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Im Gespräch<br />
PALLAS enttäuscht – die<br />
Schatzsuche ist eröffnet<br />
Die Adjuvans-Studie PALLAS gilt als eines der Vorzeigeprojekte der ABCSG, hat Österreich hier doch den Lead über 242<br />
Zentren in 20 Ländern. Die Hoffnungen in die Studie haben sich nach der zweiten Zwischenanalyse jedoch nicht erfüllt.<br />
Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant über die Lehren aus PALLAS und den Datenschatz der Studie.<br />
Das Gespräch führte Mag. Katharina Scheyerer-Janda<br />
Michael Gnant:<br />
„Wir haben im<br />
Vorjahr so viele<br />
Studien begonnen<br />
wie noch nie.“<br />
<strong>CliniCum</strong> <strong>onko</strong>: Die Zwischenanalyse kam zu dem<br />
Schluss, dass die Studienziele nicht erreicht werden<br />
können. Welche Ziele betrifft dies?<br />
Gnant: Jede klinische Studie muss sich Interimsanalysen<br />
unterziehen, die von einem unabhängigen Ausschuss,<br />
dem Independent Data Monitoring Committee (IDMC)<br />
vorgenommen werden. Dabei werden zwei Kriterien<br />
überprüft – erstens, ob es unerwartete Nebenwirkungen<br />
oder Sicherheitsbedenken gibt, und das zweite Kriterium<br />
betrifft die Zielerreichung. So eine Sicherheitsauswertung<br />
gab es im Vorjahr schon einmal, jetzt stand die<br />
zweite und letzte Interimsanalyse an. Das Positive daran<br />
– die Sicherheit der Studie – ist gegeben. Aber, und das<br />
war das Entscheidende, das Komitee kam zu dem<br />
Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Studie ihr<br />
Ziel erreicht.<br />
Wie war das Untersuchungsdesign angelegt?<br />
PALLAS hat insgesamt 5.796 Patienten aus 21 Ländern<br />
weltweit eingeschlossen, die an einem histologisch bestätigten<br />
HR+/HER2-invasiven frühen Brustkrebs erkrankt<br />
sind. Hauptsächlich Frauen, aber auch Männer konnten<br />
mitmachen. Die eine Gruppe erhielt eine Kombinationstherapie<br />
aus mindestens fünf Jahren antihormoneller, endokriner<br />
Therapie und zwei Jahren Behandlung mit Palbociclib,<br />
die andere Gruppe nur die endokrine Therapie<br />
alleine. Ziel war, die Wirkung von Palbociclib auf frühen<br />
Brustkrebs zu untersuchen.<br />
Die Rekrutierung war erst 2018 abgeschlossen.<br />
Wieso kann man den Misserfolg schon so früh<br />
sehen?<br />
Das IDMC hat nach einem genau festgelegten Plan die bisherigen<br />
Ergebnisse hochgerechnet. Die Unterschiede zwischen<br />
den Probandengruppen waren zu gering, um den<br />
erhofften Unterschied bei der Endanalyse (geplant für ca.<br />
Jahresende <strong>2020</strong>) zu erreichen. Wir wollten mit der Zugabe<br />
von Palbociclib die Zeitspanne des krankheitsfreien<br />
Überlebens um 25 Prozent verlängern, dieses Ziel wird<br />
sich nach der Interimsanalyse höchstwahrscheinlich<br />
nicht erfüllen.<br />
In das Medikament Palbociclib wurden ja große<br />
Hoffnungen gesetzt. Wie wird jetzt das Studiendesign<br />
angepasst?<br />
Es gibt insgesamt drei Inhibitoren, die auf hormongesteuerte<br />
Tumore wirken. Palbociclib ist einer davon, wo wir in<br />
fortgeschrittenen Stadien des Mammakarzinoms deutliche<br />
Fortschritte erzielt haben. Die Hoffnung war, dass wir<br />
diese Erfolge auch im Frühstadium erreichen. Diese Hoffnungen<br />
werden sich wohl nicht erfüllen. Das Datenkomitee<br />
kann ja nur Empfehlungen aussprechen, die Entscheidung<br />
treffen die Studienleiter, in dem Fall war es eine gemeinsame<br />
Entscheidung des Steering Committees und<br />
der drei Study Chairs. Wir haben uns die Entscheidung<br />
nicht leicht gemacht, aber beschlossen, die Therapiephase<br />
für jene (ca. 650) Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
zu beenden, die noch (zwischen Monat 18 und 24) in aktiver<br />
Studientherapie waren.<br />
Was passiert mit den Patienten, die noch in der Behandlungsphase<br />
sind?<br />
Derzeit sind noch ca. 650 Patienten weltweit in Studien-<br />
Therapie, alle davon im letzten halben Jahr. Sie alle werden<br />
die Palbociclib-Therapie absetzen. Die Nachsorge und<br />
auch die Nachverfolgung aller Patienten bleiben jedoch<br />
aufrecht. Wir werden die fast 5.800 Patienten wie vorgesehen<br />
bis mindestens 2028 begleiten und dokumentieren.<br />
Wie häufig kommt es vor, dass so große Studien<br />
wegen zu erwartender Futility angepasst werden?<br />
Es kommt vor. Die meisten Studien erfüllen ihre Ziele,<br />
aber eben nicht alle – das ist das Wesen der Wissenschaft.<br />
Wir haben das Glück, dass PALLAS die erste ABCSG<br />
Studie ist, wo dieser Fall eingetreten ist.<br />
Sind Sie enttäuscht?<br />
Als Arzt bin ich natürlich enttäuscht, als Wissenschafter<br />
bin ich neutral. Wir haben durch die Studie einen riesigen<br />
Datenschatz bekommen, den wir im Interesse der PatientInnen<br />
weiter untersuchen können. Vielleicht stoßen wir<br />
auch auf Subgruppen, bei denen Palbociclib doch die erwünschte<br />
Wirkung zeigt oder auf Störfaktoren, die das Er<br />
Foto: Archiv<br />
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