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baumgeschichten

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Am Ende dieser Periode waren gewisse Laubbaumarten

bereits gut vertreten, zum Beispiel

Buchen, Magnolien und Feigenbäume. Fossilienfunde

bezeugen, dass der Ginkgo vor 30 Millionen

Jahren noch weit verbreitet war, nicht nur in

China, sondern auf der ganzen Welt. Wahrscheinlich

gab es damals ganze Ginkgowälder. Später

sind die Ginkgobäume wegen Klimaveränderungen

und der wachsenden Konkurrenz der Laubbäume

(→ Ahorn) immer mehr verschwunden.

Lebendes Fossil

Die Versteinerungen des Ginkgo adiantoides (vor

150 Millionen Jahren) gleichen stark denen des

heutigen Ginkgo biloba. Aber nach einem so langen

Zeitraum wäre es angesichts der kontinuierlichen

Evolutionsprozesse gewagt anzunehmen,

dass es sich um die gleiche Art handelt. Sicher ist:

Nur eine einzige Ginkgoart hat den Tumult der

Evolution überlebt. Ihren urtümlichen Merkmalen

nach passt sie weder zu den Palmfarnen noch

zu den Samenpflanzen. Deshalb hat der Ginkgo

eine Sonderstellung innerhalb der Pflanzensystematik.

Es gibt genau eine einzige Art, eine Gattung,

eine Familie, eine Ordnung … eine extreme

botanische Einsamkeit mitten in der Evolution

der Samenpflanzen mit ihren 270 000 verschiedenen

Arten. Den Ginkgo deshalb «lebendes

Fossil» zu nennen ist nur leicht übertrieben und

zeigt, wie außerordentlich dieser Baum ist.

Aus buddhistischen Klöstern

in westliche Gärten

Dank seiner botanischen und medizinischen

Eigenschaften wurde der Ginkgo in chinesischen

Klöstern und beim chinesischen Adel schon früh

sehr geschätzt. Später gewann er auch in Korea

und Japan an Beliebtheit. Die Eleganz seiner lärchenähnlichen

Silhouette, die wunderbare Fächerform

seiner Blätter, die zweigeteilt sein können

(daher biloba), sein goldenes Laub im Herbst,

seine Widerstandskraft gegen Krankheiten und

Parasiten und seine lange Lebensdauer haben

den Ginkgo zu einer der kulturell wichtigsten

Pflanzen gemacht. Auch in Europa stieß der

Ginkgo spontan auf großes Interesse, noch bevor

er zu einem Rätsel der Botanik wurde. Nachdem

im 18. Jahrhundert die ersten Exemplare nach

Holland gelangt waren, begann man überall in

Europa, Ginkgos zu vermehren, und pflanzte sie

in Parkanlagen, Gärten und später auch entlang

von Alleen.

1730 soll der erste Ginkgo Europas im botanischen

Garten der holländischen Stadt Utrecht

gepflanzt worden sein. Es folgten weitere Ginkgos,

zuerst in England (1754), dann im französischen

Montpellier (um 1780) und etwas später

auch in den Vereinigten Staaten (1784). Der erste

weibliche Baum auf europäischem Boden wurde

1814 in der Nähe von Genf durch den Botaniker

Alphonse de Candolle beschrieben. Wahrscheinlich

haben sich dort also erstmals europäische

Ginkgosamen gebildet – die ersten einer Gattung,

die seit Jahrmillionen vom Kontinent verschwunden

war.

Die ältesten Ginkgos der Welt finden sich in der

Nähe von buddhistischen und schintoistischen

Klöstern in China, Korea und Japan. 100 Kilometer

südlich von Seoul, im Yon-Mun-Tempel, steht ein

1100-jähriger Ginkgo, dessen Durchmesser mehr

als 4 Meter beträgt. Vom Ginkgo von Sendai in

Japan nimmt man an, dass er 1250 Jahre alt ist.

Dieser Ginkgo ist berühmt für seine «Chi-Chi»,

Wucherungen der Äste, die zum Boden wachsen

und dort Wurzeln schlagen.

Die Legende aus der chinesischen Provinz

Shangdon, die besagt, der Ginkgo könne wie andere

Bäume (→ Platane, Ahorn, Eibe) 3000 Jahre

alt werden, scheint hingegen eher unwahrscheinlich.

Die ältesten europäischen Ginkgos nähern

sich entsprechend ihrem Einführungsdatum dem

stolzen Alter von 300 Jahren und erreichen eine

Höhe von 30 bis 40 Metern.

Seit Langem ein seltener Baum

Es ist anzunehmen, dass der Ginkgo bereits in

Der Ginkgo » Porträt

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