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ANNO 1926 | TEIL 4<br />

Hilpoltstein im ahr 12<br />

von Peter Hagenmaier<br />

Im Stadtarchiv in Hilpoltstein befinden<br />

sich die gebundenen ahrgänge<br />

des Hilpoltsteiner Wochenblatts.<br />

Sie bilden eine sehr gute Informationsuelle<br />

über das Geschehen in<br />

unserer Kleinregion der vergangenen<br />

Epochen.<br />

Verwendete Abkürzungen:<br />

WB für Hilpoltsteiner Wochenblatt<br />

FT für Fränkisches Tagblatt<br />

HIP für Hilpoltstein<br />

Am 09.<strong>02</strong>.1926 finden wir folgendes großes<br />

Inserat der G<strong>red</strong>inger, Landerzhofer,<br />

Attenhofer, Haunstädter, Mettendorfer<br />

und Röckenhofener Jagdpächter: Gegen<br />

eine Belohnung von 100 Mark suchen sie<br />

Zeugen, die Informationen über die Schurken,<br />

die in unseren Revieren wildern, geben<br />

können, die zur Ergreifung und gerichtlichen<br />

Verurteilung führen. Strengste<br />

Verschwiegenheit wird zugesichert.<br />

Der TV HIP bewirbt am 12.<strong>02</strong>. seinen Faschingsball<br />

in der Turnhalle. Er steht unter<br />

dem Motto „Zigeunerleben“. Zutritt haben<br />

nur Mitglieder.<br />

Franz Nowicki, Gutsverwalter der Fichtenmühle<br />

wurde am 29.10.1925 vom Amtsgericht<br />

HIP wegen Milchfälschung zu einer<br />

Geldstrafe von 100 Mark, ersatzweise 10<br />

Tage Haft und zur Veröffentlichung des<br />

Urteils in der Presse verurteilt. Er hatte<br />

Glück, dass das Verfahren vom Amtsgericht<br />

HIP durchgeführt wurde. Das Amtsgericht<br />

Nürnberg urteilte bei diesem Delikt<br />

wesentlich härter.<br />

Die Kunstwerkstatt für Glasmalerei und<br />

Mosaik Adolf von der Heydt in München<br />

hat für die Kirche St. Michael in Thalmässing<br />

ein Glasfenster angefertigt. Es stellt<br />

die Aufweckung des Lazarus dar und wurde<br />

schon in München ausgestellt. In Kreisen<br />

der Kunstakademie erzielte es große<br />

Aufmerksamkeit und Lob, informiert das<br />

FT am 17.<strong>02</strong>. Am selben Tag gibt Martin<br />

Netter in einem großen Inserat bekannt,<br />

dass er am <strong>01</strong>.03. in HIP ein Baugeschäft<br />

mit technischem Büro eröffnet. Als Geschäftsadresse<br />

gibt er das Gasthaus Baumann<br />

an.<br />

Das Berliner Tagblatt veröffentlicht einen<br />

Leserbrief von Theodor Cramer-Klett jr. Er<br />

dementiert, dass er sich finanziell an dem<br />

Verlag der MNN beteiligt habe. Ich bedaure<br />

die MNN (Münchner Neueste Nachrichten,<br />

Vorläufer der heutigen SZ) und argumentierte,<br />

dass ihm soziale Einrichtungen<br />

näherstünden. Ich bedaure die MNN, die<br />

man augenscheinlich dadurch disk<strong>red</strong>itieren<br />

will, dass man sie mit einer Persönlichkeit<br />

in Verbindung bringt, die sogar im<br />

katholischen Lager Deutschlands als extremer<br />

Integralist bekannt und wenig beliebt<br />

ist, einem Blatt dessen Leserkreis teils aus<br />

nationalen Deutschen, teils aus liberalen<br />

Elementen besteht, bloß schaden kann.<br />

Cramer-Klett jr. Unterstützte nicht nur die<br />

Klöster Plankstetten, Ettal und Wessobrunn<br />

sondern indirekt auch Adolf Hitler.<br />

Seine politischen Wunschvorstellungen<br />

gingen auf die Monarchie zurück.<br />

Im selben Exemplar wird folgendes Ereignis<br />

aus Stauf berichtet: Einige auswärtige<br />

Handwerker leisteten sich hier einen gemütlichen<br />

Nachmittag. Das wäre nichts<br />

Besonderes. Aber auf dem Weg nach ihrer<br />

Heimat benahmen sie sich nicht besonders<br />

lobenswert. Bei der Waldabteilung<br />

Winterleite eröffneten sie ein Revolverschießen.<br />

Wie leicht könnte dabei ein großes<br />

Unglück geschehen! Von einem Jagdaufseher<br />

zur Rede gestellt, nahmen sie<br />

schnell Reißaus. Man sollte doch meinen,<br />

dass man, wenn ein benachbarter Jagdpächter<br />

dabei ist, vernünftiger sein sollte<br />

und bedenken müsste, welch schwerwiegenden<br />

Folgen ein solches Benehmen haben<br />

kann. Wenn diese Herren das Pyrasser<br />

Nass nicht vertragen können, mögen<br />

sie halt Zuckerwasser trinken.<br />

Am 23.<strong>02</strong>. informiert das FT, dass heuer<br />

der Josefitag, der ja in Bayern ein gesetzlicher<br />

Feiertag ist, auf einen Freitag<br />

fällt. Da während der Fastenzeit keine<br />

Dispens erteilt wird, ist dieser Tag ebenfalls<br />

ein Fast- und Abstinenztag. Das muss<br />

lange Gesichter gegeben haben, denn<br />

der Josefitag war einer der beliebtesten<br />

Feiertage im Jahreslauf. Das FT berichtet<br />

weiter, dass in einem benachbarten Ort in<br />

der Oberpfalz mehrere Bauern zu ihrem<br />

Nachmittagstrunk in einem Gasthaus saßen.<br />

Der Vertreter der örtlichen Gendar-<br />

merie saß auch dabei, als zwei „reisende<br />

Brüder“ eintraten und sich zu den Bauern<br />

setzten und ein Glas Bier verlangten. Da<br />

durchblitzte einem der „Sesshaften“ ein<br />

schlauer Gedanke, den er rasch seinen Kameraden<br />

mitteilte. Sie raunten dem Polizeigewaltigen<br />

zu, er müsse die verdächtig<br />

aussehenden Handwerker kontrollieren,<br />

weil der Bürgermeister nicht auffindbar<br />

sei. Dem Schandi leuchtete diese Pflicht<br />

sofort ein. Um seine Dienstmütze zu schonen,<br />

hatte er dies zuhause gelassen. Um<br />

die vorgesehene Amtshandlung vornehmen<br />

zu können, holte er sie von seinem<br />

Wohnsitz. Zwischenzeitlich hatte man mit<br />

den „Brüder Lustig“ etwas besprochen.<br />

Der Polizeimann erschien wieder, diesmal<br />

mit Dienstmütze, ging zu den Handwerksburschen<br />

und verlangte ihre Ausweispapiere,<br />

die sie ihm auch aushändigten. Nach<br />

genauer Durchsicht erschien ihm etwas<br />

auffällig. Er geriet etwas in Verlegenheit<br />

und die Bauerten provozierten ihn noch<br />

mit der Aufforderung, er wisse doch, was<br />

er nun zu tun habe. Dies leuchtete dem<br />

Diensthabenden ein und er forderte die<br />

Handwerksburschen auf mit ihm zu gehen,<br />

damit er sie sicher verwahren könne.<br />

In Ermangelung etwas Besserem wollte<br />

er die Deliquenten in die Behausung der<br />

„Grunztiere“ sperren. Kaum aber hatte er<br />

das Türl des Koben geöffnet, packten ihn<br />

die „fahrenden Brüder“ und warfen ihn<br />

selbst hinein, verschlossen die Türe sorgfältig<br />

und gingen ruhigen Schrittes zurück<br />

ins Gastzimmer. Sie tranken ihre Gläser<br />

aus, bezahlten ihre Zeche und verschwanden<br />

schleunigst. Der so übel behandelte<br />

Ordnungshüter wurde nach längerer Zeit<br />

von mitleidigen Seelen aus seiner misslichen<br />

Lage befreit.<br />

Am 12.03. berichtet das FT von einer in unseren<br />

Breiten seltenen Lichterscheinung.<br />

Die Vermutung, dass es sich um einen<br />

weit enernten nächtlichen Großbrand<br />

handele stellte sich als falsch heraus. Am<br />

Tag darauf war diese Lichterscheinung<br />

auch im Großraum München zu sehen. Es<br />

handelte sich um ein Nordlicht.<br />

Im nächsten Heft:<br />

Hilpoltstein im Jahr 1926 – Teil 5<br />

<strong>02</strong> | <strong>2<strong>02</strong>1</strong><br />

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