Leichtathletik INFORMationen 03/2017
Inhalt: Führungswechsel bei den FREUNDEN + DM 2017 Erfurt + Zeichen setzen: Ein offener Brief + Wer war Max Danz?
Inhalt: Führungswechsel bei den FREUNDEN + DM 2017 Erfurt + Zeichen setzen: Ein offener Brief + Wer war Max Danz?
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http://bit.ly/fdl_danz<br />
Joch & Köster: Das war Max Danz<br />
Müssen junge Leichtathleten in den Zwanzigern, zum Beispiel Gina Lückenkemper und Thomas<br />
Röhler, eigentlich wissen, wer Max Danz war, die Vita dieses Mannes kennen? Natürlich<br />
nicht, es sei denn, sie haben früh ein Interesse für die Historie ihres Sports entwickelt.<br />
Nein, mit der Personalie Danz sehen sich vorwiegend Sportfreunde<br />
der Ü60-Generation konfrontiert. Aber wie fundiert<br />
ist deren Wissen wirklich von dem Manne, der länger als jeder<br />
seiner fünf Nachfolger im Präsidentenamt die Geschicke<br />
des Deutschen <strong>Leichtathletik</strong>-Verbands (DLV) lenkte, von der<br />
DLV-Gründung 1949 bis zu seinem freiwillig-unfreiwilligen<br />
Rückzug 1970, in den schwierigen Wiederaufbaujahren unmittelbar<br />
nach Kriegsende und während der hochpolitischen<br />
Phase des Kalten Kriegs, der auch den Sport hatte frösteln lassen?<br />
Sie können ihren Wissensstand jetzt überprüfen (und vermutlich<br />
feststellen, dass der lückenhaft bis oberflächlich ist)<br />
anhand eines Werkes, das die Autoren Winfried Joch und Wilhelm<br />
Köster jüngst vorgelegt haben: „Dr. Max Danz. Eine biografische<br />
Skizze“ (Arete-Verlag, Hildesheim, 160 Seiten, historische<br />
Fotos, 19,95 Euro).<br />
Der im Untertitel auftauchende Begriff „Skizze“ ist in zweifacher<br />
Hinsicht zutreffend: zum einen steht er für die Aufzeichnung<br />
des Lebens und Schaffens des 1908 geborenen Kasseler<br />
Arztes und Multifunktionärs (Verein, Landesverband, DLV,<br />
NOK, DSB, DOG, Sporthilfe), sorgsam recherchiert und belegt;<br />
andererseits für eine Art Entwurf für eine Arbeit, die dringend<br />
notwendig wäre, aber bisher nicht zustande kam -- aus Kostengründen<br />
und aus Skrupel, hervorgerufen von der deutschen<br />
Vergangenheit: Die wissenschaftliche Aufarbeitung der<br />
Geschichte der deutschen <strong>Leichtathletik</strong> mit den Schwerpunkten<br />
Verhalten im Nationalsozialismus, Nachkriegsgeschehen<br />
und Umgang mit dem Thema Doping. Fairerweise muss festgehalten<br />
werden, dass auch andere wichtige deutsche Sportverbände<br />
sich bisher um eine solche gewissenhafte Aufklärung<br />
gedrückt haben.<br />
Die Autoren, der emeritierte Sportwissenschaftler Winfried<br />
Joch (geb. 1935) und der ehemalige DLV-Referatsleiter Wilhelm<br />
Köster (1934), beide im mittleren Abschnitt der Amtszeit<br />
ihres Protagonisten sozialisiert, stützen die These vieler<br />
Weggefährten und Nachfahren von Danz, der zufolge dessen<br />
herausragende Verdienste der Beitrag zur Neuordnung des<br />
deutschen Sports nach 1945, das Bemühen um die Wiedereingliederung<br />
der deutschen in die internationale <strong>Leichtathletik</strong><br />
und um die Einheit des Sports im geteilten Deutschland gewesen<br />
sind. Gleichwohl richtet der Rezensent sein Augenmerk<br />
im Wesentlichen auf Erkenntnisse, die Joch/Köster aus den folgenden<br />
Kapiteln gewonnen haben: Danz in der NS-Zeit, Danz`<br />
Rolle beim EM-Boykott 1969, Danz und die „Leitlinien, die das<br />
Handeln bestimmen“.<br />
Es gelingt „mit relevantem Material aus einschlägigen Archiven<br />
in Deutschland“ vermutlich die Entkräftung des bis in die<br />
Jetzt-Zeit gelegentlich zu vernehmenden Vorwurfs, der Kasseler<br />
Ehrenbürger (seit 1989) und Olympiastarter (1932 über<br />
800 m, letzter Wettkampf 1934) habe eine „undurchsichtige“<br />
NS-Vergangenheit gehabt. Der Medizinstudent trat 1933<br />
auf Empfehlung seines Rektors und in der Hoffnung auf ein<br />
Uni-Stipendium in die SS ein – und wurde 1934 gleich wieder<br />
ausgeschlossen: wegen „moralischer Minderwertigkeit“. Vermutlich<br />
weil Danz eng befreundet war mit einem jüdischen<br />
Kameraden im Kasseler Verein. Des ungeachtet registriert ihn<br />
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