Poste Italiane SpA – Sped. in a.p.
-70% – NE BOLZANO – 72. Jahrgang
Nr. 6 | DEZEMBER | 2020
Zweimonatszeitschrift
KulturFenster
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol
„Gerade jetzt brauchen wir Kultur!“
„Es bewegt sich nicht mehr viel“
Landschaftspflege: Das ändert sich 2021
• Geleitwort •
• Inhalt •
• Chorwesen
„Leben kann man nur
vorwärts“ – Gedanken von
Obmann Deltedesco 3
AGACH - Brücken schlagen
zwischen Menschen und
Regionen 4
„Gerade jetzt brauchen
wir Kultur!“ - Vollversammlung
des SCV 6
Dirigentenworkshop mit Jan
Scheerer im Kolpinghaus Bozen 7
„Singen isch inser Leben“ –
ein Lied zum Jahreswechsel 9
Kirchenchor Vahrn gründet
Kinder- und Jugendchor 11
Höchste Tiroler Auszeichnung
für Irene Vieider 12
Büchertisch: „Als ich die Stille
fand“ von Franz Welser-Möst 13
Der Blick nach vorne
Leben kann man nur vorwärts: Diesen Satz des
großen Philosophen Sören Kierkegaard (1813
bis 1855) stellt der Obmann des Südtiroler
Chorverbandes (SCV), Erich Deltedesco, in den
Mittelpunkt seiner Botschaft an Obfrauen und
Obmänner, Sängerinnen und Sänger, Chorleiterinnen
und Chorleiter zu Weihnachten und
Neujahr. Die Corona-Pandemie habe vieles
lahmgelegt, aber man dürfe jetzt nicht die Flinte
ins Korn werfen, sondern müsse im Sinne des
dänischen Philosophen nach vorne schauen,
so der Obmann. „Wir hoffen alle, dass wir unsere
Tätigkeit bald wieder in vertrauter Form
und mit neuer Kraft aufnehmen können.“
Brücken schlagen zwischen Menschen und
Regionen – das war von Anfang an die Devise
der AGACH, der Arbeitsgemeinschaft Alpenländischer
Chorverbände. Der Präsident der
AGACH, Erich Deltedesco, wirft einen Blick
zurück in die Anfänge der AGACH vor mehr
als vierzig Jahren. Damals, Anfang der 70er
Jahre des vergangenen Jahrhunderts war nur
eine Handvoll Verbände aus dem Alpenraum
vertreten, heute sind es 16 Verbände mit fast
• Blasmusik
Das Feuilleton und die Blasmusik 14
„Es bewegt sich nicht mehr viel“ –
Jahreshauptversammlung des VSM 19
„Schauen wir nach vorne“ –
Ausblicke auf das Tätigkeitsjahr 2021 22
Die Jugendseiten:
303 Leistungsabzeichen verliehen 23
Jumbos – der neue Name
für die Jugendkapelle Bozen 24
Ars Nova: Robert Neumairs Musik
zum Stummfilm „Der müde Tod“ 26
Erlesene Konzertreihe in der
Hofburg Brixen 28
Generalversammlung unter
besonderen Abzeichen –
MK Zwölfmalgreien 29
Gratulation zur Goldenen Hochzeit
von Ehrenkapellmeister Sepp Walder
und seiner Frau Christl 29
Neues: Die Bücher „Itallegro“
von Jutta Eckes und
„Bolero“ von Maurice Ravel 30
5000 Sängerinnen und Sängern. ,,Heute ist es“,
so Deltedesco, ,,eine kulturelle Gemeinschaft
von singenden Menschen des Alpenbogens“.
Über mangelnde Wertschätzung klagt der Heimatpflegeverband
Südtirol in Richtung Landesamt
für Raum und Landschaft. Seit rund
50 Jahren habe man als erster Ansprechpartner
für alle jene fungiert, die ein bäuerliches
Kleindenkmal errichten oder erhalten wollten,
und dafür ,,Herz, Zeit und Energie“ aufgewendet“,
mit Ende des Jahres 2020 sehe
man sich jedoch gezwungen, die Bearbeitung
der entsprechenden Gesuche um Beiträge
an das Landesamt abzutreten, so der
Geschäftsführer des Heimatpflegeverbandes,
Josef Oberhofer. Obfrau Claudia Plaikner sichert
aber zu: „Wir bleiben Ratgeber für alle
offenen Fragen in diesem Bereich.“
Im Hauptartikel des VSM bemängelt der
Autor die „fundierten Presseberichte“ für
Konzertveranstaltungen der Blasmusik. Er
geht auf Spurensuche und wird in vielerlei
Hinsicht fündig.
•Heimatpflege
Alfons Gruber
Thema: Wenn die Wertschätzung fehlt 31
Franz Fliri und seine Arbeit als Sachbearbeiter
für die Heimatpflege 34
„Die Neuausrichtung des HPV“ –
Interview mit Claudia Plaikner 36
Zur Geschichte der Weihnachtsgeschenke 38
Die Salzkirche – Dinge des Alltags aus
Geschichte und Gegenwart 40
Südtiroler Beteiligung beim Kongress
„Heimat in Europa“ 41
Einsatz des Heimatpflegeverbandes für
eine intakte Nahversorgung 42
Das ehemalige Hotel „Post“ in Toblach
ist leider Geschichte 43
Die Drei Zinnen als Bergskulptur und Blickfang 44
Ein Marterl und ein Bildstock in Lana
und Völlan wurden restauriert 45
Hängebrücke „Hofmannssteg“ in Mareit
soll nicht abgerissen werden 46
Arge Lebendige Tracht: Falten, Krausen
und Plissee – eine Ausstellung 47
„Mühlbach bei Franzensfeste von 1897 – 1947“ 48
„Wenn des Singen net war“ 49
„Tramin in Vergangenheit und Gegenwart“ 50
2
KulturFenster
Vorweg
Chorwesen
„Leben kann man nur vorwärts“
Gedanken des Obmanns zum Jahresende
Sehr geehrte Obfrauen und Obmänner, sehr
geehrte Chorleiterinnen und Chorleiter, liebe
Sängerinnen und Sänger!
Mit folgenden oder ähnlichen Worten habe
ich in den letzten Jahren immer meine
Dankesworte am Ende des Jahres begonnen:
„Nur noch wenige Tage trennen
uns vom Jahreswechsel. Anlass und Gelegenheit
für uns alle im Südtiroler Chorverband
Bilanz zu ziehen und mit Dankbarkeit
einen Blick zurückzuwerfen. In
vielen Veranstaltungen auf Landes- und
Bezirksebene zeigte sich wiederum, dass
der Chorgesang in Südtirol einen wichtigen
Stellenwert hat, die Vielfalt und die Schönheit
des Chorgesangs, sowie die Begeisterung
für das Lied haben viele hunderte,
ja tausende Sänger/innen einem breiten
Publikum nahegebracht.“
Heuer ist alles anders, die Corona-Pandemie
hat uns alle und ganz besonders auch
das Chorleben schwer getroffen und mehr
oder weniger die ganze Jahrestätigkeit des
Verbandes und der Chorgemeinschaften
lahmgelegt. Das gesamte Schulungsprogramm
(mit Ausnahme des Workshops für
Chorleiter/innen im September), die Jahreshauptversammlung
im März und alle geplanten
Veranstaltungen auf Bezirks- und
Landesebene mussten abgesagt werden.
Eine solche Krisensituation konnte sich
vorher niemand von uns vorstellen. Die
Chöre durften sich einige Monate nicht
mehr zur Probe treffen, das geplante Konzert
oder die festliche Mitgestaltung eines
Gottesdienstes waren einfach nicht mehr
möglich. Ab Ende Mai waren zwar Proben
und Aufführungen wiederum zugelassen,
allerdings aufgrund der Sicherheitsbestimmungen
in ganz bescheidenem Maße. Es
musste in Kleinstgruppen geprobt werden,
das auch vom sozialen Gesichtspunkt so
wichtige regelmäßige Zusammentreffen in
der Chorgemeinschaft hat allen sehr gefehlt,
aber es war ein Hoffnungsschimmer
auf „bessere Zeiten“. Leider hat sich die
Lage im Herbst wieder verschlechtert. Aufgrund
der strengen, aber sicherlich notwendigen
Vorschriften zur Eindämmung
der Pandemie wurde jegliche Chortätigkeit
untersagt. Die vielfache Befürchtung, dass
diese neuerliche Pause negative Auswirkungen
auf den Weiterbestand vieler Chöre
haben könnte, ist nicht von der Hand zu
weisen. Auf der anderen Seite aber gehört
das Singen zur Natur des Menschen, Singen
im Chor verbindet alle Gesellschaftsschichten,
Bevölkerungsgruppen und Altersstufen,
vermittelt vielseitige Geselligkeit
und schenkt Geborgenheit.
Immer wieder höre ich von vielen Sängerinnen
und Sängern wie sehr sie sich
auf die Zeit freuen, wo regelmäßige Chorarbeit,
gemeinsames Singen, Zusammentreffen
wieder möglich sein wird. Und dies
gibt mir die Hoffnung, dass diese Abstinenz
die Chorgemeinschaft zusätzlich
fördert und das Zusammengehörigkeitsgefühl
wachsen lässt. Liebe Chorverantwortliche,
ihr gebt euch sehr viel Mühe,
dass der Chorbetrieb - in welcher Form
auch immer - aufrechterhalten bleibt. Eure
großen Bemühungen und Anstrengungen
tragen ganz wesentlich zum Weiterbestand
unserer Chöre bei. Es ist mir ein persönliches
Anliegen dafür jeder und jedem von
Euch von ganzem Herzen zu danken und
ich bitte alle Sänger/innen die Sache des
Chorgesangs trotz widrigster Verhältnisse
auch weiterhin mitzutragen.
Liebe Obfrauen und Obmänner, Chorleiterinnen
und Chorleiter, Sängerinnen
und Sänger: „Leben kann man nur vorwärts“
stellte einst der dänische Philosoph
Søren Kierkegaard fest. Es ist der
Blick nach vorne, der die Zukunft gestaltet.
In der zuversichtlichen Hoffnung, dass
wir alle gemeinsam baldmöglichst unsere
Tätigkeit in der vertrauten Form wieder
aufnehmen können, wünsche ich Euch
allen im Namen des Vorstandes und Musikrates
ein gesegnetes und besinnliches
Weihnachtsfest, sowie Gottes Segen, Gesundheit
und Wohlergehen für das kommende
Jahr.
Erich Deltedesco
Obmann des Südtiroler Chorverbandes
Nr. 06 | Dezember 2020 3
Das Thema
Brücken schlagen zwischen
Menschen und Regionen
Die AGACH als besonderes Beispiel des europäischen Gedankens
Die Chorweihnacht der AGACH ist die wohl traditionsreichste Veranstaltung dieses Verbandes, hier im Bild die Chorweihnacht von
2019 in Pfronten im Allgäu.
Als vor nunmehr 41 Jahren die AGACH gegründet
wurde, war dies zu einer Zeit, als
der völkerverbindende Charakter der Europäischen
Gemeinschaft langsam Konturen
annahm.
Die kulturelle, soziale aber auch ökonomische
Eigenart der kleinen Räume, der
Regionen in Europa kam zum Vorschein.
Aus diesen Erwägungen schlossen sich
im Jahre 1972 die Regionen des zentralen
Alpenbogens zur ARGE-ALP (Arbeitsgemeinschaft
Alpenländer) zusammen,
um diesen ökologisch wie kulturell sensiblen
Raum durch das politische Zusammenwirken
der Regierungen behutsam in
den großeuropäischen Bereich zu integrieren,
ohne die durch Jahrhunderte gewachsene
Lebensform zu gefährden, oder gar
in Frage zu stellen. In diesem politischen
Gedankenfeld fanden kulturelle Verantwortungsträger
es an der Zeit, sich in ihrem
Bereich für eine gemeinsame Strategie
einzusetzen, im Hinblick auf Wahrung
der Tradition, Überwindung von Gegensätzen
durch Dialog und Entwicklung von
Ideen. Man war überzeugt, dass das Zusammenwachsen
der europäischen Völker
nicht alleine nach den Regeln der
Wirtschaft von statten gehen darf, sondern
dass in kleinen Schritten auch die Kultur
ihren Beitrag leisten soll und muss. Franz
Elena, der Präsident des ehemaligen Tiroler
Sängerbundes 1860, war es gewesen,
der anlässlich eines Sängertreffens im
Oktober 1973 in Kramsach die Idee aussprach,
einen Zusammenschluss deutschsprachiger
Bünde im Alpenland nach Art
der politischen Arge-Alp für die Zukunft
zu planen. Viele tastende Gespräche im
kleinen Kreis führten 1977 zur Formulierung
gemeinsamer Aufgaben und im August
1978 reifte dann der Entschluss zur
Gründung einer handlungs- und entscheidungsfähigen
Arbeitsgemeinschaft. Mit der
organisatorischen Vorbereitung und Erarbeitung
einer Satzung wurde der Südtiroler
Sängerbund mit seinem Obmann Siegfried
Tappeiner betraut.
Am 20. Jänner 1979 wurde dann im
Sitzungssaal des Südtiroler Landtages „die
Arbeitsgemeinschaft der Chorverbände im
deutsch- und ladinischsprachigen Alpenbereich-
AGACH“ (aus der Gründungsurkunde)
gegründet, mit dem Ziel im Sinne
der ARGE-ALP das eigene Kulturgut zu erhalten,
zu pflegen und dessen Weiterentwicklung
zu fördern. Gründungsmitglieder
waren der Bayerische Sängerbund, der
Fürstlich-Liechtensteinische Sängerbund,
4
KulturFenster
Chorwesen
Siegfried Tappeiner, der
Gründungspräsident der AGACH
der Oberösterreichisch-Salzburgische Sängerbund,
der Schwäbisch-Bayerische Sängerbund,
der Südtiroler Sängerbund, der
Tiroler Sängerbund 1860 und der Vorarlberger
Sängerbund. Es war eine Sternstunde
für Europa im Kleinen. Zum Gründungspräsidenten
wurde Dr. Siegfried Tappeiner
bestimmt. Mehr als dreißig Jahre lang befruchtete
er als Präsident mit immer wieder
neuen Ideen die Arbeitsgemeinschaft.
Von Anfang an war es für ihn klar, dass es
nicht nur eine Verbindung deutschsprachiger
Chorverbände sein sollte, sondern
eine Gemeinschaft, die auch Regionen anderer
Sprachen im Alpenland einschließen
sollte, also auch die italienischen und französischen
Sprachgebiete und so kamen
in den Folgejahren die Sängerbünde aus
P. Urban Stillhard, künstlerischer Leiter
der AGACH
Aosta, aus Friaul, dem Trentino und Bozen
(Federazione Cori dell’Alto Adige) dazu. Vor
einigen Jahren wurden die Chorverbände
aus Graubünden, Kärnten, Steiermark und
Wallis aufgenommen, sodass mittlerweile
16 Verbände mit insgesamt 4.775 Chören
und 128.200 Sänger/innen aus Deutschland,
Italien, Österreich und der Schweiz
zur AGACH gehören. Im Moment gibt es
keine Erweiterungstendenzen, die Arbeitsgemeinschaft
soll nicht zu einem unübersichtlichen
Gebilde werden, in dem sich der
einzelne Verband nicht mehr wiederfindet.
Von Anfang an war die AGACH als projektorientierte
Arbeitsgemeinschaft konzipiert.
Sie verbindet musikalisch aktive
Menschen diesseits und jenseits des Alpenbogens
über Sprachbarrieren und Staatenzugehörigkeit
hinweg zu einer völkerverbindenden
Gemeinschaft. Ziel und Zweck
dieses Zusammenschlusses war der kulturelle
Austausch der Chorverbände untereinander
und das Bemühen um gemeinsame
musikalische und fachspezifische
Veranstaltungen. An dieser Zielsetzung hat
sich bis heute nichts geändert, ja diese projektorientierte
Zusammenarbeit ist mit der
Zeit immer intensiver geworden. Im Laufe
der Jahre wurden und werden regelmäßig
überregionale Konzerte und Chöre-Festivals
organisiert, Symposien abgehalten,
Kompositionsaufträge vergeben, Uraufführungen
auf die Bühne gebracht, Publikationen
herausgegeben. Die AGACH ist ein
loser Zusammenschluss von Chorverbänden
des Alpenraumes. Bei allen Aktivitäten
wird den kulturellen Eigenheiten der einzelnen
Regionen viel Aufmerksamkeit gewidmet,
die Eigenständigkeit und Entwicklung
der Verbände bleiben unangetastet.
Die Schwerpunkte sind also vielfältig. Einer
davon, die wohl traditionsreichste Veranstaltung
der AGACH, ist die Chorweihnacht,
welche seit 1982 alljährlich von
einem anderen Mitgliedsverband organisiert
wird und auch heute noch immer zu
einer der erfolgreichsten und populärsten
Veranstaltung der Arbeitsgemeinschaft
zählt. Ausschlaggebend dafür ist sicherlich
die Öffnung des Literaturspektrums
vom rein alpenländischen Volkslied hin
zu einem etwas breiteren Programm mit
Liedern und Komponisten, die weit über
den Alpenbogen hinausgehen. Trotz dieser
Öffnung hin zu einem zeitgemäßen Repertoire
ist der regionale Charakter des Konzertes
dennoch erhalten geblieben und
nicht verloren gegangen.
Zwei Mal jährlich treffen sich die Präsidenten
und Delegierte der Mitgliedsverbände
zum Gedankenaustausch und zur
Erarbeitung der gemeinsamen Projekte.
Organisiert und vorbereitet werden die Tagungen
und Veranstaltungen abwechselnd
von einem anderen Mitgliedsverband. Die
Verständigungsbereitschaft ist trotz Sprachbarrieren
sehr hoch, Sprachbarrieren waren
und sind nie ein Hindernis. Um den
Ablauf der Gespräche etwas flüssiger zu
gestalten, wird seit einigen Jahren mit Simultanübersetzung
gearbeitet. Der Sitz der
AGACH ist seit der Gründung – nicht zuletzt
wegen der Zweisprachigkeit – beim
Südtiroler Chorverband angesiedelt. Mit
Genugtuung kann ich heute feststellen:
Erich Deltedesco ist Präsident der
AGACH.
die Prophezeiung des damaligen Landeshauptmannes
von Südtirol Dr. Silvius Magnago
im AGACH Gründungsjahr 1979 hat
sich verwirklicht: aus der politischen Vision
eines engen Zusammenwachsens der Bevölkerung
des Alpengebietes ist eine geistige
und kulturelle Einheit von singenden
Menschen des Alpenbogens geworden. Die
Arbeitsgemeinschaft Alpenländischer Chorverbände
(AGACH) wird auch weiterhin an
ihrem Ziel festhalten, Brücken zu schlagen
zwischen Menschen verschiedener Weltanschauungen
und verschiedener geistiger
und sozialer Zugehörigkeit. Sie wird auch
weiterhin Botschafter für länderübergreifendes
Denken, Handeln und Fühlen im
Alpenraum sein.
Erich Deltedesco
Präsident der AGACH
Nr. 06 | Dezember 2020 5
Aus Verband & Bezirken
„Gerade jetzt brauchen
wir Kultur!“
Wehmut und Optimismus bei der Vollversammlung des Südtiroler Chorverbandes
„Ich bitte euch, gerade in
diesen schweren Zeiten in
irgendeiner Weise allen zu
zeigen, dass die Chöre noch
da sind, denn gerade jetzt
brauchen wir Kultur!“ Diese
Worte richtete Landesrat Philipp
Achammer an die Vertreter
der Chöre des Südtiroler
Chorverbandes, der am 28.
Oktober seine Vollversammlung
als Videokonferenz abhielt.
Verbandsobmann Erich
Deltedesco freute sich über
die zahlreiche Teilnahme der
Chorverteter an der virtuellen
Sitzung. Auf dem Programm stand vor allem
der Rückblick auf das Arbeitsjahr 2019, in
dem der Chorverband noch sein reiches
Programm anbieten konnte. Zugleich wurde
auch mit Optimismus in die Zukunft geblickt.
„Mit einer gewissen Wehmut“ blickte
Geschäftsführer Dietmar Thanei auf das
Tätigkeitsjahr 2019 zurück und erinnerte
an die vielen Veranstaltungen, die momentan
nicht mehr möglich sind: So hatte der
Chorverband elf sehr gut besuchte mehrtägige
Schulungen angeboten, darunter
auch die beliebten Sommerkurse für Kinder
und Jugendliche, die Kindersingwoche in
Tisens, die Bubensingwoche und die Musicalwochen.
Es habe auch viele „Augenblicke
der Begegnung“ gegeben: Ein Höhepunkt
war der Festakt zum 70-jährigen
Bestehen des Chorverbandes gewesen,
aber auch die Bezirkskonzerte, Kulturreisen
und Chörefestivals in den Bezirken. Ein
wichtiges Ereignis war das 7. Gesamttiroler
Wertungssingen in Auer gewesen, an dem
sich das „hohe Niveau“ der Gesamttiroler
Chor- und Gesangskultur gezeigt habe. Mit
dem Schulamt führte der Südtiroler Chorverband
zum 18. Mal das Projekt „klang“
durch, das das Singen in der Grundschule
fördern will. Der Landesjugendchor Südtirol
hatte sich zu neun Proben versammelt
und drei gut besuchte Konzerte gegeben.
Landesrat Philipp Achammer war
Gast bei der Vollversammlung des
Südtiroler Chorverbandes.
Thanei bedankte sich bei den Partnerverbänden
für die gute Zusammenarbeit: „Gerade
in dieser Zeit ist es wichtig die Kräfte
zu bündeln!“ „Versuchen wir zuversichtlich
nach vorne zu schauen!“, sagte Verbandschorleiterin
Renate Unterthiner in
ihrem Ausblick auf die musikalische Tätig-
Auch für Helga Huber, dem „guten
Geist“ der Geschäftsstelle, war
die Vollversammlung 2020 eine
außergewöhnliche und neue Situation.
keit der Chöre und des Chorverbands.
So gab sie gleich das
Wort einer Kindersinggruppe,
die „Let´s say Hello“ für alle Sitzungsteilnehmer
sang. „Singen
macht Mut“, sagte die
Verbandschorleiterin. In diesem
Sinne werden auch unter
schwierigen Bedingungen
Projekte geplant. So gelang
es einen Lehrgang für Chorleiterausbildung
an einigen
Musikschulen einzurichten.
In Brixen und Auer besuchen
ihn vier Personen, in Naturns
läuft der Lehrgang schon das
zweite Jahr, in Bruneck startet er 2020/21.
„Motiviert eure Sängerinnen und Sänger ,
an diesem Lehrgang teilzunehmen!“, sagte
Unterthiner. Ein wichtiges Projekt sei auch
der „Landeskinderchor“ für Kinder von
8-11 Jahren und der „Landesjuniorchor“
für Jugendliche von 12-16 Jahren. Hier soll
gesangsfreudigen und begabten Kindern
die Möglichkeit geboten werden, mit anderen
Kindern zu singen. Die Chöre wird
es in allen drei Landesteilen geben, sie
werden zwei Probetage und ein gemeinsames
Konzert absolvieren. Aufgrund der
momentanen Situation wird man vielleicht
im Frühjahr mit dem Vorsingen und den
Proben beginnen. Der dritte Schwerpunkt
des Chorverbandes im musikalischen Bereich
ist das „Singende Klassenzimmer“,
das in Zusammenarbeit mit den Schulen
das Singen in der Schule fördern soll. Das
Projekt wurde vorerst auf nächstes Jahr
verschoben.
Verbandsobmann Erich Deltedesco
dankte allen ehrenamtlichen Mitarbeitern
im Verband und im Vorstand für ihren
Einsatz. Sein Dank galt auch allen Sponsoren,
allen voran der Südtiroler Landesregierung.
Als deren Vertreter rief Landesrat
Philipp Achammer die Chöre auf, optimistisch
zu bleiben, die Moral hochzuhalten,
aber auch die Regeln immer einzuhalten.
6
KulturFenster
Chorwesen
Eine bereichernde Fortbildung
Dirigenten-Workshop mit Jan Scheerer
Chorsingen? - oder doch lieber
gleich Bungee-Springen? Das ist
auch nicht gefährlicher! Gemeinsames
Singen gilt seit der Pandemie
als ein gefährliches Hobby,
dabei ist es doch so viel mehr:
Musik, Gemeinschaft, Ritual und
Können. Aber viele sind verunsichert:
Wie können, wie dürfen, wie
sollen wir im Herbst wieder proben
ohne ein Sicherheitsrisiko
entstehen zu lassen?
Umso wichtiger war jetzt
zu diesem Zeitpunkt die
– ich sage es gleich vorneweg
– gewaltig schöne
Fortbildung für Chor-Dirigenten
mit Jan Scheerer.
Jan Scheerer ist bestens
bekannt aus Dietenheim,
wo er drei Sommer lang
unterrichtete. Inzwischen
ist er Professor an der Musikhochschule
in Leipzig.
Eine einzigartige Gelegenheit
für die Südtiroler Chordirigenten
in diesem Jahr,
dieses Wochenende im September
mit ihm genießen zu
können. Wie soll das gehen,
fragten sich einige im Vorfeld,
mit Chor im Kolpinghaus? Aber
fangen wir am Anfang an: „Was
wollt Ihr am Sonntag gelernt haben“,
fragte Jan Scherer die Teilnehmer,
, und da kamen schon
die ersten Fachfragen: Wie kann
ich den Chor motivieren, gut zu
starten? Was kann ich tun, damit
der Chor intoniert bleibt? Welches
Repertoire eignet sich für welchen
Chor? Welche Atemübungen sind
für Chöre geeignet? Wie vermittle
ich den Atem?!
Die Nullposition! Gleich nach
der kurzen Vorstellungsrunde geht
es los. Alle stehen auf Anfang.
Aus der Stille entsteht die Musik!
Ich stehe still, gebe die Töne,
versenke mich in die Stimmung
und bleibe kurz stehen und dann
erst kommt der Impuls. Immer
wieder in den kommenden drei
Tagen erinnert uns Jan Scheerer
an diese wichtigen Sekunden vor
jedem Dirigat. Und dann kommt
sie schon, die „Wurf-Fall“ Bewegung.
Aus der Nullposition schießt
„eine kleine Rakete aus dem kleinen
Finger“ und zieht die Hände
impulsartig nach vorne, bevor sie
in die Gravitationsbewegung nach
unten fallen. Gar nicht so leicht,
diese kleine Übung, Wurf-Fall,
nicht stehenbleiben… wirklich Fallenlassen!
Und hier liegt schon eines der
echten Dirigier-Geheimnisse, die Jan
uns an diesem Wochenende wieder
und wieder verriet. Nur der Impuls
nach vorne vermittelt den Sängern
den Atemimpuls! Frontal vermitteln
wir Dirigenten den Atemimpuls,
horizontal das Timing. Auch
wer das schon mal wusste, wird es
immer wieder gern trainieren,
denn jetzt geht es weiter - Was
deine Oberarme machen - das
wird direkt dem Zwerchfell des
Sängers vermittelt. Wie sehr wir
nicht nur den Ausdruck sondern
den Chorklang selbst formen
können, das ist auch mir neu.
Wie wir allein durch die Handstellung
Einfluss auf den Klang
nehmen, bekamen wir anschließend
vom Chor selbst zu hören.
Ob eine Gruppe „drückt“ oder
nicht, lässt sich mit der Handstellung
manipulieren.
Und damit kommen wir zur
Frage der Intonation. Aber zurück
zur ersten Stunde mit Jan:
Einführung, Trockenübungen
Der Workshop mit Jan
Scheerer war die einzige
Schulung, die heuer
stattfinden konnte.
Nr. 06 | Dezember 2020 7
Aus Verband und Bezirken
mit Basics. Schneller werden heißt kleiner
werden, langsamer bedeutet größer
werden. Leise wird es kleiner nach oben,
lauter breiter nach unten. Das wussten
wir schon, aber wie dirigiert man im "flüssigen
Honig"? Und genau darin liegt eines
der Geheimnisse , die ein Ensemble sofort
spürt. Und was für ein Ensemble!
Und was für ein Ensemble! Der Kammerchor
des professionellen Chors „Alla-
Breve“ aus Wolkenstein stellte sich dankenswerter
Weise zur Verfügung. Sie
intonierten die ersten Takte „Waldesnacht“
von Brahms, morgens um halb
neun Uhr, blitzsauber intoniert und innig
und schon standen einigen von uns
die Tränen in den Augen. Was wir nicht
wussten: Auch dieses Ensemble sah sich
nach der langen Corona-Pause zum ersten
Mal wieder. „Waldesnacht, Du wunderkühle“,
noch nie habe ich es so schön,
so tief empfunden, so wohlartikuliert gehört.
Zum ersten Mal wieder Chor live!
Das Ensemble „AllaBreve“ bewegte und
ermöglichte durch seine Professionalität,
dass die Dirigenten auch wirklich lernten,
was eine Geste bewirken kann, oder eben
auch nicht. Und das unter erschwerten
Umständen. Viele Chöre beginnen jetzt
erst unter diesen schwierigen Umständen
Wege zu finden, wie sie proben und
konzertieren können.
Die Sitze im Kolpinghaus waren mit Distanz
gestellt, mit einem Mindestabstand
1,5 Meter. Trotz der Aufstellung klang es
einheitlich. „Anders“, sagte eine Chorsängerin,
fühle man sich. „Es genügt nicht
nur, gut hinzuhören und sich auch auf
den Nachbarn einzulassen. Es fühlt sichsich
an, als ob man stattdessen Flügel
hätte. So auf Distanz im Chor zu singen
benötigt ganz andere Antennen, neue
Wahrnehmungsorgane…“. Die werden
wir alle in den kommenden Monaten entwickeln
müssen.
Die Autorin des Artikels, Friederike
Haupt, leitet die GospelCantorei Meran,
ist Stimmbildnerin für „Edu Voce
mit Qi Gong“ und als Musikjournalistin
und Sprecherin tätig.
Parallel zum Masterkurs gab es die Möglichkeit, bei Martha Basten
einen Kurs für Anfänger und leicht Fortgeschrittene zu belegen.
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge für das Chorwesen senden Sie bitte an: info@scv.bz.it (Südtiroler Chorverband)
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Mittwoch 13. Jänner 2020.
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KulturFenster
Chorwesen
„Singen isch inser Lebm“
Ein Lied zum Jahreswechsel
Geschätzte Chorleiterinnen
und Chorleiter,
liebe Sängerinnen und
Sänger!
Ein verrücktes, schwieriges,
fragwürdiges, unerwartetes
und oft auch trauriges Jahr neigt
sich nun bald dem Ende zu. Wer hätte sich
am Anfang dieses Jahres gedacht, dass wir
an so vielen Festtagen, an verschiedenen
Konzerten oder sonstigen Auftritten, unsere
Stimmen nicht erklingen lassen können?
Wer hätte gedacht, dass wir kurz vor Weihnachten
noch nicht genau wissen, ob und
in welcher Chorformation wir singen werden?
Wer hätte gedacht, dass ein Virus die
ganze Welt auf den Kopf stellt und die Kultur
weitestgehend zum Stillstand bringt?
Ich denke, niemand…
Wenn wir nun das Jahr 2020 hinter uns
lassen, hoffen wir natürlich alle auf fröhliche
und sorglose Momente im Jahr 2021,
wo wir hoffentlich wieder gemeinsam musizieren,
lachen und tanzen können. Blicken
wir optimistisch in die Zukunft und
freuen wir uns auf das gemeinsame Singen,
denn: „Singen isch inser Lebm, hot
do Herrgott ins gebm, wisset net wos i tät,
wenn i`s Singen net hätt.“
Mit diesem wunderschönen Lied aus
dem Chorheft mit dem Titel, "Seltenheimer
Lieder", bei dem vor allem die Musiklehrerin
und Chorleiterin Renate Altmann mitgewirkt
hat, wünsche ich Euch von Herzen
eine besinnliche Zeit und alles erdenklich
Gute für das Jahr 2021.
Verbandschorleiterin
Renate Unterthiner
Zur Person
Renate Altmann stammt aus einer musikalischen Reichenauer Familie aus
Kärnten. Es wurde schon seit frühester Kindheit mit der Familienmusik Rossmann
musiziert und gesungen.
Ihr Studium am Kärntner Landeskonservatorium beendete sie mit Auszeichnung
(Instrumentalpädagogik und Chorleitung). Sie nahm an Forschungswochen des
Kärntner Volksliedwerkes teil, bei denen es um die Aufsammlung alten Kulturgutes
ging. Das Liedheft "Geah nar eina in Rosengarten" mit dem Gurktaler Viergesang
stammt aus dieser Zeit. In weiterer Folge sind auch andere Publikationen
von Liedheften, Hackbrettschule, Harfenschule und Ensemblehefte entstanden.
Sie unterrichtet in den Musikschulen Feldkirchen und Althofen die Fächer Hackbrett
sowie Harfe. Musik ist ihre große Leidenschaft. So übernahm sie bereits
mit 23 Jahren in ihrer Heimatgemeinde den Singkreis Reichenau und gab dort
18 Jahre lang den Ton an. 1990 wurde der Gurktaler Viergesang gegründet und
seit 2004 singt sie beim Singkreis Klagenfurt Seltenheim mit, wo unter ihrer Mitarbeit
das Chorheft mit dem Titel "Seltenheimer Lieder" entstanden ist, das unter
anderem auch das Lied „Singan is unser Lebm“ beinhaltet.
"Musiklehrerin und Chorleiterin zu sein bedeutet für mich persönlich: Liebe zur
Musik und zum Chorgesang, Leidenschaft, Gemeinschaft, Gefühl, Kraft, Freiheit,
Emotion, Balsam für Herz und Seele."
Alle Informationen zu den Veranstaltungen und Schulungen des Südtiroler Chorverbands
auf www.scv.bz.it und auf Facebook!
Dominikanerplatz 7, I-39100 Bozen
Tel.: 0471 971833
E-Mail: info@scv.bz.it
www.scv.bz.it
facebook.com/SuedtirolerChorverband
Nr. 06 | Dezember 2020 9
Aus Verband und Bezirken
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KulturFenster
Chorwesen
Ein wichtiger Startschuss
in die Zukunft
Kirchenchor Vahrn gründet einen Kinder- und Jugendchor
Der Kirchenchor Vahrn gründete einen Kinder- und Jugendchor.
Ein wichtiger Schritt in die Zukunft ist dem
Kirchenchor Vahrn gelungen. Schon seit längerer
Zeit beschäftigt sich der Ausschuss
mit dem Thema „Zukunft und Weiterentwicklung
des Chores“.
In diesem Zusammenhang entstand die
Idee eines Kinder- und Jugendchores, die
sofort von den Ausschussmitgliedern befürwortet
und mitgetragen wurde. Als Chorleiter
konnte der allseits bekannte Musikprofessor
Rudi Chizzali gewonnen werden.
So gab es im Februar den Startschuss zur
Gründung des Kinder- und Jugendchores
mit dem Hintergrund, den Kindern des
Dorfes die Musik und vor allem die Freude
am Singen näher zu bringen.
Auf Anhieb meldeten sich 14 Kinder.
Die ersten Termine waren bereits vereinbart,
doch mussten die Proben aufgrund
der Corona- Pandemie abgesagt werden.
Im August 2020 war es dann endlich so-
weit: Unter strenger Einhaltung der Sicherheitsregeln
konnte der neue Chor mit der
Probentätigkeit beginnen.
Der Obmann des Kirchenchors Vahrn,
Michael Baur, freut sich über den Erfolg
des Projekts: „Auf erfrischend spielerische
und dynamische Weise gelingt es
dem Chorleiter, den Kindern die Musik zu
vermitteln, alle Beteiligten haben sichtlich
großen Spaß!“ Die Proben werden vom
Chorleiter sowie von Pius Leitner, Mitglied
des Kirchenchores und Pate des Kinderund
Jugendchores und von Obmann Michael
Baur begleitet. Einige Auftritte standen
bereits auf dem Programm, mussten
aber aufgrund der erneut steigenden Infektionszahlen
abgesagt werden. „Wir hoffen,
dass wir bald wieder zur Normalität zurückkehren
und die Probentätigkeit planmäßig
weiterführen können“, betont der Obmann.
Jedenfalls ist ein erster wichtiger Schritt für
die Zeit nach Corona gesetzt.
„Auf erfrischend spielerische und dynamische Weise
gelingt es dem Chorleiter, den Kindern die Musik zu
vermitteln, alle Beteiligten haben sichtlich großen Spaß!“
(Michael Baur)
Nr. 06 | Dezember 2020 11
Aus Verband und Bezirken
„Ihre Begeisterung ist uns
Vorbild“
Vorstandsmitglied Irene Vieider bekam die höchste Tiroler Auszeichnung
Landeshauptmann Arno Kompatscher und Landeshauptmann Günther Platter
verliehen das Ehrenzeichen des Landes Tirol an Irene Vieider.
Am Ende des Jahres blickt man zurück: Neben
der alles bestimmenden Corona-Pandemie
gab es auch einige erfreuliche Ereignisse,
an die man sich jetzt zum Jahresende
erinnern sollte.
Dazu gehört sicher auch die Verleihung
des Ehrenzeichens des Landes Tirol an Irene
Vieider, die als Vorstandsmitglied des Südtiroler
Chorverbandes für den Bereich Kinder
und Schule zuständig ist – waren diese
Bereiche doch lange Zeit ihr beruflicher Lebensinhalt.
Irene Vieider, geboren 1955 in
Tiers, war langjährige Schuldirektorin der
Mittelschulen Blumau und Kastelruth. Außerdem
stand sie für viele Jahre als Landesmusikschuldirektorin
dem Bildungsund
Kulturwesen in Südtirol vor. Seit 2016
ist Vieider ehrenamtlich als Vorsitzende der
Katholischen Frauenbewegung der Diözese
Bozen-Brixen tätig. Ihr Engagement gilt den
Frauen in der Kirche und in der Gesellschaft,
aber auch der Chorkultur und der
Förderung des Chorgesangs im Kindesalter.
Die Landeshauptleute von Tirol und
Südtirol. Günther Platter und Arno Kompatscher,
haben Irene Vieider am 20. Februar
das Ehrenzeichen verliehen. Das
Ehrenzeichen des Landes ist die höchste
Tiroler Auszeichnung. Landeshauptmann
Arno Kompatscher dankte den bei dieser
grenzüberschreitenden Veranstaltung ausgezeichneten
vier Frauen und sechs Männern:
"Die Geehrten geben als verdiente
Persönlichkeiten uns und den folgenden
Generationen ein Beispiel. Ihr Engagement
für das Gemeinwohl, für die Kultur
und Tradition sowie ihr stetiger Einsatz für
unsere vereinenden Werte und Ihre aktive
Hilfeleistung für die Schwächeren unserer
Gesellschaft stiften Gemeinschaft und Zusammenhalt."
Tirols Landeshauptmann
Günther Platter sagte: "Diese höchste
Auszeichnung des Landes ist jenen vorbehalten,
die sich durch ihr hervorragendes
Wirken ganz besondere Verdienste um Tirol
erworben haben. Wo immer jede und
jeder einzelne von Ihnen tätig war, ob in
der Wirtschaft, der Wissenschaft, der Kultur,
der Musik oder im kirchlichen Bereich,
sie alle haben Tirol entscheidend weiterentwickelt
und vorangebracht. Die mit Ihrem
Wirken verbundene, so deutlich spürbare
Begeisterung ist uns Vorbild. Für Ihren persönlichen
Beitrag zu unserer lebenswerten
Heimat und Ihr verantwortungsvolles Handeln
gegenüber der nächsten Generation
bedanke ich mich sehr herzlich."
12
KulturFenster
Chorwesen
•Büchertisch•
Franz Welser-Möst
Als ich die Stille fand
Ein Plädoyer gegen den Lärm der Welt
Die Stille als Schlüssel unserer Welt: Ein
leidenschaftliches Plädoyer des gefeierten
Dirigenten für genaueres Zuhören,
Konzentration und Ruhe in einer
sich immer schneller drehenden Zeit.
Bei einem schweren Autounfall erlebte
Franz Welser-Möst als Jugendlicher
den Klang der Ewigkeit: ein Zustand,
den er seither in der Musik sucht.
Welser-Möst nimmt uns mit auf eine
Reise durch sein Leben in der Musik:
von seiner Jugend in Oberösterreich
über seine Begegnungen mit Herbert
von Karajan bis hin zu den Engagements
in London, Zürich, an der
Wiener Staatsoper und beim weltberühmten
Cleveland Orchestra. Machtspiele
hinter den Kulissen und Gedanken
über den modernen Musikmarkt
bleiben nicht ausgespart.
Wie Musik uns hilft, unsere
Welt auch in Momenten der
Krise zu ordnen
Vor allem aber erzählt er vom Sichimmer-wieder-Neuerfinden,
von Musik
als Impuls für soziale Fragen und
als Hilfe, unsere chaotische Welt zu
ordnen. Sein Dirigentenleben ist eine
Inspiration: Hören wir besser auf unsere
Welt, um sie zu verstehen und
mit Leidenschaft zu beleben.
Franz Welser-Möst
Als ich die Stille fand
Ein Plädoyer gegen den Lärm der Welt
Format 13,5 x 21 cm, 192 Seiten, ca.
20 Abbildungen Hardcover mit Schutzumschlag,
22,00 Euro
Pressekontakt:
Friederike Harr & Anna Klaus
presse@brandstaetterverlag.com
T +43-(0)1-5121543-252
F +43-(0)1-5121543-231
Der Autor:
Franz Welser-Möst prägt als Musikdirektor des Cleveland Orchestra die unverwechselbare
Klangkultur des großen Orchesters. Als Gastdirigent verbindet
ihn eine enge Partnerschaft mit den Wiener Philharmonikern. Er stand
zwei Mal am Pult des Neujahrskonzerts. Bei den Salzburger Festspielen ist er
regelmäßig Gast. Für sein Wirken erhielt der Dirigent bedeutende Ehrungen,
seine CD- und DVD-Aufnahmen wurden vielfach ausgezeichnet.
Nr. 06 | Dezember 2020 13
Das Thema
Das Feuilleton und
die Blasmusik
Eine Spurensuche von Bernd Neuschl
Dieser Beitrag wurde bereits in der ehemaligen
Bläserzeitschrift „eurowinds“ veröffentlicht
und freundlicherweise vom Verlag
für den Nachdruck im KulturFenster
zur Verfügung gestellt.
Die Berichterstattung über Blasmusik ruft
des Öfteren Kopfschütteln hervor, fundierte
Musikkritiken sind dagegen die Ausnahme.
Warum ist das so? Und was können wir besser
machen?
Es gibt den Profifußballer und den Bolzplatzkicker.
Auch wenn der Vergleich hinkt:
Blasmusiker lassen sich in zwei ähnliche
Lager einteilen. Auf der einen Seite agieren
die professionellen Berufsblasorchester
und exzellent verästelten Auswahlensembles,
auf der anderen Seite erden
ambitionierte Amateurmusiker in den traditionell
verwurzelten Musikvereinen den
Stamm des kulturellen Miteinanders. Beide
Seiten dieser Medaille spiegeln sich auch
in der Presse wider: Hier publiziert das
Feuilleton mit seinen Fachleuten, welche
selten bis gar nicht ein Sinfonisches Blasorchester
besprechen, da gibt es die Lokalpresse,
die eher freie Mitarbeiter denn
Redaktionsmitglieder zu den Musikvereinen
schickt. Fundierte Musikkritiken sind
rar, denn der kompetente Konzertbericht
hängt in seiner Qualität maßgeblich vom
Wissen und Stil seines Verfassers ab.
Auch wenn Laien an den Konzertpulten
musizieren, die Berichterstattung darf niemals
laienhaft sein. Ob Profibläser oder Laienmusiker:
Positive Pressestimmen sind
mehr als ein bunt beflügelnder Federschmuck
für einen fruchtbaren Balztanz
in Sachen Öffentlichkeitsarbeit.
Die Präsenz und die Rolle der Musikkritik
in der Blasmusik wird seit jeher diskutiert,
sind in der Szene jenseits von Fachzeitschriften
doch nur wenige fundierte
Rezensionen zu finden.
Es soll kein Vorwurf sein, aber oftmals
hat dieser rasende Reporter vom musikalischen
Tuten und Blasen keine Ahnung.
Der Bericht gleicht in der Konsequenz
einem paraphrasierten Programmblatt
mit obligatorisch abgehakten W-Fragen.
Die Enttäuschung bei den Interpreten ist
damit vorprogrammiert, beim Aufschlagen
der Zeitung trötet ihnen trübsinniges Moll
statt strahlendem Dur entgegen – das ist
alles andere, als eine Würdigung der mühevollen
Probenarbeit und der gelungenen
Darbietung. Andere Berichte balancieren
dagegen zwischen verklärter Lobhudelei
und zünftigem Verriss. Es muss leider
festgehalten werden: Hochwertige Rezensionen
wie sie im Feuilleton erscheinen,
sind in der Bläsersinfonik so gut wie nicht
zu finden. Drei Gründe haben die Orchester
selbst zu verantworten. Eine provokante,
streitbare Spurensuche:
Reputation von Blasorchester
und Repertoire
Sinfonieorchester und ihre Dirigenten genießen
mit ihrem Repertoire immer noch
eine weitaus höhere Reputation bei Zuhörern
und Zeitungen, als jedes noch so
gute Blasorchester. Die Konzertprogramme
der Top-Orchester decken alle Epochen
der Musikgeschichte ab und greifen auf
eine Fülle hochwertiger Werke, Solisten
und Dirigenten zurück. Hier fehlt der geteilten
und vergleichsweisen jungen, wilden
Bläserwelt jenseits von Transkriptionen
ein verbindlicher, konventionalisierter
14
KulturFenster
Blasmusik
Kanon an identitätsstiftenden, etablierten
Meisterwerken mit hohem Wiedererkennungswert,
der auch im Studium für angehende
Musikjournalisten oder Musikwissenschaftler
gelehrt wird. Zum Beweis
ein Selbstversuch: Fragen Sie klassische
Dirigenten nach den wichtigsten Komponisten
der Musikgeschichte, so wird sich
eine große Schnittmenge ergeben. Fragen
Sie dagegen Kapellmeister nach den
bedeutendsten Komponisten für Blasorchester,
können Sie gleich im Blasorchesterlexikon
schmökern. Es mangelt nicht
wenigen Dirigenten an der Basis an Selbstbewusstsein,
sich von strohfeurigen Verlagsdiktaten
loszulösen, um genau das in
den Mittelpunkt zu stellen, was wirklich
zählt: qualitativ hochwertige Musik.
Die Kritikfähigkeit von
Laienblasorchestern
Max Reger konnte nicht sonderlich gut mit
Kritik umgehen. An einen Kritiker soll er
geschrieben haben: „Ich sitze im kleinsten
Raum des Hauses. Ihre Kritik habe
ich vor mir. Bald werde ich sie hinter mir
haben.“ Wer nur Jubelhymnen erwartet,
ist als Künstler nicht glaubwürdig. Das gilt
besonders für ambitionierte Blasorchester.
Nun ist ein Konzert kein Wettbewerb, der
Kritiker kein Juror. Dennoch: Wer ein professionelles
wie faires Feedback bekommen
möchte, muss sich auch professionelleren
Maßstäben stellen.
Lobhudelei um des Burgfriedens willens
ist weder angebracht noch zielführend,
sondern gefährlich. Beschönigende, inhaltlich
falsche Berichte mögen oberflächlich
glänzen, haben aber den Wert einer
Rolex-Uhr vom Strandverkäufer. Gleiches
gilt für Verrisse: Ein kompetenter Kritiker
darf sich nicht nur die faulen Kirschen aus
dem Konzert herauspicken. Tadel muss angebracht
und in homöopathischer Dosierung
verabreicht werden. Das motivierende
Lob für ehrenamtliche Kulturarbeit sollte
dagegen selbstverständlich überwiegen.
Der Weltklasse-Violinist Daniel Hope
meinte zum Thema Kritikfähigkeit: „Eine
schlechte Kritik, wenn sie kenntnisreich
und fundiert ist, kann einem Künstler helfen
und ihn weiterbringen.“ Joachim Kaiser,
eine Ikone der Kritikerzunft, meint zu
der Rolle des Rezensenten: „Nicht der subjektive
Kritiker, der seine persönlichen Eindrücke
entfaltet, ist gefährlich oder verwerflich.
Der voreingenommene Rezensent ist
„Auch wenn Laien an den Konzertpulten musizieren,
die Berichterstattung darf niemals laienhaft sein.“
es viel eher, der nur das wahrnimmt, was
er aus taktischen oder persönlichen oder
ideologischen Gründen wahrnehmen will.“
Die Kritikfähigkeit der Musikvereine steigt
folglich mit der Bereitschaft des Kritikers,
seine Vorurteile gegenüber dem Blasorchesters
abzubauen.
Die Grenzen der Qualität
Es gibt sie, die hervorragenden Blasorchester:
Musikkorps, Auswahlorchester, Verbandsorchester
und exzellente Vereinsorchester.
Von denen soll jetzt auch nicht
die Rede sein, fi nden sie in den Musikmedien
doch mehr und mehr die Beachtung,
die sie sich verdient und hart erarbeitet
haben. So war das Neujahrskonzert
2013 der Bläserphilharmonie Mozarteum
Salzburg unter Hansjörg Angerer, das live
im Fernsehen übertragen wurde, eine erleuchtende
Sternstunde im Bläserkosmos.
Es geht vielmehr um die breite Masse der
Musikvereine. Ein Redakteur des Südwestrundfunks
(SWR) meinte einmal auf meine
Frage, warum sich Blasorchester so selten
live im Radio oder Fernsehen präsentieren,
dass die Qualität der Vereine den
Ansprüchen der Medien nicht immer gerecht
wird. Viele Kapellen meinen, allein
die Wahl eines schweren Werkes rechtfertige
die gewünschte Medienpräsenz und
ein positiv schallendes Echo in der Presse.
Es gibt sie, aber wir brauchen
mehr davon
Wollen Blasorchester von den Medien ernst
genommen werden, müssen also die Basics
stimmen: Lieber ein leichteres Stück,
und das sauber geblasen. Der Mangel an
Reputation und renommiertem Repertoire,
(Bernd Neuschl)
Verlagsdiktate und das vielzitierte Festzelt-Stigma
haben dazu geführt, dass die
überwiegende Mehrheit der Musikjournalisten
leider immer noch kultiviert die Nase
rümpft, steht ein Blasorchester zur Besprechung
an. Das traurige Fazit lautet also:
Selbst ein gut ausgebildeter C3-Karajan
kann in einer Behelfsphilharmonie unter
Basketballkörben noch kein Hoch-Feuilleton
erwarten. Das ist aber kein Status Quo.
Denn daneben gibt es erfreulicherweise etablierte
Vereine und Auswahlorchester, die
mit ihren professionell ausgebildeten Dirigenten
und einem modernen Vereinsmanagement
konsequent auf konstant wachsende
Qualität setzen. Sowohl im Konzert
als auch in der Nachbesprechung. Es gibt
sie, die gelungenen Konzertberichte, aber
wir brauchen noch mehr davon.
Was ein qualifizierter
Konzertbericht leistet
Die meisten Berichterstatter können nur
über das schreiben, was sie kennen. Und
bereits nach wenigen Sätzen merkt der
aufmerksame Leser, ob ein Konzertbericht
aus berufener Feder geflossen ist. Der
Dirigent Leopold Stokowski sagte hierzu:
„Am gefährlichsten sind jene Kritiker, die
von der Sache nichts verstehen, aber gut
schreiben.“
Ein Berichterstatter in Sachen Blasorchester
muss also nicht nur eine fundierte
musikalische Bildung haben, er muss mit
dem Medium Blasorchester vertraut sein,
mit der Besetzung der Register und wichtigen
Komponisten und Werken. Im Idealfall
hat er sich bereits vorab mit den Hauptwerken
des Konzerts beschäftigt und mit
diesem Wissen entsprechend seine Hörerwartung
justiert, ohne sich dabei für über-
„Wer ein professionelles wie faires Feedback bekommen
möchte, muss sich auch professionelleren Maßstäben
stellen.“
(Bernd Neuschl)
Nr. 06 | Dezember 2020 15
Das Thema
raschende Klangmomente zu verschließen.
Er hört, analysiert, bewertet und würdigt
das Gehörte im Kontext des konzertanten
Rahmens mit all seinen Gegebenheiten.
Dabei muss er die Balance wahren zwischen
subjektiver Emotionalität und objektiver
Sachlichkeit. Es geht dabei nicht
in Facebook-Manier um „Daumen hoch“,
oder „Daumen runter“, sondern um eine
faire Würdigung der geleisteten Probenarbeit.
Kritik, wenn sie denn angebracht ist,
muss konstruktiv verpackt werden. Joachim
Kaiser fasst die Kompetenzen des
guten Kritikers wie folgt zusammen: „Der
Kritiker soll sich über ein Konzert so äußern,
dass es dem Interpreten hilft, dem
Fachmann etwas sagt, das Konzertpublikum
zur Diskussion animiert und darüber
hinaus noch all diejenigen interessiert, die
das Konzert gar nicht besucht haben.“
Für wen ein stimmiger Konzertbericht
gedacht sein soll und wie er verfasst werden
kann, darauf wollen wir nun genauer
eingehen:
„Eine schlechte Kritik,
wenn sie kenntnisreich
und fundiert ist, kann
einem Künstler helfen
und ihn weiterbringen.“
(Daniel Hope, Violinist)
Für die Konzertbesucher
und Leser
Der Kritiker ist verpflichtet, dafür zu sorgen,
dass hochwertige Bläsersinfonik als
künstlerisch wertvolles Kulturgut noch
mehr in der Öffentlichkeit kommuniziert
wird. Wichtig sind nicht die genaue Anzahl
der Konzertbesucher und die „liebevolle
Dekoration“ in der Halle. Das sind allenfalls
Randnotizen. Falls die Veranstaltung
ausverkauft ist, dann muss das natürlich
erwähnt werden. Von Bedeutung ist vielmehr
die Wirkung des Orchesters und der
Werke auf die Zuhörer. Wie reagieren sie?
Wie fällt der Applaus nach einem zeitgenössischen
Werk aus? Welche Komposition
sorgt beim Schlürfen des Pausensekts oder
beim Abholen der Mäntel für lebhafte Diskussionen?
Der Kritiker erklärt schließlich,
warum da ein Stück „für offene Münder
gesorgt hat“. Im Prinzip muss der Rezensent
mit seinem Konzertbericht den nicht
da gewesenen Besuchern, also allen anderen
Lesern, eine bunt bebilderte Postkarte
des Konzertabends schicken: Es war toll
hier, ihr habt etwas verpasst! Mit abgehobenen
Fachbegriffen sollte dabei sparsam
gekocht werden. Die geneigten Leser sind
nämlich nicht bereit, parallel zur Zeitung
in einem Fremdwörterlexikon zu blättern.
Wenn ein Konzertbericht viel Aufmerksamkeit bekommen
soll, ist ein professioneller Fotograf an vorderster
Front eine strategisch kluge Investition. Denn
nach wie vor gilt: Ein Bild sagt mehr als tausend
Worte.
(Bernd Neuschl)
Für den Dirigenten
Was für artistische Verrenkungen er auf seinem
Podium fabriziert, über welch großes
Repertoire an mimischer und gestischer
Ausdruckskraft er verfügt – das alles ist
nett zu lesen, dient aber nicht der Musik.
Interessant wird es, wenn seine Programmauswahl
genauer unter die Lupe genommen
wird: Was für Kenntnisse hat er in Sachen
Repertoire vorzuweisen? Schafft er
eine Balance zwischen Bekanntem und
Neuem? Kann er die Werke in einen Kontext
stellen? Ist seine Dramaturgie stimmig?
Schafft er einen Spannungsbogen
nicht nur in den einzelnen Werken, sondern
über den ganzen Abend? Hat er ein
Gespür für Höhepunkte und für Ruhepole?
Wie interpretiert er die Werke? Wie reagiert
das Orchester auf ihn? Wie reagiert er auf
das Orchester? Auch nicht vergessen werden
darf: Die Macht der Feder kann Karrieren
beflügeln oder zerstören.
Für die Musiker
Wenn ein motiviertes Blasorchester viele
engagierte Proben auf sich genommen hat,
weil es erkannt hat, dass die Erarbeitung
einer Komposition wegen ihrer herausragenden
Qualität lohnend ist, dann muss
dies der Rezensent als berufener Botschafter
der Musik erkennen und entsprechend
würdigen. Um aber beschreiben zu können,
wie ein Blasorchester geklungen hat,
welche Leistung es erbracht hat, dafür bedarf
es mehr als akademischen Sachverstand.
Beschrieben werden können hier
die Klangqualität des Orchesters, Tempo
und Agogik, die rhythmische Sauberkeit
und das Zusammenspiel, die Phrasierung,
die Intonation, die dynamischen Differenzierungen
und die Bühnenpräsenz des Orchesters.
Wann swingt ein Orchester? Wann
groovt es? Besonders hervorzuheben sind
natürlich überzeugende Leistungen von
Solisten, denn das motiviert nachhaltig
den Probebetrieb und stärkt deren Rolle
als Vorbilder besonders in Musikvereinen.
Für den Komponisten
Vor allem bei einem neuen Werk kann die
Frage wichtig sein, wie eine Komposition
von den Zuhörern aufgenommen wurde:
Hat sie für Begeisterung oder Ratlosigkeit
gesorgt? War sie fesselnd, unterhaltend,
16
KulturFenster
Blasmusik
kurzweilig oder langweilig? Wie behandelt
der Komponist das Medium Blasorchester?
Was will der Komponist mit diesem Werk
aussagen? Wie bringt er Inhalt, Form und
seine individuelle Klangsprache auf einen
Nenner? Oberflächlich auf Effekte setzend,
oder tiefgründig und voller musikalischer
Substanz? Wie ist die Komposition handwerklich
gemacht? Form, Kontrapunkt,
Themenverarbeitung, Harmonisierung
und Instrumentierung lassen sich bereits
nach einem ersten Höreindruck grob einordnen.
Und ganz entscheidend: Wie ist
der Repertoirewert der Komposition einzustufen?
Ein schöpferischer und damit
wertvoller Beitrag für die Literatur der Bläsersinfonik
oder eine belanglose, eklektische
Schablonenkomposition? Ein Konzertbericht
kann selbstverständlich keine
Rezension über Neuerscheinungen sein,
dennoch sollten ausgewählte Punkte dieser
Rubrik in wenigen Sätzen berücksichtigt
werden, wenn sie dazu beitragen soll,
den Stellenwert der Blasmusik als hochkulturelle
Kunstform verstärkt in die Öffentlichkeit
zu tragen.
Wie schreiben?
Die Zielgruppe bestimmt Stil und Syntax.
Allereinfachste Schlagermusik kann
getrost auf Bild-Zeitungs-Niveau besprochen
werden. Dennoch gibt es Leser, die
bemängeln jene hochgestochene, kunstvoll
durchtränkte Wortwahl, die manchen
Musikkritiken innewohnt. Joachim Kaiser
rechtfertigte deshalb die Noblesse seiner
intellektuellen Sprache, indem er postuliert:
„Kunstvoll komponierte wie interpretierte
Musik bedarf einer ebenso kunstvollen
Sprache in der Würdigung.“ Die Schönheit
der Sprache ist gleichzeitig ihre bezwingende
Macht. Für all das braucht der
Berichterstatter ein vitales Vokabular an
musikalischen Fachbegriffen, das dosiert
Verwendung findet, einen ebenso großen
Wortschatz, der verständlich, mitunter süffig
zu lesen und mit einer feinen Prise Ironie
aufbereitet wird. Der exzentrische Frank
Zappa meinte einmal: „Über Musik zu reden
ist wie über Architektur zu tanzen.“
Eine bunte Palette an Stilmitteln
Wer Worte zum Klingen bringen will, benötigt
also eine bunte Palette an literarischen
Stilmitteln: Klangfiguren wie Alliterationen
in Kombination mit Adjektiven, aussagekräftige
Bilder wie Metaphern, Personifikationen
und Vergleiche. Und ganz wichtig:
Ein Synonymwörterbuch. Es gibt eine
Fülle wunderbar passender Begriffe für
musikalische Parameter. Paradebeispiel
Marsch: Wirkt ein Trauermarsch eher
schmerzvoll, schleppend, lastend, oder
niederschmetternd und düster? Kommt
ein Parademarsch jubelnd, stürmisch, emphatisch,
hochfliegend oder glänzend aus
den Schalltrichtern?
Im Zeitalter neuer Medien
Wir leben in einem Zeitalter der Daten-
Sintflut. Smartphones und Tablet-PCs ertränken
uns bei Schritt und Tritt mit Informationen,
die nur noch schwer nach
Wichtigkeit zu filtern sind. Unsere Augen
„Der Kritiker soll sich
über ein Konzert so
äußern, dass es dem
Interpreten hilft, dem
Fachmann etwas sagt,
das Konzertpublikum zur
Diskussion animiert und
darüber hinaus noch all
diejenigen interessiert,
die das Konzert gar nicht
besucht haben.“
(Joachim Kaiser, Musikkritiker)
werden mit Nachrichten und Kurzmeldungen
regelrecht geflutet, die klassische
Tageszeitung und das E-Paper haben ihre
Monopolstellung in Sachen Meinungsbildung
verloren. Mit der Masse an Möglichkeiten
der Meinungsbildung hat sich das
Rezeptionsverhalten geändert: In Internetkaufhäusern
und Musikdatenbanken
können Kunden Konzerteinspielungen Bewertungen
mit Sternen geben. Youtube-Videos
von Konzerten werden kommentiert
und Statusmeldungen über neue Kompositionen
auf Facebook goutiert und geteilt.
Jeder kann zum Kritiker werden. Die
Meinung eines Einzelnen hat keinen Hoheitsanspruch
mehr.
Blasorchester haben zwei Möglichkeiten,
mit diesem Rezeptionsverhalten umzugehen:
Entweder sie springen auf die Welle
auf, oder sie gehen unter. Die Leser selektieren
den Informationsüberfluss nicht nur
nach Bedarf, sondern nach besonderen
Auffälligkeiten. Wenn ein Konzertbericht
viel Aufmerksamkeit bekommen soll, ist
Wenn ein motiviertes Blasorchester viele engagierte
Proben auf sich genommen hat, weil es erkannt
hat, dass die Erarbeitung einer Komposition wegen
ihrer herausragenden Qualität lohnend ist, dann
muss dies der Rezensent als berufener Botschafter
der Musik erkennen und entsprechend würdigen.
(Bernd Neuschl)
Nr. 06 | Dezember 2020 17
Das Thema
ein professioneller Fotograf an vorderster
Front eine strategisch kluge Investition.
Denn nach wie vor gilt: Ein Bild sagt mehr
als tausend Worte. Fotos von Ehrungen in
allen Ehren, aber als Blickfänger taugen
sie nicht. Es lohnt also, für das Konzert in
Absprache mit der Redaktion einen Fotografen
zu engagieren, der stimmungsvolle
Konzertmomente ohne störenden Blitz einfangen
kann. Hat ein Bild erst einmal das
Leserinteresse geweckt, wird nicht nur die
Überschrift und Bildunterschrift gelesen,
sondern im Idealfall der gesamte Text. Eine
fundierte Berichterstattung ist folglich die
Symbiose aus aussagekräftigem Bild und
kompetentem Bericht.
Jenseits des geschriebenen
Wortes
Der technische Fortschritt ermöglicht es
dem zeitgemäßen Orchester zudem, sich
jenseits von Autoren-Lizenzen auf Internet-Plattformen
ins rechte Licht zu rücken:
Werkausschnitte als Hörproben
dürfen im Streaming-Verfahren pro Werk
bis zu 90 Sekunden präsentiert werden.
Bei vielen Konzert-Highlights lässt sich so
ein aussagekräftiger Image-Film schneiden
und für Interessierte und Sponsoren
hochladen. Positive Pressestimmen sind
also nicht die einzigen bunt beflügelnden
Federn, mit denen sich zeitgemäße Blasorchester
für einen fruchtbaren Balztanz
in Sachen Öffentlichkeitsarbeit schmücken
können.
Was sagen Dirigenten?
Was Blasorchesterdirigenten an Kritiken wichtig ist, dazu haben wir drei Meister
ihres Fachs befragt:
Dominik M. Koch: Als eines der schönsten Zitate einer Konzertkritik empfinde ich das
folgende: „Der enormen Spannung, in weiten Bögen ausgeführt, konnte man sich
kaum entziehen und verspürte eine packende Gegenwärtigkeit – ein imposanter, von
viel programmatischer Vision geprägter Beitrag, der Dirigent Dominik M. Koch zum
heimlichen Star des Abends avancieren ließ.“ Im Grunde gehören Konzertkritiken
zu jedem Konzert. Die Qualität des Textes hängt sehr von der Kompetenz und dem
Sachverstand dieser Person ab. Danach richtet sich auch, wie wichtig ich einen Beitrag
einschätze. Die Kritik muss vor allem der Wahrheit entsprechen und mit Sachverstand
geschrieben sein. Auf inhaltliche Fehler und zu sehr subjektive Geschmäcker
kann ich ebenso verzichten wie auf Berichte, die nur lobend und übertrieben
überschwänglich sind, gerade bei schwächeren Konzerten.
Johan de Meij: Rezensionen können sowohl für den Interpreten als auch für die Musik
von Vorteil sein. Sie können ein positives Licht auf das Blasorchester und sein Repertoire
werfen. Daher muss der Rezensent seine Themen gut kennen, er sollte auch in
diesem Bereich ausgebildet werden. Im Allgemeinen denke ich, dass Kritiken äußerst
relativ sind: Sie sagen nur etwas über die Meinung einer einzigen Person aus, die nicht
immer die allgemeine Meinung der Zuhörer widerspiegelt.
Toni Scholl: Eines der schönsten Zitate aus einer Kritik war das folgende: „Dieses
Werk bot Toni Scholl reichlich und viel mehr als üblich die Gelegenheit, seine Fähigkeiten
als Klangfarbenmagier zu entfalten.“ Kritiken sind für uns Künstler wichtig,
da sie oft auch eine vermittelnde Funktion innehaben. Dabei empfinde ich Zeitungskritiken
als ebenso wichtig wie die Publikumsmeinung. Eine gelungene Kritik soll im
Idealfall dem Leser vermitteln und wiedergeben, was die Künstler auf der Bühne und
auch das Publikum empfunden haben. Sie lobt das, was des Lobens wert ist und
kritisiert das andere. Es ist wichtig, nicht nur einzelne Momente zu kritisieren, sondern
das Gesamte im Auge zu behalten. Ein Kollege sagte mir einmal in einer Konzertpause:
Vertraue Deinen Musikern! Diese simplen drei Worte haben mich musikalisch
sehr viel weiter gebracht.
18
KulturFenster
Aus Verband und Bezirken
Blasmusik
72. VSM-Jahreshauptversammlung
„Es bewegt sich nicht mehr viel!“
Die 72. Jahreshauptversammlung des VSM musste heuer als Videokonferenz abgehalten werden.
Im 3. Anlauf hat es geklappt: Am 27. Oktober
hat der Verband Südtiroler Musikkapellen
über Videokonferenz seine heurige
Jahreshauptversammlung abgehalten. 183
Musikkapellen haben sich eingeloggt, um
über Bildschirm die Versammlung im Raiffeisensaal
zu verfolgen.
Eigentlich hätte die Versammlung traditionell
im März stattfinden sollen. Wegen
des damaligen Corona-
Lockdowns musste diese
aber abgesagt und auf unbestimmte
Zeit verschoben werden.
Nach den Lockerungen
im Sommer hat der Verbandsvorstand
den 17. Oktober als
neuen Termin festgelegt. Wegen
der Anfang Oktober wieder
vermehrt auftretenden
Neuinfektionen wurde auch
dieser Termin kurzfristig abgesagt
und die Versammlung
für den 27. Oktober als Videokonferenz
einberufen.
Das Klarinettenensemble
„Klari-di-netten“ von der Musikschule
Unterland hat die
Versammlung vor Ort musikalisch
umrahmt. Verbandsobmann
Pepi Fauster, Verbandskapellmeister
Meinhard Windisch, Verbandsjugendleiter
Hans Finatzer und Verbandsgeschäftsführer
Andreas Bonell haben am
Präsidiumstisch Platz genommen. Die 6
Bezirksobmänner saßen im Hintergrund
an den Computern, um die Teilnehmerzahl
und die Abstimmungen optisch und
schriftlich zu dokumentieren.
ÖBV-Präsident Erich Riegler machte
übers Internet der Versammlung Mut für
die Zeit nach der Krise.
Das Dreijahresmotto des Verbandes „Blasmusik
bewegt“ stehe heuer unter besonderen
Vorzeichen, erklärte Verbandsobmann
Pepi Fauster zum Auftakt der Versammlung:
„Coronabedingt bewegt sich nicht
mehr viel – die Pandemie hemmt uns kulturell,
künstlerisch und sozial.“ Der Stillstand
oder auch die eingeschränkte Tätigkeit
bringe die Musikkapellen in immer
größere Schwierigkeiten:
„Ich mache mir Sorgen
und damit bin ich nicht
allein!“
Das Jahr 2019 war
noch ein Jahr voller Tätigkeiten
und schöner Initiativen,
erinnerte Verbandsgeschäftsführer
Andreas Bonell in seinem
Bericht. Diese schlugen
sich entsprechend auch
auf den Bilanzbericht von
Verbandskassier Elmar
Seebacher nieder.
Verbandskapellmeister
Meinhard Windisch
und Verbandsjugendleiter
Hans Finatzer analysierten
die derzeitige Si-
Nr. 06 | Dezember 2020 19
Aus Verband und Bezirken
Keine VSM-Jahreshauptversammlung ohne Musik – das Klarinettenensemble „Klari-di-netten“ sorgte diesmal für den „guten Ton“.
tuation aus musikalischer Hinsicht und
im Jugendbereich. Dabei gelte es nach
wie vor, den schwierigen Spagat zwischen
den Übereifrigen und den Übervorsichtigen
zu schaffen. Die Jugendarbeit sei
dabei besonders in Mitleidenschaft gezogen,
denn vor allem die zahlreichen
und wichtigen Sommerangebote mussten
gestrichen werden: „Die jungen Leute
sind in der Pandemie die großen Verlierer.“
Verbandsstabführer Klaus Fischnaller
konnte coronabedingt nicht persönlich
an der Versammlung teilnehmen und
mahnte in seiner schriftlich übermittelten
Stellungnahme, die Krise als Chance zu
erkennen und die Musik in Bewegung
aus einem neuen Blickwinkel zu sehen:
„Raum schaffen für Neues, neu bewegen,
Gewohntes hinterfragen und dabei neue
Wege entdecken“, damit man vorbereitet
sei, wenn der Alltag wieder einkehre.
ÖBV-Präsident Erich Riegler begleitete
die Versammlung ebenfalls übers Internet
und überbrachte die Grußworte via Bildschirm.
Obwohl die gesetzlichen Rahmenbedingungen
in Österreich von den
italienischen abweichen, sei das Ergebnis
mittlerweile ziemlich das gleiche, bestätigte
er: „Nichts geht mehr!“ Riegler zeigte
sich dennoch zuversichtlich, dass es gemeinsam
gelinge, diese Krise zu überwinden,
daraus zu lernen und neue Kraft zu
schöpfen, damit die Blasmusik gestärkt
aus dieser Zeit des Stillstandes herauskomme.
Gleichzeitig sprach er jetzt schon
die Einladung zu den anstehenden Feierlichkeiten
im kommenden Jahr aus, wenn
der Österreichische Blasmusikverband
sein 70-jähriges Bestandsjubiläum feiert.
Eine (fast) überhörte Petition
Mit der Neuregelung des Dritten Sektors
ergeben sich für die
ehrenamtlichen Verbände
und Vereine
ein neuer bürokratischer
Mehraufwand
und steuerliche Nachteile,
hob VSM-Obmann
Pepi Fauster bei
der Versammlung hervor.
Zudem habe Corona
die Musikkapellen
und alle anderen
ehrenamtlichen Vereine
vor große strukturelle,
soziale und
finanzielle Probleme gestellt: Die unsichere
Gesetzeslage und die ausufernde
Bürokratie gefährden die Vereine, besonders
die kleinen, analysierte er. Daher
genehmigte die Versammlung eine
entsprechende Petition, die unter anderem
die politischen Vertreter dazu auffordert,
„dahingehend einzuwirken, dass die
neuen Bestimmungen auf das Südtiroler
Vereinswesen abgestimmt werden.“ Landeshauptmann
Arno Kompatscher, zugeschaltet
via Bildschirm, und Kulturlandesrat
Philipp Achammer, der persönlich zur
Versammlung im Raiffeisensaal in Bozen
gekommen war, gingen in ihren Grußworte
nicht direkt auf diese Petition ein. Landes-
Wieviel Unterstützung bekommen die
ehrenamtlich tätigen Vereine? Dieser
Frage musste sich Kultur-Landesrat
Philipp Achammer stellen.
20
KulturFenster
Blasmusik
hauptmann Kompatscher stellte aber in
Aussicht, dass man versuche, mit einer
eigenen Durchführungsbestimmung zum
Autonomiestatut das Ehrenamt in Südtirol
zu regeln. Landesrat Achammer sicherte
hingegen den Kapellen einen Sonderfonds
zu, der zwar „keine großen Beträge beinhaltet,
aber ein kleines Zeichen der Wertschätzung
sein soll.“
Klari-di-netten
Katharina Casal (Es- und B-Klarinette),
Sophia Pichler (B-Klarinette), Evelyn Pardatscher
(B-Klarinette) und Melanie Richermo
(Bassklarinette) haben am 15.
Februar als Ensemble „Klari-di-netten“
unter der Leitung von Alexandra Pedrotti
am landesweiten Wettbewerb „Musik in
kleinen Gruppen“ in Auer teilgenommen.
Mit 94,33 von 100 Punkten haben sie ein
hervorragendes Ergebnis erzielt. Auf Vorschlag
der Verbandsjugendleiterin Uta
Praxmarer wurde das Quartett nun eingeladen,
die heurige VSM-Jahreshauptversammlung
musikalisch zu umrahmen
und ihr damit zumindest eine kleine musikalische
Note zu verleihen, die einer Versammlung
des Verbandes Südtiroler Musikkapellen
würdig ist.
Landeshauptmann Arno Kompatscher versprach, sich für eine Südtiroler Lösung des
Ehrenamtes einzusetzen.
Abschied“ vom Klarinettenensemble uraufgeführt.
Der Choral ist sowohl in der
großen Besetzung einer Musikkapelle
als auch in verschiedenen Bläserensembles
spielbar und wird an alle Musikkapellen
verteilt.
Stephan Niederegger,
VSM-Medienreferent
Ein neuer Choral zum Abschied
Bereits seit längerem wurde von mehreren
Seiten angeregt, eine Alternative
zum landauf landab oft gespielten „Kameradenlied“
anzubieten. Wegen seines
auf den Krieg bezogenen Textes sei
das Lied auch in instrumentaler Version
nicht immer passend, wurde bemängelt.
Auf Initiative des Verbandskapellmeisters
Meinhard Windisch wurde der Komponist
Hannes Kerschbaumer daher beauftragt,
einen neuen Choral zu schreiben.
Anlässlich der Jahreshauptversammlung
wurde dieser Choral mit dem Titel „Zum
Der Südtiroler Komponist Hannes Kerschbaumer hat eine Alternative zum nicht
immer passenden „Kameradenlied“ geschaffen.
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge (Texte und Bilder) für die Blasmusikseiten senden Sie bitte an: kulturfenster@vsm.bz.it
Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe des KulturFensters ist Mittwoch 13. Jänner 2020.
Nr. 06 | Dezember 2020 21
Aus Verband und Bezirken
Schauen wir nach vorne!
Ausblicke in das Tätigkeitsjahr 2021
Für das Jahr 2020 werden wir uns nicht
schwer tun, das Unwort des Jahres zu finden.
„Corona“ hat unsere Welt und unsere Gesellschaft
massiv getroffen und verändert. Die
Pandemie hat auch die Tätigkeit der Musikkapellen
sehr stark eingeschränkt. Im Rückspiegel
haben wir die Situation schon einige
Male betrachtet.
Wir wissen alle, dass beim Autofahren
der Blick in den Rückspiegel notwendig ist.
Aber warum ist dieser klein und die Frontscheibe
groß? Ja, genau deshalb, weil
der Blick nach vorne noch viel wichtiger
ist. Vor uns öffnet sich - ähnlich
wie wenn ich in ein unbekanntes Land
fahre - wieder ein neues Jahr. Wie es
darin aussieht, wissen wir nicht. Es
gibt aber sicher Sonnentage, attraktive
Plätze, besondere Herausforderungen
und schöne Erlebnisse, neue Möglichkeiten
und wohl auch Überraschungen.
Verlauf der Pandemie
Nach der ersten Welle im Frühjahr, die
so unerwartet über uns hereingebrochen
ist und uns unvorbereitet angetroffen
hat, hat uns die zweite Welle im
Oktober/November noch stärker erwischt.
Durch die angesetzten Maßnahmen erhoffen
wir uns alle, dass die Ansteckungen
möglichst zurückgehen und geschlossene
Bereiche wieder öffnen können. Wir im Verband
werden – so wie bisher – wieder im
Sinne unserer Musikkapellen mit den zuständigen
Stellen in Politik und Sanität Wege
zum Wiederbeginn des gemeinsamen Musizierens
bei Proben und Auftritten suchen.
Bewährtes beibehalten
Der Verbandsvorstand hat sich für 2021 vorgenommen,
die bisher bewährten Initiativen
in allen Bereichen wieder als Tätigkeit einzuplanen
und zur passenden Zeit flächendeckend
zu aktivieren. Gemeint ist dabei vor
allem die Aus- und Weiterbildung der aktiven
Musikantinnen und Musikanten, der
Kapellmeister*innen, Jugendleiter*innen
und Stabführer, die teilweise zentral, aber
auch aufgeteilt in allen sechs Bezirken aufscheinen
wird.
Besondere Veranstaltungen sollen als
Leuchttürme herausstechen und musikalische
Farbe in den Alltag bringen. In der
Verwaltung werden nach wie vor Hilfe und
Unterstützung für die Organisation der Vereine
angeboten. In diesem Sinne empfehlen
wir auch allen Mitgliedskapellen, mit
Mut und Zuversicht bisher Bewährtes wieder
in Betracht zu ziehen und aufzugreifen.
Umdenken – neue Ziele setzen –
Qualität vor Quantität
Der durch die Corona-Pandemie erzwungene
gewaltige Einschnitt in der Tätigkeit
stellt uns beim Wiederbeginn vor die wichtigen
Fragen: Soll alles wie bisher so weitergeführt
werden? Sind wir im Stande, das
bisher Erreichte wieder 1:1 umzusetzen? Ist
das überhaupt notwendig? Wäre das zukunftsorientiert?
Corona wird uns wahrscheinlich wohl
vieles lehren, wenn wir uns lehren lassen.
Was uns sicher gut tun würde, ist das „Weniger
ist mehr“ oder „Qualität vor Quantität“.
Wenn wir daran denken, wie wir in Zukunft
den Nachwuchs in unseren Musikkapellen
finden sollen und wie wir nachher unsere
jungen und älteren Mitglieder zum fleißigen
Mitmachen motivieren können, werden
obige Gedanken von großer Wichtigkeit sein.
Freude und Lust entstehen nicht durch viele
Proben und viele Konzerte, sondern sicher
durch eine interessante und effiziente Probenarbeit
und durch Konzerte, die berühren.
Es werden in Zukunft besondere Ideen
und Kreativität gefragt sein!
Uns gegenseitig helfen –
Partner suchen
Sich gegenseitig helfen, ist immer gut. In
schweren Zeiten zusammenstehen und
dem anderen die Hand reichen, ist noch
besser. Das heißt für mich, dass wir im
neuen Jahr Maßnahmen treffen sollen,
die uns beim Neustart unserer Tätigkeiten
nützlich sind, uns Ideen zum Musizieren
liefern, uns auf neue Gedanken
bringen, uns interessante und machbare
Wege aufzeigen. Wir sind alle aufgerufen,
uns solidarisch zu zeigen und mitzuhelfen,
aus dieser Krise möglichst unbeschadet
herauszukommen. Sehr sinnvoll
ist dabei immer, wenn man sich nicht
durch Alleingänge die Kräfte raubt, sondern
um sich blickt, nach Partnern Ausschau
hält und sich Verbündete mit ins
Boot holt. In der Gruppe und im Team
geht alles leichter!
Schluss
Abschließend danke ich allen Verantwortungsträgern
im Verband, in den Bezirken
und Musikkapellen für die gute Zusammenarbeit
im Jahr 2020 und für das erwiesene
Verständnis in schwierigen Fragen. Für den
Neustart, der hoffentlich möglichst bald beginnen
sollte, helfen uns nur Freude und
Optimismus. Die Leidenschaft zum Musizieren
und zum Miteinander im Verein ist
eine starke Triebfeder! Und denken wir immer
an das Wertvolle und Schöne, das wir
durch unser Engagement im Dienste an unserer
Gesellschaft leisten! Dafür können wir
uns gerne fest einsetzen!
Viel Glück für 2021,
vor allem Gesundheit!
Pepi Fauster, Verbandsobmann
22
KulturFenster
Die Jugendseiten
Blasmusik
303 Leistungsabzeichen verliehen
Erleichterung und Dankbarkeit über ein bisschen Normalität
Die Prüfungen wurde coronabedingt mit den entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit
abgehalten.
Am letzten Oktoberwochenende wurden die
im März und Juni coronabedingt ausgefallenen
Prüfungen zu den Leistungsabzeichen
nachgeholt. Dazu hatte Verbandsjugendleiter
Hans Finatzer mit seinem Team
ein eigenes Sicherheitskonzept erarbeitet,
damit die Prüfungen – heuer unter Ausschluss
der Öffentlichkeit – überhaupt abgehalten
werden konnten.
Sowohl bei den Teilnehmerinnen und
Teilnehmern, aber auch bei den Lehrpersonen
und den Juroren sei „große Erleichterung
und Dankbarkeit über ein bisschen
Normalität“ spürbar gewesen, freute sich
Finatzer. Bis zum Schluss habe man versucht,
allen gesundheitlichen und gesetzlichen
Vorgaben gerecht zu werden, um
die Prüfungen ordnungsgemäß abhalten
zu können. Von den ursprünglich angemeldeten
323 Jugendlichen, konnten schließlich
20 coronabedingt nicht zur Prüfung
antreten. Für sie wurden über die Musikschulen
alternative Termine angeboten,
„damit auch sie die Prüfung in eine der
drei Leistungsstufen absolvieren können“,
erklärt Finatzer.
Hans Finatzer,
VSM-Verbandsjugendleiter
Am Samstag wurden die Bronze- und
Silberprüfungen an den Musikschulen von
Auer, Bruneck, Klausen, Lana und Schlanders
abgenommen. Am Sonntag konnten
an der Musikschule Eppan 23 Diplome in
Gold überreicht werden.
Ein weiteres Novum war heuer auch
der Anmeldemodus zur Prüfung. Erstmals
mussten alle Anmeldungen über das
neue Online-Portal auf der VSM-Homepage
erfolgen. Dieses neue Angebot habe
die Feuertaufe bestanden. Mit den Erfahrungen
dieser ersten Anwendung soll das
Anmeldeportal schrittweise auf alle Kursangebote
des Verbandes ausgebaut werden,
bestätigt Finatzer. Er habe es seit seinem
Amtsantritt im März 2019 als Auftrag
gesehen, dieses Projekt vorangetrieben
und zusammen mit der Firma „Effekt!“
aus Neumarkt konzipiert.
Stephan Niederegger
VSM-Medienreferent
Nr. 06 | Dezember 2020 23
Die Jugendseiten
JUmBOS - die Jugendkapelle der
Stadtkapelle Bozen
Auf Gemeinsamkeiten und Freude an der Musik wird Wert gelegt
Steckbrief
Name: Die JUmBOs, Jugendkapelle Bozen
Musikkapelle: Stadtkapelle Bozen
Jugendteam: Heidi Schwarz und viele Helferinnen und Helfer
Jungmusikanten: ca. 25 Kinder und Jugendliche von 8-18 Jahren
Im Herbst 2019 hat sich die Jugendkapelle
Bozen den neuen Namen JUmBOs gegeben.
Dieser Name steht für Jugend, für Bozen und
für jede Menge neuen Schwung und Elan
in der Jugendarbeit.
Für die Stadtkapelle Bozen ist die Jugendarbeit
eine schwierige Angelegenheit,
da Bozen mit den ihren verzweigten Gebieten
und unterschiedlichen Zonen schwer
zu überblicken ist. Anders als in den Gemeinden
auf dem Lande, wo man sich
bereits von klein auf kennt, kommen die
Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen
Teilen der Altstadt und kennen sich
meist kaum untereinander. Trotzdem oder
gerade deswegen hat man es sich zum Ziel
gemacht, Kinder und Jugendliche der Altstadt
und Umgebung zusammenzubringen,
sie für das gemeinsame Musizieren
zu begeistern und sie auf ihr großes Ziel
vorzubereiten, nämlich die Aufnahme in
die Stadtkapelle Bozen.
Verschiedene Kulturen und Sprachen
vereinigen sich in dieser jungen Truppe,
denn so wie es auch in der Stadtkapelle
Bozen Brauch ist, ist es auch den JUmBOs
wichtig, nicht auf Unterschiede wie Herkunft
und Sprache, sondern auf Gemeinsamkeiten
und Freude an der Musik Wert zu
legen. Seit einiger Zeit wächst nicht nur die
Begeisterung unter den Jugendlichen, sondern
auch die Jugendkapelle selbst wächst
stetig und so sind mittlerweile über 25 Kinder
und Jugendliche im Alter zwischen 8
und 18 Jahren bei den JUmBOs dabei,
sozusagen Jung und Alt. Das gegenseitige
Verständnis und der gegenseitige Respekt
sind bei allen Aktivitäten wichtig und richtig.
Gerade in so einer schwierigen Zeit, wie
sie es in diesem Jahr 2020 durch Corona
ist, ist es von großer Bedeutung, den Kontakt
zu den Jungmusikantinnen und -musikanten
aufrecht zu erhalten. So wurde
im Frühjahr das online-Video „Die JUm-
BOs at homework“ erstellt, für welches zuerst
alle ihre Stimme getrennt voneinander
zu Hause eingespielt und dann zu einem
gemeinsamen Clip zusammengeführt haben,
als Erinnerung, Motivation und Hoffnung
auf eine bessere Zukunft.
Die JUmBOs beginnen im September mit
wöchentlichen Proben und das Jahr endet
traditionell mit einem Konzert im Mai am
Blumenmarkt in Bozen. Dazwischen gibt
es traditionelle Ziele wie das Weihnachtskonzert,
das Konzert in der Goetheschule,
das Spielen bei kirchlichen Anlässen und
gemeinsame Ausflüge. Im Sommer darf
Musik auch nicht fehlen, das beweist unsere
Jugend bei den gemeinsamen Jugendbläserwochen
zusammen mit der Jugend
der Musikkapellen Kurtatsch, Penon, Neumarkt,
Montan und Truden.
Für die Zukunft ist es sehr wichtig, die
Mädchen und Jungs zu fördern, guten
Kontakt zu den Familien der Jungmusikantinnen
und -musikanten zu halten, ihnen
gemeinsam mit ihren Lehrerinnen und
Lehrern den Zugang zur Musik zu ermöglichen
und gemeinsam mit allen Generationen
innerhalb der Musikkapelle den
Fortbestand der Stadtkapelle zu sichern.
Jugendkapelle JUmBOs –
Koordination Verbandsjugendleiter
Hans Finatzer
24
KulturFenster
Blasmusik
Drei der Jungmusikanten der JUmBOS
Eva Niederwanger
Eva
Mein Name: Eva Niederwanger
Alter: 11 Jahre
Ich spiele: Klarinette
Ich lerne dieses Instrument, weil: Es mir Spaß macht.
In meiner Freizeit höre ich gerne: Rockmusik und Popmusik
Was gefällt dir besonders an der Juka? Dass wir Konzerte machen und alle zusammen
Spaß haben.
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Mein Instrument, den Volleyball
und die Freunde der Jugendkapelle.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte… würde ich gern in der Musikkapelle mit Papi spielen.
Martin Cruciotti
Martin
Mein Name: Martin Cruciotti
Alter: 12 Jahre
Ich spiele: Saxophon
Ich lerne dieses Instrument, weil: Weil es mir Spaß macht, wie mein Atem sich in
Musik verwandelt.
In meiner Freizeit höre ich gerne: Jede Art von Musik, auch die, die ich nicht sehr mag.
Was gefällt dir besonders an der Juka? In Gemeinschaft zu spielen.
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Mein Sax, meine Play Station,
meinen besten Freund
Wenn ich einen Wunsch frei hätte … Friede, Gesundheit und Freude auf die Welt bringen.
Greta
Greta Aster
Mein Name: Greta Aster
Alter: 12 Jahre
Ich spiele: Trompete
Ich lerne dieses Instrument, weil: ...ich mich darin wiederfinde.
In meiner Freizeit höre ich gerne: Alle möglichen Musikgattungen.
Was gefällt dir besonders an der Juka? Das gemeinsame Musizieren und Spaß haben
3 Dinge, die du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest: Meine Familie, meine Trompete
und ein Pferd.
Wenn ich einen Wunsch frei hätte ...würde ich mir wünschen einen Weg zu finden, die
Welt verbessern zu können.
Nr. 06 | Dezember 2020 25
Ars Nova
Mit einem leichten
arabischen Touch
Robert Neumairs Musik zum Stummfilm „Der müde Tod“
Seit 2008 finden in Halle (Saale) die Filmmusiktage
Sachsen-Anhalt statt. Seit 2013
wird im Rahmen dieser Musiktage die interdisziplinäre
Masterclass – DAS ORCHE-
STER organisiert. Diese richtet sich an Studierende,
Absolventen und Interessierte
aus dem Bereich Filmmusik-Komposition.
Dabei werden die Workshop-Teilnehmer
von erfahrenen Dozenten betreut und ihnen
die Möglichkeit geboten, mit Orchestern
zu arbeiten. In Kooperation mit der
Staatskapelle Halle steht ihnen dazu ein
großes Sinfonieorchester zur Verfügung.
In Zusammenarbeit mit der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung
erhielten 2015 die
Komponisten die Möglichkeit, einen Ausschnitt
des Stummfilm-Klassikers „Der
müde Tod“ (Fritz Lang 1921) zu vertonen.
Auch der junge Komponist Robert Neumair
aus dem Pustertal hat sich für diese
Masterclass beworben, dazu Filmszenen
vertont und seine Musik mit dem Orchester
aufgenommen.
Das „deutsche Volkslied in sechs
Versen“, so der Untertitel zum Film, ist
die romantisch-tragische Geschichte einer
jungen Frau, die den Ehemann vom Tod
zurückfordert. Wenn sie eines von drei Leben
retten kann, deren Lichter bereits flackern,
soll sie ihn zurückbekommen. Diese
drei Episoden sind orientalisch (Rache der
Gläubigen), venezianisch (Mord auf dem
Karneval) und chinesisch (kaiserlicher Tyrann).
In allen drei Fällen scheitert sie beim
Versuch, ihren Geliebten zu retten. Neumairs
Musik ist daher melancholisch angehaucht
mit einem leichten arabischen
Touch zur orientalischen Episode. Eingeleitet
von Englischhorn, Klarinette und
Oboe wird das neue Thema von den Streichern
übernommen. Die musikalisch-dramatische
Wendung unterstreicht die darauf
folgende Verfolgungsszene durch Hinzunahme
der Blechbläser und des Schlagzeugs.
Nach einer rhythmischen Passage
kehrt wieder etwas Ruhe ein, sobald die
gestopften Hörner das Hauptthema spielen.
Neumair untermalt die Geschichte
Zur Person:
Robert Neumair ist am 27. Jänner 1982 geboren und in St. Georgen bei Bruneck
aufgewachsen. Bereits im Alter von 3 Jahren hat er begonnen, Steirische Harmonika
zu lernen, später Klavier, Trompete, Schlagzeug, Bariton, Akkordeon, Gitarre
und E-Bass. Am Tiroler Landeskonservatorium in Innsbruck hat er Trompete bei
Prof. Erich Rinner und Klavier bei Gösta Müller studiert.
In der Folge sammelte er bei verschiedenen Orchestern wichtige Erfahrungen für
seinen weiteren musikalischen Werdegang. Derzeit ist er stellvertretender Solotrompeter
der Deutschen Radiophilharmonie (Saarbrücken/Kaiserslautern)
und Mitglied des Bläserensembles „Bozen Brass“.
Bereits 2010 hat er seine eigene Firma „Soundfactory“ mit angeschlossenem
Tonstudio gegründet. Kompositionen und Arrangements für
verschiedene Ensembles, Musikkapellen, Blas- und Sinfonieorchester
sowie Musikvideos, Film- und Theatermusik zählen zu seinem
umfangreichen kompositorischen Schaffen.
www.robertneumair.com
26
KulturFenster
Blasmusik
mit sehr düsteren und rhythmischen Elementen.
Ein Ritardando und Decrescendo
führen zum Übergangsmotiv der Oboen,
das wieder zur „orientalischen Musik“
weiterleitet. Ein Trompetensolo begleitet
die Liebesszene, bevor die Schlussphase
sehr traurig – weil ohne Happy End – mit
drei aufeinanderfolgenden as-Moll-Akkorden
ausklingt.
Das rund 4 ½ minütige Werk ist für Sinfonieorchester
(Streicher 14-12-10-8-6, Bläser
3-3-3-3 Blechbläser 4-3-3-1 Schlagzeug
1-4) angelegt und derzeit noch nicht verlegt.
Stephan Niederegger
Partitur
2 Takte Vorzähler
A q=80
& b b Andantino
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Flöte 1
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Flöte 2
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Oboe 1
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Oboe 2
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Der müde Tod
Filmmusik zum Stummfilm für den Filmmusikworkshop "Masterclass" in Halle/Saale
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Posaune 1
Posaune 2
Bass-Posaune
Tuba
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Becken
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Die 1. Seite der Partitur zu „Der müde Tod“ (oben)
Der Film „Der müde Tod“ ist 1921 unter der
Regie des legendären österreichisch-deutschen
Filmschaffenden Fritz Lang entstanden. (links)
Nr. 06 | Dezember 2020 27
Kritisch hingehört
Verwöhnprogramm
mit erlesener Bläsermusik
Bürgerkapelle und Kulturverein Brixen bieten erfolgreiche
Konzertreihe in der Hofburg
Nach dem langen kulturellen und gesellschaftlichen
Stillstand im Frühling
haben die Bürgerkapelle Brixen und der
Kulturverein Brixen Musik den heurigen
„Musiksommer in der Hofburg“ unter anderen
Vorzeichen, aber nicht minder erfolgreich
veranstaltet, unterstützt von der
Tourismusgenossenschaft und von der
Gemeinde Brixen. Im wunderbaren Ambiente
des Innenhofs der Brixner Hofburg
waren sieben sehr ansprechende Konzerte
zu erleben.
Die Bläser des Haydn Orchesters haben
den Beginn mit Mozarts Serenade „Gran
Partita“ gemacht und die Reihe auch unter
der Leitung des Startrompeters Marco
Pierobon beendet.
Dazwischen waren das Cinquino Brass
Quintett (Brainstorm), Bozen Brass (Surprise)
und die Musikkapelle Lana (Farben
der Bläsermusik) zu hören. Das heimische
Publikum war von den „jungen
Talenten am Podium“ mit den Ensembles
„MischMasch“, „Pentakis mit Schlag“
und „Vipialma“ sehr angetan. Das junge
preisgekrönte Quintett „Urban Brass“ aus
Süddeutschland hat mit bester Bläserkultur
und hoher Musikalität überzeugt
(„Summertime on Broadway“).
Zweifellos war aber die von der Bürgerkapelle
Brixen gestaltete „Königliche
Freiluftmusik“ ein besonderer Höhepunkt.
Dabei wurde der ganze Innenhof der Hofburg
optisch und akustisch mit einbezogen.
Die Auszüge aus Händels „Wassermusik“
und „Feuerwerksmusik“ wurden
in gekonnter Instrumentation von den Registern
der Bürgerkapelle stilsicher interpretiert,
geleitet vom hochmotivierenden
Kapellmeister Hans Pircher. Das Publikum
hat die Aufführungen sehr geschätzt und
die Anstrengungen von Organisatoren und
Musikern mit viel Anerkennung und Applaus
honoriert.
Nathan Vikoler
Sowohl akustisch als auch optisch ein Genuss: der Musiksommer in der Hofburg in
Brixen (Fotos: Matthias Gasser)
Zu den hochkarätigen Gästen bei den Sommerkonzerten in der Hofburg zählten auch
die Bläser des Haydn Orchesters.
28
KulturFenster
Neues
Blasmusik
ITALLEGRO - für eine Pause im Alltag
Italienische Musik-Begriffe von A-Z
Jutta Eckes ist aus Leidenschaft Italianistin,
Italienischdozentin an Musikhochschulen
in Köln, Mainz und Darmstadt, Dolmetscherin,
Übersetzerin, Lehrbuchautorin,
und als Italienisch-Sprachcoach für Sängerinnen
und Sänger bei Opernproduktionen
feilt sie akribisch an Details.
Ihre Begeisterung für
die italienische Sprache
entfachte sich
früh – als sie mit
acht Jahren zum ersten
Mal in Italien
war. Beim Spiel mit
einem anderen Kind
kam sie mit der „lucertola“
(Eidechse)
in Berührung – eine
sprachliche Begegnung,
die sie bis
heute nicht mehr
loslässt. Ihre neueste
Publikation
unter dem Titel
„Itallegro“ (Italiano
+ Allegro)
tummelt sich in
vielen Facetten
der Musiksprache – im Zusammenspiel
von Worten und dem Wesen von Musik.
Sie übersetzt und erläutert rund 400 italienische
Begriffe von „abbandono“ bis
„zingara“. Die Autorin will auf unterhaltsame
Weise, auch anhand von Anekdoten,
den Blick auf die Sprache öffnen und
die Lust am Italienischen wecken: etwa
auf die Herkunft eines Wortes oder dessen
Verwendung im alltäglichen Sprachgebrauch.
Bei einer Reihe von Begriffen
ergeben sich überraschende Einsichten.
Die Texte sind durch Illustrationen vom
iranischen Künstler Mehrdad Zaeri vervollständigt:
„Sie beleuchten den Text, sie
wiederholen ihn nicht.“
Das handliche quadratische Buch ist
im Verlag „Breitkopf & Härtel“ erschienen
und lädt ein zum Schmunzeln, Nachdenken
und Nachklingen lassen. Es öffnet
ein Zeitfenster für eine Pause im Alltag.
Auch die Aussprache kommt nicht
zu kurz: die wichtigsten Regeln sind im
Buch aufgelistet und die allermeisten Wörter
– vorgesprochen – zum Download auf
www.breitkopf.com im mp3-Format abrufbar.
Stephan Niederegger
„Bolero“ fürs klassische Bläserquintett
Eine Empfehlung für ambitionierte Ensembles
Bis vor kurzem waren zwar Proben und Aufritte
der gesamten Musikkapelle möglich,
für viele dennoch problematisch oder organisatorisch
nicht durchführbar. Das Spiel in
kleinen Gruppen war daher eine willkommene
Alternative und motivierte mancherorts
vermehrt zum Ensemblespiel.
Viele Verlage haben sich daher im Corona-Frühjahr
und Sommer vor allem auf
dieses Repertoire konzentriert und teils
auch neue Werke und Arrangements veröffentlicht.
Beim Stöbern nach entsprechendem
Notenmaterial fällt ein Werk besonders
ins Auge: Maurice Ravels „Bolero“.
Christian Beyer wagt mit dieser Bearbeitung
etwas, bei dem die meisten Arrangeure
sicher die Hände über dem Kopf
zusammengeschlagen hätten. Das Ergebnis
ist jedoch beachtlich: eine (stil- und
sinnvoll gekürzte) Fassung des bekannten
Meisterwerkes, das durch geschickte Instrumentation
die Klangfarben und -möglichkeiten
des klassischen Bläserquintetts
(Flöte, Oboe, Klarinette, Horn und Fagott)
vollständig ausreizt. Das Ostinato der kleinen
Trommel kann ad libitum hinzugefügt
werden. Für die ersten vier Takte sind Klappengeräusche
von Oboe und Klarinette für
die Einführung des Rhythmus zuständig.
Das Arrangement ist im Verlag „Breitkopf
& Härtel“ erschienen.
Stephan Niederegger
Nr. 06 | Dezember 2020 29
Musikpanorama
Generalversammlung unter besonderen Vorzeichen
MK Zwölfmalgreien hofft auf baldige Rückkehr zur Normalität
Es lief heuer alles anders als geplant,
in diesem Jubiläumsjahr der Zwölfmalgreiner:
Nicht nur die verschiedenen Veranstaltungen
zum 100-jährigen Bestehen,
sondern auch die alljährliche Generalversammlung
musste von März auf Oktober
verschoben werden und fand im Stadttheater
Gries statt.
Dabei hielt die Musikkapelle Rückschau
auf das Tätigkeitsjahr 2019 und die ersten
Monate 2020. Obmann Stefan Declara und
Kapellmeister Stefan Aichner bedankten
sich bei allen Musikantinnen und Musikanten
für ihren Einsatz und ihre Motivation.
Sie sprachen die Möglichkeiten zum
Proben und für Auftritte in den nächsten
Monaten an und äußerten ihren Wunsch
auf eine baldige Rückkehr zur Normalität.
Im Rahmen der Versammlung wurden
auch drei neue Musikanten aufgenommen:
Felix Kössler, Lars Kusstatscher und
Thomas Spögler spielen nun in den Reihen
der Zwölfmalgreiner mit.
Brigitte Thurner
Kapellmeister Stefan Aichner (ganz links) und Obmann Stefan Declara (ganz rechts)
mit den neu aufgenommenen Musikanten Lars Kusstatscher, Felix Kössler und
Thomas Spögler (v. l.) © MK Zwölfmalgreien/Oliver Oppitz
Alles Gute zur Goldenen Hochzeit!
Die MK Niederdorf gratuliert ihrem Ehrenkapellmeister Sepp Walder und seiner Frau Christl
Die Musikkapelle Niederdorf hat
ihrem Ehrenkapellmeister Sepp
Walder und seiner Frau Christl
zum runden Hochzeitsjubiläum
gratuliert. Die Chronik der Musikkapelle
berichtet vom Hochzeitsständchen,
das die Musikanten
am 10. Oktober 1970 dem jungen
Brautpaar in Oberlienz gespielt
haben.
Walder dirigierte die Kapelle
mit kurzer Unterbrechung von
1970 bis 1998. Für seine Verdienste
wurde er daraufhin zum
Ehrenkapellmeister ernannt. Zudem war
er 40 Jahre lang Chorleiter und Organist
in Niederdorf, derzeit in St. Sigmund. Die
Ehrenkapellmeister Sepp Walder und
seine Frau Christl wurden anlässlich
ihres goldenen Hochzeitsjubiläums vom
Vorstand der MK Niederdorf überrascht.
Tradition im Verein will es, dass
den Mitgliedern zu besonderen
Hochzeitsjubiläen gratuliert wird.
Das dazu geplante musikalische
Stelldichein ist ausnahmsweise
nicht den Covid-19-Bestimmungen,
sondern dem schlechten
Wetter zum Opfer gefallen.
Obmann Robert Burger und der
Vereinsvorstand haben es sich
aber nicht nehmen lassen, das
Jubelpaar mit einem Geschenkskorb
zu überraschen und die
Glückwünsche der gesamten
Kapelle zu überbringen: „Ein Hoch auf
das Jubelpaar!“
-sn-
30
KulturFenster
Das Thema
Heimatpflege
Wenn die
Wertschätzung
fehlt …
Beiträge für Landschaftspflege: Verband gibt
Abwicklung der Ansuchen ab – Die Hintergründe
Seit rund 50 Jahren ist der Heimatpflegeverband
Südtirol erster Ansprechpartner
für all jene, die ein bäuerliches Kleindenkmal
errichten oder erhalten möchten und
dabei finanzielle Unterstützung brauchen.
Mit Ende des Jahres 2020 sieht sich der
Heimatpflegeverband gezwungen, die Bearbeitung
der Gesuche um entsprechende
Beiträge für die Landschaftspflege an das
Landesamt für Landschaftsschutz abzutreten.
Nicht der fehlende Wille, sondern
ganz andere Gründe liegen hinter dieser
Entscheidung.
Ein geflochtener Speltenzaun am Wegesrand,
ein uriger Backofen am Hofeingang,
eine Mühle nahe des Baches, ein
Strohdach auf dem Stadel oder eine traditionelle
Trockensteinmauer als Hangstütze
– derart selten sind diese einst
üblichen bäuerlichen Objekte geworden,
dass sie im Vorbeigehen sofort ins
Auge fallen, dass sie bestaunt und fotografiert
werden. Unwillkürlich verbindet
man sie mit der „guten alten Zeit“. Aber
nicht nur: Sie stehen auch für Langlebigkeit,
für traditionelles Handwerk, für die
typische Südtiroler Landschaft und nicht
zuletzt für einfaches Leben mitten in einer
einzigartigen Natur: In einem Ofen
wurde das Brot für ein ganzes Jahr gebacken.
Eine Trockenmauer übersteht
viele Jahrzehnte und ist ein wahres Biotop
für Pflanzen und Tiere. Ein geflochtener
Zaun dient als Einfriedung von Weideflächen
und ist durch unterschiedliche
Formen gleichzeitig ein Markenzeichen
für eine Talschaft. Ein Schindel- oder ein
Strohdach erfüllten alle Kriterien, die man
heutzutage unter dem Begriff Nachhaltigkeit
anführt. Nicht zuletzt sind Bildstöcke,
Kapellen, Weg- und Feldkreuze religiöse
Zeugnisse unserer Kulturlandschaft.
Zeichen der Zeit
Aber warum sind sie dann so selten geworden?
Warum haben viele dieser Objekte
die „gute alte Zeit“ nicht überdauert?
Der langjährige Geschäftsführer des
Heimatpflegeverbandes, Josef Oberhofer,
hat darauf eine pragmatische Antwort:
„Die Weiterentwicklung des bäuerlichen
und die Veränderung des gesellschaftlichen
Lebens, die Technisierung auf
dem Hof …“ – kurzum: Es ist der Lauf
der Zeit, der diese bäuerlichen Objekte
zu Raritäten hat werden lassen. Aber gerade
deshalb dürfen sie nicht aussterben
oder rein musealen Zwecken zugeführt
werden, wie Claudia Plaikner, die
Obfrau des Heimatpflegeverbandes, betont:
„Sie sind nämlich prägende Elemente
der Kulturlandschaft und erzählen
sowohl von der bäuerlichen Wirtschaftsweise
als auch von einem praktisch-ästhetischen
Gefühl für die Gestaltung von
Landschaft und Wohnort.“
Wie alles begann
Den großen Wert der bäuerlichen Kleindenkmäler
erkannte der Heimatpflegeverband
schon vor rund sechs Jahrzehnten.
Damals, Anfang der 1960er-Jahre, konnte
er zunächst eine finanzielle Unterstützung
von Seiten des Landes für Arbeit und Material
beim Decken von Strohdächern (siehe
eigenen Bericht) durchsetzen. Aber erst
rund 20 Jahre später startete der damalige
Obmann, Ludwig Walther Regele, eine
erneute Initiative, und zwar zur Rettung
alter Mühlen, deren Sanierung daraufhin
durch einen eigenen sogenannten Mühlenfonds
über das Landesamt für Kultur
gefördert wurde.
Wegkreuze sind stille Zeugen
christlichen Glaubens.
Nr. 06 | Dezember 2020 31
Das Thema
Nach und nach konnten weitere
bäuerliche oder typisch ländliche
Objekte mit Geld aus diesem
Fonds saniert und dadurch erhalten
werden. Waren es zunächst
einzelne, so ließ ein Zeitungsartikel
von Verbandsgeschäftsführer
Josef Oberhofer über die Fördermöglichkeiten
das Interesse an
der Erhaltung dieser Kleindenkmäler
ab dem Jahr 1991 schlagartig
steigen. Immer mehr Bauern
entdeckten den Wert dieses oder
jenes scheinbar nicht mehr nützlichen
Objektes und suchten um
Beiträge an. Die Bereitstellung der
Gelder musste deshalb auf zwei
Landesämter aufgeteilt werden.
Die Errichtung bzw. Erneuerung
von Holzzäunen, Stroh- und Schindeldächern,
Trockensteinmauern,
Harpfen und Waalen wurde aus
Mitteln des Amtes für Landschaftsschutz
gespeist, Wegkreuze, Bildstöcke, Kapellen,
Mühlen, Sonnenuhren, Dorfbrunnen,
Backöfen und andere Objekte wurden vom
Amt für Kultur gefördert. Seit rund 15 Jahren
werden alle Erhaltungsmaßnahmen aus
Mitteln des Landschaftsschutzes gespeist.
Tausende Objekte erhalten
Man kann ruhig behaupten, dass durch
die Landschaftspflegebeiträge Tausende
von bäuerlichen Kleindenkmälern, die das
Kultur- und Landschaftsbild Südtirols prägen,
vor dem Verfall gerettet wurden. Nur
durch die finanzielle Unterstützung war es
den Eigentümern überhaupt möglich, sie zu
bewahren. Andererseits wurden zahlreiche
Bauern durch die Förderungen dazu animiert,
Zäune, Mauern oder Dächer auf traditionelle
Weise zu errichten und dadurch
zum Fortbestand der typischen Südtiroler
Kulturlandschaft beizutragen.
Dass bei der Sanierung oder Errichtung
von bäuerlichen Kleindenkmälern immer
auch ein wenig Passion und Liebe zur Tradition
vorhanden sein müssen, versteht
sich schon allein aus der Tatsache, dass
die Förderbeiträge eben nur Beiträge sind
und der rein wirtschaftliche Vorteil selten
gegeben ist. Auch gibt es immer weniger
Fachleute, die sich auf traditionelles
Handwerk verstehen, und das Weitergeben
von Erfahrungen durch die Bauern selber
scheitert oft an fehlender Zeit oder mangelndem
Interesse. Die Entscheidung für
Schindeldächer sind nachhaltig
und langlebig. Im Unterschied
zu den Strohdächern findet man
sie im ländlichen Raum auf
Bauernhöfen noch recht häufig.
den Erhalt der Kulturlandschaft ist daher
oft eine schwierige. Gerade deshalb gebührt
jenen, die sie treffen, große Wertschätzung.
Immerhin sind es mittlerweile
500 bis 600 Gesuchsteller pro Jahr, und
die Beiträge belaufen sich jährlich auf insgesamt
etwa 1,5 Millionen Euro.
Verband als Initiator
Soweit die Fakten – nun zur Rolle des Heimatpflegeverbandes
in diesem Bereich: Er
ist und war seit jeher erster Ansprechpartner
für Eigentümer bäuerlicher Kleindenkmäler.
Er kümmerte sich um die Beratung
sowie um die Beitragsabwicklung. Dabei
setzte ab den 1990er-Jahren vor allem Geschäftsführer
Josef Oberhofer alles daran,
den Eigentümern ihre Entscheidung zu erleichtern.
Er erwirkte u. a., dass jene, die
die Arbeiten selber durchführen, eine sogenannte
Eigenrechnung ausstellen können,
um an Beiträge zu gelangen. Er bemühte
sich auch um ehrenamtliche Sachbearbeiter,
die die Antragsteller vor Ort beraten
und durch den Genehmigungsprozess
führen (siehe eigenen Bericht). Ja sogar
bei verschiedenen Handwerkern
wurde er vorstellig, um sie für die
traditionellen Arbeitsweisen zu
gewinnen: So ließen sich etwa
zwei Dachdecker in die Kunst
des Strohdach-Deckens einweihen.
Im Verbandsbüro im Bozner
Waltherhaus hingegen wurden
die eingereichten Gesuche
weiterbearbeitet und an die zuständigen
Ämter weitergeleitet.
Woran es hakt
„Für uns ist diese Tätigkeit zur
Tradition geworden, und man verspürt
eine gewissen Genugtuung,
wenn man da und dort ein neu errichtetes
Schindeldach oder einen
handwerklich hergestellten Holzzaun
sieht“, sagt Josef Oberhofer.
Allerdings habe sich der Aufwand
zum Erhalt von Beiträgen in den
vergangenen Jahren enorm erhöht, und vor
allem sei die Kommunikation mit der Abteilung
für Natur, Landschaft und Raumentwicklung
schlechter geworden: „Die Eigentümer
müssen nicht nur immer strengere
Auflagen erfüllen, sondern die Gesuche
sind auch zunehmend kompliziert. Außerdem
erachtet man es im genannten Landesamt
offenbar nicht als notwendig, den
Heimatpflegeverband in Entscheidungen
einzubinden oder wenigstens vorab zu informieren,
wenn zum Beispiel die Beitragsrichtlinien
abgeändert werden.“
Sämtliche Bemühungen um einen regelmäßigen
Gedankenaustausch seien in den
vergangenen Jahren stets abgeblockt worden.
Man fühle sich als Bittsteller, zumal der
Verband nunmehr jedes Jahr ein Angebot
mit Spesenabschlag einreichen müsse, um
diese Tätigkeit überhaupt durchführen zu
können – obwohl er sie nicht nur initiiert,
sondern auch viele Bauern erst dazu motiviert
hat, Südtirols charakteristische Kulturgüter
zu erhalten. „Wir erfahren immer
erst im letzten Augenblick, ob unser Ansuchen
angenommen wurde“, beklagt Josef
Oberhofer. „Das alles zeugt von mangelnder
Wertschätzung gegenüber dem Verband.“
Der Geschäftsführer des Heimatpflegeverbandes
merkt andererseits aber
auch an, dass sich ein Anspruchsdenken
in der Bevölkerung breit gemacht habe und
Beiträge mitunter als Rechtsanspruch betrachtet
würden: „Auch hier geht es letztendlich
um Wertschätzung.“
32
KulturFenster
Heimatpflege
Seltener Anblick: ein Paarhof (Felder) in Villanders, dessen altes Wohnhaus mit einem Schindeldach, der Stadel mit einem
Strohdach gedeckt ist. (Fotos: Josef Oberhofer)
Die Entscheidung
Viel Herz, Zeit und Energie hat der Heimatpflegeverband
in den vergangenen
Jahrzehnten in die Erhaltung von bäuerlichen
Kleindenkmälern gesteckt. Doch
angesichts dieser Entwicklungen sieht er
sich nicht mehr imstande, diese Tätigkeit
fortzuführen. Nach langen Überlegungen
und eingehenden Diskussionen im Vorstand
und mit den Sachbearbeitern hat
der Verband beschlossen, sich mit Ende
des Jahres 2020 aus der Abwicklung der
Vergabe von Beiträgen für die Landschaftspflege
zurückzuziehen.
„Bleiben Ratgeber“
Obfrau Claudia Plaikner und ihren Mitarbeitern
ist das Thema jedoch weiterhin
ein großes Anliegen: „Ob und wie die
Eigentümer von bäuerlichen Kleindenkmälern
beim Amt für Natur, Landschaft
und Raumentwicklung um die Landschaftspflegbeiträge
ansuchen können,
ist unklar. Es ist für den Verband jedoch
sehr wichtig, dass dies auch weiterhin
geschieht, damit diese wertvollen kleinen
kulturlandschaftlichen Akzente erhalten
bleiben.“ Letztendlich hänge es
aber vom Besitzer selbst ab, ob er generell
den Wert dieser Kulturelemente erkennt
und auch deren Umgebung pflegt.
Die Obfrau betont, dass sich der Heimatpflegeverband
weiterhin für die Förderung
der Landschaftspflege einsetzen
wird: „Zwar ist die Betreuung der Gesuchsabwicklung
an das Verwaltungsamt
für Raum und Landschaft zurückgefallen,
wir bleiben jedoch Ratgeber
für offene Fragen in diesem Bereich.“
Dem Heimatpflegeverband gibt die
nunmehr frei werdende Kapazität die Möglichkeit,
sich einigen anderen wichtigen
Bereichen verstärkt zu widmen, etwa der
Sensibilisierung der Gesellschaft für die
Baukultur des Landes, aber auch der Zusammenarbeit
mit Schulen und Jugendorganisationen.
Edurh Runer
Landschaftspflege in Zahlen
» 1.500.000 Euro werden jährlich ungefähr
für Landschaftspflegebeiträge
bereitgestellt.
» 500 bis 600 Eigentümer stellen jährlich
einen Beitragsantrag.
» 322 Holzzäune wurden 2019 saniert
bzw. errichtet, womit die Holzzäune
an erster Stelle der Objekte stehen,
die mit Hilfe von Beiträgen erhalten
werden.
» 154 Schindeldächer wurden 2019
saniert bzw. errichtet – damit liegen
diese an zweiter Stelle.
» 9 Wegkreuze, 8 Bildstöcke, 6 Kapellen
und 4 Mühlen lautet die weitere
Reihenfolge der bäuerlichen Kleindenkmäler
auf der Beitragsliste 2019.
Die Anzahl der Strohdächer indessen
sinkt kontinuierlich. Ungefähr 10 gibt es
noch in ganz Südtirol, 4 davon in Vöran.
Nr. 06 | Dezember 2020 33
Das Thema
Begutachten, beraten,
begleiten
Sachbearbeiter Franz Fliri blickt zurück
Eine restaurierte Kapelle in Naturns: Franz Fliri hat die Arbeiten als ehrenamtlicher
Sachbearbeiter begleitet.
Franz Fliri
In folgendem Bericht erzählt Franz Fliri, der dienstälteste Sachbearbeiter für die bäuerlichen
Kleindenkmäler im Heimatpflegeverband Südtirol, über seine mehr als 30-jährige
Tätigkeit, bei der er viele gute und nur wenige negative Erfahrungen gemacht hat.
Mit der Einstellung der Tätigkeit des Verbandes im Bereich der Landschaftspflegeprämien
geht nun auch die Ära der ehrenamtlichen Sachbearbeiter zu Ende.
Aufgewachsen in einer großen Bergbauernfamilie
auf dem Naturnser Sonnenberg,
wurde der Bezug zur Natur- und
Kulturlandschaft schon im Kindesalter
gelegt. Der Grundsatz, mit der Natur
zu leben und zu arbeiten, war überall
sichtbar.
Für mich war immer klar: Der Erhalt der
Natur- und Kulturlandschaft mit all den
bäuerlichen Kleindenkmälern ist zu unterstützen.
Die Landesregierung unter Landeshauptmann
Dr. Silvius Magnago sah
dies auch so und sicherte eine finanzielle
Unterstützung zu, wenn diese bäuerlichen
Kleindenkmäler erhalten und
gepflegt werden.
Im Jahr 1987 wurde ich vom damaligen
Kulturreferenten der Gemeinde Naturns,
Josef Pircher, für die ehrenamtliche Tätigkeit
als Sachbearbeiter beauftragt. Unter
Anleitung des hoch geschätzten Rittner
Heimatpflegers Hans Rottensteiner erfolgte
die notwendige Einschulung.
Seitdem bin ich in den Gemeinden im
Untervinschgau, einige Jahre auch im Martelltal,
ehrenamtlich und bis zur Pensionierung
in meiner Freizeit unterwegs, und
das sehr oft auch an Sonn- und Feiertagen.
Wenn man mit Herzblut dabei ist, geht
vieles leichter, man nimmt jede Anstrengung
gerne in Kauf, da spielen das Wetter
oder längere Fußmärsche keine Rolle.
Bei den vielen Beratungen und Abnahmen
über die Jahre herauf darf ich Folgendes
anmerken:
• Den allermeisten Antragstellern war und
ist der Erhalt der bäuerlichen Kleindenkmäler
ein großes Anliegen. Ein
Verschwinden dieser prägenden Landschaftselemente
– das war und ist auch
ihnen bewusst – kommt einer Ausräumung
der Landschaft gleich.
• Für einige Eigentümer war der vom Gesetz
festgelegte Beitrag jedoch viel zu
niedrig angesetzt, somit wurde das Objekt
dem Verfall preisgegeben.
• Die Wertschätzung gegenüber den Sachbearbeitern
für deren ehrenamtliche Tätigkeit
verringerte sich in den vergangenen
Jahren wesentlich. Dazu hat sicher
die Hektik dieser Zeit beigetragen.
34
KulturFenster
Heimatpflege
Viele Wetterunbilden hätte dieser Holzzaun im Schnalstal
nicht mehr überstanden.
Und so zeigt sich der Zaun heute.
Ich zeige hier stellvertretend einige
Erlebnisse auf:
• Ich kann mich noch genau an das
erste Beratungsgespräch am Naturnser
Sonnenberg erinnern, bei dem
ich auf die traditionelle Errichtung
eines Lattenzaunes hinwies, inklusive
der aufwendigen Antragstellung, mit
Schreibmaschine geschrieben. Nach
Abschluss der Arbeiten erfuhr dieser
Zaun hohe Wertschätzung und war
beispielgebend für den Erhalt des
Landschaftsbildes.
• In guter Erinnerung bleibt mir auch
die Sanierung einer wasserbetriebenen
Mühle in der Talsohle im Untervinschgau.
Von Beginn an war ich
dabei, sei es für die Beratung, sei es
bei der Durchführung der Arbeiten.
Eine wasserbetriebene Mühle in Funktion
hat wirklich Seltenheitswert. Die
Mühle ist für Vorführungen für Schulklassen,
Einheimische sowie auch
Touristen geöffnet.
• Einen negativen Eindruck hinterließ
es bei mir, wenn einige Antragsteller
bei den zuständigen Ämtern die Verringerung
oder Ablehnung des Beitrages
aufgrund von nicht fachgerechter
Ausführung hinterfragten.
Der Anblick der vielen Ordner voll von Ansuchen,
Beratungs- und Abnahmeprotokollen
erweckt dennoch eine Zufriedenheit,
etwas zum Erhalt der Natur- und Kulturlandschaft
beigetragen zu haben.
Was die weitere Unterstützung seitens
des Landes betrifft, hoffe ich sehr, dass dies
nach wie vor gewährleistet bleibt.
Bäuerliche Kleindenkmäler gibt es überall
in ganz Südtirol, und sie müssen unabhängig
vom Ort bzw. der Talschaft unterstützt
werden. Ein Holzzaun im Vinschgau,
ausgeführt in ortstypischer Bauweise, hat
den gleichen Stellenwert wie am Salten
oder Passeier, eine Trockenmauer am Vinschger
Sonnenberg gleich wie im Eisacktal,
Schindeldächer im Schnalstal gleich
wie in Ulten; die Auflistung könnte beliebig
weiter geschrieben werden.
Ein Anliegen ist es mir, die Wertschätzung
gegenüber der Natur- und Kulturlandschaft
zu steigern, und zwar in allen
Bevölkerungsschichten, damit die vielen
wertvollen Kleinode unserer Heimat nicht
nach und nach der Gewinnmaximierung
geopfert werden. Das Tourismusland Südtirol
wirbt weltweit mit der intakten Landschaft,
die es mittlerweile fast gar nicht
mehr gibt.
Abschließend sage ich allen Beteiligten
ein großes Vergelt`s Gott für die Begleitung
über die ganzen Jahre herauf bei dieser
doch aufwendigen Arbeit, vor allem auch
meiner Familie für das Verständnis. Mit einschließen
darf ich die Mitarbeiter im Verbandsbüro,
Ehrenobmann Dr. Peter Ortner
und Landesobfrau Dr. Claudia Plaikner.
Franz Fliri
Jetzt, nach 33-jähriger ehrenamtlicher
Tätigkeit als Sachbearbeiter, kommt bestimmte
Wehmut auf, aber bestimmte
Gegebenheiten lassen ein Weiterarbeiten
nicht mehr zu.
Der Sachbearbeiter braucht viel Gespür, um Eigentümer vom Erhalt eines
bäuerlichen Kleindenkmales zu überzeugen und sie gut zu beraten. Im Bild eine
Trockensteinmauer in Partschins.
Nr. 06 | Dezember 2020 35
Das Thema
„Menschen für unsere
Themen sensibilisieren“
Claudia Plaikner im Gespräch über die Neuausrichtung des
Heimatpflegeverbandes
Claudia Plaikner, Obfrau des
Heimatpflegeverbandes Südtirol
Wo eine Tür geschlossen wird, öffnet sich
bekanntlich eine andere. Das hofft auch
der Heimatpflegeverband Südtirol, wenn
er nun den bürokratisch und zeitlich sehr
aufwendigen Sachbereich der Landschaftspflegebeiträge
(siehe eigenen Bericht) abgibt.
Obfrau Claudia Plaikner hat sich mit
ihrem Vorstand, den Mitarbeiterinnen und
Mitarbeitern bereits über neue Zukunftspläne
abgesprochen.
KulturFenster: Frau Plaikner, wie geht es
Ihnen persönlich mit der Entscheidung
des Heimatpflegeverbandes, ab 2021
den Sachbereich der Landschaftspfl e-
gebeiträge für bäuerliche Kleindenkmäler
abzugeben?
Claudia Plaikner: Tatsache ist, dass unsere
Halbtageskraft Daniela Donolato Wiedenhofer
in den vergangenen Jahren immer
intensiver und fast ausschließlich
mit der Bearbeitung der Unterlagen für
die Landschaftspfl egebeiträge beschäftigt
war. Abgesehen von den
Kommunikationsproblemen mit
der zuständigen Landesabteilung
wurde es auch für unsere
ehrenamtlichen Sachbearbeiter
immer schwieriger, die Antragsteller
zu betreuen, und die
Wertschätzung ließ manchmal
zu wünschen übrig. Die meisten
Sachbearbeiter haben zudem ein
Alter erreicht, in dem die körperlichen
Anforderungen für diese
Aufgabe langsam zu hoch werden.
Deshalb war die Entscheidung
des Verbandes am Ende
einhellig und entschlossen. Ich
persönlich habe mir auch schon
länger Gedanken gemacht, wie
wir die nun frei werdenden zeitlichen
Ressourcen besser nutzen
können.
KF: Wie sieht der Plan aus?
C. Plaikner: Es geht weniger um einen
einzelnen Plan als um eine Neuausrichtung
des Verbandes. Ich denke, wir müssen
viel mehr Energie in die Sensibilisierung
der Bevölkerung für die Themen
der Heimatpflege stecken, angefangen
bei der Jugend bis hin zu den Entscheidungsträgern
vor Ort in den Gemeinden.
KF: Wie wollen Sie die jungen Menschen
für Ihre Themen gewinnen?
C. Plaikner: Wir müssen in die Schulen
und Jugendorganisationen gehen. Das bedarf
natürlich einer guten Vorbereitung,
zumal es noch an didaktischem Material
und an konkreten Projekten fehlt. Aber
unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
im Verbandssitz sind sehr aufgeschlossen
für junge Themen und auch für moderne
Kommunikation. Dazu gehören die
digitalen Kanäle und sozialen Medien, die
wir künftig besser bedienen möchten.
KF: Die Entscheidungsträger vor Ort sitzen
in den Gemeindestuben, wo derzeit
die neuen Bestimmungen im Gesetz für
Raum und Landschaft das große Thema
sind. Was kommt da auf die Gemeinden,
was auf den Heimatpflegeverband zu?
C. Plaikner: Die Gemeinden werden mit
neuen und aufwendigen Aufgaben betraut.
Deswegen ist es wichtig, deren Vertreter
und Mitarbeiter inhaltlich zu begleiten,
wenn es um die Ortsbild- und Landschaftsgestaltung
geht. Aktuell ist diesbezüglich
bereits ein Leader-Projekt für fünf Gemeinden
im Pustertal in Ausarbeitung, das der
Verband mit betreut. Es geht darum, die
Attraktivität des ländlichen Raumes als
Lebens- und Wirtschaftsraum zu erhal-
„Die Gemeinden werden mit neuen und aufwendigen
Aufgaben betraut. Deswegen ist es wichtig, deren
Vertreter und Mitarbeiter inhaltlich zu begleiten,
wenn es um die Ortsbild- und Landschaftsgestaltung
geht.“
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KulturFenster
Heimatpflege
Die Baukultur, die Gestaltung des öffentlichen Raumes sowie die Erhaltung und Verbesserung des kulturellen und natürlichen
Erbes sind einige der Themen, die der Heimatpflegeverband gemeinsam mit den Gemeinden aufarbeiten möchte. (Foto: HPV)
ten und gleichzeitig weiterzuentwickeln.
Da werden dann ganz unterschiedliche
Themen wie die Baukultur, die Gestaltung
des öffentlichen Raumes, die Erhaltung
und Verbesserung des kulturellen und
natürlichen Erbes, die Sensibilisierung
für eine ressourcenschonende und gesunde
Lebensart und anderes mehr in
das Blickfeld genommen. Ziel des Verbandes
ist es unter anderem, zu einer
Anlaufstelle für Gemeinden zu werden,
wo wir Hilfestellung bei der Ausarbeitung
von Projekten geben. Generell möchten
wir auch weiterhin kompetente Ansprechpartner
für an der Erhaltung der Kulturund
Naturlandschaft Interessierte und
Engagierte sein.
KF: Welche Schritte wird der Verband in
Sachen Neuausrichtung als Erstes setzen?
C. Plaikner: Wir möchten jedes Verbandsarbeitsjahr
unter ein Schwerpunktthema
stellen. 2021 wird es die Baukultur sein.
Dabei denken wir an eine größere Tagung,
zu der wir unsere Partner aus der
Denkmalpflege, aus unseren Netzwerken
und aus der Forschung zusammenbringen
möchten. In Ausarbeitung ist im Moment
auch unser Imagefolder, mit dem wir
die Arbeit des Verbandes bekannter machen
und um Mitstreiter werben möchten.
Die Zeitschrift „KulturFenster“ wird
ab der nächsten Ausgabe ein neues grafisches
Bild sowie auch einige inhaltliche
Verbesserungen erhalten.
Interview: Edith Runer
KulturFenster
Redaktion KulturFenster
Ihre Beiträge für die Heimatpflege im KulturFenster senden Sie bitte an: florian@hpv.bz.it
Für etwaige Vorschläge und Fragen erreichen Sie uns unter folgender Nummer: +39 0471 973 693 (Heimatpflegeverband)
Nr. 06 | Dezember 2020 37
Informiert und Reflektiert
Eine schöne Bescherung
Zur Geschichte der Weihnachtsgeschenke
Advent und Weihnachten sind heuer anders.
Es finden keine Christkindlmärkte statt, größere
Feiern mit Verwandten, Arbeitskollegen
oder Freunden fallen aus. Auch der
Austausch von Geschenken kann nicht unbeschwerlich
erfolgen, wie in Zeiten vor
Corona. Das bietet die Gelegenheit nachzudenken,
wie das weihnachtliche Schenken
entstanden ist und welche Entwicklungen
es bis heute genommen hat.
Der Brauch des Schenkens ist alt. Der
Brauch des weihnachtlichen Schenkens
nicht. Bis ins frühe 20. Jahrhundert war
der Heiligabend beim Großteil der Familien
in Tirol geprägt von Gebet, Räuchern,
der Christmette und einem guten Essen.
Als unsichtbarer Gabenbringer, der den
Kindern Äpfel, Nüsse und Mispeln in einen
Teller legte, galt der Heilige Nikolaus.
Vom Nikolaus zum Christkind
Anders in Deutschland. Da war das Christkind
in adeligen Familien schon früh präsent,
wie Hinweise zeigen. So schwärmt
Lieselotte von der Pfalz (1652–1722) in ihren
Erinnerungen, dass es „neue Kleider,
Silberzeug, Puppen, Zuckerwerk und alles
Mögliche brachte“.
Um 1535 hat Martin Luther im Zuge
der Reformation die Bescherung am Nikolausabend
abgeschafft. Ob er auch der
Erfinder des Christkindes ist, wie oft angenommen,
kann nicht belegt werden,
wenngleich er es als Gabenbringer
erwähnt hat.
Die deutsche Volkskundlerin Sabine
Wienker-Piepho ortete die Verbreitung
des Christkindes zuerst nur im evangelischen
Deutschland, bis es sich dann
nach Bayern ausbreitete und nach und
nach Teil des familiären Feierns in katholischen
Familien wurde. Beschenkt wurden
die Kinder, die Wunschzettel ans Christkind
schrieben.
Grödner Kunst in Deutschland
Auf den Weihnachtsmärkten in Deutschland
und Österreich oder auf den Nikolausund
Thomasmärkten in Tirol gab es
Kerzen, Krippenfiguren, Spielzeug für
Kinder und Christbaumschmuck zu
kaufen. Den Händlern ging es natürlich
um das Geschäft. Doch
dies darf nicht nur kritisch gesehen
werden, denn der Verkauf
sicherte vielen Familien
ihre Existenz. So waren
die Erzeugnisse aus dem
Grödental sehr beliebt. In
einem Inserat in der „Bludenzer
Zeitung“ in Vorarlberg im Dezember
1908 werden von einem Geschäft Puppen,
Christbaumschmuck und „Grödner
Holzspielwaren“ angeboten.
Trotz der Bescherung, die bei vielen
Familien in Tirol aus Armutsgründen ausblieb,
standen der religiöse Inhalt, die
Krippe und das Beisammensein im Mittelpunkt
des Festes. Daher waren jene
Weihnachten, an denen ein Platz in der
Familie leer blieb, traurige Weihnachten.
Während der Weltkriege gedachte man besonders
der Männer an der Front. In der
Tauferer Schulchronik ist nachzulesen:
Spielzeugpferde zählten neben
den Holzpuppen zu den
beliebtesten Artikeln und
wurden in verschiedenen Größen
hergestellt, teils auf Rollbretter
montiert, teils ohne.
38
KulturFenster
Heimatpflege
Der Brauch des Schenkens ist alt. Der Brauch des
weihnachtlichen Schenkens nicht. Bis ins frühe 20.
Jahrhundert war der Heiligabend beim Großteil der
Familien in Tirol geprägt von Gebet, Räuchern,
der Christmette und einem guten Essen.
„Die Mädchen strickten im Winter 1914–
1915: 145 Paar Socken, 25 Wadenstutzen,
82 Schneehauben, 40 Paar Pulswärmer,
8 Paar Kniewärmer, 3 Paar Fäustlinge, 1
Leibbinde und zupften eine Menge Wundfäden
für die Soldaten; 3 große Säcke voll
Erdbeer- und Brombeerblätter wurden von
den Schülern gesammelt." In die Pakete
wurden oft Tannen- oder Fichtenzweige
gelegt, als weihnachtlicher Gruß.
Zunehmende
Kommerzialisierung
Im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebte
das Weihnachtsfest große Veränderungen.
Die wachsende Konzentration auf die Geschenke
ging Hand in Hand mit der allgemeinen
Kommerzialisierung. Rainer Kampling,
Theologieprofessor an der Freien
Universität Berlin, spricht von zwei Ausformungen
des Festes, einem „christlich
begründeten und gefeierten und einem
säkularisierten Fest“.
18. Jahrhundert zurückreicht und sich
als Synonym für alle männlichen, weihnachtlichen
Gabenbringer entwickelt
hat, und dem Coca-Cola-Weihnachtsmann,
der 1931 aus Werbezwecken
entstanden und weltberühmt geworden
ist.
- Was schenken? In der Zeit des materiellen
Überflusses entwickeln sich
neue Formen des Schenkens: Gutscheine
für Zeit, für Hilfeleistungen.
In manchen Familien wird das Engele-Bengele-Spiel
gepflegt, oder
es wird vereinbart, dass nur selbstgemachte
Geschenke ausgetauscht
werden oder ganz darauf verzichtet
wird.
- Schenken heißt teilen… Solidarität mit
Menschen, die Hilfe brauchen, wird
auch in Südtirol jährlich durch große
Spendenaktionen und Hilfsprojekte
gefördert.
- Weinachten und Neujahr: Bei den
Römern gab es Neujahrsgeschenke,
verbunden mit den Glückwünschen.
Diese Tradition lebt fort in
Geldgeschenken, die an Briefträger,
Kaminkehrer und Hausmeister vergeben
werden, oder in Geschenken an
Geschäftskunden.
- Geschenkpapier, ja oder nein? Ab 1910
soll es Geschenkpapier, bedruckt mit
weihnachtlichen Motiven gegeben haben,
doch der genaue Zeitpunkt ist unklar.
Heute werden auch alternative,
phantasiereiche Verpackungen oder
die Wiederverwendung von Papier propagiert,
um Müll zu vermeiden.
Barbara Stocker
Literatur:
Feichter, Josef, Tauferer
Schul- und allgemeine
Chronik, Mühlen 1984;
Eberspächer Martina,
Der Weihnachtsmann.
Stuttgart 2002;
Weber-Kellermann,
Ingeborg, Das Weihnachtsfest.
Luzern und
Frankfurt 1978.
Ein Kugelspiel
aus Holz
Fotos: Museum
Gherdëina
Welche Merkmale lassen sich
heute beobachten?
- Geben oder Schenken? Das Wort Schenken
bedeutete ursprünglich „schief halten“
im Sinne von „einschenken“. Die
Geschenke wurden als Gaben bezeichnet.
Darunter fallen Opfergaben, Liebesgaben,
Almosen und andere. Heute
ist von Gaben noch im sakralen Bereich
die Rede.
- Christkind oder Weihnachtsmann?
Die unsichtbaren Gabenbringer Nikolaus
und Christkind haben vom Weihnachtsmann
Konkurrenz erhalten.
Doch hier gilt es zu unterscheiden zwischen
dem in Deutschland gebrauchten
Begriff Weihnachtsmann, der bis ins
Nr. 06 | Dezember 2020 39
Informiert und Reflektiert
Die Salzkirche
Dinge des Alltags aus Geschichte und Gegenwart
Für geweihtes Salz gab es in früheren Jahrhunderten
ein besonderes Behältnis. Heute
weiß kaum noch jemand, was eine Salzkirche
ist.
In vergangenen Jahrhunderten war
Salz teuer, kostbar und etwas Besonderes.
Auch im 20. Jahrhundert war es nicht immer
selbstverständlich, Salz vorrätig zu
haben. Als es im Zweiten Weltkrieg eine
Knappheit gab, konnte man jemandem
mit einem Säckchen Salz eine Freude bereiten,
weiß der Volkskundler Hans Grießmair
zu erzählen.
Salz spielte nicht nur als Gewürz, zum
Haltbarmachen von Speisen oder
in der Volksmedizin eine Rolle, es
hat bis zum heutigen Tag auch
eine religiöse Bedeutung. Daher
ist anzunehmen, dass es im
18. Jahrhundert in Pfarrhaushalten,
Klöstern und vielleicht
auch in privaten Haushalten
für das geweihte Salz eigene
Behältnisse gab. Im Eisacktal,
von Kollmann bis Feldthurns,
sind Salzkirchen bekannt, aber auch aus
Seis, Kastelruth, St. Peter und Lajen gibt
es Anhaltspunkte dafür. Es handelt sich
dabei um aus Holz geschnitzte Behälter
in der Form einer Kirche mit einer größeren
Öffnung an einer Stelle, damit das Salz
hineingeschüttet und entnommen werden
kann. Die Behälter sind nicht immer
von fachlicher Hand geschnitzt, sondern
wahrscheinlich in Heimarbeit entstanden.
Wer eine Salzkirche besaß, wird sie um
Dreikönig gefüllt haben, wenn Wasser und
Salz geweiht wurden. Klaus Beitl schreibt,
dass dort Salzsteine aufbewahrt worden
sind, „die nach der Weihe am Dreikönigstag
aus dem mit Chrysam- oder
Taufwasser in einer Schüssel angesetztem
Salz gewonnen werden“.
Leider sind rund um die Salzkirchen
mehrere Fragen offen,
denn in der Literatur finden sich
keine detaillierten Angaben zur
Herstellung, Verwendung und
Verbreitung.
Barbara Stocker
Literatur:
Klaus Beitl, Volksglaube,
Salzburg 1978
Grießmair, Hans,
Bewahrte Volkskultur, zweite, bearbeite
und erweiterte Auflage, 2013
Salzkirche mit Reliquie
des hl. Johannes vom
Kreuz, an der Turmfassade
Darstellung des hl.
Christophorus (Foto: Südtiroler
Volkskundemuseum,
SVM L/1203)
40
KulturFenster
Heimatpflege
Nicht alles Gold,
was glänzt
Josef Oberhofer hielt bei einem Kongress
des Bundes Heimat und Umwelt
(Deutschland) einen Vortrag.
Eine ganze Reihe von Landesgesetzen, EU-
Richtlinien, internationalen Konventionen
und Abkommen stellen den Schutz von Kultur-
und Naturlandschaft in den Vordergrund.
Doch nicht alles, was glänzt, ist auch wirklich
Gold, wie Josef Oberhofer in einem Referat
bei einem Kongress des Bundes Heimat
und Umwelt in Deutschland kritisch bemerkte.
Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland
ist gewissermaßen der deutschlandweite
Heimatpflegeverband, mit dem auch
der Südtiroler Heimatpflegeverband gut zusammenarbeitet.
Deshalb lud der Bund zu
seinem zweiten großen Kongress unter dem
Thema „Heimat in Europa“ auch die
Südtiroler Beteiligung bei Kongress
„Heimat in Europa“
Südtiroler Heimatpfleger ein. Zwar musste
die zweitägige Veranstaltung coronabedingt
ins Internet verlegt werden, dennoch zeugen
700 Klicks vom großen Interesse am Thema.
Richtlinien, Programme
und ihre Grenzen
Beim Kongress ging es um wichtige Herausforderungen
für „Heimat in Europa“,
von der nachhaltigen Entwicklung über
Partizipation und Inklusion bis hin zum digitalen
Engagement. Josef Oberhofer, Geschäftsführer
des Heimatpflegeverbandes,
hielt einen Vortrag, in dessen Mittelpunkt
die Frage stand, wo „Europa vor Ort“ ist, inwieweit
also die kleine Provinz im Norden
Italiens mit Hilfe von europäischen Richtlinien,
aber auch internationalen Konventionen,
EU-Programmen und dergleichen den
Schutz der Kultur- und Naturlandschaft vorantreiben
kann.
Dabei nannte er u. a. die europäische
Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und die Vogelschutzrichtlinie,
aber auch die Internationale
Alpenschutzkonvention.
Leider habe Italien bisher nur acht der
neun Protokolle der Alpenschutzkonvention
unterzeichnet und das für das Transitland
Südtirol wichtige Verkehrsprotokoll
außen vor gelassen, beklagte Josef Oberhofer.
Dieses sehe vor, dass keine neuen
alpenquerenden Straßen gebaut, Flughäfen
nicht erheblich ausgebaut und die Schadstoff-
und Umweltbelastungen begrenzt
werden müssen. Die Folge: „Es wird auf
allen Ebenen rücksichtslos weitergebaut,
womit Südtirol wohl kaum die EU-Klimaziele
für 2030 erreichen wird.“
Anders sei es mit den Natura-2000-Gebieten,
ein EU-Projekt mit dem Ziel der Artenvielfalt,
das vor allem in der Südtiroler Bevölkerung
gute Akzeptanz fi nde. Immerhin
seien in Südtirol derzeit 44 Natura-2000-Gebiete
ausgewiesen, die rund ein Fünftel der
Landesfläche einnehmen.
Etwas Vorsicht sei indessen bei den EU-
Leader-Programmen geboten, zumal sich einige
eher als Fluch denn als Segen herausgestellt
hätten. Josef Oberhofer nannte als
Beispiel ein Wegeprojekt im Martelltal: Das
als Wander- und Viehtriebsweg geplante Projekt
sollte nämlich in Wahrheit eine Quad-
Piste werden.
Internationaler Austausch
sehr wichtig
Selbst die Eintragung von Natur- und Kulturstätten
in die Welterbeliste der UNESCO
erreiche nicht immer den in ihren Ansätzen
gut gemeinten Erfolg: „Die fokussierten
Objekte und Kulturstätten werden häufig
durch eine touristische Vermarktung ihrer
Seele beraubt und zu einem kurzlebigen
Eventobjekt degradiert.“ Ein Beispiel dafür
seien die Dolomiten.
Josef Oberhofer kam zum Schluss,
dass es trotz oder gerade wegen der vielen
Hürden, die einen Schutz von Kulturerbe
und Landschaft schwierig machen,
der internationale Austausch mit anderen
Verbänden und Organisationen
sehr wichtig sei. Er nannte
u. a. den Bund Heimat und
Umwelt, CIPRA International,
Europa Nostra, aber auch die
Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino,
die in gewissen Belangen ein
guter Ansprechpartner sei.
Natura-2000-Gebiete in Südtirol
Karte: www.provinz.bz.it/natur-umwelt/
natur-raum/natura2000/natura-2000-
gebiete-in-suedtirol
Nr. 06 | Dezember 2020 41
Informiert und Reflektiert
Für intakte Nahversorgung
Verband warnt: Geplante Durchführungsverordnung im
Bereich Einzelhandel nicht aufweichen
Nur eine strikte Raumordnungs- und Handelspolitik kann die Ortszentren am Leben erhalten.
Die geplante Durchführungsverordnung im
Bereich Einzelhandel in den Gewerbegebieten
unterstützt die kleinstrukturierten
Familienbetriebe und die Nahversorgung.
Der Heimatpflegeverband warnt davor, die
Bestimmungen kurz vor der Verabschiedung
noch aufzuweichen.
Überall in Europa haben fehlgeleitete
Politik und Raumplanung, aber auch getäuschte
Konsumenten immer neue Geschäfte
und Handelsketten an Orts- und
Stadträndern zugelassen und dafür den
Handel in den Zentren sterben lassen. Im
Bundesland Tirol zum Beispiel hat mehr
als ein Drittel der Gemeinden kein eigenes
Lebensmittelgeschäft mehr. In Südtirol
konnte diese Entwicklung in den vergangenen
Jahrzehnten mit einer gezielten
Raumordnungs- und Handelspolitik und
auch durch den steten Einsatz des Heimatpflegeverbandes
verhindert werden.
Aber wenngleich der Einzelhandel auf
der grünen Wiese sehr eingeschränkt
ist, ist der Druck zu dessen Liberalisierung
groß. Des Öfteren ist die Politik in
der Vergangenheit daher von ihrer ehemals
konsequenten Linie abgewichen.
Umso erfreulicher ist es, dass der Entwurf
zur neuen Durchführungsverordnung
im Bereich Einzelhandel in den
Gewerbegebieten teilweise sogar strenger
zu sein scheint als die bestehenden
Bestimmungen.
Achtsamkeit ist dennoch angesagt,
denn der Einfluss von Lobbys und Einzelinteressen
könnte in letzter Minute noch
dazu führen, dass die Bestimmungen aufgeweicht
werden. Doch die Gemeinden
brauchen dringend eine rechtliche Hand-
In diesem Laden in Glurns findet wohl jeder etwas Passendes.
habe, um die Bestrebungen für Detailhandel
auf der grünen Wiese zu verhindern.
Deshalb appelliert der Heimatpflegeverband
an die zuständigen Politiker und Beamten,
dem Liberalisierungsdruck standzuhalten
und die Bestimmungen in der
Durchführungsverordnung nicht mehr
zu ändern, um die Ortszentren nachhaltig
zu erhalten und zu fördern.
42
KulturFenster
Aus Verband & Bezirken
Heimatpflege
Wertvolles bauliches
Kulturgut zerstört
Abriss des ehemaligen Hotels „Post“ in Toblach nicht nachvollziehbar
Leider zu oft muss das „Kultur-
Fenster“ über den drohenden
oder bereits erfolgten Abbruch
von historisch wertvollen Gebäuden
berichten. Aktuell ist
es das ehemalige Hotel „Post“
in Toblach, das im November
dem Erdboden gleich gemacht
wurde. Hier soll ein moderner
Neubau entstehen.
Die Bagger waren in den
vergangenen Wochen eifrig am
Werk, um dem historischen,
ortsbildprägenden Hotel „Post“ am Kirchplatz
von Toblach den Garaus zu machen.
Wie aber kann so etwas passieren? Tatsache
ist, dass das Gebäude, in
dem schon im 19. Jahrhundert
ein Postamt eingerichtet
worden war, am Ende des Ersten
Weltkrieges auf den von
Bomben zerstörten Ruinen der
zwei historischen Gaststätten
„Kreuzwirt“ und „Stern“ aufgebaut
worden und seitdem
erhalten geblieben ist. Allerdings
ist unbegreiflich, dass es
nie unter Ensembleschutz gestellt
wurde, zumal die anderen
Gebäude am selben Platz
sehr wohl unter Ensembleschutz
stehen. Man fragt sich,
welche Beweggründe eine Gemeinde
zu so einer Haltung geführt haben.
Das Hotel „Post“ war ein stattlicher Bau,
der mit seinen eleganten Fenstern im Parterre,
mit seiner Muschel am Scheitelpunkt
der Eingangstür zur Theiss-Stube, mit den
eleganten Lisenen, mit der bewegten Dachgestaltung
die Formensprache des Historismus
sprach. Toblach könnte es auch
anders, wie das Beispiel des Grandhotels
Toblach eindrücklich zeigt, aber auch die
alte Gemeinde am Kirchplatz.
Das Hotel „Post“ stellte neben seinem
historischen und kunsthistorischen
Das Gebäude ist Geschichte – es
bleiben nur noch historische
Aufnahmen wie diese. (Fotos: HPV)
Eine der letzten Aufnahmen des
Hotels „Post“: Hier wird künftig
ein modernes Hotelgebäude mit
Geschäften und Büros stehen.
Wert auch einen starken Identifikationspunkt
für die Toblacher Bevölkerung und
die vielen Gäste dar, die den Hochpustertaler
Ort besucht haben bzw. besuchen,
und war damit Zeugnis der lokalen Sozial-
und Tourismusgeschichte. Gerade
auch die Reaktion vieler italienischsprachiger
Gäste zeigt,
wie stark ein Tourismusort
auf seine historische Baukultur
achten muss, um nicht zu
einem anonymen Allerweltsort
und damit auch für den
Tourismus zusehends unattraktiv
zu werden.
Die Begründung, dass
durch einen um circa sechs
Meter zurückgesetzten
Neubau der Kirchturm in
der Ansicht freigestellt würde, ist aus
kunsthistorischem Verständnis nicht
nachvollziehbar. Man denke an herrliche
Plätze in Italien, wo man über
verwinkelte mittelalterliche
Gassen die Kirche und den
Campanile erst sieht, wenn
man knapp vor ihm steht und
damit der Überraschungseffekt
noch größer ist.
Die Wehmut und Traurigkeit
über verlorene wertvolle
Baukultur wird dann noch verstärkt,
wenn man bedenkt,
was der Ersatz für das abgerissene
historische Gebäude
wird: in der Regel anonyme
globalisierte Kasernenarchitektur,
ohne Flair, abweisend,
nur an der größtmöglichen Kubaturrealisierung
orientiert.
Man kann sich auch des Verdachts nicht
erwehren, dass nach den Gemeinderatswahlen
und in der Zeit der Coronapandemie
das Aufmerksamkeitsdefizit und die
eingeschränkten Interventionsmöglichkeiten
der Öffentlichkeit ausgenutzt wurden,
um Tatsachen zu schaffen.
Toblach wird durch diese Vorgangsweise
kulturell ärmer, denn was verloren
ist, ist für immer verloren.
Heimatpflegeverband,
Bezirk Pustertal
Nr. 06 | Dezember 2020 43
Aus Verband und Bezirken
Drei Zinnen als Blickfang
Kreisverkehr Toblach wurde künstlerisch gestaltet
Die Drei Zinnen als Wahrzeichen der Dolomiten: Die leicht transparente Skulptur versinnbildlicht die „Bleichen Berge“,
wie sie wegen des hellen Gesteins genannt werden. (Foto: A. Willeit)
Die Landschafts-, aber auch die Ortsbildgestaltung
sind Themen, denen der Heimatpflegeverband
Südtirol künftig noch
mehr Aufmerksamkeit schenken möchte.
Ein gutes Beispiel für eine ansprechende
Ortsbildgestaltung ist ein neuer Kreisverkehr
in Toblach.
Ein Kreisverkehr dient in erster Line
dazu, lange Staus an Kreuzungen zu vermeiden.
Die Insel eines Rondells bietet
aber auch die Möglichkeit, durch eine
originelle Gestaltung Botschaften zu senden.
Das ist in Toblach an einem vielbefahrenen
Kreisverkehr zwischen Alt- und
Neu-Toblach besonders gut gelungen.
Dort werden die Autofahrer seit kurzem
durch eine imposante Bergskulptur auf
das UNESCO-Welterbe Dolomiten und vor
allem auf dessen Wahrzeichen, die Drei
Zinnen, aufmerksam gemacht.
Die Skulptur ist keine naturgetreue
Nachbildung der Drei Zinnen, sondern
eine Abstrahierung von Form und Material,
wodurch es den beiden künstlerischen
Gestaltern Paul S. Feichter und Albert Willeit
gemeinsam mit der Firma Pellegrini gelungen
ist, die Einzigartigkeit der „Bleichen
Berge“ in den Mittelpunkt zu rücken. So
wurde etwa eine frontale Ausrichtung der
Bergskulptur gewählt, damit die berühmten
Nordwände als Hauptansicht in Richtung
Dorfzentrum von Toblach zu sehen sind und
dabei nach Neu-Toblach und ins Höhlensteintal
blicken. Das mag für Kundige zwar
seitenverkehrt sein, doch für den Ort und
die Wiedererkennbarkeit sei das wichtig,
betonen die Gestalter, die im Auftrag der
Gemeindeverwaltung und in Absprache mit
dem Land gearbeitet haben. In der künstlerischen
Darstellung gehe es ja nicht unbedingt
um die Wiedergabe der Realität,
sondern um eine Form der Interpretation.
Dies zeigt sich in besonderer Weise auch
durch die Innenbeleuchtung, mit der die
stählerne Skulptur zu einer kristallinen Erscheinung
und so auch nachts zu einem
optischen Blickfang wird.
Die Ausrichtung der Bergskulptur wurde so gewählt, dass die Nordwände als
Hauptansicht in Richtung Zentrum von Toblach zu sehen sind und dabei nach
Neu-Toblach und ins Höhlensteintal blicken. (Foto: wisthaler.com)
44
KulturFenster
Heimatpflege
Zwei Kleinode
verschönert
Der Heimatschutzverein Lana berichtet
war. Der Säulenbildstock aus den 1920er-
Jahren, an dem das Marterl angebracht ist,
hatte bisher beim Brandiskeller gestanden
und wurde nun in der Brandisgaul aufgestellt.
Albert Innerhofer dankte bei der Feier
allen an dieser Aktion Beteiligten und auch
Ferdinand Graf Brandis, der den Bildstock
als Marterl zur Verfügung gestellt und die
Verlegung zum Wasserfall ermöglicht hatte.
Diakon Hubert Knoll segnete das Marterl.
Die Gemeinde Lana hatte die Initiative,
die knapp 3.000 Euro kostete, mit einem
außerordentlichen Beitrag an den Heimatschutzverein
ermöglicht.
Neues Tafelbild beim
Raimann-Bildstock
Am Wasserfall fand der Bildstock mit dem Marterl einen neuen Platz. Im Bild
Diakon Hubert Knoll, Georg Lösch, Albert Innerhofer und Simon Terzer (v. l.)
(Foto: Elfriede Gabrieli)
Der Heimatschutzverein Lana hat ein Marterl
errichten und ein Holztafelbild restaurieren
lassen.
Im Oktober 2020 luden der Obmann des
Heimatschutzvereines Lana, Albert Innerhofer,
und der Vorsitzende des Gampenstraßenkomitees,
Georg Lösch, zur Segnung
eines Marterls für Karl Eschgfäller. Eschgfäller
war ein Arbeiter am Gutshof Brandis
gewesen und im Juli 1935 unterhalb der
Gampenstraße von einem herabstürzenden
Steinblock tödlich getroffen worden. Dieser
hatte sich gelöst, als eine erstickte Mine vom
Straßenbau nach der Sprengung explodiert
Ebenfalls auf die Initiative des Heimatschutzvereines
Lana geht das neue Tafelbild
im Raimann-Bildstock bei der Herzwasserle-
Quelle am viel begangenen Wanderweg in
Völlan zurück. Der Bildstock war bereits vor
rund zehn Jahren restauriert worden. Die
Wasserquelle war damals neu gefasst und
vor dem Bildstock ein neues Steinbrünnlein
errichtet worden. Steter Wasseraustritt und
viel Feuchtigkeit durch die Wasserquelle
hatte das Holztafelbild allerdings ziemlich
angegriffen. Elfriede Zöggeler Gabrieli und
Albert Innerhofer vom Heimatschutzverein
Lana stellten deshalb das Original sicher und
ließen vom Restaurator und Maler Karl Christanell
aus Algund eine Kopie des Ölbildes
auf Leinwand „Die Kreuzigung Christi“ anfertigen.
Bei dieser Wasserquelle, die hinter
dem Bild im Felsen entspringt, handelt
es sich laut mündlicher Überlieferung um
ein Heilwasser, ein „wundertätiges Wasser“,
das deshalb als „Herzwasserle“ bekannt ist.
Simon Terzer/Albert Innerhofer
Erinnerungstafel in der Bildstocknische
(Foto: Simon Terzer)
Ein neues Bild ziert nun diesen
Bildstock in Völlan. (Foto: HSV Lana)
Albert Innerhofer vor dem verschönerten
Bildstock.
Nr. 06 | Dezember 2020 45
Aus Verband und Bezirken
Hängebrücke nicht abreißen!
Hofmannsteg in Mareit ist einmaliges landschaftliches Ensemble
Es ist sehr befremdend, wenn man hört,
dass die Hängebrücke „Hofmannsteg“ in
Mareit, Gemeinde Ratschings, allem Anschein
nach nicht saniert, sondern abgerissen
und an anderer Stelle bachabwärts
durch eine Fahrbrücke ersetzt werden soll.
Man fragt sich: Wie kann es sein, dass
die Verantwortlichen auf Orts- und Gemeindeebene
dieses einmalige landschaftliche
Ensemble, das Brücke und Umgebung
bilden, nicht zu würdigen wissen.
Die unzweifelhaft schöne Brücke, die seit
Generationen besteht und von der Bevölkerung
stets ungehindert begangen werden
konnte, muss unbedingt erhalten bleiben.
Das verlangt außerdem wohl auch
der Umstand, dass sie sich im Naturdenkmal
Achenrainschlucht befindet. Schließlich
ist noch Folgendes anzumerken: Eine
Tourismusgemeinde wie Ratschings, die
ansonsten bestrebt ist, ihre Naturschönheiten
– auch mit beträchtlichem finanziellen
Aufwand – zur Geltung zu bringen,
kann doch nicht ein attraktives Aushängeschild,
wie es diese historische Hängebrücke
ist, opfern. Da würde man die Welt
nicht mehr verstehen.
Heimatpflegeverband Südtirol
Der Hofmannsteg soll abgerissen und an anderer Stelle durch eine befahrbare
Brücke ersetzt werden. (Foto: HPV)
KulturFenster
Blasmusik, Chorwesen und Heimatpflege in Südtirol
Redaktion KulturFenster
Redaktionsschluss für die nächste
Ausgabe des KulturFensters ist
Mittwoch, 13. Jänner 2020.
Bitte Termin genau beachten!
46
KulturFenster
Arge Lebendige Tracht
Heimatpflege
Falten, Krausen und Plissee
Interessante Ausstellung in der Juppenwerkstatt Riefensberg
Im Zeichen guter Zusammenarbeit hat
Angelika Neuner-Rizzoli, Trachtenexpertin
aus Nordtirol, folgenden Beitrag gestaltet.
Im Sinne der Europaregion Tirol beteiligte
sich auch Südtirol mit einigen Ausstellungsstücken
an diesem Projekt.
Die Juppenwerkstatt Riefensberg im Bregenzerwald
in Vorarlberg wurde von Martina
Mätzler und einigen Mitstreiterinnen
2003 gegründet. Förmlich in letzter Minute
gelang es damals, das uralte Handwerk
für die Herstellung des einzigartigen plissierten
Glanzleinens für die Bregenzerwälder
Juppe vor dem Vergessen zu bewahren.
Die Juppenwerkstatt zeigt noch das
ganze Jahr 2021 eine äußerst sehenswerte
Sonderausstellung zum Thema
„Falten, Krausen und Plissee“
(www.juppenwerkstatt.at).
Falten-Vielfalt
Es gibt wohl keinen geeigneteren
Ort als die Juppenwerkstatt, um
das Thema „Falten“ aufzunehmen
und von verschiedenen Seiten zu
beleuchten. Falten werden gelegt,
gezogen, abgenäht, gestärkt oder
plissiert. Der Kreativität sind kaum
Grenzen gesetzt. Sie geben dem
Kleidungsstück Form, schaffen
Weite, bändigen Stofffülle, unterstreichen
Körperlichkeit und drücken
barocke Festlichkeit aus. Die
Palette der verarbeiteten Materialien
reicht von Leinen, Baumwolle
und Wollstoffen hin bis zur
Seide. Nicht nur Stoffbahnen werden
gefältelt, auch Klöppelspitzen
und Baumwolltüll. Im späten 18.
Jahrhundert war es sogar modern,
überlange Strümpfe am Unterschenkel
in feine, gleichmäßige
Falten zusammenzuschieben.
Textiles Rechteck
wird Krause
Die Halskrause der Alt-Lienzer Frauentracht
geht auf die bäuerliche Festtagskleidung
des 18. Jahrhunderts zurück, die ihrerseits
die spanische Hofmode des 17. Jahrhunderts
zum Vorbild hatte. Die Krause ist ein
Musterbeispiel alter Handwerkskunst. Ein
zirka 11 Meter langer und 15 Zentimeter
breiter Leinenstreifen wird in mühsamer
Handarbeit mit viel Stärke und einem Formeisen
in die typische Form gebracht. Als
Schutz vor Verschmutzung wird darunter
ein Spitzengoller getragen, dessen Spitze
über die Krause geschlagen wird.
Blick über die Grenzen
Von der Leiterin der Juppenwerkstatt, Martina
Mätzler, und der dort ebenfalls tätigen
Alt-Lienzer Frauentracht mit
kostbarer Halskrause
(Foto: Juppenwerkstatt Riefensberg/
Christian Kerber, Riefensberg)
Kunsthistorikerin Maria Rose Steurer-Lang
wurde ich gebeten, bei der Erstellung der
neuen Sonderausstellung mitzuhelfen. Auf
den ersten Blick mögen sich die Trachtenlandschaften
vor und hinter dem Arlberg
stark unterscheiden. Bei den Vorbereitungsarbeiten
und den Nachforschungen
für den Ausstellungskatalog entdeckten
wir ähnliche Elemente und Gemeinsamkeiten,
die nicht nur auf die zeitweilige Verwaltungseinheit
von Tirol und Vorarlberg
zurückzuführen sind. Viel mehr verweisen
sie zum Beispiel auch auf die wichtigen
Handels- und Verkehrswege quer
durch die Alpen.
Vor allem auch durch die fachliche Unterstützung
der Vorsitzenden der ARGE
Lebendige Tracht, Agnes Andergassen,
und freundlicher Leihgeber war
es mir möglich, Trachten aus der Europaregion
Tirol vorzustellen. Neben
einer Bagana dl`ëila aus Gröden mit
ihrem fein plissierten Leinenkragen
und dem Guant a la fascena aus
dem Fassatal, das mit drei übereinanderliegenden
und jeweils genau
gefältelten Tüchern getragen wird,
konnten wir sowohl historische als
auch erneuerte Trachten aus dem
Lechtal, dem Unterinntal und Osttirol
zeigen.
Wertvolle Erfahrungen
Die Arbeit mit der Tracht, das zeigten
die Vorbereitungen dieser länderübergreifenden
Ausstellung, verlangt
viel Respekt und Einfühlungsvermögen.
Die Zusammenarbeit mit den
Vorarlberger Expertinnen hat mir gezeigt,
wie wichtig es ist, den Blick von
den kleinen Details auf ein großes
Ganzes zu richten. Dazu gehört die
Bekleidungsgeschichte der vergangenen
Jahrhunderte genauso wie
eine Beobachtung der landschaftlichen
Verbreitung einzelner Elemente. Ich
bin dankbar für diese Erfahrungen und die
gemeinsame Arbeit.
Angelika Neuner-Rizzoli
Nr. 06 | Dezember 2020 47
Aus Verband und Bezirken
•Büchertisch•
Armin Mutschlechner (Hrsg.)
Mühlbach bei Franzensfeste 1897–1947
„So sollte man Geschichte schreiben“
Stimmen:
„So sollte man Geschichte schreiben! Mit
Mitgefühl für die Zukurzgekommenen, das
aus den wunderbaren Zeilen schimmert.
Man kann tage-, wochen-, ja monatelange
im Buch schmökern und wird nie müde."
Hannes Obermair, Historiker
Diese Dorfchronik ist besonders: Nach
Jahren aufgeteilt und auf Doppelseiten
thematisch geordnet, lädt sie zum
Schmökern und Blättern ein.
Sie versammelt eine Vielzahl an unveröffentlichten
Fotos, Verträgen, Briefen sowie
Zeitungsausschnitten und gewährt
so einen unverfälschten Blick auf die
Geschichte. Dabei reicht sie weit über
die üblichen Themen um Vereine und
Kirche hinaus: Es geht um Brandstiftung
und Mord, um die Schwarze-Luise und
den Dr. Mallepell, um die Ledigensteuer
und um Gasthaus-Dynastien. Die bisher
nicht aufgearbeitete lokale Zeit von
Faschismus, Option und Nationalsozialismus
wird kritisch hinterfragt. Einzigartig
ist die Spurensuche nach vergessenen
Mitbürgerinnen und Mitbürgern.
Armin Mutschlechner (Hrsg.):
Mühlbach bei Franzensfeste
Softcover, 21 x 29,7 cm, 312 Seiten,
über 1.000 Abbildungen, Karte mit historischen
Straßennamen & Hausnummern,
Kritisches, Kurioses und allerlei Wissenswertes,
Raetia-Verlag, 35,00 Euro
Autor Armin Mutschlechner ist kein „studierter"
Historiker, aber sein Einsatz hat
sich als wahrer Glücksgriff erwiesen. Er hat
einen bleibenden Wert geschaffen, der einen
festen Platz in der kollektiven Identität
der Mühlbacher einnehmen wird.
Oskar Zingerle, Der Brixner
Armin Mutschlechner hat einen neuen Typ
von Dorfbuch erfunden.
Andreas Oberhofer,
Stadtarchivar Bruneck
„Es ist die Stärke von Mutschlechner, dass
er mit sicherer Hand örtliche Strukturen
und Verhältnisse ebenso sichtbar macht
wie zahllose Episoden und Skurrilitäten, in
denen Niedertracht, Mittelmaß und Weltoffenheit
aufblitzen. [...] Mutschlechners
handwerkliche Hand wie sein künstlerisches
Talent zur Montage und Collage zeigen sich
in der exzellenten Bildbehandlung: Fotos
und Bilddokumente sind nie rein illustrativ
eingesetzt, sondern von eingehenden
Beschreibungen und Personenprofilen
unterfüttert und in der Technik bewertet“.
Hans Heiss
(aus ff Nr. 45/2020, S. 40/41)
Armin Mutschlechner hat insofern Geschichte
geschrieben, als er die Geschichte
von Mühlbach in den Jahren zwischen
1897 und 1947 mit ungeheurem Fleiß
und beeindruckender Akribie einfühlsam
nachgezeichnet und damit ein Werk geschaffen
hat, das beispielgebend ist für
Dorfchroniken insgesamt.
Alfons Gruber.
Armin Mutschlechner, 1969 in Meran
als Sohn einer Arbeiterfamilie
geboren, aufgewachsen in Weißbrunn/Ultental
und seit 1974 in
Mühlbach ansässig.
Nach den Pflichtschuljahren
Lehre mit Gesellenbrief „Kunstschlosser“,
gefolgt von Jahren
als Techniker, Bühnenbauer, Programmverantwortlicher
in Südtiroler
Kleinkunstbetrieben und gute
20 Jahren als Jugendarbeiter in
er Offenen Jugendarbeit tätig. Als
Künstler Intervention im öffentlichen
Raum und Verfasser von
Gebrauchslyrik oder themenspezifischen
Essays.
Lokale Zeitgeschichte, Familienforschungen
und Nachlässe sind die
aktuellen Arbeitsschwerpunkte,
wobei er darauf Wert legt, weder
studierter Historiker, noch Dorfchronist
zu sein, aber dennoch
nach wissenschaftlichen Maßstäben
zu arbeiten. Mutschlechner
ist Vater von drei Kindern, und er
engagiert sich für die Schwachen
in der Mühlbacher Dorfgemeinschaft
(u.a. Lebensmittelbank)
oder in der örtlichen Pfarrgemeinde,
indem er die Sonntagsmessen
oder Beerdigungen via
Livestream überträgt.
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KulturFenster
Heimatpflege
Meinhard Feichter
„Wenn des Singen net war“
Bewegende Familiengeschichte zum 80. Geburtstag von Sepp Oberhöller
Am 8. Oktober feierte der Volksmusiker, Landwirt
und Familienvater Sepp Oberhöller seinen
80. Geburtstag. Zu diesem Anlass ist sein Familienporträt
„Wenn des Singen net war“ erschienen,
eine bewegende Zeitreise von der
Geburt seines Vaters Luis 1894 bis heute.
Das Singen und die Musik habe ihn und
seine Familie zeitlebens nicht nur begleitet,
sondern auch in schwierigen Zeiten Zuversicht
und Halt gegeben, erzählt der Jubilar.
Daher auch der vielsagende Titel des Buches,
denn „wenn das Singen nicht wäre, wäre
unser Leben wohl ganz anders verlaufen.“
Erst durch das Singen im Kreise der Familie
und mit Freunden sowie durch die öffentlichen
Auftritte ist er mit seinen Geschwistern
und seinen Kindern weit umher gekommen
und hat viele Freunde und Bekannte kennengelernt.
Und wohl gerade dadurch hätten
sich immer wieder neue Türen geöffnet
und Wege geebnet, wo manchmal kein
Weiterkommen möglich schien, erinnert er
sich. Wenn er von den Anfängen am Dillerhof
in Reinswald, das Leben am Wackerhof
in Spinges, dem neuen Haus am Roa
(Hinterleiter), der Auswanderung ins Pustertal
auf den Hoferhof in Reischach und
schließlich vom Kauf des Jörglmoarhofes in
Moos bei St. Lorenzen erzählt, dann leuchten
seine Augen voller Dankbarkeit und Zufriedenheit
über das Erlebte. Aus dieser
Dankbarkeit heraus war es ihm ein Anliegen,
seine Geschichte niederzuschreiben,
um seine Erfahrungen, aber vor allem seine
Begeisterung und Liebe zur Musik weiterzugeben
und anderen zu zeigen, „wie der
Glaube und die Musik in allen Lebenslagen
helfen können.“
Meinhard Feichter: „Die
Geschichte der Familie
Oberhöller ist ein
beeindruckendes Zeugnis
von Bodenständigkeit,
Gemeinschaftssinn und
Glaube, aber vor allem
für die Kraft der Musik,
die Herzen verbindet –
über alle Grenzen hinweg.“
Auf der Suche nach einem Autor, der
seine Erinnerungen und Gedanken treffend
zu Papier bringen könne, hat er vor rund vier
Jahren Meinhard Feichter kontaktiert. Damit
schließe sich auch ein persönlicher Kreis,
denn Meinhard Feichter – seines Zeichens
Buchhändler, Sänger, Cellist und
Autor – hat schon in den 1970er-Jahren
zusammen mit den Geschwistern Oberhöller
musiziert. Daraus entstand eine
langjährige Freundschaft, „die nun im
Niederschreiben der Oberhöller’schen
Familiengeschichte ihre Fortsetzung findet“.
Feichter gelingt eine spannende
Reise durch das vergangene Jahrhundert,
die das Schicksal von vier Generationen
erzählt.
Coronabedingt musste die offizielle
Buchvorstellung auf unbestimmte Zeit
verschoben werden. Derweil häufen sich
in Sepp Oberhöllers Bauernstube die
Anfragen um Zusendung des Buches,
die er gerne – mit persönlichen Widmungen
– erfüllt. Das Buch mit Audio-
CD ist im Verlag Athesia-Tappeiner-Verlag
erschienen und in den gängigen
Buchhandlungen erhältlich.
Stephan Niederegger
Meinhard Feichter:
„Wenn des Singen net war“
288 Seiten, 246 mm x 173 mm, 288
Seite, ca. 100 Abbildungen, Verlag: Athesia-Tappeiner
2020, 28,00 Euro
Nr. 06 | Dezember 2020 49
•Büchertisch•
Roland Zwerger
Tramin in Vergangenheit und Gegenwart
Aufsätze aus 30 Jahren
Wer verlässliche Informationen über
Tramins Vergangenheit braucht, wendet
sich in der Regel an den Historiker
Roland Zwerger. Er hat in Innsbruck
Geschichte studiert, und seine Doktorarbeit
trägt den Titel „Beiträge zur Geschichte
von Tramin“. Unter anderem
veröffentlichte Roland Zwerger 2001
den Dorfführer „Tramin an der Südtiroler
Weinstraße“. Seit knapp 30 Jahren
schreibt er aber auch im Traminer
Dorfblatt Beiträge zu Geschichte, Kultur
und Wirtschaft von Tramin.
Viele dieser Beiträge sind nun in
einem Buch auf 640 Seiten zusammengefasst.
Geordnet nach 13 Themen
fi nden Leserinnen und Leser in „Tramin
in Vergangenheit und Gegenwart“
all jene Aufsätze, die die Herausgeber
des Buches gemeinsam mit dem Autor
aus dem Traminer Dorfblatt ausgesucht
haben. Man beschloss auch, die Texte
inhaltlich unverändert zu übernehmen,
zumal sich in der Sprache des Autors
ein akribischer Forscherfleiß gepaart
mit Kritik und Humor findet.
Das erste Kapitel „Geschichte und Geschichten“
umfasst eine historische
Chronik von Tramin, die mit dem Menhir
von Rungg beginnt und mit dem 3000.
Einwohner im Jahre 1994 endet. Beindruckend
ist die Fülle an historisch gesicherten
Nachrichten zum Handwerk in Tramin,
ein Kapitel, das in besonderer Weise das
Schmiedehandwerk behandelt. Natürlich
ist der Weinbau in Tramin ein zentrales
Thema, interessant sind aber auch die Artikel
über die alten Wirtshäuser und Höfe.
Schier unglaublich erscheint die Detailfülle
im Kapitel „Familien und Persönlichkeiten“,
in dem wir neben den bedeutenden
historischen Familien auch Wissenswertes
erfahren über den hochbegabten und jungen
Professor Adam Aigenler, den Radrennfahrer
Richard Menapace, über den
Kunstmaler Guido Waid oder über den
Begründer des Heimatschutzes Kunibert
Zimmeter. Der Autor beschäftigt sich auch
mit der Toponomastik, der Namens- und
Wappenkunde.
Im Kapitel „Von Künstlern und Kunsthandwerkern“
beweist Roland Zwerger einmal
mehr seine Akribie, etwa wenn er einen
Traminer Kachelofen mit Kacheln
von Bartlmä Dill Riemenschneider in
London ausfindig macht.
Weitere Kapitel sind etwa „Patrozinien
und Heilige“, „Katastrophen, Natur
und Umwelt“ sowie „Vermischtes“.
Das Buch wurde zum Anlass der beiden
Jubiläen – 40 Jahre Verein für Kultur
und Heimatpflege Tramin und 30
Jahre Museum Tramin – herausgegeben
und will auf diese Weise das kulturelle
Engagement dieser beiden Einrichtungen
unterstreichen.
Der Verein für Kultur und Heimatpflege
Tramin und das Hoamet-Tramin-Museum
dankt allen, die zur Veröffentlichung
des Buches beigetragen
haben. Erhältlich ist „Tramin in Vergangenheit
und Gegenwart“ in Tramin
bei Foto-Buch Geier, Despar Oberhofer
und im Kunsum Tramin.
Verein für Kultur und
Heimatpflege Tramin
„Franz Broschek gepr. Huf- und Wagenschmied" steht auf dem Schild über dem
Tor zu lesen. Der selbstbewusste Meister ließ die Inschrift später groß auf die
Fassade seines Hauses malen. (Foto: VKHT)
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KulturFenster
Heimatpflege
Frohe Weihnachten und
ein gutes neues Jahr
Wenn i a Liachtl war …
Wenn i a Liachtl war,
wûrat i ålm scheinen,
fir di, fir mi,
fir die Deinen und Meinen …
Wenn i a Liachtl war,
wûr i glänzn,
fir ålle, dia’s brauchn,
und bsunders fir dia, dia am Bodn stÜauchn …
Wenn i a Liachtl war,
wûrat i flimmerà und fÚnklen,
wia a Stearà doubn am Himmlszelt,
fir ålle Menschn af der Welt …
Wenn i a Liachtl war –
Und warat i â nû so kloan –
nårÜ winschat i,
i war’s in dëin Augablick lei fir di alloan …
„Kånnsch mi du gspierà?” … –
Und wenn ja …,
nårÜ stÜeichlt di ’s Christkind,
des der mit åll sei Liab und Wär*
iatz bsunders gånz nåh!
Marina Ruzzon, Gluràs
(Aus: „Wenn wieder Winter weard“)
Der Verband Südtiroler Musikkapellen (VSM), der Heimatpflegeverband Südtirol (HPV),
der Südtiroler Chorverband (SCV) sowie die Schriftleitung mit den Redaktionen
der Zeitschrift KULTURFENSTER wünschen allen frohe, gesegnete Weihnachten
und viel Glück und Segen im neuen Jahr 2021.
Nr. 06 | Dezember 2020 51
Danke
Danke an alle Rettungskräfte
Danke an alle Pflegekräfte
Danke an alle, die im Supermarkt arbeiten.
Danke an alle Polizisten
Danke an alle Ärzte
Danke an alle Menschen,
die durch ihre Arbeit dem Coronavirus ausgesetzt sind,
aber trotzdem weitermachen!
Ohne euch ginge es nicht!
Impressum
Mitteilungsblatt des Verbandes Südtiroler
Musikkapellen, des Südtiroler Chorverbandes
und des Heimapflegeverbandes Südtirol
Eigentümer und Herausgeber:
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen
Ermächtigung Landesgericht Bozen
Nr. 27/1948
Schriftleiter und im Sinne des Pressegesetzes
verantwortlich:
Dr. Alfons Gruber
Als Pressereferenten für die Darstellung der
entsprechenden Verbandsarbeit zuständig:
VSM: Stephan Niederegger,
E-Mail: kulturfenster@vsm.bz.it
SCV: Paul Bertagnolli,
E-Mail: info@scv.bz.it
HPV: Florian Trojer,
E-Mail: florian@hpv.bz.it
Unverlangt eingesandte Bilder und Texte
werden nicht zurückerstattet.
Redaktion und Verwaltung:
Verband Südtiroler Musikkapellen,
I-39100 Bozen, Schlernstraße 1, Waltherhaus
Tel. 0471 976387 - Fax 0471 976347
E-Mail: info@vsm.bz.it
Einzahlungen sind zu richten an:
Verband Südtiroler Musikkapellen, Bozen,
Waltherhaus
Raiffeisen-Landesbank, BZ
IBAN: IT 60S03493 11600 0003000 11771
SWIFT-BIC: RZSBIT2B
Jahresbezugspreis: Euro 20
Gefördert von der Kulturabteilung
der Südtiroler Landesregierung.
Druck: Ferrari-Auer, Bozen
Das Blatt erscheint als Zweimonatszeitschrift,
und zwar jeweils am 15. Februar, April, Juni,
August, Oktober und Dezember.
Redaktionsschluss ist der 15. des jeweiligen
Vormonats.
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