Ausgabe 37
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Krammetsvögel
Krammetsvögel – als die Vogelliebe
noch durch den Magen ging.
Wenn die Tage kürzer wurden
und die ersten Nebelschwaden
auf den Wiesen lagen,
herrschte früher reges Treiben an den
Waldrändern und Hecken des Landkreises.
Junge und auch erwachsene
Vogelfänger gingen bis zum Anfang
des 20. Jahrhundert jeden Herbst mit
selbstgebauten Fallen auf die
Jagd – dem Krammetsvogelfang.
Wobei der Name
„Krammetsvogel“ sich
eigentlich
nur auf die Wacholderdrossel bezieht,
weil Wacholder in einigen Regionen
auch „Krammetsbeere“ heißt. Doch zurück
zur Wacholderdrossel – sie flieht
im Herbst vor den kalten Wintern in
Nordeuropa in die wärmeren mitteleuropäischen
Gebiete und ernährt sich
hier zum Großteil von reifen Früchten
und Beeren.
Übrigens wurden beim Krammetsvogelfang
sämtliche Drosselarten gefangen,
und was heute nur schwer vorstellbar
ist, war damals eine
Selbstverständlichkeit.
Unzählige Drosseln
und auch andere
Vögel verendeten
in den selbstgefertigten Schlingen
und wurden von Cloppenburg aus in
zahlreiche deutsche Städte verschickt.
Dort landeten sie als Delikatesse in
Kochtöpfen und Backöfen.
Meine Mutter (heute 85 Jahre
alt) erinnert sich noch gut daran,
wie sie Wochen vorher gemeinsam
mit ihren Geschwistern
die Fallen aus einem biegsamen
Zweig und einigen Pferdehaaren
anfertigte. „Gefangen wurden
alle Drosselarten und im
Spätherbst kamen noch die
Wintergriesen (Wachholderdrosseln)
dazu. Die waren
wegen ihrer Größe besonders
beliebt – aber selbst
gegessen haben wir die nie.“
Auf Jagd gingen allerdings
nur ihre Brüder, während
es ihre Aufgabe war, den
Korb mit der Jagdbeute zum
örtlichen Bäcker zu bringen. Dieser
war selbst ein Liebhaber der
gebratenen Krammetsvögeln und
verkaufte den Überschuss an seine
Kunden. Die Ausbeute der jugendlichen
Fallensteller war zu ihrer Zeit
aber nicht besonders groß und auch
die Anzahl ihrer „Stricken“, die sie in
den Büschen aushängten, war klein.
Der Erlös von einigen Pfennigen pro
Vogel war allerdings ein willkommenes
Taschengeld
Die Vögel wurden in sogenannten
Stricken oder Dohnen gefangen. Dafür
wurden dünne, biegsame Weidenzweige
vorsichtig gebogen und die beiden
Enden durch einen Schnitt im Holz ineinandergesteckt.
Anschließend wurden
aus Pferdehaaren zwei Schlingen
geformt und übereinanderliegend in
der Mitte der tropfenförmigen Dohnen
angebracht. Unten in der Dohne
wurde ein kleiner Schlitz in den Weidenzweig
geschnitten. Dort wurden
als Lockmittel einige Ebereschen (nicht
umsonst werden sie auch Vogelbeeren
genannt) gesteckt. Die fertigen Fallen
bekamen ihren Platz an Waldrändern
oder in Büschen und dann wurde abgewartet,
bis, angelockt durch die
leuchtend roten Beeren, die Vögel mit
dem Kopf in die Schlingen gerieten,
aus denen sie sich nicht mehr befreien
konnten und erstickten.
Bis zur Jahrhundertwende wurde der
Krammetsvogelfang in Cloppenburg
und dem Umland intensiv betrieben
und erfreute sich lange Zeit großer
Beliebtheit. In der heutigen Kreisstadt
gab es unter dem Namen „Zip Zip“ sogar
einen Club der Vogelliebhaber, wobei
die Liebe zum Vogel hier wohl tatsächlich
durch den Magen ging. Dem
„Stammtisch Zip Zip“ gehörten zahlreiche
Kaufleute, Ratsherren und weitere
angesehene Cloppenburger Bürger an.
Dass der Krammetsvogelfang in der
hiesigen Region ein nicht unwichtiger
Nebenerwerb war, zeigt sich auch daran,
dass im Jahr 1903 die Gründung
eines neuen Vereins bekannt gegeben
wurde. Interessierte Schlingensteller
wurden damals zur ersten Versammlung
mit einem Faß Freibier eingeladen.
Der Verein “Vogelbörse“ hatte
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