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CliniCum onko 09-10/2020

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Im Gespräch<br />

PALLAS enttäuscht – die<br />

Schatzsuche ist eröffnet<br />

Die Adjuvans-Studie PALLAS gilt als eines der Vorzeigeprojekte der ABCSG, hat Österreich hier doch den Lead über 242<br />

Zentren in 20 Ländern. Die Hoffnungen in die Studie haben sich nach der zweiten Zwischenanalyse jedoch nicht erfüllt.<br />

Studienleiter Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant über die Lehren aus PALLAS und den Datenschatz der Studie.<br />

Das Gespräch führte Mag. Katharina Scheyerer-Janda<br />

Michael Gnant:<br />

„Wir haben im<br />

Vorjahr so viele<br />

Studien begonnen<br />

wie noch nie.“<br />

<strong>CliniCum</strong> <strong>onko</strong>: Die Zwischenanalyse kam zu dem<br />

Schluss, dass die Studienziele nicht erreicht werden<br />

können. Welche Ziele betrifft dies?<br />

Gnant: Jede klinische Studie muss sich Interimsanalysen<br />

unterziehen, die von einem unabhängigen Ausschuss,<br />

dem Independent Data Monitoring Committee (IDMC)<br />

vorgenommen werden. Dabei werden zwei Kriterien<br />

überprüft – erstens, ob es unerwartete Nebenwirkungen<br />

oder Sicherheitsbedenken gibt, und das zweite Kriterium<br />

betrifft die Zielerreichung. So eine Sicherheitsauswertung<br />

gab es im Vorjahr schon einmal, jetzt stand die<br />

zweite und letzte Interimsanalyse an. Das Positive daran<br />

– die Sicherheit der Studie – ist gegeben. Aber, und das<br />

war das Entscheidende, das Komitee kam zu dem<br />

Schluss, dass es unwahrscheinlich ist, dass die Studie ihr<br />

Ziel erreicht.<br />

Wie war das Untersuchungsdesign angelegt?<br />

PALLAS hat insgesamt 5.796 Patienten aus 21 Ländern<br />

weltweit eingeschlossen, die an einem histologisch bestätigten<br />

HR+/HER2-invasiven frühen Brustkrebs erkrankt<br />

sind. Hauptsächlich Frauen, aber auch Männer konnten<br />

mitmachen. Die eine Gruppe erhielt eine Kombinationstherapie<br />

aus mindestens fünf Jahren antihormoneller, endokriner<br />

Therapie und zwei Jahren Behandlung mit Palbociclib,<br />

die andere Gruppe nur die endokrine Therapie<br />

alleine. Ziel war, die Wirkung von Palbociclib auf frühen<br />

Brustkrebs zu untersuchen.<br />

Die Rekrutierung war erst 2018 abgeschlossen.<br />

Wieso kann man den Misserfolg schon so früh<br />

sehen?<br />

Das IDMC hat nach einem genau festgelegten Plan die bisherigen<br />

Ergebnisse hochgerechnet. Die Unterschiede zwischen<br />

den Probandengruppen waren zu gering, um den<br />

erhofften Unterschied bei der Endanalyse (geplant für ca.<br />

Jahresende <strong>2020</strong>) zu erreichen. Wir wollten mit der Zugabe<br />

von Palbociclib die Zeitspanne des krankheitsfreien<br />

Überlebens um 25 Prozent verlängern, dieses Ziel wird<br />

sich nach der Interimsanalyse höchstwahrscheinlich<br />

nicht erfüllen.<br />

In das Medikament Palbociclib wurden ja große<br />

Hoffnungen gesetzt. Wie wird jetzt das Studiendesign<br />

angepasst?<br />

Es gibt insgesamt drei Inhibitoren, die auf hormongesteuerte<br />

Tumore wirken. Palbociclib ist einer davon, wo wir in<br />

fortgeschrittenen Stadien des Mammakarzinoms deutliche<br />

Fortschritte erzielt haben. Die Hoffnung war, dass wir<br />

diese Erfolge auch im Frühstadium erreichen. Diese Hoffnungen<br />

werden sich wohl nicht erfüllen. Das Datenkomitee<br />

kann ja nur Empfehlungen aussprechen, die Entscheidung<br />

treffen die Studienleiter, in dem Fall war es eine gemeinsame<br />

Entscheidung des Steering Committees und<br />

der drei Study Chairs. Wir haben uns die Entscheidung<br />

nicht leicht gemacht, aber beschlossen, die Therapiephase<br />

für jene (ca. 650) Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

zu beenden, die noch (zwischen Monat 18 und 24) in aktiver<br />

Studientherapie waren.<br />

Was passiert mit den Patienten, die noch in der Behandlungsphase<br />

sind?<br />

Derzeit sind noch ca. 650 Patienten weltweit in Studien-<br />

Therapie, alle davon im letzten halben Jahr. Sie alle werden<br />

die Palbociclib-Therapie absetzen. Die Nachsorge und<br />

auch die Nachverfolgung aller Patienten bleiben jedoch<br />

aufrecht. Wir werden die fast 5.800 Patienten wie vorgesehen<br />

bis mindestens 2028 begleiten und dokumentieren.<br />

Wie häufig kommt es vor, dass so große Studien<br />

wegen zu erwartender Futility angepasst werden?<br />

Es kommt vor. Die meisten Studien erfüllen ihre Ziele,<br />

aber eben nicht alle – das ist das Wesen der Wissenschaft.<br />

Wir haben das Glück, dass PALLAS die erste ABCSG­<br />

Studie ist, wo dieser Fall eingetreten ist.<br />

Sind Sie enttäuscht?<br />

Als Arzt bin ich natürlich enttäuscht, als Wissenschafter<br />

bin ich neutral. Wir haben durch die Studie einen riesigen<br />

Datenschatz bekommen, den wir im Interesse der PatientInnen<br />

weiter untersuchen können. Vielleicht stoßen wir<br />

auch auf Subgruppen, bei denen Palbociclib doch die erwünschte<br />

Wirkung zeigt oder auf Störfaktoren, die das Er­<br />

Foto: Archiv<br />

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