baumgeschichten
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Porträt
Eine junge Berühmtheit
Als Engelbert Kaempfer (1651 – 1716), deutscher
Arzt und Botaniker im Dienste der Niederländisch-Ostindischen
Kompanie, 1691 auf einer
Reise in Japan den Ginkgo entdeckte, erstaunte
es ihn kaum, auf eine «verschwundene» fossile
Art zu stoßen. Der Japanische Nussbaum war damals
im Abendland überhaupt nicht bekannt,
weder als lebende noch als fossile Art, und
Kaempfer konnte sich also noch gar nicht vorstellen,
auf welch großes Interesse dieser Baum
später in wissenschaftlichen Kreisen stoßen
würde, besonders wegen seiner archaischen Art
der Fortpflanzung. Kaempfer, der zwei Jahre in
der Nähe von Nagasaki verbrachte, dem einzigen
für Ausländer geöffneten japanischen Hafen, beschäftigte
sich eingehend mit dem Ginkgo und
beschrieb ihn in seinem 1712 veröffentlichten Bericht
Amoenitatum exoticarum (Exotische Schönheiten)
als «Baum, der Nüsse trägt und dessen
Blätter denen der Farnart Adiantum (Venushaar)
gleichen».
So hatte er es keineswegs eilig, den Ginkgo in
Europa bekannt zu machen, der Baum war für
ihn nur eine Pflanze unter vielen, die damals im
Gewimmel wissenschaftlicher Entdeckungen
zum Vorschein kam.
a
a. Zweig mit weiblichen Blüten;
b. Zweig mit männlichen Blüten
Fossile Ginkgos
Zu Kaempfers Zeit bestanden Fossiliensammlungen
vor allem aus Versteinerungen von Meerestieren;
versteinerte Pflanzen waren selten. Erst
als man gegen Ende des 18. Jahrhunderts vermehrt
Kohle abbaute, erweiterten sich die Sammlungen
um Versteinerungen von Pflanzen, besonders
von Farnen. 1828 beschrieb der französische
Botaniker Adolphe Brongniart (1801 –1876) erstmals
ein versteinertes Ginkgoblatt. Aufgrund
solcher Funde bezeichnete Darwin den Ginkgo
später als lebendes Fossil. Die ältesten fossilen
Ginkgoblätter gehören zum Ginkgo primigenia
und stammen aus dem Perm (sind also 300 Millionen
Jahre alt). Es war die Zeit der ersten fliegenden
Insekten, der Schachtelhalme, der gigantischen
Farne und der ersten Nacktsamer; damals
waren die Kontinentalplatten noch miteinander
verbunden.
Es war die Zeit der stillen Wälder, ohne Vogelgezwitscher,
ohne Säugetiere. Wäre ein Mensch
dort gewesen, hätte er nur den Wind in den Blättern,
das Surren der Libellen und das Schnappen
der Fische auf der Jagd nach Fliegen gehört …
Paläobotaniker situieren den Höhepunkt der
Ausbreitung und Artenvielfalt der Ginkgos – mit
mindestens einem Dutzend verschiedener Arten
– zwischen dem Anfang des Jurazeitalters (vor
200 Millionen Jahren) und dem Ende der
Dinosaurier in der Kreidezeit (vor 60 Millionen
Jahren).
b
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