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Schwarzwald Gäste Journal Winter 2020

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44 <strong>Schwarzwald</strong> <strong>Gäste</strong>-<strong>Journal</strong> herz.erfrischend.echt.<br />

Faszination Flipper<br />

© VITAMIN – stock.adobe.com<br />

SCHWARZWALD<br />

URLAUBS-TIPP In Yves<br />

Mucks Museum blinkt, klingelt<br />

und knallt es gewaltig: Rund 50<br />

Flipperautomaten aus verschiedenen<br />

Jahrzehnten hat er in Eschbach versammelt.<br />

Besuchern erzählt er von der<br />

Geschichte der Geräte, ihren Besonderheiten<br />

– und es darf ausgiebig<br />

gespielt werden. Von Claudia List<br />

Mit einem lauten Klacken schießt die<br />

silberne Kugel die schmale Bahn hinauf<br />

und hinein ins Spiel. Sie rollt über die schräge<br />

Fläche des Flipperautomaten und je nachdem,<br />

wohin sie geschlagen wird, dudelt, knallt und<br />

rattert es. Schon eine Handvoll Spieler bringen<br />

die kleine Halle zum Klingen: Es bimmelt,<br />

dröhnt, dumpfe elektronische Stimmen ertönen<br />

und Bildschirme flimmern.<br />

Rund 50 Geräte aus verschiedenen Jahrzehnten<br />

und zehn Arcade­Maschinen und Musikboxen<br />

hat Yves Muck in seinem Flippermuseum<br />

in Eschbach südlich von Freiburg aufgestellt:<br />

aufgereiht entlang der Wände in einer<br />

ehemaligen Squashhalle. Ein schmuckloses<br />

Ambiente, aber sobald Yves Muck seine Flipper<br />

einschaltet und anfängt zu erzählen, ist das<br />

Nebensache.<br />

Der Breisacher sammelt sie seit über 30<br />

Jahren. Nur einen Teil seiner Schätze hat er in<br />

dieser Halle untergebracht, deren Türen er für<br />

interessierte Besucher öffnet. An den meisten<br />

Geräten dürfen sie auch spielen – und viel<br />

Interessantes von Yves Muck über<br />

die Geschichte der Automaten<br />

erfahren, die »Twilight Zone«,<br />

»Monsters« oder »Kiss« heißen.<br />

Manche sind schlicht<br />

gestaltet, andere zieren<br />

bunte, phantasievolle<br />

und auch schrille Motive.<br />

Muskelbepackte Helden<br />

sind zu entdecken und<br />

viele Motive aus bekannten<br />

Kinofilmen, wie »Star Wars«,<br />

Yves Mucks erster eigener<br />

Flipper.<br />

Den »Alligator« von 1966 kennt<br />

er schon besonders lang: Er stand im<br />

Freibad in Breisach, das er als Jugendlicher<br />

besuchte. Muck öffnet den elektromechanischen<br />

Flipper und spricht von den Tausenden<br />

Relais im Inneren: »Sie zu reparieren ist die<br />

Hölle.« 1978 kamen die ersten LED­Displays<br />

auf, wie bei »Dolly Parton«: »Der Flipper ist<br />

zwar nicht besonders schön, aber ich hänge<br />

an ihm, denn bei ihm habe ich als 13­Jähriger<br />

regelmäßig mein Taschengeld verspielt.« Um<br />

1980 erschien mit »Gorgar« das erste Modell,<br />

das sprechen konnte. In Mucks Halle findet<br />

sich auch das Modell »Xenon«, der erste Flipper<br />

mit einer weiblichen Stimme und eine Frau<br />

ist auch auf dem Kopfteil zu sehen.<br />

Schon als Student kaufte Muck Flipper, die<br />

er reparierte, reinigte und wieder in Schuss<br />

brachte. Drei Exemplare waren jedoch zu viel<br />

für sein kleines Wohnheimzimmer. Er musste<br />

eines verkaufen und stellte dabei fest, dass<br />

er auf diese Weise sein Studium finanzieren<br />

konnte. Als er später in den Beruf einstieg –<br />

heute arbeitet er als Automatisierungsexperte<br />

für die Pharma­ und Lebensmittelindustrie –<br />

wurden die Spielgeräte zum Hobby. Eines, das<br />

mittlerweile immer mehr Menschen mit ihm<br />

teilen: Flipper erleben eine Renaissance.<br />

Regelmäßig reisen Sammler an, dann wird<br />

gefachsimpelt und gemeinsam beugt man sich<br />

über geöffnete Geräte und tauscht sich über<br />

die Technik im Inneren aus. Man muss aber<br />

kein Experte sein: Yves Muck erklärt in seinem<br />

Museum auch ganz grundlegende Dinge:<br />

dass »Outholes« die Löcher sind, in die die<br />

Kugeln reinfallen und später wieder ins Spiel<br />

katapultiert werden. »Drop Targets« heißen die<br />

Zielscheiben, die versinken, nachdem sie getroffen<br />

wurden. Seinen Namen hat der Flipper<br />

hierzulande von den Hebeln bekommen, die<br />

auf Englisch »Flipper«, also Flossen, genannt<br />

werden. Solche Automaten wurden in den USA<br />

nach dem Zweiten Weltkrieg hergestellt, in<br />

den 1960er­Jahren erreichte die Flipper­Welle<br />

auch Deutschland und in den 1970er­Jahren<br />

boomten die Geräte.<br />

In den 1980er­Jahren wuchs die Konkurrenz<br />

durch Spielautomaten und Videospiele, deshalb<br />

versuchten die Hersteller, die Flipper interessanter<br />

zu gestalten. Auch dafür hat Yves<br />

Muck Beispiele in seiner Halle, wie das Modell<br />

»Space Invaders«, das deutlich breiter ist als<br />

frühere Geräte und zwei Spielebenen hat. Neue<br />

technische Möglichkeiten eröffneten immer<br />

mehr Varianten – bis hin zum Versuch, den<br />

klassischen Flipper mit einem Videospiel zu<br />

kombinieren.<br />

Dabei entscheidet nicht allein die Technik, ob<br />

ein Flipper gut ist: Dazu müssen die Spielmöglichkeiten<br />

und die Optik passen – Yves Muck<br />

spricht von Gameplay und Artwork. »Es gibt<br />

sogar Flipper, die von Künstlern wie Picasso<br />

oder dem Schweizer HR Giger gestaltete sind«,<br />

sagt er. Auch seinen »Fathom«, auf dem zwei<br />

Meerjungfrauen einen Taucher umschlingen,<br />

schätzt er wegen der schönen Gestaltung.<br />

Heute sind Flipper aus vielen Lokalen<br />

verschwunden: »Das liegt an der hohen<br />

Vergnügungssteuer und der Konkurrenz durch

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