Alu_LV_2021_Redaktion
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REDAKTIONELLER TEIL<br />
EDITORIAL SECTION<br />
<strong>Alu</strong>minium <strong>2021</strong>: Erholung nach Verbrauchsrückgang<br />
im Jahr 2020 zu erwarten<br />
Dr. Heinz-Jürgen Büchner<br />
IKB Deutsche Industriebank AG<br />
Das Jahr 2020 wird als dasjenige in die Wirtschaftsgeschichte<br />
eingehen, welches den bisher stärksten<br />
Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung nach Ende<br />
des Zweiten Weltkriegs verzeichnet. Hatte man mit<br />
dem ursprünglichen Ausblick auf 2020 noch mit einem<br />
halbwegs normalen Anstieg des Welthandels und des<br />
globalen Bruttoinlandsproduktes (BIP) gerechnet, so<br />
bewirkte der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie zu<br />
Jahresbeginn in China das Gegenteil.<br />
Wirtschaft bricht auf breiter Front ein<br />
Von den führenden Wirtschaftsnationen wird allein<br />
für China noch ein kleiner Anstieg des Bruttoinlandsproduktes<br />
gesehen (s. Schaubild 1). In China wurde<br />
bei Ausbruch der Pandemie sofort ein lokaler strenger<br />
Shutdown verhängt. Dies traf nicht nur die Automobilindustrie<br />
und deren Zulieferer, sondern aufgrund von<br />
Störungen der Logistikketten in erheblichem Maße die<br />
Metallindustrie. Allerdings kam es auch zu einer schnellen<br />
Erholung der Wirtschaft, sodass man hier einen so<br />
genannten „V-förmigen Verlauf“ des BIP erwartet.<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
Grafik 1<br />
Deutschland<br />
UK<br />
Japan<br />
Euro-Zone<br />
USA<br />
China<br />
2017 2018 2019 2020p <strong>2021</strong>p<br />
1) Quellen: Stassche Ämter, Zentralbanken und IKB-Schätzung, Prognose (P)<br />
Im Verlauf des Sommer 2020 kam es zu einem starken<br />
Anstieg der Neuinfektionen mit Covid-19 in den USA<br />
erhöht dort das Risiko eines kräftigeren Rückgangs der<br />
Wirtschaftsleistung als bisher angenommen. Erste Bundesstaaten<br />
haben zuletzt wieder strenge Ausgangssperren<br />
und Aktivitätsbegrenzungen angeordnet. Dies<br />
begrenzt die Konsumausgaben, die in den USA für<br />
rund 70 % der Wirtschaftsleistung stehen.<br />
Innerhalb der EU fällt der Einbruch in Italien, Spanien<br />
und Frankreich im Vergleich zu Deutschland gravierender<br />
aus. Aber auch in Deutschland zeichnet sich<br />
vorerst nur eine langsame Erholung ab. Die hohe Zahl<br />
an Kurzarbeitern ist zwar ein wichtiges Instrument der<br />
Beschäftigungssicherung, bedeutet aber gleichzeitig<br />
auch bei den privaten Haushalten einen hohen Entzug<br />
an Kaufkraft mit entsprechend negativen Auswirkungen<br />
auf den privaten Verbrauch. Insgesamt ist in der<br />
EU von einem eher „U-förmigen Verlauf“ der wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen auszugehen, der<br />
sich bis weit in die zweite Hälfte <strong>2021</strong> hinziehen wird.<br />
Die Erholung in Europa im Jahr <strong>2021</strong> wird bei einem<br />
Austritt Großbritanniens aus der EU ohne Abkommen<br />
noch deutlich schwächer ausfallen.<br />
Die Krise der Weltwirtschaft zeigt sich besonders pointiert<br />
im globalen Rohölmarkt, welcher zudem in der ersten<br />
Hälfte des laufenden Jahres noch von Auseinandersetzungen<br />
innerhalb des OPEC-Kartells geprägt war. Für<br />
2020 rechnet man im Jahresdurchschnitt mit einem um<br />
rund 10 % absinkenden Rohölbedarf auf nur noch 90,5<br />
mbd (million barrel per day). Der Rückgang betrifft alle<br />
wichtigen Regionen inklusive China. Nachdem sich diese<br />
sinkende Nachfrage abzeichnete, versuchte Saudi-Ara-<br />
<strong>Alu</strong>minium Lieferverzeichnis <strong>2021</strong> | 04
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EDITORIAL SECTION<br />
EDITORIAL SECTION<br />
bien sich mit OPEC-Partnern und anderen Förderländern<br />
auf eine Kürzung der Fördermenge zu verständigen, was<br />
zunächst am Widerstand Russlands scheiterte. Daraufhin<br />
flutete Saudi-Arabien die Ölmärkte mit einem entsprechenden<br />
Verfall der Rohölpreise. Da Fracking bei Rohölpreisen<br />
unter einem Niveau von 50 US-$/bbl (barrel)in<br />
der Regel nicht mehr rentabel ist, wurde nun die Anzahl<br />
der aktiven Bohrlöcher in den USA reduziert.<br />
Da die Nicht-OPEC-Länder ihre Förderung jedoch nur<br />
um 2,7 mbd absenken, muss die OPEC ihren Rohölausstoß<br />
auf lediglich 27,7 mbd reduzieren. Davon entfallen<br />
5,2 mbd auf NGL (Natural Gas Liquids)-Sorten.<br />
Ein Großteil der notwendigen Kürzungen ist bereits<br />
umgesetzt. Damit gelang es, den Rohölpreis deutlich<br />
anzuheben. Allerdings hat die OPEC momentan auch<br />
kein Interesse an einer zu starken Erhöhung, da dann<br />
Fracking wieder attraktiv wird. Wir sehen den Rohölpreis<br />
bis Ende 2020 in einem Band von +10 US-$ um<br />
die Marke von 45 US-$ je Barrel Brent (s. Schaubild 2).<br />
US-$ / Barrel<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020<br />
Quelle: MBI<br />
Grafik 2<br />
Sep.: 41,92<br />
Wichtige Abnehmerindustrien mit Rückgängen<br />
In den Jahren zwischen 2013 und 2017 expandierte die<br />
weltweite Automobilproduktion kräftig; in den Jahren<br />
2018 und 2019 sank diese dagegen wieder (s. Schaubild<br />
3). Gründe waren u. a. die Rückgänge aufgrund<br />
des neuen Testverfahrens WLTP (Worldwide Harmonized<br />
Light-Duty Vehicle Testing), Belastungen aus dem<br />
Handelskrieg zwischen den USA und wichtigen Partnern<br />
sowie die ersten Auswirkungen des Brexit.<br />
Das Jahr 2020 ist nun von der Coronavirus-Krise geprägt;<br />
es wird nur noch mit einer Produktion von gut 70,5<br />
Mio. Light Vehicles (<strong>LV</strong>) gerechnet, was einen globalen<br />
Einbruch von ca. 20 % bedeutet. Europa und Nordamerika<br />
sind am stärksten betroffen; in China dagegen gibt<br />
es wieder positive Absatzmeldungen seit April. Für das<br />
Jahr <strong>2021</strong> werden keine großen Aufholeffekte erwartet,<br />
wir rechnen mit einem Anstieg auf ca. 80 Mio. <strong>LV</strong> weltweit.<br />
Der Aufholprozess zieht sich relativ lange hin: Das<br />
Produktionsniveau von 2019 wird erst 2024 überschritten,<br />
dasjenige von 2018 erst wieder im Jahr 2026 erreicht. Somit<br />
ist diesmal der Weg aus der Krise der Automobilindustrie<br />
wesentlich langwieriger als in der Konjunkturkrise<br />
1993 oder der Finanzkrise 2007/09.<br />
Die Nachfrage nach Maschinenbauprodukten dürfte<br />
weltweit erst im Verlauf des Jahres <strong>2021</strong> langsam wieder<br />
anziehen. Im aktuellen konjunkturellen Umfeld mit<br />
Unterauslastungen der Kapazitäten halten sich Firmen<br />
naturgemäß mit Investitionen zurück. Die Umsätze in<br />
China werden sich nach dem Rückgang im laufenden<br />
Jahr als erstes erholen, aber auch hier dämpft der weiter<br />
nicht beendete Handelskonflikt mit den USA die Investitionsbereitschaft.<br />
3,3 3,4<br />
8,7 9,2<br />
13,3 13,2<br />
17,1 17,0<br />
22,2 22,0<br />
1) Quelle: IHS Juni 2020<br />
Grafik 3<br />
3,3<br />
8,4<br />
13,1<br />
16,3<br />
21,1<br />
2,2<br />
5,4<br />
10,7<br />
12,8<br />
15,9<br />
2,9<br />
6,9<br />
11,5<br />
14,6<br />
18,3<br />
28,0 26,9 24,7 21,9 23,4 24,8 26,0 27,3 28,4 29,4<br />
3,2<br />
7,9<br />
11,9<br />
3,5<br />
8,8<br />
12,0<br />
3,7<br />
9,1<br />
4,0 4,1<br />
9,7 10,2<br />
12,1 12,3 12,2<br />
15,7 15,7 16,0 16,3 16,5<br />
19,6 20,1 20,3 20,3 20,4<br />
2017 2018 2019 2020e <strong>2021</strong>e 2022e 2023e 2024e 2025e 2026e<br />
China Europa Nordamerika Japan/Korea Südostasien Südamerika Mittlerer Osten/Afrika<br />
Belastet wird die Maschinenbauproduktion primär von<br />
der geringeren Nachfrage der Automobilindustrie sowie<br />
den geopolitischen Auseinandersetzungen inklusive<br />
der Handelskriege. Das Einbrechen der Exporte<br />
auch vieler anderer Abnehmerbranchen und das deutliche<br />
Absinken der Kapazitätsauslastung gerade auch<br />
in den USA und wichtigen Schwellenländern bremst<br />
nicht nur in Deutschland die Investitionsbereitschaft in<br />
neue Maschinen und Anlagen.<br />
Im Jahr 2019 ist die gesamte Bauleistung in Europa<br />
um 2,9 % gewachsen, vor allem getrieben durch<br />
Neubauprojekte (s. Schaubild 4). Für 2020 wird ein<br />
deutlicher Wachstumsrückgang aufgrund der sich<br />
abschwächenden Konjunktur prognostiziert. So standen<br />
im Zuge des Shutdowns auch in Spanien, Frankreich<br />
oder Italien etliche Baustellen länger still, was zu<br />
entsprechenden Verzögerungen in der Fertigstellung<br />
führt und zum Teil Folgewirkungen bis in das Jahr<br />
<strong>2021</strong> hinein hat.<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
Quelle: Euroconstruct Juni 2020<br />
Grafik 4<br />
Deutschland<br />
Westeuropa<br />
Osteuropa<br />
2016 2017 2018 2019 2020 <strong>2021</strong> 2022<br />
Trotz der signifikanten Rückgänge des Wachstums im<br />
Jahr 2020 aufgrund der Coronavirus-Pandemie wird<br />
mit einer Erholung der Branche in den Jahren <strong>2021</strong> und<br />
2022 gerechnet. Die Wachstumsraten werden jedoch<br />
geringer ausfallen als vor der Pandemie. Das Wachstum<br />
im Wohnungsbau und im gewerblichen Bau wird<br />
dieses Jahr in Westeuropa voraussichtlich um ca. 12 %<br />
zurückgehen, aber in den nächsten zwei Jahren wieder<br />
um ca. 3 % bis 6 % p. a. ansteigen. Der erwartete<br />
Rückgang in Osteuropa fällt deutlich geringer aus. Entscheidend<br />
für die Erholung der europäischen Bauwirtschaft<br />
werden aber auch die Umsetzungen der angekündigten<br />
Infrastrukturprogramme der EU sowie vieler<br />
Mitgliedsstaaten sein.<br />
Auch in den USA ist es zu teilweise langen Verzögerungen<br />
in der Baufertigstellung gekommen. Zudem wurden<br />
dort etliche Bauprojekte gestoppt. Allerdings sehen<br />
wir auch hier Infrastrukturprogramme, zumal 2020<br />
ein Jahr der Präsidentenwahl ist. Ein Risiko stellen aber<br />
ganz klar die erneut stark anziehenden Infektionszahlen<br />
dar, die noch keine abschließende Aussage über<br />
die Bauwirtschaft 2020 zulassen.<br />
Dagegen hat die chinesische Regierung schon Förderprogramme<br />
in die Infrastruktur in erheblichem Maße<br />
angestoßen. Daher halten wir in China auch im laufenden<br />
Jahr ein Bauvolumen auf Vorjahresniveau für möglich,<br />
das Gros der angekündigten Maßnahmen dürfte<br />
jedoch erst <strong>2021</strong> in die Umsetzung kommen und dann<br />
für einen Anstieg der Bauleistung sorgen.<br />
<strong>Alu</strong>miniumnachfrage langfristig positiv …<br />
Wie sind nun die Auswirkungen der aktuellen Konjunkturkrise<br />
auf den globalen Markt für <strong>Alu</strong>minium? Hierbei<br />
ist zwischen den kurzfristigen Nachfragerückgängen<br />
und den langfristigen Trends klar zu unterscheiden.<br />
So ist der Trend zum Leichtbau bei der Produktion von<br />
Light Vehicles ungebrochen. Dem spielt auch die verstärkte<br />
Elektrifizierung im Pkw in die Hände: Verwendet<br />
man eine Elektrobatterie oder konfiguriert einen Hybridantrieb<br />
in einem Pkw, so lässt dies das Gesamtgewicht<br />
ansteigen, selbst wenn bei einem reinen E-Vehicle der<br />
Motorblock und einige korrespondierende Teile entfallen.<br />
Dies führt entsprechend zu verstärkten Leichtbaulösungen,<br />
um dem Gewichtsanstieg gegenzusteuern, und<br />
bewirkt damit einen weiteren Anstieg des <strong>Alu</strong>miniumeinsatzes<br />
im Pkw.<br />
05 | <strong>Alu</strong>minium Lieferverzeichnis <strong>2021</strong> <strong>Alu</strong>minium Lieferverzeichnis <strong>2021</strong> | 06
Quellen: Metallstatistik; IKB Research p = Prognose<br />
Quellen: Metallstatistik; World <strong>Alu</strong>minium; IKB Research<br />
p = Prognose<br />
REDAKTIONELLER TEIL<br />
REDAKTIONELLER TEIL<br />
EDITORIAL SECTION<br />
EDITORIAL SECTION<br />
Auch im Maschinenbau wird zunehmend – und nicht<br />
mehr nur in bestimmten Segmenten wie der Robotik<br />
oder den handgeführten Werkzeugen – auf <strong>Alu</strong>minium<br />
gesetzt. Zwar wird der Maschinenbau im Jahr 2020 um<br />
rund ein Fünftel einbrechen, langfristig stehen die Zeichen<br />
jedoch auf weiteres Wachstum. Dies gilt nicht nur<br />
aufgrund der in vielen Sparten vorhandenen globalen<br />
Markt- und Technologieführerschaft deutscher Hersteller,<br />
sondern genauso auch für die Anbieter aus Italien,<br />
der Tschechischen Republik oder den Produzenten<br />
aus Asien. Allerdings gehen wir davon aus, dass das<br />
laufende Jahr zu einer weiteren Marktkonsolidierung<br />
führen wird: Viele kleinere mittelständische Familienunternehmen<br />
dürften in der Krise über einen Verkauf<br />
nachdenken. Chinesische Investoren, aber auch Private<br />
Equity „laufen sich derzeit schon warm“.<br />
Daneben kommen aber weiter Impulse aus der Bauwirtschaft:<br />
Der Wohnungsbau in wichtigen Ballungszentren<br />
wird von der Covid-19-Krise nur durch zeitverzögerte<br />
Fertigstellungen getroffen. <strong>Alu</strong>minium gilt<br />
im hochwertigen Segment weiter en vogue: Es wird<br />
nicht nur im Fassadensegment genutzt, sondern auch<br />
in der Innenraumausstattung ist der <strong>Alu</strong>miniumeinsatz<br />
mittlerweile üblich. Die hohe gestalterische Vielfalt,<br />
die etwa durch eloxierte Oberflächen erreicht werden<br />
kann, spricht auch langfristig für eine verstärkte Nutzung<br />
von <strong>Alu</strong>minium.<br />
Im Verpackungssektor kann <strong>Alu</strong>minium vom langfristigen<br />
Trend zu kleineren Haushaltsgrößen und der zunehmenden<br />
Verwendung von Convenience-Produkten<br />
profitieren. Ebenso ist in der Pharmabranche keine<br />
Trendumkehr von einzeln verpackten Medikamentengaben<br />
zu sehen. Allerdings geht in Westeuropa der<br />
Trend wieder stärker hin zu unverpackten Lebensmitteln,<br />
was insbesondere auch die Kunststoffverpackungen<br />
schon negativ tangiert hat. Die höhere Recyclingfähigkeit<br />
von <strong>Alu</strong>minium könnte eventuell hier Gewinne<br />
bei bestimmten Verpackungen bewirken.<br />
… jedoch Verbrauchsdelle im Jahr 2020 zu<br />
erwarten<br />
Nach dem durch die globale Finanzkrise bewirkten Einbruch<br />
der globalen Nachfrage nach <strong>Alu</strong>minium im Jahr<br />
2009 expandierte der Bedarf um rund 26 Mio. t auf<br />
knapp 70 Mio. t im Jahr 2018. 2019 dürfte dagegen eher<br />
eine Seitwärtsbewegung erfolgt sein (s. Schaubild 5). Seit<br />
Beginn des Jahrtausends ist es zu einer Verdoppelung in<br />
der globalen Verwendung von <strong>Alu</strong>minium gekommen.<br />
Weltverbrauch von <strong>Alu</strong>minium; in 1.000 t<br />
80.000<br />
70.000<br />
60.000<br />
50.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
0<br />
Grafik 5<br />
Ozeanien Amerika Afrika China Asien ohne China Europa<br />
Am dynamischsten ist die Entwicklung in China ausgefallen.<br />
Um die Jahrtausendwende wurden in China<br />
nur ca. 4 Mio. t <strong>Alu</strong>minium pro Jahr eingesetzt. Heute<br />
sind es mit knapp 36 Mio. t neunmal so viel. In Europa<br />
erfolgte nur ein kleiner Verbrauchsanstieg. Hierbei ist<br />
aber zu beachten, dass im gleichen Zeitraum etwa die<br />
deutschen OEM erhebliche Produktionskapazitäten für<br />
Light Vehicles in Asien aufgebaut haben und entsprechend<br />
dort <strong>Alu</strong>minium verwenden. In Amerika war die<br />
Nachfrage sogar leicht rückläufig.<br />
Für 2020 erwarten wir nun aber einen Verbrauchsrückgang<br />
in der Größenordnung von etwa 8 %, der somit in<br />
etwa demjenigen in der Finanzkrise entspricht. Im Vergleich<br />
zu den erwarteten Einbußen in der Automobilindustrie<br />
oder dem Maschinenbau kommt damit die weltweite<br />
<strong>Alu</strong>miniumproduktion vergleichsweise glimpflich<br />
davon, zumal wir schon 2022 wieder einen neuen Verbrauchsrekord<br />
für möglich halten.<br />
Die Gründe für einen Rückgang von nur 10 % sind in<br />
dem schon erwähnten Trend zum Leichtbau, in den guten<br />
Barriere-Eigenschaften des Werkstoffs sowie auch<br />
der hohen Akzeptanz in der Bauindustrie zu sehen.<br />
China dominiert Primäraluminiumproduktion<br />
Nicht nur der globale Verbrauch wird heute von China<br />
bestimmt, das Land erzeugt mittlerweile auch mehr als<br />
die Hälfte der weltweiten Primäraluminiumproduktion (s.<br />
Schaubild 6). Die Steigerung des chinesischen Primäraluminiumausstoßes<br />
erfolgte ebenfalls mit dem Faktor 9!<br />
China und Restasien mit Wachstum;<br />
Produktion von Primäraluminium; in 1.000 t<br />
70.000<br />
60.000<br />
50.000<br />
40.000<br />
30.000<br />
20.000<br />
10.000<br />
0<br />
Grafik 6<br />
2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 2020p 2022p<br />
Ozeanien Amerika Afrika China Asien ohne China Europa<br />
Die weltweite Primäraluminiumproduktion ist im ersten<br />
Halbjahr 2020 um rd. 1,3 % gegenüber dem Vorjahr gestiegen.<br />
Beachtlich ist, dass China nach dem Shutdown<br />
infolge der Coronavirus-Krise nun schon wieder einen<br />
Anstieg von 1,7 % verzeichnet. Im übrigen Asien setzte<br />
sich der Rückgang fort, während in der Golfregion der<br />
Zuwachs gut 7,4 % beträgt. In Europa insgesamt war eine<br />
geringere Produktion zu beobachten. Sowohl in Nord- als<br />
auch in Lateinamerika ist die Erzeugung ebenfalls angezogen.<br />
Trotz des Einbruchs auf der Nachfrageseite stabilisieren<br />
die Primäraluminiumproduzenten ihre Ausstoßmengen,<br />
während gerade in Europa – und hier vor allem in<br />
Italien – die Recyclingaluminiumproduktion gesunken ist.<br />
Auch in China kam es im ersten Quartal 2020 zu zum<br />
Teil kräftigen Rückgängen in der Recyclingaluminiumproduktion.<br />
Grund waren primär Logistikprobleme<br />
sowohl in der Schrottsammlung als auch in der Belieferung<br />
der Recyclingaluminiumwerke. Etliche der chinesischen<br />
Recyclingaluminium-Produktionsstätten lagen<br />
im Kerngebiet der von dem Shutdown am meisten<br />
betroffenen Regionen. In der Folge wurde in China und<br />
auch in einigen anderen asiatischen Staaten Recyclingaluminium<br />
durch Primäraluminium substituiert.<br />
Auch zukünftig werden sich notwendige Zuwächse in der<br />
Primäraluminiumproduktion schwerpunktmäßig auf Asien<br />
konzentrieren. Die Golfregion bietet eine sehr günstige<br />
Energieversorgung der Werke, da meist Gas genutzt<br />
wird, welches sonst abgefackelt würde. China wird zudem<br />
seine führende Marktstellung verteidigen. Potenzial<br />
sehen wir noch für Indien und Indonesien, letzteres verfügt<br />
auch über größere Bauxitvorkommen.<br />
Langfristig könnten die Kapazitäten in Lateinamerika<br />
noch ausgebaut werden. In Europa sehen wir aufgrund<br />
der hohen Energiekosten und der existierenden<br />
Umweltauflagen eine vergleichsweise ungünstige Kostenstruktur,<br />
die einen weiteren Ausbau eher unwahrscheinlich<br />
macht.<br />
Europa wie auch Nordamerika hat dagegen jedoch<br />
noch größere Chancen für den Ausbau der Erzeugung<br />
von Recyclingaluminium. Die Unterbrechungen in Italien<br />
im ersten Halbjahr 2020 waren der Coronavirus-Sondersituation<br />
geschuldet und sollten nicht zu dem Schluss verleiten,<br />
hierauf eventuell verzichten zu können.<br />
Fazit<br />
Die weltweite <strong>Alu</strong>miniumnachfrage wird 2020 aufgrund<br />
der Covid-19-Pandemie bedingten Konjunktureinbrüche<br />
eine kräftige Delle erleiden. Danach sehen<br />
wir jedoch eine Rückkehr auf den Wachstumspfad und<br />
halten schon 2022 einen neuen Verbrauchsrekord für<br />
möglich.<br />
07 | <strong>Alu</strong>minium Lieferverzeichnis <strong>2021</strong> <strong>Alu</strong>minium Lieferverzeichnis <strong>2021</strong> | 08