SB_19204BLP
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2019<br />
Abschlussbericht<br />
DVS-Forschung<br />
Systematische Analyse von<br />
Einflussgrößen auf die<br />
Pulverqualität beim<br />
Strahlschmelzen<br />
- am Beispiel von Ti-6Al-4V
Systematische Analyse von<br />
Einflussgrößen auf die<br />
Pulverqualität beim<br />
Strahlschmelzen - am Beispiel<br />
von Ti-6Al-4V<br />
Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben<br />
IGF-Nr.: 19.204 N<br />
DVS-Nr.: 13.013<br />
Technische Universität Hamburg,<br />
Institut für Laser- und<br />
Anlagensystemtechnik<br />
Günter-Köhler-Institut für Fügetechnik,<br />
und Werkstoffprüfung GmbH<br />
Fraunhofer-Gesellschaft e.V.,<br />
Fraunhofer-Einrichtung für Additive<br />
Produktionstechnologien IAPT<br />
Förderhinweis:<br />
Das IGF-Vorhaben Nr.: 19.204 N / DVS-Nr.: 13.013 der Forschungsvereinigung Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e.V. des DVS, Aachener Str. 172, 40223 Düsseldorf, wurde über die AiF im<br />
Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)<br />
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages gefördert.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen<br />
Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind online abrufbar<br />
unter: http://dnb.dnb.de<br />
© 2019 DVS Media GmbH, Düsseldorf<br />
DVS Forschung Band 417<br />
Bestell-Nr.: 170526<br />
I<strong>SB</strong>N: 978-3-96870-416-6<br />
Kontakt:<br />
Forschungsvereinigung Schweißen<br />
und verwandte Verfahren e.V. des DVS<br />
T +49 211 1591-0<br />
F +49 211 1591-200<br />
forschung@dvs-hg.de<br />
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung in andere Sprachen, bleiben<br />
vorbehalten. Ohne schriftliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfältigungen, Mikroverfilmungen und die<br />
Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen nicht gestattet.
Seite 2 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben [19204 BG]<br />
Inhalt<br />
1. Forschungsthema................................................................................................................ 3<br />
2. Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung ....................................... 3<br />
3. Forschungsziel und Lösungsweg ........................................................................................ 7<br />
3.1. Forschungsziel ................................................................................................................ 7<br />
3.2. Lösungsweg zur Erreichung des Forschungsziels ........................................................... 8<br />
4. Durchgeführte Arbeiten und erzielte Ergebnisse ................................................................. 9<br />
4.1. Einflussanalyse und Fehlerbetrachtung ........................................................................... 9<br />
4.1.1. Ishikawa Diagramm .................................................................................................... 10<br />
4.1.2. Pulvermaterialfluss ..................................................................................................... 11<br />
4.1.3. Wechselwirkungsanalyse ........................................................................................... 12<br />
4.1.4. FMEA ......................................................................................................................... 14<br />
4.2. Einflussgröße Pulverherstellung .................................................................................... 16<br />
4.3. Einflussgröße Pulverlagerung ........................................................................................ 22<br />
4.4. Einflussgröße Temperatur und Atmosphäre ................................................................... 27<br />
4.5. Einflussgröße Belichtung ............................................................................................... 30<br />
4.6. Einflussgröße Siebprozess ............................................................................................ 36<br />
4.7. Handhabungsrichtlinie ................................................................................................... 39<br />
5. Verwendung der Zuwendung ............................................................................................ 45<br />
5.1 Personaleinsatz ............................................................................................................. 45<br />
5.2 Geräteanschaffung ........................................................................................................ 46<br />
5.3 Leistungen Dritter .......................................................................................................... 46<br />
5.4 Zusammenfassung ........................................................................................................ 46<br />
6. Nutzen der erzielten Forschungsergebnisse ...................................................................... 47<br />
6.1 Wissenschaftlich-technischer und wirtschaftlicher Nutzen der Ergebnisse insbesondere<br />
für KMU .................................................................................................................................... 47<br />
6.2 Voraussichtlicher Beitrag zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der KMU ................ 49<br />
6.3 Aussagen zur voraussichtlichen industriellen Umsetzung der FuE-Ergebnisse nach<br />
Projektende und der Finanzierung ............................................................................................ 50<br />
6.4 Plan zum Ergebnistransfer in die Wirtschaft ................................................................... 51<br />
7. Literaturverzeichnis ........................................................................................................... 52
Seite 3 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben [19204 BG]<br />
1. Forschungsthema<br />
„qualiTi - Systematische Analyse von Einflussfaktoren auf die Pulverqualität beim<br />
Strahlschmelzen – am Beispiel von Ti-6Al-4V“<br />
2. Wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Problemstellung<br />
Als Folge der rasant fortschreitenden Globalisierung werden Unternehmen mit einer sich deutlich<br />
verschärfenden Wettbewerbssituation konfrontiert. Vor allem müssen den steigenden<br />
Kundenanforderungen an Qualität und Funktionalität Rechnung getragen und Kosten im<br />
Unternehmen gesenkt werden, um anforderungsgerechte und preisgünstige Produkte kurzfristig<br />
am Markt anbieten zu können. Der additiven Fertigung wird in diesem Zusammenhang als<br />
disruptiver Technologie das Potential zugesprochen, zukünftig die Wertschöpfung von Produkten<br />
weltweit zu verändern.<br />
In den vergangenen Jahren konnte sich der Markt für die additive Fertigung deutlich<br />
überproportional (im Vergleich zu herkömmlichen Fertigungsmethoden) entwickeln. So berichtete<br />
der Wohlers Report 2018 von einem durchschnittlichen Wachstum von ca. 25 % pro Jahr in den<br />
Jahren 2014 bis 2017 [1]. Das Gesamtvolumen dieses Marktes, welcher Produkte und<br />
Dienstleistungen umfasst, die mit der additiven Fertigung in Zusammenhang stehen, betrug 2017<br />
ca. 7,3 Mrd. US$ (ebenda.) 2018 betrug es bereits 9,3 Mrd. US$ und soll bis zum Jahr 2027<br />
voraussichtlich 41 Mrd. US$ übersteigen [2]. Für das Jahr 2019 prognostiziert das englische<br />
Marktforschungsunternehmen Context für industrielle Metalldrucker ein Wachstum von über 49 %<br />
[3]. Während der Markt für industrielle Druckmaterialien 2018 um 29,9 % auf 4,6 Mrd. US$ wuchs,<br />
erwartet Context in den nächsten 5 Jahren ein weiteres Wachstum um 15 Mrd. US$ (ebenda).<br />
Abbildung 1: Entwicklung des Marktes für Additive Fertigung
Seite 4 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben [19204 BG]<br />
Abbildung 1 veranschaulicht das prognostizierte Marktwachstum für die nächsten Jahre. Da die<br />
Akzeptanz für die additive Fertigung in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat und<br />
voraussichtlich auch in den nächsten Jahren weiter zunimmt, eröffnen sich der Anwendung dieser<br />
Verfahren immer breitere Möglichkeiten.<br />
Allerdings eignen sich nur wenige additive Fertigungsverfahren zur direkten Herstellung von<br />
funktionalen Endprodukten im Sinne des Rapid Manufacturing. Die pulverbettbasierten Verfahren<br />
des Strahlschmelzens, bei denen ein Laser- oder ein Elektronenstrahl als Energiequelle genutzt<br />
wird, um ein Metallpulver schichtweise gezielt aufzuschmelzen, haben sich als additive<br />
Fertigungsverfahren für die industrielle Anwendung durchgesetzt. Insbesondere in der<br />
Dentaltechnik, im Werkzeug- und Formenbau, in der Medizintechnik, im Automobilbau und in der<br />
Luftfahrt werden das Laser- und Elektronenstrahlschmelzen bereits eingesetzt oder erprobt [4].<br />
Ein Werkstoff, der sich aufgrund der herausragenden Eigenschaften in den genannten Branchen<br />
etabliert hat, ist die Titanlegierung Ti-6Al-4V. Die Verfahren und der genannte Werkstoff bieten<br />
hier nicht nur Verbesserungen hinsichtlich Funktion, Gewicht und Kosten, sondern tragen auch<br />
durch ihre Material- und Energieeffizienz zu einer positiven Öko-Bilanz der gesamten<br />
Produktionsprozesskette bei. Mit dem Einsatz des Laser- und Elektronenstrahlschmelzens zur<br />
Herstellung von Bauteilen unter industriellen Rahmenbedingungen gewinnt die Qualität der<br />
erzeugten Bauteile an Bedeutung, was speziell in den besonders attraktiven High-Technology-<br />
Branchen (Luftfahrt, Medizintechnik, etc.) entscheidend ist. Während die Hersteller (OEM) von<br />
Flugzeugen oder Medizinprodukten die Forschung und Entwicklung der Verfahren vorantreiben,<br />
wird die eigentliche Fertigung von Produkten bei erwiesener Eignung der Verfahren an Zulieferer,<br />
Lohn- und Auftragsfertiger vergeben, bei denen es sich im Wesentlichen um KMU mit < 100<br />
Mitarbeitern und zwei bis vier Strahlschmelzanlagen handelt [5]. Dabei obliegen die<br />
Sicherstellung und der Nachweis der Qualität der produzierten Erzeugnisse gemäß geforderter<br />
OEM-Spezifikationen den KMU.<br />
Dem Strahlschmelzen metallischer Pulverwerkstoffe liegt ein automatisiertes, zyklisches<br />
Verfahrensprinzip zugrunde: Ein Metallpulver wird mit einer Schichtdicke zwischen 20 µm und<br />
100 µm auf einer Arbeitsebene flächig aufgetragen [6]. Anschließend wird ein Laser- oder ein<br />
Elektronenstrahl über die Arbeitsebene gelenkt und schmilzt das Pulver selektiv entsprechend<br />
des Bauteilquerschnitts. Nach dieser Belichtung des Pulverbetts wird die Arbeitsebene um den<br />
Betrag der Schichtdicke abgesenkt. Der Zyklus beginnt erneut mit dem Pulverauftrag und wird<br />
bis zur Fertigstellung des Bauteils iteriert. Der beschriebene Ablauf setzt voraus, dass in der<br />
Fertigungsanlage eine deutlich größere Menge des Pulvers bevorratet und auf der Arbeitsebene<br />
aufgetragen wird, als in das Bauteil umgewandelt wird. Je nachdem, welche Strahlquelle<br />
eingesetzt wird, finden die Fertigungsschritte in einer mit Schutzgas durchströmten Atmosphäre<br />
oder in einer evakuierten Umgebung statt. Dabei unterscheiden sich ebenfalls die<br />
Temperaturregime (RT - 500 °C), die auf das Metallpulver einwirken. Im Anschluss an den
Seite 5 des Schlussberichts zu IGF-Vorhaben [19204 BG]<br />
Prozess wird das nicht aufgeschmolzene Metallpulver mit Hilfe eines Siebprozesses recycelt. Das<br />
recycelte Pulver kann somit im nächsten Prozess wiederverwendet werden. Je nach Verbrauch<br />
wird dem Prozess bei Bedarf weiteres Material zugegeben. Die Nachhaltigkeit des Prozesses<br />
(geringer Materialeinsatz und hohe Recyclingraten) setzt allerdings eine gleichbleibende Qualität<br />
des eingesetzten Pulverwerkstoffs voraus. Einige Eigenschaften des Metallpulvers stellen jedoch<br />
Größen dar, die sich ungewollt und in bislang unvorhersehbarer Weise auf den<br />
Fertigungsprozess und das -ergebnis auswirken und somit die Bauteilqualität beeinflussen.<br />
Abbildung 2: Wissenschaftlich-technische Problemstellung<br />
Die charakteristischen Eigenschaften des Metallpulvers wie die Partikelform, Partikelgröße und<br />
Partikelgrößenverteilung, Fließfähigkeit und Fülldichte werden bereits durch die<br />
Pulverherstellung festgelegt. Je nach Herstellungsverfahren und Verfahrensspezifika, aber auch<br />
je nach Produktionslos, unterscheiden sich die Charakteristika des erzeugten Pulverwerkstoffs.<br />
Neu verdüstes und noch nicht im Strahlschmelzprozess verwendetes Metallpulver (im Folgenden:<br />
Neupulver) weist häufig ungünstige Eigenschaften für das Strahlschmelzen auf.<br />
Im Strahlschmelzprozess unterliegt der Pulverwerkstoff bei der Bevorratung in der<br />
Fertigungsanlage, während des Auftrags und der Belichtung sowie beim Recycling<br />
atmosphärischen, klimatischen und mechanischen Einwirkungen. Auch außerhalb dieses<br />
Systems ist der Werkstoff nach der Herstellung z. B. beim Transport, Lagerung und Recycling<br />
verschiedenen mechanischen Einflussgrößen und Umwelteinflüssen ausgesetzt. In Abhängigkeit<br />
der Dauer und der Intensität des Einwirkens von u. a. Atmosphäre, Temperatur, Feuchtigkeit und<br />
äußeren Kräften verändern sich z. B. die chemische Zusammensetzung und die Gestalt einzelner