SB_18710NLP
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2017<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Zerstörungsfreie ln-Situ-<br />
Überwachung zur<br />
Optimierung der<br />
Schichtmorphologie bei<br />
Plasma-, Lichtbogendrahtund<br />
HVOF-basierten<br />
Prozessen (OptiMorph)
Seite 4 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.710 N<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Zusammenfassung ................................................................................................................ 3<br />
2. Zusammensetzung des projektbegleitenden Ausschusses .................................................. 5<br />
3. Forschungsziel und angestrebte Forschungsergebnisse ...................................................... 6<br />
3.1. Forschungsziel ............................................................................................................... 6<br />
3.2. Arbeitshypothese ........................................................................................................... 6<br />
3.3. Angestrebte Forschungsergebnisse .............................................................................. 7<br />
3.4. Stand der Technik .......................................................................................................... 7<br />
4. Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung ...................................... 11<br />
4.1. Wissenschaftlich-technische Problemstellung ............................................................. 11<br />
4.2. Wirtschaftlicher Nutzen für KMU .................................................................................. 12<br />
5. Planung und Ablauf des Vorhabens, Änderungen gegenüber Arbeitsplan ......................... 13<br />
6. Durchgeführte Arbeiten und erzielte Ergebnisse ................................................................ 15<br />
6.1. Identifikation von Schwerpunktprozessen (AP 1) ........................................................ 15<br />
6.2. Definition der Messgrößen (AP 2) ................................................................................ 18<br />
6.3. Kalibrierung der Hochfrequenzimpulsmessung und des magnetischen<br />
Barkhausenrauschens (AP 3) ................................................................................................. 21<br />
6.4. Typische Fehler bei thermisch gespritzten Schichten zur Prozessquantifizierung (AP 4)<br />
24<br />
6.5. Signaltheoretische Aufarbeitung (AP 5) ....................................................................... 27<br />
6.6. Aufbau einer Musterdatenbank (AP 6) ......................................................................... 30<br />
6.7. Validierung in der Industrie (AP 7) ............................................................................... 33<br />
7. Zusammenfassende Bewertung der Ergebnisse ................................................................ 38<br />
8. Darstellung des Wissenschaftlich-Technischen und Wirtschaftlichen Nutzens .................. 39<br />
8.1. Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen .......................................... 39<br />
8.2. Wirtschaftliche Bedeutung der angestrebten Forschungsergebnisse für KMU ........... 39<br />
9. Verwendung der Zuwendung .............................................................................................. 40<br />
10. Erläuterung der Notwendigkeit und Angemessenheit der geleisteten Arbeit .................. 42<br />
11. Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft .................................................................... 43<br />
12. Einschätzung zur Realisierbarkeit des Transferkonzepts ................................................ 43<br />
13. Übersicht der aus dem Forschungsprojekt entstandenen, eingereichten<br />
Veröffentlichungen ..................................................................................................................... 44<br />
13.1. Eingereicht und veröffentlicht ................................................................................... 44<br />
13.2. Ausstehend .............................................................................................................. 44<br />
15. Literaturverzeichnis ......................................................................................................... 45
Seite 6 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.710 N<br />
3. Forschungsziel und angestrebte Forschungsergebnisse<br />
3.1. Forschungsziel<br />
Ziel des Forschungsprojekts war die Realisierung eines Systems zur Qualitätssicherung für die<br />
Verfahrensfamilie thermisches Spritzen durch Kombination einer In-Situ-Körperschallanalyse<br />
(Hoch-Frequenz-Impuls-Messung; HFIM) mit einer Anwendung zur zerstörungsfreien<br />
Schichtcharakterisierung auf Basis mikromagnetischer Werkstoffeigenschaften (Magnetische<br />
Barkhausenrauschen-Analyse; MBA). Auf Grundlage einer experimentellen Charakterisierung<br />
unterschiedlicher Werkstoff-Verfahrens-Kombinationen soll ein Mess- und Prüfkonzept für die<br />
prozessbegleitende Vollprüfung thermisch gespritzter Schichten erarbeitet werden, das zur<br />
Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit kleiner und mittelständischer Unternehmen (KMU) durch<br />
Senkung von Fehlerfolgekosten beiträgt. Die erzielten Ergebnisse sollen als Datenbasis zur<br />
Erstellung einer Musterdatenbank genutzt und diese über Transfermaßnahmen den KMU<br />
zugänglich gemacht werden.<br />
3.2. Arbeitshypothese<br />
Die Formulierung des Forschungsziels basiert auf den folgenden Annahmen:<br />
1. Thermische Eigenspannungen bedingen die Bildung von Mikro- und ggf. Makrorissen während<br />
oder unmittelbar nach der Applikation Thermischer Spritzschichten, die nicht ohne Zuhilfenahme<br />
aufwändiger (ggf. zerstörender) Prüftechnik nachgewiesen werden können und die<br />
Schichtfunktionalität erheblich beeinträchtigen.<br />
2. Für eine gegebene Werkstoff-Verfahrens-Kombination existiert ein Prozessfenster, in dem<br />
derartige Defekte induziert werden. Durch Variation der Prozessparameter können Schichten mit<br />
unterschiedlichen Schädigungsgraden erzeugt werden.<br />
3. Die Rissbildung hat die Ausbreitung eines Körperschallimpulses zur Folge, der mittels<br />
geeigneter Sensortechnik im Beschichtungsprozess (online) detektiert und quantitativ<br />
ausgewertet werden kann.<br />
4. Die Defekte führen zu einer Störung eines in die Schicht eingeleiteten Magnetfelds, die mittels<br />
geeigneter Sensortechnik im Anschluss an den Beschichtungsprozess (inline) detektiert und<br />
quantitativ ausgewertet werden kann.<br />
5. Die oben genannten Messsysteme generieren charakteristische Datensignaturen, die für die<br />
Anlernung einer softwarebasierten Mustererkennung herangezogen werden können. Die Mustererkennung<br />
ermöglicht eine vereinfachte Evaluierung ähnlicher Prozesse aus der Verfahrensfamilie<br />
des thermischen Spritzens.<br />
Die Überprüfung der Arbeitshypothese erfolgt anhand experimenteller Beschichtungsversuche<br />
für vordefinierte Werkstoff-Verfahrens-Kombinationen. Im Rahmen von Parameterstudien werden<br />
Parametersätze identifiziert, die einen unterschiedlich hohen Schädigungseintrag in die<br />
thermische Spritzschicht zur Folge haben. Für ausgewählte Parametersätze werden instrumentierte<br />
Messkampagnen gefahren und die mittels HFIM und MBA erzielten Ergebnisse mit<br />
konventionell erhobenen Kenngrößen korreliert. Als Referenz dienen unter anderem Härte- und<br />
Schichtdickenmessungen sowie licht- und elektronenoptische Untersuchungen zur Bestimmung
Seite 7 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.710 N<br />
der Rissdichte. Die Versuchsergebnisse sollen final aufbereitet und in Form einer Musterdatenbank<br />
in die zu entwickelnde Prüfstrategie integriert werden. Genauere Angaben zur Vorgehensweise<br />
und den verwendeten Messsystemen sind im Verlauf dieses Abschlussberichtes dokumentiert.<br />
3.3. Angestrebte Forschungsergebnisse<br />
Im Rahmen dieses Forschungsvorhabens werden folgende Ergebnisse angestrebt:<br />
1. Die Ertüchtigung der Messsysteme HFIM und MBA für die Anwendung im Rahmen einer<br />
Qualitätsüberwachung von thermischen Spritzprozessen. Die Prüfung der thermischen<br />
Spritzschichten soll zerstörungsfrei und – im Fall der HFIM – in-situ erfolgen.<br />
2. Bereitstellung einer Datenbasis zur Erreichung des Teilziels Pkt. 1 anhand von experimentellen<br />
Untersuchungen an den Werkstoff-Verfahrens-Kombinationen gemäß Tab. 1.<br />
Tab. 1: Werkstoff-Verfahrens-Kombinationen für zur Generierung der Datenbasis<br />
Prozess LiBo HVOF APS<br />
NiCrBSi NiCrBSi NiCrBSi<br />
Werkstoffe<br />
Cr3C225NiCr Cr3C225NiCr Cr3C225NiCr<br />
PbA bestimmt PbA bestimmt PbA bestimmt<br />
Auf Grundlage einer Korrelation der Messdaten aus HFIM und MBA unter Einsatz konventioneller<br />
Charakterisierungsmethoden (Härteprüfung, optische Analyse) getätigter Referenzmessungen,<br />
soll ein grundlegendes Verständnis bezüglich der Sensitivität der HFIM und MBA für typische<br />
Schädigungsmechanismen (Abkühlungsrisse) im Thermischen Spritzen erarbeitet werden.<br />
3. Eine Musterdatenbank zur Detektion und Qualifizierung von Inhomogenitäten in Thermischen<br />
Spritzschichten durch Aufbereitung und Zusammenführung der erzielten Versuchsergebnisse<br />
(Teilziel Pkt. 2).<br />
Zielsetzung des Forschungsvorhabens ist die Erschließung neuer Anwendungsmöglichkeiten für<br />
die Messsysteme HFIM und MBA sowie die Erarbeitung neuer Methoden zur Qualitätssicherung<br />
für die Verfahrensgruppe des thermischen Spritzens. Mit der Arbeit soll ein Beitrag zu einer<br />
Erweiterung des gegenwärtigen Stands der Technik bzgl. des Einsatzes von Messtechnik in<br />
thermischen Spritzprozessen geleistet werden.<br />
3.4. Stand der Technik<br />
Neben der Durchführung von Reparaturmaßnahmen durch Aufbringen von Spritzgut auf<br />
artgleiche Substratwerkstoffe wird die Technologie des thermischen Spritzens genutzt, um Bauteile<br />
mit vorteilhaften Oberflächeneigenschaften auszustatten. Beispiele hierfür sind<br />
verschleißbeständige Hartstoff- oder chemisch inerte Keramikschichten, die die Lebensdauer und<br />
den Grad der Funktionserfüllung der Trägerkomponenten erheblich steigern. Die Funktionalität<br />
der Spritzschichten hängt in hohem Maße von der Vermeidung von Schichtfehlern wie<br />
beispielsweise Rissen und lokalen Dekohäsionen ab, die zu einem lokalen Versagen der<br />
Spritzschicht führen können [Bol06], [Lóp98].
Seite 8 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben 18.710 N<br />
Die Erbringung des Nachweises, dass eine Schicht nicht, beziehungsweise in einem vertretbaren<br />
Maß, defektbehaftet ist, erfordert hohe Investitionen in fortschrittliche Messtechnik. Zudem bedingt<br />
der Nachweis oftmals eine Zerstörung der Schicht- und des Trägermaterials oder ist aus<br />
wirtschaftlichen Gründen nicht praktikabel.<br />
Industrieunternehmen im Bereich der Spritztechnik sind grundsätzlich darauf angewiesen,<br />
ausreichendes Know-How in der Verarbeitung der Spritzzusätze vorzuhalten, um für Bauteile in<br />
der Serienproduktion nach einmaliger Parametrisierung des Prozesses prozess- und qualitätssicher<br />
beschichtet werden können. Die Erarbeitung dieses Know-Hows geschieht in aufwändigen<br />
Versuchsreihen zur Parameteridentifikation, die teilweise von den Herstellern der Spritzzusatzwerkstoffe<br />
durchgeführt werden.<br />
Gegenwärtig erfolgt die Bestimmung der Defektdichte vorwiegend manuell anhand von licht- oder<br />
elektronenoptischen Analysen als repräsentativ erachteter, metallografischer Schliffe. In<br />
Sonderfällen können offene Risse durch zerstörungsfreie Methoden wie die Farbeindring- oder<br />
elektrische Durchschlagprüfung detektiert werden. Ab einer bestimmten Auflösungsgrenze<br />
kommen ebenfalls Ultraschallverfahren in Frage. Derartige Prüfungen werden online und häufig<br />
nur anhand von Stichproben oder nur bei hochpreisigen Komponenten durchgeführt.<br />
Darüber hinaus werden vereinzelt Onlinemessungen zur Überwachung thermischer Spritzprozesse<br />
verwendet. Unter Zuhilfenahme optischer Systeme, wie Accuraspray (Tecnar Automation<br />
Ltd.) oder Visisize (Oxford Lasers), können Eigenschaften der halb- oder vollständig aufgeschmolzenen<br />
Spritzpartikel wie Geschwindigkeit, Temperatur oder Größe im Flug erfasst und<br />
online ausgewertet werden. Die erhobenen Kenngrößen können zwar in relativen Bezug zu den<br />
Schichteigenschaften wie der Härte oder der Porosität gesetzt werden [Til10], [Hus16], jedoch<br />
generieren solche Überwachungstechniken keine direkten Information über Schichtfehler wie<br />
Risse oder Dekohäsionen. Grund hierfür ist, dass die Eigenschaften des Substratmaterials und<br />
der anwachsenden Schicht (z. B. Temperatur oder Geometrie) nicht berücksichtigt werden.<br />
Entstehen am Bauteil nach dem Auftrag des Spritzzusatzwerkstoffs Schäden, wie<br />
Abkühlungsrisse oder Dekohäsionen, werden diese durch die genannten optischen Systeme<br />
nicht detektiert. Identische Partikeleigenschaften können in Abhängigkeit von der Güte der<br />
Substratpräparation zu einer technisch einwandfreien oder einer defektbehafteten Schicht führen,<br />
wobei letztere eine stark verminderte Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit aufweisen kann<br />
[Sam09]. Vor diesem Hintergrund besteht Bedarf an neuartigen Verfahren für die In-Situ-Analyse<br />
thermischer Spritzprozesse, um eine mögliche Rissentstehung und -ausbreitung frühzeitig und<br />
prozesssicher erfassen zu können.<br />
Einer der hier verfolgten Ansätze ist die Analyse akustischer Emissionen (AE), die bei einer<br />
spröden Materialreaktion (Rissbildung, Delamination) freigesetzt werden [Til13]. Die Bildung<br />
eines Anrisses in einem mechanisch überbeanspruchten festen Körper resultiert aus dem<br />
natürlichen Bestreben des Systems, seinen energetischen Zustand durch Freisetzung von<br />
gespeicherter elastischer Verformungsarbeit zu reduzieren. Im Zuge der Rissbildung wird ein Teil<br />
der freigesetzten elastischen Energie durch das feste Medium als akustische Welle übertragen.<br />
Dieser Körperschall verursacht Mikroauslenkungen an freien Oberflächen eines Körpers, die<br />
beispielsweise mittels piezoelektrischer Sensoren detektiert werden können. Das akustische<br />
Signal ist Träger von Informationen über die strukturelle Degradation des festen Körpers. Es kann<br />
in einigem räumlichen Abstand zur Quelle registriert werden, sofern eine vorteilhafte akustische<br />
Ankopplung der Sensorik gewährleistet ist.