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baumgeschichten

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Er war mein einzger Freund

Doch jemand hat ihn getötet, heut.

Armer Kleiner Lang! Armer Kleiner Lang!

Täglich trauerte er auf dem Grab. Eines Tages wuchs darauf ein großer Baum mit Blättern,

die aussahen wie Entenfüße. Eines Nachts, als der Kleine Lang sein Klagelied sang, schüttelte

sich der Baum, und tausend Blätter fielen dem Jungen vor die Füße. Dabei gaben sie

ein metallisches Geräusch von sich – sie waren aus Gold. Der Kleine Lang füllte seinen

Korb und machte sich am nächsten Morgen auf den Weg zum Dorf, um einige Sachen zu

kaufen. Sein Bruder rief ihm von der Schwelle seines Hauses zu:

«Was trägst du ihn deinem Korb?»

«Gold!»

«Wo hast du es gestohlen?»

«Ich habe nichts gestohlen! Am Abend jenes Tages, an dem ich dir meinen Hund geliehen hatte,

fand ich ihn tot in einem Loch und begrub ihn bei mir. Auf dem Grab ist ein Goldbaum gewachsen!»

Der Große Lang nutzte die Abwesenheit seines Bruder, ging zum Grab, näherte sich dem

Ginkgo und schüttelte ihn mit aller Kraft. Das Lied jedoch kannte er nicht. Statt mit klingenden

Goldblättern wurde er mit klebrigen, stinkenden Früchten, Würmern und anderen

ekligen Tierchen überschüttet. Wütend nahm er eine Axt und fällte den Baum. Als Klein

Lang zurückkam, sah er das Unglück und weinte:

Als mein Vater starb, fand die Teilung statt

Ein Hund war mein einzig Hab

Er war mein einzger Freund

Doch jemand hat ihn getötet, heut.

Armer Kleiner Lang! Armer Kleiner Lang!

Auf seinem Grabe ist gewachsen ein Ginkgo

Der gab mir viel, viel Gold

Doch jemand hat ihn gefället, heut.

Armer Kleiner Lang! Armer Kleiner Lang!

Dann sammelte er die Äste ein und flocht daraus einen Hühnerkäfig, den er am Dach

seiner Hütte befestigte. Nachts kamen die Hühner aus der Nachbarschaft und legten darin

ihre Eier. Um die Eier zu verkaufen, füllte der Junge zwei Körbe, befestigte sie an den

Enden einer Stange und trug sie so auf seinen Schultern ins Dorf. Als er am Haus seines

Der Ginkgo » Märchen und Mythen

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