Samstag 17. November 2012 Zeit: 09.00 - 16.00 ... - Aktuelle Ausgabe
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Seite 36 RatgebeR Wiler Nachrichten, 15. <strong>November</strong> <strong>2012</strong><br />
Ich gebe zu, dass ich, 42, zeitlebens<br />
die Frauen nie richtig verstand.<br />
Aber sie sind mir selbst<br />
nach bereits zwei gescheiterten<br />
Ehen noch ein Rätsel. Verstehe<br />
ihre Logik nicht. So wie nun bei<br />
meiner Partnerin. Wir besuchten<br />
einen Swinger-Club, wozu<br />
sie gleich einverstanden war.<br />
Dort hatte ich Sex mit einer anderen<br />
Frau. Meine Partnerin<br />
war nicht aktiv. Nun ist sie,<br />
nachträglich wohlgemerkt, rasend<br />
eifersüchtig. Spricht von<br />
Betrug und Trennung. Ich kapiere<br />
nichts mehr, sie war ja<br />
einverstanden! Verstehst du<br />
das? Wasnun, ich liebe sie, will<br />
sie nicht verlieren. Roger<br />
Sei froh, dass sie nicht bereits im Club<br />
auf die Nebenbuhlerin losging<br />
Lieber Roger<br />
Ich fände es anmassend zu behaupten,<br />
frauliche Denkweise<br />
rundum zu verstehen - kein<br />
Mann kann das. Doch nun zur<br />
Sache: Als du ihr den Vorschlag<br />
machtest, hast du ihr da sofort<br />
klar eröffnet, dass dort nicht<br />
sanftes Petting, sondern knallharter,<br />
öffentlicher Sex unter<br />
Zuschauern stattfindet? War<br />
ihr das klar, als sie im Vorfeld ja<br />
sagte? Zweitens: Hast du, als du<br />
da mit der anderen Frau ‘aktiv’<br />
wurdest, bedacht, welche Gefühle<br />
es bei der Partnerin auslösen<br />
würde, dich beim Sex zu<br />
sehen, während sie selber passiv<br />
blieb? Sicher Roger, jetzt<br />
kommen wir zur männlichen<br />
Logik, ja sie hatte zuvor ‘Ja’<br />
gesagt, doch zwischen grauer<br />
Theorie und plakativer Praxis<br />
klafft eine Lücke. Es scheint, als<br />
hätte sie diesen Sexclub-Besuch<br />
nicht durch die Brille nackter -<br />
im wahrsten Sinne des Wortes<br />
Zwischen Theorie und<br />
Praxis klafft eine Lücke<br />
-Realität gesehen sondern sich<br />
alles viel weniger deftig und heftig<br />
vorgestellt. Ist ja auch echt<br />
nicht jedermanns/-fraus -Sache<br />
zuzusehen, wie sich der eigene<br />
Partner öffentlich fremdvergnügt.<br />
Mein Rat: Sage ihr, dass<br />
es dir leid täte, sie zuvor nicht<br />
intensiv genug aufgeklärt und so<br />
unwillentlich verletzt zu haben.<br />
Sage ihr auch, dass du sie liebst<br />
und diese Liebe dir die Kraft gibt<br />
auf künftige Besuche im Sex-<br />
Club zu verzichten, wenn ihr<br />
dies partout widerstrebe. Und<br />
dann, drückedir selbst alleDaumen,<br />
dass sie dies so annimmt.<br />
Sonst ist nach zwei Ehen auch<br />
deine dritte Beziehung gescheitert.<br />
Naja, ist halt so, soll ich es<br />
schönreden?<br />
Dein Doktor Eros<br />
Sex-Probleme?<br />
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Briefpost: Doktor Eros, Verlag,<br />
Postfach 30, 9501 Wil<br />
46/ <strong>2012</strong><br />
Lieber Ratgeber<br />
Mein Lebensmotto: «Wohl dem,<br />
der nicht wandelt im Rate der<br />
Gottlosen noch tritt auf den Weg<br />
der Sünder.» In dieser Grundhaltung<br />
liegt nun das Problem<br />
für mich, 58. Unser Sohn, 36,<br />
den ich stets im obigem Sinne<br />
erzog, angehalten zu FrömmigkeitundArbeit,stattAusschweifung<br />
und Völlerei, fällt aus der<br />
Art. Er hält sich nicht mehr an<br />
die Vorgaben, die auf dem ‘Buch<br />
der Bücher’ beruhen, die einzige<br />
lesenswerte Schrift. Nun begeht<br />
er den Pfad der Sünde. Er<br />
nahm sich eine Frau, die sich<br />
schamlos zum Atheismus, der<br />
Lehre der Gottlosen bekennt.<br />
Er fügt uns Schmerz zu damit.<br />
Ich werde ihn also aus der familiären<br />
Gemeinschaft verstossen,<br />
inklusive weltlicher Folgen<br />
wie Enterbung und Wegweisung<br />
aus dem Hause. Er aber<br />
gibt sich trotzdem stark im gemeinsamen<br />
Unglauben an ihrer<br />
sündigen Seite. Wassagst du zu<br />
unserer Absicht, recht oder unrecht<br />
getan? Sei du das Zünglein<br />
an der Waage.<br />
Heinz<br />
Lieber Heinz<br />
Um des Himmels und der Vernunft<br />
willen, in welche Bredouille<br />
bringst du mich da?<br />
Lies deinen Anfragetext nochmals<br />
langsam durch, Wort für<br />
Wort und du wirst mir zustimmen,<br />
solch psalmierender Sermon<br />
ist nicht von dieser Welt!<br />
Niemand wird mir glauben, dass<br />
es dich, Fossil aus untergegangener<br />
<strong>Zeit</strong>, wirklich gibt. Allein<br />
schon deine Sprache, diese antiquiert<br />
gestelzte Wortwahl. So redet<br />
heute doch keiner mehr,der<br />
weniger als 100 Jahre auf dem<br />
Buckel hat. Du aber bist noch<br />
nicht mal 60! Was ist dir widerfahren,<br />
dass du dich, Relikt vergangener<br />
Epoche, in Sätzen artikulierst,<br />
wie sie die Minnesänger<br />
Handlungsvollmacht<br />
Blütenstand<br />
Altbundesrat<br />
1984-95 4<br />
Gymnastikutensil<br />
übernatürl.<br />
Vorgang,<br />
Mirakel<br />
Viereck<br />
Streifen<br />
am Pferdekopf<br />
Schutzwaffe<br />
Dienstgrad,<br />
Rang 1<br />
offizieller<br />
Widerruf<br />
Verbindungsstück<br />
Künstler<br />
u. Autor<br />
(Karl<br />
Urner)<br />
6<br />
Ort im<br />
Kanton<br />
Freiburg<br />
Kfz-Z.<br />
Schweiz<br />
schweiz.<br />
Alpen-<br />
Geologe<br />
†1887<br />
Motte<br />
Mitteleuropäer<br />
Ort<br />
südwestlich<br />
von Chur<br />
Staat in<br />
Vorderasien<br />
schnell<br />
beförderte<br />
Fracht<br />
Selbsternannter Rächer<br />
des Mittelalters vor Hofe vortrugen?<br />
Ich will dich weder kränken<br />
noch schonen, aber weder in deinen<br />
Worten noch in deren Inhalt<br />
passt du in die <strong>Zeit</strong>. Heinz, alter<br />
Freund, so wie du das anpackst<br />
mit Sohn samt atheistischer Frau<br />
funktioniert das nicht. Weil der<br />
Filius sich einer Partnerin zuwandte,<br />
die sich vom reinen Glauben<br />
deiner exaltierten Prägung abwandte,<br />
ist er nicht der Hölle geweiht<br />
und sie ist kein Kind Satans.<br />
Du urteilst da nach viel zu strengen<br />
und engen Massstäben. Keiner<br />
will dir deine Überzeugungen nehmen,<br />
aber auch keinem sollen die<br />
seinigen genommen werden. Das<br />
Anspruchsrecht auf eigene Entscheidungsfindung<br />
zu ihrer beiden<br />
Glaubensauslegung besteht<br />
für Frau und Sohn. Du hast kein<br />
Recht dein Mass an übertriebener<br />
Frömmigkeit ihrem atheistischen<br />
Status zu deinen Gunsten wertend<br />
gegenüberzustellen. Es wird auch<br />
nichts nützen und an ihrer Haltung<br />
nichts ändern, wenn du sie<br />
in biblischer Metapher dem ‘Rate<br />
der Gottlosen’ zuordnest und ihren<br />
Weg als den ‘Pfad der Sünde’ bezeichnest.<br />
(Übrigens irrst du dich<br />
da in der biblischen Ursprungsbenennung<br />
-dein Zitat ist ein Psalter)<br />
Lieber Heinz, der du dich sündhaft,<br />
ja durchaus, dazu versteigst,<br />
darüber befinden zu wollen, ob<br />
Sohn und Frau noch in der Gnade<br />
des Herrn verweilen oder bereits<br />
dem ewigen Höllenpfuhl ausgeliefert<br />
sind, nimm dich zurück in deiner<br />
unchristlichen Anmassung. Sei<br />
nicht länger der Pharisäer im Gotteshaus:<br />
«Herr, ich danke dir, dass<br />
ich nicht bin wie die anderen.» Du<br />
bist nämlich wie die anderen: Zän-<br />
Ersatz,<br />
Vorrat<br />
evang.<br />
Gemeindehelfer<br />
Trugbild<br />
Sosse persönl.<br />
zum Ein- Fürwort,<br />
stippen 1. Person<br />
(engl.) Singular<br />
amerik.<br />
Schauspielerin:<br />
... Moore<br />
starkes<br />
Brett<br />
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Worte<br />
ugs.:<br />
Mitglieds<br />
Versammlung<br />
Utensil<br />
für ein<br />
Aufgussgetränk<br />
Abk.:<br />
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Verneinung 3<br />
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kisch, fehlgeleitet und ohne echte<br />
Einsicht -ein schwacher Mensch<br />
halt, wie wir alle. Du kannst natürlich<br />
weiterhin einsteigen ins<br />
tägliche Moorbad mäandernden<br />
Fanatismus’ und dich darin wälzen<br />
wie ein Moschusochse im<br />
Schlamm. Doch merke, so wie<br />
dieser seinen Moschusgestank<br />
dabei nicht verliert, bleibt auch<br />
dir das Fluidum der Scheinheiligkeit<br />
erhalten. Wirf doch deinen<br />
Sohn aus dem Haus, sanktioniere<br />
ihn durch Enterbung, verwehre<br />
ihm deine Liebe auf ewig, weil er<br />
nicht fühlt wie du fühlst. Es wird<br />
dir aber nie zur Freude gereichen,<br />
nie zur Ehre und einen besseren<br />
Platz im Himmel erarbeitest<br />
du dir damit auch nicht. Warum?<br />
Weil ER sich von uns nicht<br />
gern in seine Entscheidungsbefugnis<br />
hineinreden lässt. Lege<br />
die Sanktionierung deines atheistischen<br />
Sohns samt Gattin vertrauensvoll<br />
in jene Hände, die im<br />
Gegensatz zu den deinen, lieber<br />
segnen als schlagen. Heinz, wenn<br />
der liebe Gott die Freiheit zum<br />
Glauben dem Individuum selbst<br />
überliess, solltest du diesen Entscheid<br />
nicht umstossen. So einfach<br />
ist es. Doch was solls. Wie<br />
heisst es gleich im Neuen Testament,<br />
5,45: «Die Sonne scheint<br />
über Gerechte und Ungerechte.»<br />
Entscheide du selber, obdudich<br />
in deiner momentanen Haltung<br />
gegenüber Sohn und Frau eher im<br />
Lichte siehst oder im Schatten.<br />
Herzlichst, der Ratgeber<br />
Fragen an: «Ratgeber» Verlagshaus<br />
Zehnder AG, Postfach 30,<br />
9501 Wil oder völlig diskret via<br />
E-Mail: ratgeber@zehnder.ch<br />
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geringe<br />
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Abk.: Was-<br />
Verstosse ihn, weil<br />
er nicht fühlt wie du<br />
fühlst, jedoch...<br />
luftförmiger<br />
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schweiz.<br />
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justieren<br />
Wegtransport<br />
schweizer.<br />
Filmregisseur<br />
(August)<br />
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Auflösung <strong>Ausgabe</strong> Nr.44<br />
■<br />
Gewinner/in KW 44<br />
Isabelle Rieker Verhülsdonk<br />
Lösungswort: KRUSTE<br />
Charly Pichler<br />
Liebe Fernsehmacher<br />
Wenn es überhaupt ein Berufsgenre<br />
gibt, dessen Protagonisten<br />
ich aus tiefster Seele bewundere,<br />
so seid ihr das. Seid ihr doch bei<br />
der Gestaltung von TV-Sendegefässenvon<br />
nie versagendem Einfallsreichtum.<br />
Stelle ich da einen<br />
Vergleich zu meiner bescheidenen<br />
Tätigkeit an, die sich darin<br />
erschöpft, aufzuschreiben,<br />
was anderen geschah, werde ich<br />
schamrot. Ich rede bei der Recherche<br />
höchstens mal mit Leuten,<br />
die mir je nach Gusto die<br />
Wahrheit sagen oder auch nicht.<br />
Bei Letzterem gucken sie besonders<br />
treuherzig. Wohlgesetzte<br />
Worte, bestechende Argumentation<br />
und grenzenlose Ehrlichkeit<br />
im Blick. Ich soll dann rausfinden,<br />
wo die Wahrheit aufhörte<br />
als die Lüge begann. Umgekehrt<br />
funktioniert es auch. Da stottert<br />
einer bei Darlegung seiner<br />
Geschichte hilflos was zusammen.<br />
Nichts ergibt Sinn, nichts<br />
passt - und dann? Er sprach<br />
die Wahrheit und nichts als die<br />
Wahrheit. Wie öde gegenüber<br />
der Faszination, die von euch<br />
ausgeht und blicke ich auf euer<br />
Tun, liebe TV-Macher, sowird<br />
mir das Ausmass eurer Genialität<br />
erst richtig bewusst. Meisterhaft<br />
wie ihr die Pflicht bewältigt,<br />
ein nach stets neuer Sensation<br />
gierendes TV-Publikum unterhalten<br />
zu müssen -24Stunden<br />
am Tag. Ich wäre da ohne Idee,<br />
ohne Chance, die hungrige Bestie<br />
Publikum allzeit mit neuem<br />
Frischfutter zu versorgen. Zum<br />
Glück seid ihr talentiert, begnadet<br />
in der Vision und effizient<br />
im In- und Output. Euer Leistungsnachweis<br />
ist messbar und<br />
sagenhaft der Ideenreichtum.<br />
Bringt nationale Nachtschatten-<br />
Prominenz dazu, im Dschungelcamp<br />
Krokodilshoden zu mampfen.<br />
Brillant! Animiert bei nachmittäglichen<br />
Brüll-Shows halbflügge<br />
Teenager, ihre Mutter zu<br />
bespucken. Genial! Oder füllt<br />
wie jüngst bei SF in magistral<br />
redigierter Suffsendung unbedarfte<br />
Hochseilartisten mit<br />
Schnaps derart ab, dass sie der<br />
Moderatorin coram publico an<br />
die Wäsche gehen. Ein Brüller!<br />
Beredtes Zeugnis dafür,mit welcher<br />
Ernsthaftigkeit ihr euren<br />
im Gesetz ratifizierten TV-Bildungsauftrag<br />
erfüllt. Ja doch,<br />
das Fernsehen, diese Prothese<br />
für häusliche Dialogschwäche<br />
macht uns allen viel Freude. TV<br />
ist eben mehr als nur die Erfindung,<br />
die es uns ermöglicht, Störungen,<br />
die wir früher im Radio<br />
hörten, nun auch noch sehen zu<br />
müssen. Ihr seid Genies -seufz!<br />
E-Mail: pic@zehnder.ch