Leichtathletik INFORMationen 03/2017

die NSDAP im Mai 1937 als Mitglied. Er habe wohl Konzessionen
an das NS-System machen müssen, kommentieren Joch/
Köster, um Ausbildung und spätere Anstellung als Arzt (ab
1936 erst in Marburg, dann in Berlin) sicherzustellen, jedoch
„sich nachweisbar den NS-Forderungen widersetzt, wo Ansprüche
an ihn gestellt wurden, die mit seinen Wertvorstellungen
in Widerspruch standen“. War ein Berufsweg für den ehrgeizigen
Nordhessen ohne die Partei für Danz wirklich keine
Option?
Dass es bei der EM 1969 in Athen aus Protest gegen das
IAAF-Startverbot für den DDR-Flüchtling Jürgen May im DLV-
Team zum bundesdeutschen Boykott der Einzeldisziplinen
kam, wird im Buch einer Reihe von Fehleinschätzungen von
Präsident Danz angelastet. Es heißt da: „Letztlich entscheidend:
die Unwirksamkeit seines eigenen, seit Jahren kultivierten
Wertekanons, der auf Kameradschaftlichkeit, Interessenausgleich
und Konfliktlösung durch persönliche Intervention
ausgelegt war“. In Stich gelassen haben Danz die von ihm als
Freunde empfundenen Kollegen in der IAAF, die indessen unter
den Druck des plötzlich selbstbewussten DDR-Verbands
DVfL geraten waren (im Herbst 1964 von der IAAF als selbstständiges
Mitglied anerkannt), ferner die eigene Funktionärsriege
und die neue mündig gewordene Athletengeneration.
Athen war freilich nur Auslöser für Danz` Rückzug 1970,
das Gegrummel im Verband schon länger unüberhörbar.
Olympismus eisern anhängend, hatte er deren schleichende
Entwertung nicht erkannt bzw. akzeptieren wollen. Zum Ausdruck
kommt das in der wohl überzeugendsten Einschätzung
der Autoren, die gleichsam eine Charakterstudie ist, im Kapitel
über die Leitlinien des handelnden Danz. Die im Athen-Abschnitt
bereits aufgeführten Stichworte werden hier von einem
Wertebegriff in ihrer Relevanz noch übertroffen. Die
Verfasser nennen ihn „Lebenskameradschaft“. Sie ist das vorherrschende
Motiv für die Amtszeit von Max Danz: erst die
Kameraden, dann die anderen. Weggefährten des ersten
DLV-Präsidenten werden auch der folgenden Wesensskizzierung
zustimmen: „Er verstand sich vor allem als ein traditionsbewusster
Leichtathlet mit eher konservativer Denkstruktur
und Wiederherstellungsmotivation. Innovative und progressive
Handlungsorientierungen wurden, soweit sie vorhanden
und zum Tragen kamen, von pragmatischen, weitgehend
ideologiefreien Sachlösungsabsichten überlagert. Damit entsprach
er dem Gesellschaftsbild der Nachkriegsgeneration“
(Joch/Köster).
Max Danz also: ein durch und durch deutscher Sportfunktionär
seiner Zeit. Und das Buch über jene Epoche sowohl ein
Geschichts-, als auch ein Lehrbuch. Verfasst von 80-Jährigen.
Auch für junge Leichtathleten in den Zwanzigern.
Michael Gernandt
Der Traditionalist Danz passte nicht mehr in die sich verändernde
Landschaft des olympischen Sports. Den Werten des
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