SB_19203NLP
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
2019<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Serielles Plasma-MSG-<br />
Hybridschweißen bei<br />
Verwendung angepasster<br />
Prozessvarianten zum<br />
wirtschaftlichen Fügen<br />
von Aluminium
Serielles Plasma-MSG-<br />
Hybridschweißen bei<br />
Verwendung angepasster<br />
Prozessvarianten zum<br />
wirtschaftlichen Fügen<br />
von Aluminium<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 19.203 N<br />
DVS-Nr.: 03.116<br />
RWTH Aachen,<br />
Institut für Schweißtechnik und Fügetechnik<br />
(ISF)<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 19.203 N / DVS-Nr.: 03.116 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2019 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 416<br />
Bestell-Nr.: 170525<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-415-9<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
1 Anlass für den Forschungsantrag 6<br />
IV Inhaltsverzeichnis<br />
I Abstract I<br />
II Ziel der Untersuchungen II<br />
III Wissenschaftliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen III<br />
IV Inhaltsverzeichnis 6<br />
V Abbildungsverzeichnis 8<br />
1. Anlass für den Forschungsantrag 11<br />
1.1 Einleitung 11<br />
1.2 Stand der Technik 12<br />
2. Zielstellung und Arbeitshypothese 20<br />
3. Lösungsweg 22<br />
3.1 Erläuterung der einzelnen Arbeitspakete 22<br />
4. Versuchsaufbau 24<br />
4.1 Versuchsstand 24<br />
4.2 Serielle Einzelprozesse 26<br />
4.3 SuperMIG-Brennersystem 28<br />
4.4 Verfahrensvergleich mit MSG-Tandem-Prozess 32<br />
4.5 Versuchswerkstoffe und Probengeometrien 33<br />
4.6 Probenvorbereitung 34<br />
4.7 Versuchsauswertung 35<br />
5. Untersuchungsergebnisse 37<br />
5.1 Generierung von stabilen Ausgangsparametern 37<br />
5.2 Messtechnische Analyse der Wirkzusammenhänge bei unterschiedlichen<br />
Arbeitsabständen anhand der seriellen Einzelprozesse 38<br />
5.3 Untersuchungen zur magnetischen Kompensation der Lorentzkräfte mithilfe des<br />
SuperMIG-Systems 45<br />
5.4 Vergleich der Wirkzusammenhänge an Aluminiumwerkstoffen für AC und DCnegativem-Plasmaprozess<br />
mithilfe des SuperMIG-Systems: 51<br />
6. Technologieoptimierung 57<br />
6.1 Maximal erreichbare Schweißgeschwindigkeiten mit dem Plasma-MSG-<br />
Hybridprozess mit 1,2 mm Drahtelektrodendurchmesser 57<br />
6.2 Referenzschweißungen mithilfe des MSG-Tandem-Prozesses 66<br />
7. Abschließende Bewertung und Ausblick 67<br />
8. Formales 70<br />
9. Gegenüberstellung der durchgeführten Arbeiten und des Ergebnisses mit<br />
den Zielen. 71
1 Anlass für den Forschungsantrag 7<br />
10. Wissenschaftlich-technischer u. wirtschaftlicher Nutzen für die Industrie 72<br />
10.1 Wissenschaftlich-technische Ergebnisse 72<br />
10.2 Wirtschaftliche Ergebnisse 72<br />
10.3 Einschätzung zur Realisierbarkeit 73<br />
VI Literaturverzeichnis 74
1 Anlass für den Forschungsantrag 11<br />
1. Anlass für den Forschungsantrag<br />
1.1 Einleitung<br />
Aluminium ist aufgrund seiner geringen Dichte und hohen Festigkeitseigenschaften, die heute<br />
zum Teil bis an die Festigkeit von Stahl heranreichen, ein weit verbreiteter Konstruktionswerkstoff.<br />
Dementsprechend sind Aluminiumkonstruktionen unterschiedlicher Materialdicken in<br />
den verschiedensten Branchen, wie z.B. im Luft-, Schiff-, Automobil- und Schienenfahrzeugbau<br />
sowie im Rohrleitungs- und Behälterbau anzutreffen, [DVS1616].<br />
Am häufigsten kommt beim thermischen Fügen von Aluminiumkonstruktionen das Metall-<br />
Schutzgas-Schweißprozess (MSG) zum Einsatz. Allerdings kann mit diesem Prozess nur mit<br />
vergleichsweise geringen Schweißgeschwindigkeiten gearbeitet werden, wodurch dieser Prozess<br />
teilweise nur eingeschränkt wirtschaftlich einsetzbar ist. Eine Alternative bietet hier das<br />
MSG-Mehrdrahtschweißen, das jedoch bei größeren Blechdicken aufgrund des großen<br />
Schweißnahtvolumens mit den bekannten Nachteilen, wie eine vergleichsweise hohe Wärmeeinbringung<br />
und daraus resultierendem Verzug der Bauteile, einhergeht, [PROD96, PRAK04].<br />
Als weitere Alternativen zum Fügen von Aluminiumstrukturen bieten sich hybride Schweißprozesse<br />
an, die durch die Zusammenführung unterschiedlicher Schweißprozesse zusätzliche<br />
Synergieeffekte erzielen. Beispielsweise bietet der Laser-MSG-Hybridprozess den Vorteil der<br />
Kombination eines tiefen Einbrands durch den Laser mit der guten Spaltüberbrückbarkeit<br />
durch den MSG-Prozess bei hohen Schweißgeschwindigkeiten, [REIS10b, DILT00]. Für kleine<br />
und mittelständische Unternehmen (KMU) ist dieser Prozess jedoch häufig zu kostenintensiv.<br />
Entscheidende monetäre Faktoren sind dabei der hohe Anschaffungspreis der Anlagentechnik<br />
und der Peripherie, wie z.B. der Komponenten des Strahlenschutzes, die zudem den Arbeitsraum<br />
und damit die Bauteilgröße begrenzen. Weiterhin müssen genaue fertigungstechnische<br />
Toleranzen durch exakte Kantenvorbereitungen der zu fügenden Materialien und eine häufig<br />
komplexe Einspanntechnik zur präzisen Bauteilpositionierung realisiert werden. Dementsprechend<br />
ist ein wirtschaftlicher Einsatz des Laser-MSG-Hybridprozesses nur bei sehr intensiver<br />
Anlagenauslastung und häufig nicht für Kleinserien gegeben.<br />
Ähnliches gilt für das Rührreibschweißen, das für Aluminiumwerkstoffe zunehmend an Bedeutung<br />
gewinnt. Wegen der großen Prozesskräfte ist auch hier eine aufwendige, speziell auf die<br />
Bauteilgeometrie angepasste Einspannung notwendig [REIS11, DILT06]. Darüber hinaus stellen<br />
die hohen Anschaffungskosten einer Rührreibschweißanlage ebenfalls ein großes Hindernis<br />
dar.<br />
Eine kostengünstige Alternative bietet der Einsatz des seriellen Plasma-MSG-Hybridprozesses,<br />
für das von der Firma Plasma-Laser-Technologies ein spezielles Brennersystem entwickelt<br />
wurde, [DYKH06]. Ähnlich wie beim Laser-MSG-Hybridprozess erzielt man mit dem Plasmaprozess<br />
einen tiefen Einbrand. Allerdings ist der Investitionsaufwand um ein vielfaches geringer,<br />
da neben dem deutlich niedrigeren Anschaffungspreis keine Einhausung zum Strahlenschutz<br />
notwendig ist. Dadurch eignet sich der serielle Plasma-MSG-Hybridprozess auch für<br />
Bauteile unterschiedlichster Größe, was einen flexiblen Einsatz in der Fertigung auch bei kleinen<br />
Stückzahlen gewährleistet.<br />
Allerdings wurde der serielle Plasma-MSG-Hybridprozess bisher ausschließlich zum Schweißen<br />
von Stahlwerkstoffen angewendet, [HYBR07, HUBE14]. Weitergehende, systematische
1 Anlass für den Forschungsantrag 12<br />
Untersuchungen zur Einsetzbarkeit des Prozesses für die Verarbeitung von Aluminiumbauteilen<br />
existieren bisher nicht. Hierbei muss z.B. berücksichtigt werden, dass die Anpassung der<br />
elektrischen Polung des Plasmaprozesses auf einen Aluminiumgrundwerkstoff zu Änderungen<br />
der Rückwirkungen im Hybridprozess führen kann. In ersten Voruntersuchungen des ISF der<br />
RWTH Aachen konnte jedoch die grundsätzliche Eignung des Prozesses zum Schweißen von<br />
Aluminium nachgewiesen werden. Ferner wird auf Basis der Voruntersuchungen bei Aluminium<br />
mit dem Plasmaprozess eine weniger fehleranfällige Energieeinkopplung in den Grundwerkstoff<br />
(keine Reflexions- und Absorptionsprobleme) und eine größere Spaltüberbrückbarkeit<br />
erwartet, wodurch sich die Anforderungen an die Bauteiltoleranzen und die komplexen<br />
Einspannvorrichtungen erheblich reduzieren.<br />
Zum Schweißen von Aluminium kommen hauptsächlich Lichtbogen-, Laser-, daraus resultierende<br />
hybride Prozesse und der Rührreibschweißprozess zum Einsatz, [DILT06]. Im Folgenden<br />
soll, orientiert an den Zielstellungen des Forschungsprojektes, detailliert auf den Plasmaund<br />
MSG-Prozess eingegangen werden, die die Basis für konzentrische und serielle Kopplungen<br />
des Plasma-MSG-Hybridprozesses bilden, sowie auf den Laser-MSG-Hybridprozess als<br />
Referenzprozess.<br />
1.2 Stand der Technik<br />
Plasmalichtbogenschweißen (WPL)<br />
Beim in Abbildung 1 schematisch dargestellten WPL-Schweißen brennt ein Lichtbogen zwischen<br />
Werkstück (1) und Elektrode (2), der durch die Plasmadüse eingeschnürt wird. Die Möglichkeit<br />
den Lichtbogen zwischen Elektrode (2) und Plasmadüse (7) brennen zu lassen, wird<br />
für den Pilotlichtbogen verwendet. Durch die starke Bündelung des Lichtbogens und die Plasmagasströmung<br />
ist eine sehr hohe Energiedichte im Lichtbogen gegeben, die ein tiefes Aufschmelzen<br />
ermöglicht. Ähnlich wie beim WIG-Schweißen von Aluminium wird beim Plasmaprozess<br />
oft mit Wechselstrom (AC) geschweißt, um die Elektrode während der negativen Halbwelle<br />
thermisch zu entlasten und während der positiven Halbwelle durch den kathodischen<br />
Reinigungseffekt die Oxidschicht an der Oberfläche des Werkstücks aufzubrechen. Die Anteile<br />
von Plus- und Minusphase können sowohl in ihrer Dauer als auch in ihrer Amplitude der jeweiligen<br />
Fügeaufgabe angepasst werden. Für das Plasma-Wechselstromschweißen haben<br />
sich Verhältnisse von etwa 30/70 bis 50/50 als sinnvoll erwiesen. Kleinere Verhältnisse verringern<br />
die Lichtbogenleistung, größere Verhältnisse belasten die Elektrode zu stark, [DZEL00].<br />
Üblicherweise wird abhängig von der Blechstärke mit einer Wechselstromfrequenz zwischen<br />
2 und 10 Hz geschweißt, [POTH77]. Ab einer Grenzfrequenz von höchstens 50 Hz beginnt der<br />
Plasmastrahl unruhig zu werden. Ursache ist die Überlagerung von der durch den Schutzgasdurchfluss<br />
vorgegebenen Gasströmung mit der durch den Lichtbogen induzierten Gasströmung.<br />
Letztere wechselt mit der doppelten Wechselstromfrequenz des Lichtbogens ihre Richtung<br />
und kann zu einer turbulenten Strömung führen, was zu Störungen der Schutzgasabdeckung<br />
führt, [SLVM00].
1 Anlass für den Forschungsantrag 13<br />
Abbildung 1:<br />
Schematischer Aufbau des Plasmaschweißprozesses, dargestellt sowohl mit als auch<br />
ohne übertragenem Lichtbogen. [REIS16]<br />
Eine Besonderheit des Plasmaschweißens ist die Möglichkeit zum Stichlochschweißen. Während<br />
für Bleche bis zu einer Dicke von 2,5 mm das Wärmeleitungsschweißen Anwendung findet,<br />
wird beim Plasmastichlochschweißen der aufgeschmolzene Werkstoff vom Lichtbogendruck<br />
verdrängt und noch nicht aufgeschmolzener Werkstoff vom Plasmalichtbogen erfasst.<br />
Das Werkstück wird dabei ösenförmig durchstoßen, ohne dass die Schmelze ausgetrieben<br />
wird, [HETT95]. Der Wärmetransport in die Tiefe erfolgt also nicht über Wärmeleitung, sondern<br />
über die Schweißöse. Hinter der Öse läuft die Schmelze infolge der Oberflächenspannung des<br />
Schmelzbades und des Dampfdrucks wieder zusammen und erkaltet als Schweißnaht,<br />
[DILT06]. Aufgrund dieser Öse ist es möglich, Bleche austenitischen Werkstoffs bis zu einer<br />
Dicke von 10 mm im I-Stoß in einer Lage zu schweißen. Das Stichlochschweißen ermöglicht<br />
höhere Schweißgeschwindigkeiten bei niedrigerer Energieeinbringung als beim MSG- oder<br />
WIG-Schweißen, [DILT06, FLEE82].<br />
Einer großen Akzeptanz des Plasmalichtbogenschweißens in der Industrie standen bisher jedoch<br />
mehrere Probleme entgegen. So wurden die geforderte Positioniergenauigkeit und die<br />
benötigte, exakte Nahtvorbereitung ebenso als kritisch angesehen wie auch die geringe Standzeit<br />
der verfügbaren Brenner. Durch neuartige Brennerkonzepte konnten jedoch die Standzeiten<br />
enorm gesteigert werden. Um das Auftreten von Spalten durch Verzug zu vermeiden, werden<br />
während des Plasmaschweißens hohe Anforderungen an die Spannvorrichtungen gestellt.<br />
Ergeben sich dennoch fertigungsbedingte Spalte, muss auch beim Plasmaschweißen<br />
Zusatzmaterial zugeführt werden, um diese aufzufüllen. Des Weiteren kann durch den Einsatz<br />
von Zusatzmaterial das Entstehen von Einbrandkerben verhindert werden. Die Materialzugabe<br />
erfolgt in der Regel als Kaltdraht oder als Heißdraht, [BAUM81]. Nachteilig wirkt sich aus, dass<br />
zum Aufschmelzen des Drahtes Plasmaenergie verwendet werden muss. Dies führt entweder<br />
zu einer Reduzierung der Schweißgeschwindigkeit oder es muss eine höhere Prozessleistung