Schwanstetten 2020-11_01-28_red
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RATGEBER RECHT<br />
Neues aus dem Arbeitsrecht<br />
Die aktuellen Zeiten werden im Wesentlichen<br />
von einem Virus namens Corona<br />
beherrscht, der, getragen durch unsere<br />
politischen Entscheidungsträger, eine<br />
Vielzahl von Rechtsfolgen im Alltag nach<br />
sich zieht. Auch im Bereich des Arbeitsrechtes<br />
gibt es dadurch neue Herausforderungen,<br />
die die Arbeitgeber und die<br />
Arbeitnehmer zu meistern haben. So<br />
hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-<br />
Brandenburg den Fall zu entscheiden,<br />
dass ein Arbeitgeber aus Angst vor<br />
Corona Viren seine Arbeitnehmer einseitig<br />
durch Weisung ins Home-Office<br />
geschickt hat. Die Arbeitnehmer haben<br />
sich dagegen gewehrt und tatsächlich<br />
auch gewonnen. Die dahinterstehende<br />
Frage, wie weit das Recht des Arbeitgebers<br />
geht, den Ort der Arbeitsleistung<br />
festzulegen, wurde vom Landesarbeitsgericht<br />
dahingehend entschieden, dass<br />
der Arbeitgeber nicht einseitig bestimmen<br />
kann, dass per Weisung Home-Office<br />
Arbeit geleistet werden muss.<br />
Andererseits gibt es aber auch für den<br />
Arbeitnehmer, auch nicht mit der Begründung<br />
der Gefährdung durch Corona<br />
Viren einen Rechtsanspruch auf Home-<br />
Office. Einen solchen sieht das Gesetz<br />
bis dato nicht vor. Für viele Bereiche der<br />
Arbeitsleistung, zum Beispiel für angestellte<br />
Chirurgen, an großen Maschinen<br />
werktätige oder Kurierfahrer wäre ein<br />
solcher Anspruch auch schon wegen der<br />
Art der Arbeitsleistung völlig undenkbar.<br />
Was aber möglich ist, ist das der Arbeitgeber<br />
Verhaltensregeln ob der Corona-<br />
Lage aufstellt. Hierbei handelt es sich in<br />
der Regel um Weisungen des Arbeitgebers,<br />
welchen regelmäßig Folge zu leisten<br />
ist. Wenn nun ein Arbeitnehmer sich<br />
aber weigert, diesen Weisungen der Arbeitgeberseite<br />
nachzukommen, also z.B.<br />
den Mindestabstand im Büro nicht einhält,<br />
bei Pausen mit Kollegen keine Maske<br />
trägt, dann kann der Arbeitgeber hier<br />
durchaus abmahnen. Dies kann sogar so<br />
weit gehen, dass wegen Verstoßes gegen<br />
solche Regeln eine Kündigung ausgesprochen<br />
wird – bis hin zur fristlosen<br />
Kündigung.<br />
Auch im Falle der Kündigung wegen und<br />
im Bezug auf Corona gilt für den Arbeitnehmer,<br />
dass er sie innerhalb von drei<br />
Wochen ab Erhalt zwingend vor dem<br />
Arbeitsgericht angreifen muss, da die<br />
Kündigung ansonsten wirksam ist. Nur<br />
innerhalb der drei Wochen Frist angegriffene<br />
Kündigungen unterliegen dann<br />
einer richterlichen Kontrolle. Für Arbeitnehmer<br />
ist es daher dringend anzuraten,<br />
bei Erhalt einer Kündigung einen<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht aufzusuchen<br />
und die Kündigung prüfen zu lassen.<br />
Der Verfasser ist seit vielen Jahren<br />
als Fachanwalt für Arbeitsrecht deutschlandweit<br />
vor allen Gerichten der Arbeitsgerichtbarkeit<br />
tätig und berät hier.<br />
Im Falle der Erkrankung, Corona hin<br />
oder her, gelten die Regelungen, die im<br />
Arbeitsvertrag zur Vorlage von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen<br />
vereinbart<br />
wurden. Im Falle einer Corona Erkrankung<br />
gelten keinerlei Ausnahmen. Das<br />
mag für den jeweils erkrankten äußerst<br />
misslich sein, doch auch diese Erkrankung<br />
wird nicht gesondert behandelt.<br />
Wir raten daher an notfalls den Arzt zu<br />
bitten, die AU-Bescheinigung dem Arbeitgeber<br />
zu faxen oder zu mailen, da<br />
der an Corona erkrankte dies in der Regel<br />
ob des Infektionsschutzgesetzes und<br />
der damit einhergehenden Isolierung<br />
selbstständig nicht kann oder darf. Der<br />
Erkrankte riskiert ansonsten auch hier<br />
eine Abmahnung und im Fall des wiederholten<br />
Verstoßes sogar eine Kündigung<br />
wegen arbeitsvertragswidrigen Verhaltens.<br />
Wir machen darauf aufmerksam,<br />
dass Arbeitsverträge existieren, welche<br />
die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung<br />
bereits am ersten Tag<br />
vorsehen. Das Bundesarbeitsgericht hat<br />
entschieden, dass eine solche Regelung<br />
wirksam ist und vom Arbeitgeber auch<br />
verlangt und durchgesetzt werden kann.<br />
Prüfen Sie also bitte, ob Sie hier entsprechend<br />
handeln müssen, um einer Abmahnung<br />
zu entgehen. Auch für Fragen<br />
zu Ihrem Arbeitsvertrag und den daraus<br />
resultierenden Pflichten steht der Verfasser<br />
nach Terminvereinbarung gerne<br />
zur Verfügung.<br />
Stephan Baumann<br />
Fachanwalt für Arbeitsrecht<br />
<strong>11</strong> | <strong>2020</strong><br />
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