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Juni-Juli 2008 - Lutherisch in Nordhorn

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Zum Schwerpunktthema dieser<br />

Brücke<br />

Gewalt ist e<strong>in</strong>e Sache, mit der wir leben. Der Begriff<br />

hat durchaus verschiedene Bedeutungen, <strong>in</strong><br />

der Regel fast immer negativ besetzt. Dabei gibt es<br />

durchaus positive Betrachtungen, etwa, dass bei<br />

unserer Staatsgewalt die Gewalten geteilt s<strong>in</strong>d –<br />

gesetzgebende, ausführende und richterliche Gewalt<br />

- e<strong>in</strong>e grundlegende Errungenschaft unserer<br />

Demokratie, die anders nicht vorstellbar ist.<br />

Zurecht <strong>in</strong>s Gerede gekommen ist die erzieherische<br />

Gewalt. In me<strong>in</strong>er Jugend war es wohl pädagogisch<br />

notwendig, dass ich <strong>in</strong> der Schule mit<br />

Stockschlägen auf die Handflächen erzogen werden<br />

musste. Heute würde man das als sadistische<br />

Gewalt bezeichnen. Oder gar die elterliche Gewalt:<br />

Nahezu täglich entnehmen wir den Medien, dass<br />

es Eltern gibt, die davon überzeugt s<strong>in</strong>d, dass ihnen<br />

ihre K<strong>in</strong>der gehören, mit denen sie machen<br />

können, was sie wollen.<br />

In e<strong>in</strong>em Lexikon wird Gewalt folgendermaßen<br />

beschrieben: Gewalt bedeutet den E<strong>in</strong>satz physischer<br />

oder psychischer Mittel, um e<strong>in</strong>er anderen<br />

Person gegen ihren Willen a) Schaden zuzufügen,<br />

b) sie dem eigenen Willen zu unterwerfen (sie zu<br />

beherrschen).<br />

Diese Beispiele und die Lexikon-Def<strong>in</strong>ition s<strong>in</strong>d<br />

sicherlich sehr hilfreich, gleichzeitig aber auch<br />

recht fraglich, weil nicht so klar wird, wo denn<br />

Gewalt beg<strong>in</strong>nt.<br />

Wenn Klaus-Dieter im Konfirmandenunterricht<br />

das Vaterunser nicht lernen will und der Pastor<br />

lässt ihn etwas länger da, damit er Zeit hat zu lernen<br />

– ist das physische Gewalt? Oder er versucht,<br />

ihm klar zu machen, dass er ohne Vaterunser nicht<br />

konfirmiert werden kann – ist das psychische Gewalt,<br />

also Mobb<strong>in</strong>g?<br />

Jeder kennt diese Situationen, <strong>in</strong> denen man fast<br />

ohnmächtig das Beste will. Wo wird dann aus e<strong>in</strong>em<br />

sanften Druck und erzieherischem Zwang die<br />

abzulehnende Gewalt? Die Bandbreite ist also<br />

recht groß. Es wird darauf ankommen, im E<strong>in</strong>zelfall<br />

zu überprüfen, was denn nun Gewalt ist.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs gibt es e<strong>in</strong>en Bereich jenseits der Bandbreite<br />

oder Grauzone, wo Gewalt zweifelsfrei erkennbar<br />

wird. Nämlich dann, wenn jemand unter<br />

der Gewalt e<strong>in</strong>es anderen leidet. Und dann ist jeder<br />

E<strong>in</strong>zelne von uns gefordert, sich mit aller Kraft<br />

gegen die Gewalt zu stellen und sie zu bekämpfen.<br />

Oder anders herum: wir Christen haben uns auf die<br />

Seite des Opfers zu stellen.<br />

Dabei müssen wir Phantasie aufwenden. Denn die<br />

e<strong>in</strong>fachste Möglichkeit sche<strong>in</strong>t, mit Gewalt Gewalt<br />

zu bekämpfen. Und genau gegen diese Möglichkeit<br />

sollten wir uns wehren. Sie schafft nur neues<br />

Leid und Unrecht.<br />

bl<br />

Lise weiß es ...<br />

Und nun schon wieder das: total<br />

dicke Luft bei uns! Und das<br />

kam so:<br />

Kommt da die Frau Marchewitz,<br />

ich kenne die flüchtig, die von der Neuenhauser<br />

Straße, mit ihrem Sohn aus dem Extra. Und das<br />

Blag brüllte und schmiss sich auf die Erde. Wollte<br />

wohl Schokolade oder so haben. Die Marchewitz<br />

völlig am Ende, guckte hilfesuchend umher. Da<br />

b<strong>in</strong> ich eben h<strong>in</strong>gegangen und habe gesagt: „E<strong>in</strong><br />

kräftiger Schlag auf den Hosenboden wirkt<br />

manchmal Wunder“. Die Marchewitz guckte<br />

mich dankbar an: „Ja, manchmal geht’s nicht anders.“<br />

Das K<strong>in</strong>d kriegte, was es brauchte und war dann<br />

ruhig. Na bitte. Ich war eigentlich zufrieden mit<br />

mir und g<strong>in</strong>g nach Hause. Ulrike war gerade da,<br />

kennen Sie doch, die von Elke und Siegfried. Der<br />

erzählte ich das.<br />

Und dann g<strong>in</strong>g’s los. Wie ich denn der Marchewitz<br />

solch falschen Ratschlag geben könnte. Menschen,<br />

vor allem K<strong>in</strong>der, dürfen nicht geschlagen<br />

werden. Ich sagte nur: „E<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Klaps hat<br />

noch niemanden...“ Weiter kam ich nicht. Ulrike<br />

blitzte mich an: „Das arme K<strong>in</strong>d lernt doch nur<br />

dabei, dass man prügeln muss, wenn es e<strong>in</strong>em<br />

nicht passt.“<br />

Richtig wütend war sie. Etwas ruhiger wurde sie,<br />

als ich sie fragte, ob man dem K<strong>in</strong>d denn Schokolade<br />

geben sollte, damit es nicht so schreit. „Auf<br />

ke<strong>in</strong>en Fall“ me<strong>in</strong>te sie, „man hätte mit dem K<strong>in</strong>d<br />

reden müssen. Das dauert zwar e<strong>in</strong> wenig, ist<br />

aber fair.“<br />

Irgendwie hat sie ja wohl recht, die Ulrike. Wer<br />

will denn schon gerne Prügel haben. Ich mag es<br />

ihr nur nicht sagen. Nicht jetzt. Aber später.<br />

Wetten?<br />

3

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