Chorizo auf,

während Pierre-Auguste Renoir einen

klassischen Kaffee mit Kuchen im Gepäck

hat. Auf Wunsch können die Körbe

mit Wein oder Prosecco aufgerüstet

werden. Die Sammlung Oskar Reinhart

hat seit Beginn der Corona Epidemie

mehr als 100 % Steigerung bei den

Picknick-Buchungen, die mindestens

24 Stunden vor dem Arrangement im

Park vom Besucher gebucht werden

müssen.

Allein unter alten Meistern –

Social Distancing im Museum

In den Ausstellungsräumen der Sammlung

Oskar Reinhart wird mittlerweile

das dritte Sicherheitskonzept gefahren.

Katja Baumhoff ist froh, dass sie im

Inserat

Haus von der 2-Meter-Regelung auf

1,50 Meter gehen konnten. Trotzdem

bedeutet dies für manchen kleineren

Zwischenraum, dass der Besucher hier

mit den Impressionisten alleine ist.

Reisebeschränkungen auch für

Kunstwerke

Zuerst verfügte Oskar Reinhart, dass

die Kunstwerke seiner Sammlung nicht

an andere Kunsthäuser verliehen werden

sollen. Doch mehr als 50 Jahre

nach seinem Tod öffnet sich das Haus

für Leihgaben. Allerdings verschieben

sich weltweit derzeit die geplanten

Kunstausstellungen. Wertvolle Kunst

reist niemals allein. Lockdowns und

Reisewarnungen machen es fast unmöglich,

umfangreiche Werkschauen

zu organisieren. So wurde die grosse

Retrospektive zu Goya in der Fondation

Beyeler in Basel auf Oktober 2021 verschoben

und somit auch die Reise des

Stilllebens mit drei Lachsscheiben von

Winterthur nach Basel.

Statt die Werke von Goya zu zeigen,

wurde in der Fondation Beyeler in Basel

die überaus erfolgreiche Ausstellung

mit Werken des amerikanischen

Malers Edward Hopper bis Ende September

2020 verlängert. Auch hier sind

Corona-Kuriositäten zu beobachten.

Während die Kunst sich präsentiert,

maskiert sich ihr Betrachter.

www.cafe-amroemerholz.ch/unserangebot/picknick

Möchten Sie junge Menschen bei der Integration begleiten?

Ob als Tandem mit einem fremdsprachigen Kind oder als freiwillige Betreuerin,

freiwilliger Betreuer in einem unserer Sprachtreffs:

Wir freuen uns auf neue Freiwillige in den Integrationsangeboten von «mitten unter uns».

Kontaktieren Sie uns unter 044 388 25 90, informieren

Sie sich online www.srk-zuerich.ch/mitten-unter-uns

oder kommen Sie an unsere Infoveranstaltung am

Donnerstag, 17.9. um 18.30 Uhr im Bildungszentrum SRK

an der Zürcherstrasse 12 in Winterthur.

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