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Zdirekt! 04-2020

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Z direkt! <strong>04</strong>/<strong>2020</strong><br />

NACHGEFRAGT 27<br />

(VBG) und Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung<br />

(DGUV) erarbeiteten Unfallverhütungsvorschriften so,<br />

sondern auch in der Wirklichkeit. Bei der Zeitarbeit ist<br />

es ja gerade so, dass Stammarbeitskräfte und Zeitarbeitskräfte<br />

zusammen in Teams arbeiten. Selbst wenn<br />

der Einsatzbetrieb den unlauteren Gedanken haben<br />

sollte, die Zeitarbeitskräfte schlechter zu schützen als<br />

seine Stammarbeitskräfte: Wie soll das funktionieren,<br />

wenn beide nebeneinander im Betrieb arbeiten?<br />

Sind das wirklich alles nur Vorurteile und Klischees<br />

oder ist Zeitarbeit nicht doch einfach gefährlicher?<br />

Lassen wir die Fakten sprechen: Die Anzahl der Arbeitsunfälle<br />

pro 1.000 Versicherte ist von 2008 bis 2017 um<br />

über 36 Prozent zurückgegangen. Was manche verwechseln,<br />

ist, dass Unfälle nicht deshalb passieren, weil<br />

Arbeitnehmer in der Zeitarbeit arbeiten, sondern deshalb,<br />

weil Arbeitnehmer eine vergleichsweise gefährliche<br />

Tätigkeit ausüben. Die Zeitarbeitskräfte sind weit<br />

überdurchschnittlich im Helferbereich und im gewerblichen<br />

Bereich tätig. Da passieren natürlich mehr Unfälle<br />

als im Büro, wo einem schlimmstenfalls mal der Locher<br />

auf den Fuß fällt. Wenn man nun also die absoluten<br />

Zahlen nimmt und sie mit Branchen vergleicht, in denen<br />

zu einem weit größeren Anteil Büroarbeit geleistet<br />

wird, ist das ein Vergleich zwischen Äpfel und Birnen.<br />

Also kein Handlungsbedarf mehr in Sachen Arbeitsschutz<br />

für die Zeitarbeit?<br />

Wir verschweigen nicht die Erfolge, aber wir ruhen uns<br />

auch nicht auf ihnen aus. Wir wollen die Unfallzahlen<br />

weiter absenken. Jeder Arbeitsunfall ist einer zu viel.<br />

Was tun Sie konkret?<br />

Wir haben zusammen mit der VBG ein Prämienverfahren<br />

ins Leben gerufen, bei dem konkrete Arbeitsschutzmaßnahmen<br />

finanziell unterstützt werden. Besonders<br />

wichtig war es uns, dass möglichst viele davon profitieren<br />

können. Deshalb haben wir den Maßnahmenkatalog<br />

ab <strong>2020</strong> deutlich ausgeweitet. Finanziell unterstützt<br />

werden nun z.B. auch bestimmte Schweißerschutzhelme<br />

und Warnschutzkleidung. Gerade in diesen schwierigen<br />

Zeiten müssen viele Unternehmen sparen. Das<br />

Prämienverfahren bietet die Möglichkeit, bei notwendigen<br />

Arbeitsschutz-Investitionen im Regelfall 40% zu<br />

sparen. Und es gibt es weiteres großes Ziel, für das ich<br />

mich einsetzen möchte: Ein Beitragsnachlass für die<br />

Unternehmen mit wenigen Unfällen.<br />

Ein anderes Thema bereitet den Unternehmen<br />

Sorgen: Die Beitragsentwicklung. Bereits für die<br />

Beiträge 2019, die im Mai <strong>2020</strong> fällig würden, gab<br />

es eine empfindliche Anhebung des Beitragsfußes.<br />

Für die Beiträge <strong>2020</strong>, die im Mai 2021 fällig<br />

werden, droht eine nochmalige Anhebung. Wie<br />

ist Ihre Einschätzung und was kann dagegen getan<br />

werden?<br />

Die Anhebung des Beitragsfußes kam im schlechtesten<br />

Moment. Eine Beitragserhöhung während eines Lockdowns<br />

mit deutlich weniger Erträgen. Auch mich als<br />

Unternehmer hat das sehr geärgert. Wir müssen nun<br />

schauen, dass es für das Beitragsjahr <strong>2020</strong>, das im Mai<br />

2021 fällig wird, nicht noch einmal eine Erhöhung des<br />

Beitragsfußes gibt. Das wird allerdings ohne besondere<br />

Gespräche und Maßnahmen nicht möglich sein. Es wird<br />

sehr schwierig. Wir werden gegenüber der VBG deutlich<br />

machen, wie wichtig dieses für unsere Mitgliedsunternehmen<br />

ist. Einen zweiten Punkt haben wir auch<br />

auf der Agenda: Wir wollen auch im nächsten Jahr die<br />

erleichterten Ratenzahlungsmöglichkeiten. Das hat sich<br />

in diesem Jahr bewährt und vielen in dieser kritischen<br />

Situation geholfen. Ich sehe derzeit nicht, dass die Situation<br />

im nächsten Jahr sofort so viel besser sein wird.<br />

Viele Unternehmen gehen geschwächt in das nächste<br />

Jahr. Ratenzahlungen könnten auch dann helfen, Unternehmen<br />

im Bestand zu sichern. MD<br />

Martin Gehrke ist Inhaber der Gehrke Zeitarbeit GmbH in Duisburg, Fachkraft für Arbeitssicherheit und mehr<br />

als 15 Jahre lang Mitglied im iGZ-Bundesvorstand. Seine fachlichen Schwerpunkte in der Verbandsarbeit<br />

liegen im Präventionsmanagement und in Fragen zur VBG. Er vertritt den iGZ in den Gremien der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />

und ist zudem Mitglied im Prüfungserstellungsausschuss der Industrie- und<br />

Handelskammer (IHK) für die schriftliche Abschlussprüfung und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsausschusses<br />

für die mündliche Prüfung bei der IHK Duisburg.<br />

Werner Stolz

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