Kulturfenster Nr. 04|2020 - August 2020
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Ötzis Erbe in Stahl gepackt<br />
Grawandspitze in Schnals wird zum „Iceman Ötzi Peak“<br />
Grawand in der Bildmitte mit dem Hochjochferner, rechts im Tal Kurzras, gesehen<br />
von Nordwesten.<br />
Über 5000 Jahre lang hatte Ötzi seine<br />
Ruhe. Seitdem er vor fast 30 Jahren als<br />
Gletschermumie gefunden wurde, hat er<br />
Stress. Ob als Souvenir oder Forschungsobjekt,<br />
Namensgeber für Speisen oder<br />
Hauptdarsteller in einem Film – Ötzi ist<br />
gefragt. Jetzt wurde sogar ein Schnalstaler<br />
Berggipfel nach ihm benannt – und dafür<br />
in Stahl gekleidet.<br />
„Unsere Berge brauchen keine Geschmacksverstärker“.<br />
Mit diesem markanten<br />
Ausspruch auf einem Banner,<br />
das er – in einem Biwak an einer Aussichtsplattform<br />
hängend – in die Kameras<br />
zeigte, erregte der deutsche Extremkletterer<br />
Stefan Glowacz vor zwölf Jahren<br />
große Aufmerksamkeit. Er wollte mit der<br />
luftigen Aktion gegen die wachsende Zahl<br />
von künstlichen Touristenattraktionen und<br />
sogenannten Funparks in den Alpen protestieren.<br />
Doch außer viel Zustimmung vonseiten<br />
der Umweltorganisationen und Alpenvereine<br />
erntete die Banneraktion kaum<br />
Früchte. Ganz im Gegenteil, inzwischen<br />
hört man da und dort immer wieder von<br />
neuen „Skywalks“, „spektakulären Hängebrücken“<br />
und anderen scheinbaren<br />
Touristenmagneten.<br />
Nun scheint auch Südtirol um eine solche<br />
Attraktion reicher geworden zu sein,<br />
wobei sich die Bereicherung eindeutig in<br />
Frage stellen lässt. Auf der Grawandspitze<br />
im Schnalstal, auf 3251 Metern oberhalb<br />
der Bergstation der Schnalstaler Seilbahn,<br />
ist die Aussichtsplattform „Iceman Ötzi<br />
Peak“ errichtet worden – direkt vor dem<br />
Gipfelkreuz, das nun wie ein kleines Beiwerk<br />
zum riesigen Stahlkonstrukt wirkt. Auf<br />
einer „Treppe mit Handlauf“ kann man die<br />
Plattform „in zehn Minuten von der Bergstation“<br />
aus erreichen, wie es die Verantwortlichen<br />
beschreiben. Oben angekommen,<br />
hat man – was für eine einzigartige<br />
Attraktion auf einem Berggipfel – einen perfekten<br />
Ausblick.<br />
„Die Aussichtsplattform ist eine Konstruktion<br />
aus Stahl, welche dem Gelände und der<br />
Umgebung so angepasst wird, dass sie sich<br />
homogen ins Gesamtbild integriert und trotzdem<br />
einen atemberaubenden Rundumblick<br />
über die fast 60 Dreitausender-Gipfel der<br />
Umgebung zulässt“, schrieb die Schnalstaler<br />
Gletscherbahnen AG dazu in einer Presseaussendung<br />
– und sie verteidigte die englischsprachige<br />
Bezeichnung der Plattform<br />
u. a. mit der Aussage, man wolle „durch<br />
aussagekräftige Begriffe die Ursprünge unserer<br />
Heimat verständlich machen“.<br />
Grawandspitze<br />
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