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FINDORFF Magazin | September - Oktober 2020

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CRICKET-TRAINER AZIZ DAWODZY<br />

Weltweit ist Cricket eine der beliebtesten Sportarten überhaupt und gibt vielen geflüchteten Menschen ein Stück Heimat, wie auch Aziz Dawodzy, der bereits in<br />

Afghanistan Cricket in der U14-Nationalmannschaft spielte<br />

Hierzulande ist es Nischensport, weltweit eine der beliebtesten<br />

Sportarten überhaupt. Die Rede ist natürlich von Cricket. Speziell<br />

vielen geflüchteten Menschen gibt der Sport ein Stück (alte) Heimat<br />

und etwas, das man auf Anhieb versteht. Zum Neustart der<br />

Cricket Saison interviewte Finn Stark, Sportlotse beim Stützpunkt<br />

SG Findorff, den Star-Batsman seines Vereins.<br />

Finn Stark: Könntest du dich zu Beginn kurz vorstellen und ein<br />

wenig über dich erzählen?<br />

Aziz Dawodzy: Klar. Ich bin Aziz Dawodzy, bin 22 Jahre alt, komme aus<br />

Afghanistan und bin seit fünf Jahren alleine in Deutschland. Ich habe hier<br />

in Bremen meinen Abschluss nachgeholt und hatte auch bereits eine Ausbildung<br />

als Pflegehelfer begonnen. Ich werde im <strong>Oktober</strong> allerdings eine<br />

Ausbildung zum Krankenpfleger in der Notaufnahme beginnen. In meiner<br />

Freizeit liebe ich es, Cricket zu spielen, gehe Schwimmen und lese Bücher,<br />

vor allem über die afghanische Geschichte.<br />

Gibt es besondere Erfahrungen oder Erlebnisse die dir im Gedächtnis<br />

geblieben sind?<br />

Ja, da gibt es einige. Ich war in Afghanistan in der U14 Cricket-Nationalmannschaft<br />

und dachte eigentlich bei meiner Flucht, ich würde nie wieder<br />

Cricket spielen. 2015 bin ich dann zur SG Findorff gekommen und<br />

war 2017 in der U19 Nationalmannschaft. In demselben Jahr bin ich auch<br />

Kapitän der Nationalmannschaft geworden. Außerdem darf ich hier in<br />

Findorff die Frauen- und Kindermannschaft trainieren. Das ist für mich<br />

auch ein ganz besonderes und schönes Erlebnis.<br />

Am Thema Cricket geht ja kaum etwas vorbei, was bedeutet Crikket<br />

für dich persönlich?<br />

Cricket ist mein Leben und alles für mich! Die Mannschaft der SG Findorff<br />

ist wie eine Familie. Ich bin unglaublich glücklich. Das Training macht<br />

sehr viel Spaß.<br />

Und wie geht es dir bei uns im Verein?<br />

Der Vorstand ist sehr freundlich und immer hilfsbereit, genauso wie die<br />

Spieler. Ich verstehe mich auch sehr gut mit den Trainern und mache viel<br />

mit ihnen. Alle sind sehr tolle Menschen. Wir sind hier wirklich alle wie<br />

eine große Familie.<br />

Wie war deine Reise in den letzten Jahren für dich?<br />

Ich konnte viel lernen. Ich habe hier in Bremen sehr viel von den Menschen<br />

gelernt. Die Leute hier sind sehr freundlich, respektvoll und hilfsbereit.<br />

Als ich hier kurz nach meiner Flucht noch zur Schule ging, war<br />

meine Lehrerin sehr zuvorkommend und hat mir bei vielen Dingen geholfen.<br />

Die Zeit in der Schule war anstrengend, aber auch sehr wichtig.<br />

Ich konnte die Schule zum Glück sogar mit einem 2er -Durchschnitt beenden.<br />

Ich habe in Deutschland auch schon vor Corona im Job viel über<br />

Hygiene und Sauberkeit gelernt. Im Sport lerne ich vor allem sehr viel<br />

über Respekt.<br />

Gab es in der Zeit auch Rückschläge für dich?<br />

Aufgrund von persönlichen Problemen musste ich leider meine Ausbildung<br />

abbrechen. Zum Glück kann ich nun allerdings eine Neue beginnen.<br />

Außerdem hatte ich eine Leisten- und Rückenverletzung. Ich konnte<br />

deshalb ein Jahr lang gar keinen Sport machen und bin leider auch noch<br />

nicht wieder komplett fit. Ich kann zwar spielen, allerdings häufig noch<br />

mit Schmerzen und teilweise brauche ich noch Pausen.<br />

Hast du in Bremen bisher Formen der Diskriminierung erlebt?<br />

Nein, gar nicht. Bremen war sehr offen und hat mich gut aufgenommen.<br />

Ich kann ganz klar sagen, dass ich vollkommen zufrieden mit Bremen und<br />

der SG Findorff bin.<br />

So etwas ist nicht selbstverständlich, aber freut mich sehr! Vielen<br />

Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, Aziz.<br />

Auf seiner Flucht wusste Aziz Dawodzy noch nicht, wo es überhaupt hingehen<br />

würde. Seine Reise zog sich am Ende über sieben Monate, von<br />

denen er häufig über zehn Stunden täglich zu Fuß unterwegs war. In den<br />

letzten Jahren wuchs die Begeisterung für den Cricketsport auch durch die<br />

vorübergehend erhöhte Zahl an geflüchteten Menschen deutschlandweit<br />

an. In den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der im Verein organisierten<br />

Cricketspieler*innen auf rund 6000 vervierfacht. Der Stützpunkt SG<br />

Findorff hat sich 2013 dem damals neuen Projekt Cricket angenommen.<br />

Nach einer Schul-AG und frischem Trainerschein setzten sich Nisar Tahir<br />

und ihr Mann Muhammad mit der SG Findorff zusammen. Mit jeder<br />

Menge Motivation und gegenseitigem Vertrauen stemmte man mit Start-<br />

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<strong>FINDORFF</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>September</strong> - <strong>Oktober</strong> <strong>2020</strong>

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